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{"created":"2022-01-31T13:42:46.353206+00:00","id":"lit18374","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Schulze, E.","role":"author"},{"name":"N. Castoro","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 48: 396-411","fulltext":[{"file":"p0396.txt","language":"de","ocr_de":"Bildet sich Homogentisins\u00e4ure beim Abbau des Tyrosins in den Keimpflanzen?\nVon\nE. Schulze und N. Castoro.\n(Aus dem agrikultur-chemischen Laboratorium des Polytechnikums in Z\u00fcrich.) (Der Redaktion zugegangen am 29. Juni 1906.)\nDie Angabe R. Bertels,1) da\u00df beim Abbau des Tyrosins in den Keimpflanzen von Lupinus albus Homogentisins\u00e4ure entsteht, hat vielfach Beachtung gefunden ;2) f\u00fcr uns war sie von gro\u00dfem Interesse, weil sie eine St\u00fctze f\u00fcr die Vermutungen zu liefern schien, die E. Schulze3) \u00fcber das Schicksal der prim\u00e4ren Eiwei\u00dfzersetzungsprodukte im Stoffwechsel der Keimpflanzen ausgesprochen hat. Denn die Bildung von Homogentisin-\n'\u2022) Berichte der Deutsch. Botanischen Gesellschaft, 1902, Bd. XX, S. 464\u2014463. Die Umwandlung des Tyrosins wird nach Bertels Annahme durch ein Enzym, n\u00e4mlich durch die schon l\u00e4nger bekannte Tyrosinase, bewirkt; die dabei entstehende Homogentisins\u00e4ure soll dann sp\u00e4ter durch ein anderes Enzym oxydiert werden.\n*) In den Abhandlungen verschiedener Autoren ist Bertels Angabe erw\u00e4hnt worden. Einen Zweifel an der Bedeutung der Beobachtungen Bertels haben wir nur bei K. Shibata (Beitr\u00e4ge zur chemischen Physiologie und Pathologie, Bd. V, S. 384) gefunden. Dieser Forscher spricht sich folgenderma\u00dfen aus: \u00abNeuerdings suchte R. Bertel den Nachweis zu erbringen, da\u00df bei der Oxydation des Tyrosins durch Tyrosinase Homogentisins\u00e4ure, NH3 und COa gebildet werden. Gest\u00fctzt auf diese Beobachtungen glaubte F. Czapek hierin einen sicher nachgewiesenen Fall von enzymatischer Desamidierung der Aminos\u00e4uren erblicken zu d\u00fcrfen, und das Tyrosinferment sollte nach ihm ebenso gut als eine Oxydase wie als eine Desamidase anzusehen sein. Meine eigene Untersuchung hat jedoch ergeben, da\u00df der ausgiebige Tyrosinumsatz in Bambussch\u00f6\u00dflingen und anderen wachsenden Pflanzenteilen ganz ohne Beteiligung der Tyrosinase vor sich geht, und demnach erscheint mir das regelm\u00e4\u00dfige Zustandekommen des Tyrosin-Abbaues durch diese Oxydase ausgeschlossen.\u00bb\n8) Diese Zeitschrift, Bd. XXIV, S. 83\u201485.","page":396},{"file":"p0397.txt","language":"de","ocr_de":"Bildet sich Homogentisins\u00e4ure in Keimpflanzen?\n397\ns\u00e4ure aus Tyrosin mu\u00df unter Sauerstoffaufnahme und unter Abspaltung von Kohlens\u00e4ure und Ammoniak erfolgen; E. Schulze hat es aber f\u00fcr wahrscheinlich erkl\u00e4rt, da\u00df die prim\u00e4ren Eiwei\u00dfzersetzungsprodukte im Stoffwechsel der Keimpflanzen der Oxydation verfallen und da\u00df dabei ihr Stickstoff in Ammoniak \u00fcbergef\u00fchrt wird.\nDie Beobachtungen, auf welche Bertels Angabe sich gr\u00fcndet, weisen eine L\u00fccke auf; eine Isolierung der Homogentisins\u00e4ure aus Keimpflanzen ist von Bertel nicht ausgef\u00fchrt worden. Wir haben diese L\u00fccke auszuf\u00fcllen gesucht; das Resultat unserer Versuche war aber v\u00f6llig negativ.\n\u00dcber den Weg, den wir einzuschlagen hatten, um jenes Ziel zu erreichen, konnte ein Zweifel nicht bestehen. Wolkow und Baumann,1) die Entdecker der Homogentisins\u00e4ure, haben gezeigt, da\u00df man diese S\u00e4ure aus dem Alkaptonharn nach Zusatz von Schwefels\u00e4ure durch Aussch\u00fctteln mit \u00c4ther gewinnen kann; aus dem R\u00fcckstand, der beim Abdestillieren des \u00c4therextrakies verbleibt, l\u00e4\u00dft sich jene S\u00e4ure krystallisiert erhalten. Nach Garrod2) kann man aber auch zur Reindarstellung der S\u00e4ure jenen R\u00fcckstand in Wasser l\u00f6sen, die L\u00f6sung in der Hitze mit Bleiessig versetzen, die Fl\u00fcssigkeit der Filtration unterwerfen und das Filtrat der Ruhe \u00fcberlassen; aus letzterem scheidet sich dann nach dem Erkalten das in Wasser sehr wenig l\u00f6sliche Bleisalz der Homogentisins\u00e4ure in Krystallen aus, aus diesem Salz l\u00e4\u00dft sich durch Zerlegung mit Schwefelwasserstoff Homogentisins\u00e4ure gewinnen. Diese Methoden waren bei der Untersuchung der Keimpflanzen anzuwenden. Auch in dem Falle, da\u00df es nicht gelang, mit ihrer Hilfe die Homogentisins\u00e4ure in Krystallen zu erhalten, mu\u00dfte letztere doch in dem beim Verdunsten des \u00c4therextraktes verbleibenden R\u00fcckst\u00e4nde leicht nachzuweisen sein, da sie charakteristische Reaktionen gibt. Wenn man einer verd\u00fcnnte w\u00e4sserige Homogentisins\u00e4urel\u00f6sung mit ammoniakalischer Silbernitratsolution versetzt, so schw\u00e4rzt sie sich sofort oder binnen einigen Sekunden unter Ausscheidung\n\u2018) Diese Zeitschrift, Bd. XV, S. 277.\n2) Hoppe-Seylers Handbuch der physiologisch- und pathologischchemischen Analyse, bearbeitet von Thierfelder, S. 236.","page":397},{"file":"p0398.txt","language":"de","ocr_de":"398\nE. Schulze und N. Castoro,\nvon Silber; diese Reaktion ist so empfindlich, da\u00df man mit ihrer Hilfe noch Bruchteile eines Milligrammes Homogentisins\u00e4ure erkennen kann. Q Macht man eine w\u00e4sserige L\u00f6sung dieser S\u00e4ure durch Zusatz von Ammoniak alkalisch und l\u00e4\u00dft sie dann an der Luft stehen, so f\u00e4rbt sie sich bald dunkel, indem sie sich gleichzeitig tr\u00fcbt; je nach dem gr\u00f6\u00dferen oder geringeren Gehalt an der genannten S\u00e4ure wird die Fl\u00fcssigkeit zuletzt schwarzbraun oder nur braun; auch diese Reaktion ist sehr empfindlich. Auf Zusatz eines Tropfens Eisenchlorid nimmt eine w\u00e4sserige Homogentisins\u00e4urel\u00f6sung eine blaue F\u00e4rbung an, die jedoch rasch verschwindet. Beim Erw\u00e4rmen mit Millon-schem Reagens f\u00e4rbt sich die w\u00e4sserige L\u00f6sung der S\u00e4ure gelb; beim Erkalten scheidet sich ein ziegelroter Niederschlag aus.\nDiese von Wolkow und Baumann (loc. cit.) beschriebenen Reaktionen konnten wir aus eigener Anschauung kennen lernen, da wir durch die G\u00fcte des Herrn Dr. W. F alt a in Basel in den Besitz einer kleinen Quantit\u00e4t von Homogentisins\u00e4ure, dargestellt aus Alkaptonharn, gelangten. Dies war f\u00fcr uns von gro\u00dfem Werte; wir waren infolge davon auch imstande, die weiter unten beschriebenen Versuche mit Keimpflanzenextrakten, denen etwas Homogentisins\u00e4ure zugesetzt war, zur Ausf\u00fchrung zu bringen.\nEs sei hier noch darauf aufmerksam gemacht, da\u00df die Homogentisins\u00e4ure, die in alkalischer L\u00f6sung sich rasch zersetzt, in freiem Zustande, auch in w\u00e4sseriger L\u00f6sung, weit best\u00e4ndiger ist; man hat daher nicht zu bef\u00fcrchten, da\u00df sie w\u00e4hrend der zu ihrer Abscheidung dienenden Operationen sich zersetzt und infolge davon nicht nachzuweisen ist.\nF\u00fcr den ersten Versuch verwendeten wir die Wurzeln zweit\u00e4giger Keimpflanzen von Lupinus albus, die nach Bertels Angabe Homogentisins\u00e4ure enthalten sollen. Ein Quantum von\nfl Wir l\u00f6sten 0,005 g Homogentisins\u00e4ure in 10 ccm Wasser. Eine Probe dieser L\u00f6sung f\u00e4rbte sich auf Zusatz von ammoniakalischem Silbernitrat sofort schwarz. Dann verd\u00fcnnten wir Qa ccm dieser L\u00f6sung, enthaltend fl4 mg Homogentisins\u00e4ure, mit Wasser auf 2 ccm. Auch diese h\u00f6chst verd\u00fcnnte L\u00f6sung f\u00e4rbte sich mit dem genannten Reagens binnen wenigen Sekunden dunkel.","page":398},{"file":"p0399.txt","language":"de","ocr_de":"Bildet sich Homogentisins\u00e4ure in Keimpflanzen?\n399\nca. 150 g der frischen Wurzeln wurde rasch zerrieben, unter Zusatz von etwas Wasser1) auf ca. 90\u00b0 erhitzt, dann auf ein Seihtuch gebracht, die auf letzterem verbleibende Masse schlie\u00dflich ausgepre\u00dft. Das Filtrat wurde mit 25 ccm 5\u00b0/o iger Schwefels\u00e4ure versetzt, sodann in einem Scheidetrichter mit \u00c4ther gesch\u00fcttelt. Die Trennung des dabei entstandenen \u00e4therischen Auszugs von der w\u00e4sserigen Schicht lie\u00df sich ohne Schwierigkeit bewerkstelligen.2) Die letztere Schicht wurde dann noch einmal mit \u00c4ther durchgesch\u00fcttelt, das dabei erhaltene \u00c4therextrakt mit dem zuerst gewonnenen vereinigt und zugleich mit letzterem der Destillation unterworfen. Dabei verblieb ein nur wenig gef\u00e4rbter R\u00fcckstand, der mit kaltem Wasser behandelt wurde. Die vom Ungel\u00f6sten abfiltrierte, fast farblose L\u00f6sung, deren Volumen nur ca. 10 ccm betrug, wurde im Wasserbade bei gelinder W\u00e4rme ein wenig eingeengt und sodann auf Homogentisins\u00e4ure untersucht. Sie zeigte folgendes Verhalten:\na)\tNach Zusatz von ammoniakalischer Silbernitratl\u00f6sung f\u00e4rbte sie sich im Verlauf von ca. V2 Minute gelb, w\u00e4hrend einige wei\u00dfliche Flocken sich ausschieden; die F\u00e4rbung ging bei l\u00e4ngerem Stehen in braun \u00fcber, ohne da\u00df eine Tr\u00fcbung der Fl\u00fcssigkeit erfolgte ; die gleich anfangs ausgeschiedenen wei\u00dflichen Flocken f\u00e4rbten sich nach und nach dunkel.\nb)\tNach Zusatz von Ammoniak bis zum Eintreten einer alkalischen Reaktion f\u00e4rbte sich die Fl\u00fcssigkeit gr\u00fcnlich; eine\nl) Im ersten Versuch setzten wir dem Wurzelbrei etwas mehr als das gleiche Gewicht an Wasser zu; der von den unl\u00f6slichen Teilen getrennte Auszug wurde sodann im Wasserbade eingeengt, ehe wir ihn mit \u00c4ther und Schwefels\u00e4ure sch\u00fcttelten. In den sp\u00e4ter ausgef\u00fchrten Versuchen verringerten wir die dem Wurzelbrei zugesetzte Wassermenge und sch\u00fcttelten die Extrakte mit \u00c4ther und Schwefels\u00e4ure, ohne sie zuvor einzuengen.\n*) Die im Scheidetrichter vorhandene Fl\u00fcssigkeit trennte sich nach dem Durchsch\u00fctteln bald in eine w\u00e4sserige Schicht und eine dar\u00fcber befindliche Emulsion. Die w\u00e4sserige Schicht wurde aus dem Scheidetrichter abgelassen; zu der in letzterem zur\u00fcckgebliebenen Emulsion setzten wir ein neues Quantum \u00c4ther und sch\u00fcttelten noch einmal durch. Nun erfolgte bald eine Trennung in eine klare \u00e4therische Schicht und eine darunter stehende w\u00e4sserige, deren Volumen in diesem Falle selbstverst\u00e4ndlich nur gering war.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLVIII.\n27","page":399},{"file":"p0400.txt","language":"de","ocr_de":"400\nE. Schulze und N. Castoro,\nDunkelf\u00e4rbung trat auch bei langem Stehen der alkalisch gemachten Probe an der Luft nicht ein.\nc)\tAuf Zusatz von etwas verd\u00fcnnter Eisenchloridl\u00f6sung f\u00e4rbte sich die Fl\u00fcssigkeit br\u00e4unlich-violett; eine Ver\u00e4nderung der F\u00e4rbung trat beim Stehen nicht ein.\nd)\tMit Millonschem Reagens gab die Fl\u00fcssigkeit einen wei\u00dfen Niederschlag; eine F\u00e4rbung der Fl\u00fcssigkeit oder des Niederschlags beim Erw\u00e4rmen erfolgte nicht. '\nDa\u00df diese Reaktionen nicht diejenigen der Homogentisins\u00e4ure sind, war leicht zu konstatieren, indem wir jener Fl\u00fcssigkeit eine sehr kleine Quantit\u00e4t der genannten S\u00e4ure zusetzten und sie sodann wieder untersuchten. Nach Zusatz von ammonia-kalischem Silbernitrat schw\u00e4rzte sie sich nun binnen wenigen Sekunden und wurde undurchsichtig. Mit Ammoniak alkalisch gemacht und sodann der Luft ausgesetzt, f\u00e4rbte sie sich bald braun. Mit Eisenchlorid gab sie eine rasch verschwindende F\u00e4rbung, die nicht rein blau war, weil ja die Fl\u00fcssigkeit auch vor dem Zusatz von Homogentisins\u00e4ure durch das genannte Reagens br\u00e4unlich-violett gef\u00e4rbt wurde.\nIn den Wurzeln der zweit\u00e4gigen Keimpflanzen vermochten wir also auf dem von uns eingeschlagenen Wege Homogentisins\u00e4ure nicht nachzuweisen. Dies war uns insofern nicht sehr \u00fcberraschend, als ja in Keimlingen solchen Alters erst ein sehr kleiner Teil der Reserveeiwei\u00dfstoffe zerfallen ist und demgem\u00e4\u00df auch die Tyrosinbildung nur sehr schwach gewesen sein kann ; ist aber erst sehr wenig Tyrosin entstanden, so kann auch der Gehalt der Pfl\u00e4nzchen an Homogentisins\u00e4ure nur ein sehr niedriger tsein. Q F\u00fcr einen zweiten Versuch verwendeten wir daher 6\u20147 t\u00e4gige Keimpflanzen der oben genannten Lupinusart. Solche Pfl\u00e4nzchen enthalten schon eine bedeutende Quantit\u00e4t von Eiwei\u00dfzersetzungsprodukten; aus ihren Kotyledonen l\u00e4\u00dft sich ohne Schwierigkeit Tyrosin isolieren. Da wir aus dem hypokotylen Glied und aus den Wurzeln diese Aminos\u00e4ure nicht darzustellen vermochten, so ist es sehr wahrscheinlich, da\u00df\n*) Wobei noch zu ber\u00fccksichtigen ist, da\u00df nach Bertels Annahme die Homogentisins\u00e4ure im Stoffwechsel der Pfl\u00e4nzchen der Oxydation verf\u00e4llt.","page":400},{"file":"p0401.txt","language":"de","ocr_de":"Bildet sich Homogentisins\u00e4ure in Keimpflanzen?\n401\ndieselbe in diesen Pflanzenteilen dem Abbau unterliegt. Gesetzt nun, da\u00df dabei Homogentisins\u00e4ure sich bildet, so m\u00fcssen hier f\u00fcr den Nachweis dieser S\u00e4ure die Verh\u00e4ltnisse weit g\u00fcnstiger liegen, als bei den zweit\u00e4gigen Keimpflanzen. F\u00fcr unseren Versuch verwendeten wir 500 g ganz frischer Wurzeln. *) Dieselben wurden unmittelbar nach ier Abtrennung von den Pfl\u00e4nzchen fein zerrieben und sodann ebenso behandelt, wie es oben f\u00fcr die Wurzeln der zweit\u00e4gigen Pfl\u00e4nzchen angegeben worden ist. Die beim Sch\u00fctteln des Extrakts mit \u00c4ther im Seheidetrichter entstandene \u00e4therische L\u00f6sung lie\u00df sich auch hier ohne Schwierigkeit von der w\u00e4sserigen Schicht trennen. Der nach dem Abdestillieren des \u00c4thers verbliebene R\u00fcckstand wurde mit wenig Wasser behandelt. Die vom Ungel\u00f6sten abfiltrierte Fl\u00fcssigkeit, welche fast farblos war, wurde im Wasserbade noch ein wenig eingeengt, so da\u00df sie nur ein Volumen von etwra 5 ccm besa\u00df. Bei der Untersuchung dieser Fl\u00fcssigkeit auf Homogentisins\u00e4ure traten die gleichen Erscheinungen ein, wie sie bei der in gleicher Weise aus den Wurzeln der 2t\u00e4gigen Pfl\u00e4nzchen gewonnenen Fl\u00fcssigkeit beobachtet wurden; wir erhielten also nicht die Reaktionen der Homogentisins\u00e4ure.\nF\u00fcr einen dritten Versuch verwendeten wir die nach Abtrennung der Wurzeln \u00fcbrig gebliebenen Teile der 6\u20147 t\u00e4gigen Pfl\u00e4nzchen. Diese Teile wurden zerrieben; dann verfuhren wir ganz ebenso, wie es im vorigen f\u00fcr die Wurzeln angegeben worden ist. Die Trennung der beim Sch\u00fctteln des Extraktes mit \u00c4ther im Scheidetrichter gebildeten \u00e4therischen L\u00f6sung von der w\u00e4sserigen Schicht ging hier wegen der weit gr\u00f6\u00dferen Konzentration des Extraktes nicht so leicht von statten, wie bei dem aus den Wurzeln dargestellten Extrakt; nach l\u00e4ngerem Stehen war aber eine Scheidung der anfangs entstandenen\n*) Bei Ausf\u00fchrung dieses, sowie der folgenden Versuche wurden die Wurzeln von den Pfl\u00e4nzchen so abgetrennt, da\u00df mit jeder Wurzel noch ein kleiner Teil des hypokotylen Gliedes verbunden war. Das gleiche gilt f\u00fcr die sp\u00e4ter beschriebenen Versuche mit chloroformierten Pfl\u00e4nzchen. Dies erschien zweckm\u00e4\u00dfig, weil nach Bertels Angabe auch im hypokotylen Glied die Sph\u00e4rite auftreten, die er f\u00fcr Tyrosin und f\u00fcr die Muttersubstanz der Homogentisins\u00e4ure h\u00e4lt.\n27*","page":401},{"file":"p0402.txt","language":"de","ocr_de":"402\nE. Schulze und N. Castoro,\nEmulsion so weit erfolgt, da\u00df wenigstens der gr\u00f6\u00dfere Teil der \u00e4therischen L\u00f6sung gewonnen werden konnte. Der beim Abdestillieren dieser L\u00f6sung verbliebene R\u00fcckstand wurde mit Wasser behandelt, die vom Ungel\u00f6sten abfiltrierte Fl\u00fcssigkeit auf Homogentisins\u00e4ure untersucht. Das Resultat war das gleiche, wie in den ersten beiden Versuchen ; es trat keine Erscheinung auf, die auf das Vorhandensein der genannten S\u00e4ure zu schlie\u00dfen berechtigte.\nF\u00fcr einen vierten Versuch dienten die Wurzeln 6\u20147 t\u00e4giger Keimpflanzen von Curcurbita Pepo. Da in diesen Keimpflanzen Tyrosin nachgewiesen worden ist, so schienen dieselben ein g\u00fcnstiges Objekt f\u00fcr die Pr\u00fcfung auf Homogentisins\u00e4ure zu sein. Die Ausf\u00fchrung des Versuches geschah so, wie oben beschrieben worden ist. Das Resultat war auch hier negativ.\nDie Versuche mit den Wurzeln 2 t\u00e4giger und 6\u20147 t\u00e4giger Keimpflanzen wurden sp\u00e4ter von uns v/iederholt, ohne da\u00df das Resultat sich \u00e4nderte.\nEhe wir weitere Versuche anstellten, pr\u00fcften wir, ob eine geringe, einem Keimpflanzenextrakt zugesetzte Quantit\u00e4t von Homogentisins\u00e4ure sich durch Aussch\u00fctteln mit \u00c4ther unter Zusatz von Schwefels\u00e4ure wieder gewinnen lie\u00df. Wir zerrieben 120 g Wurzeln von 2t\u00e4gigen Keimpflanzen und f\u00fcgten dem in der oben beschriebenen Weise dargestellten Extrakt ungef\u00e4hr 0,1 g Homogentisins\u00e4ure, au\u00dferdem die erforderliche Quantit\u00e4t verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure zu; dann sch\u00fcttelten wir die Fl\u00fcssigkeit im Scheidetrichter mit \u00c4ther. Die \u00e4therische L\u00f6sung, die auch in diesem Falle sich leicht von der w\u00e4sserigen Schicht trennte, wurde der Destillation unterworfen, der dabei verbliebene R\u00fcckstand mit wenig Wasser behandelt, die vom Ungel\u00f6sten abfiltrierte Fl\u00fcssigkeit im Wasserbade noch etwas eingeengt. Diese Fl\u00fcssigkeit gab sehr stark die Reaktionen der Homogentisins\u00e4ure; nach Zusatz von ammoniakalischem Silbernitrat schw\u00e4rzte sie sich binnen einigen Sekunden, indem sie zugleich undurchsichtig wurde. Mit Ammoniak alkalisch gemacht und sodann der Luft ausgesetzt, f\u00e4rbte sie sich sehr bald braun; auf Zusatz von Eisenchlorid nahm sie eine, freilich nicht rein blaue F\u00e4rbung an, die sp\u00e4ter sich \u00e4nderte.","page":402},{"file":"p0403.txt","language":"de","ocr_de":"Bildet sich Homogentisins\u00e4ure in Keimpflanzen?\n403\nIn einem zweiten Versuch setzten wir einem aus 60 g Wurzeln unter Hinzuf\u00fcgen von 40 ccm Wasser in der gleichen Weise hergestellten Wurzelextrakt nur 0,02 g Homogentisins\u00e4ure zu und verfuhren dann ganz ebenso wie im ersten Versuche. Der beim Abdestillieren des \u00c4therextraktes verbliebene R\u00fcckstand lieferte auch in diesem Falle bei der Behandlung mit Wasser eine L\u00f6sung, welche die Reaktionen der Homogentisins\u00e4ure gab.\nIn einem dritten Versuche machten wir einen noch geringeren Zusatz von Homogentisins\u00e4ure; einem mit Wasser verd\u00fcnnten Wurzelextrakt, dessen Volumen 50 ccm betrug, f\u00fcgten wir nur 0,005 g der genannten S\u00e4ure zu. Eine Probe dieser Fl\u00fcssigkeit schw\u00e4rzte sich mit ammoniakalischem Silbernitrat in kurzer Zeit ; eine andere Probe, die mit Ammoniak alkalisch gemacht worden war, f\u00e4rbte sich bei Luftzutritt bald dunkel. Wir brachten diese Fl\u00fcssigkeit sodann durch Zusatz einer neuen Quantit\u00e4t des verd\u00fcnnten Wurzelextraktes auf 80 ccm. Auch eine Probe dieser noch st\u00e4rker verd\u00fcnnten Fl\u00fcssigkeit schw\u00e4rzte sich mit ammoniakalischem Silbernitrat ; doch dauerte es 30 Sekunden, bis die Reaktion eintrat. Nun wurde das Volumen der Testierenden Fl\u00fcssigkeit durch Zuf\u00fcgen von verd\u00fcnntem Wurzelextrakt auf 100 ccm gebracht; auch in dieser Verd\u00fcnnung gab sie noch die Reaktion mit ammoniakalischem Silbernitrat, aber erst nach Verlauf von ca. 1 Minute. In diesen Versuchen gab also die Homogentisins\u00e4ure ihr Vorhandensein zu erkennen, auch ohne da\u00df sie zuvor mit \u00c4ther ausgesch\u00fcttelt worden war. Der nach Ausf\u00fchrung dieser Reaktionen noch \u00fcbrig gebliebene Teil des mit Homogentisins\u00e4ure versetzten Extrakts wurde sodann unter Zusatz von Schwefels\u00e4ure im Scheidetrichter mit \u00c4ther gesch\u00fcttelt ; in dem beim Abdestillieren des \u00e4therischen Extrakts verbliebenen R\u00fcckst\u00e4nde lie\u00df sich leicht Homogentisins\u00e4ure nachweisen.\nAls wir einer Probe des gleichen, aber nicht mit Homogentisins\u00e4ure versetzten Extraktes ammoniakalisches Silbernitrat zuf\u00fcgten, trat erst nach Verlauf von mehr als 5 Minuten eine F\u00e4rbung ein. Zun\u00e4chst f\u00e4rbte sich der Extrakt gelb; erst bei noch l\u00e4ngerem Stehen wurde die F\u00e4rbung dunkler. Eine pl\u00f6tz-","page":403},{"file":"p0404.txt","language":"de","ocr_de":"404\nE. Schulze und N. Castoro\nlieh eintretende Schw\u00e4rzung und gleichzeitiges Undurchsichtigwerden des Extraktes, wie es bei den mit Homogentisins\u00e4ure versetzten Fl\u00fcssigkeiten beobachtet wurde, trat hier \u00fcberhaupt nicht ein, ebensowenig eine Dunkelf\u00e4rbung einer mit Ammoniak alkalisch gemachten Probe beim Stehen an der Luft. l)\nF\u00fcr einen vierten Versuch verwendeten wir ein aus den Wurzeln 8t\u00e4giger Keimpflanzen gewonnenes Extrakt, welches bedeutend konzentrierter war, als das f\u00fcr den dritten Versuch benutzte ; wir setzten diesem Extrakt 0,004 g Homogentisins\u00e4ure, gel\u00f6st in 8 ccm Wasser, zu. In einer mit ammoniakalischer Silberl\u00f6sung versetzten Probe dieser Fl\u00fcssigkeit begann erst nach-mehreren Minuten die Reduktion; dann aber schw\u00e4rzte sich die Probe rasch. Eine mit Ammoniak alkalisch gemachte Probe der gleichen Fl\u00fcssigkeit f\u00e4rbte sich beim Stehen an der Luft bald braun.\nDie im vorigen mitgeteilten Beobachtungen mu\u00dften uns zu der \u00dcberzeugung f\u00fchren, da\u00df ein Gehalt eines Keimpflanzenextraktes an Homogentisins\u00e4ure, auch wenn derselbe nur gering ist, sich leicht erkennen l\u00e4\u00dft ; auch m\u00fcssen wir aus ihnen die Schlu\u00dffolgerung ableiten, da\u00df die von uns untersuchten Keimpflanzen keine Homogentisins\u00e4ure enthielten. Nicht ausgeschlossen bleibt selbstverst\u00e4ndlich die M\u00f6glichkeit, da\u00df in den Keimpflanzenextrakten nur Spuren von Homogentisins\u00e4ure enthalten waren.\n*) Wir haben wiederholt Proben der in fr\u00fcher beschriebener Weise aus den zerriebenen Wurzeln 2 t\u00e4giger und 6\u20147 t\u00e4giger Keimpflanzen dargestellten Extrakte alkalisch gemacht und dann an der Luft stehen gelassen, konnten aber nicht bemerken, da\u00df sie auch bei l\u00e4ngerem Stehen braun wurden \u2014 was doch auch bei einem nur geringen Gehalt dieser Extrakte an Homogentisins\u00e4ure h\u00e4tte eintreten m\u00fcssen. Dagegen f\u00e4rbte sich der Wurzelbrei, wenn man ihn unter Zusatz von Chloroform oder auch ohne einen solchen an der Luft stehen lie\u00df, nach Verlauf von einigen Stunden meistens r\u00f6tlich oder br\u00e4unlich, eine Erscheinung, die bekanntlich bei vielen Pflanzenteilen eintritt. Mit der Homogentisins\u00e4ure hatte diese F\u00e4rbung offenbar nichts zu tun; anderenfalls h\u00e4tte man durch Zusatz von Alkali zum Wurzelbrei das Eintreten der F\u00e4rbung beschleunigen k\u00f6nnen; dies gelang aber nicht. Auch w\u00fcrden, falls das Vorhandensein von Homogentisins\u00e4ure die Ursache der F\u00e4rbung gewesen w\u00e4re, die aus dem Wurzelbrei dargestellten Extrakte sich nach dem Zusatz von Alkali an der Luft braun f\u00e4rben m\u00fcssen; dies trat aber nicht ein, wie oben schon mitgeteilt worden ist.","page":404},{"file":"p0405.txt","language":"de","ocr_de":"Bildet sich Homogentisins\u00e4ure in Keimpflanzen?\n405\nUm kein Mittel zur Darstellung von Homogentisins\u00e4ure aus den Keimpflanzen unbenutzt zu lassen, stellten wir unter Verwendung des von Garrod (loc. cit.) angegebenen Verfahrens noch einige Versuche an. 500 g ganz frische Wurzeln von 6\u20147t\u00e4gigen Keimpflanzen von Lupinus albus wurden zerrieben und sodann in der oben beschriebenen Weise verarbeitet. Den beim Abdestillieren des \u00e4therischen Extrakts verbliebenen R\u00fcckstand behandelten wir mit Wasser; die vom Ungel\u00f6sten abfiltrierte w\u00e4sserige L\u00f6sung, deren Volumen ungef\u00e4hr 20 ccm betrug, wurde im Wasserbade m\u00f6glichst stark erhitzt und sodann mit Bleiessig versetzt. Ein dabei entstandener amorpher Niederschlag wurde rasch abfiltriert, das farblose Filtrat einige Tage lang der Ruhe \u00fcberlassen. In diesem Filtrat bildete sich eine kleine wei\u00dfe Ausscheidung, die aber wahrscheinlich zum gr\u00f6\u00dften Teil aus Bleicarbonat bestand. Sie wurde abfiltriert, mit wenig kaltem Wasser gewaschen, zwischen Flie\u00dfpapier abgepre\u00dft, sodann in Wasser verteilt und durch Schwefelwasserstoff zersetzt. Der vom Schwefelblei abfiltrierten Fl\u00fcssigkeit f\u00fcgten wir, nachdem sie im Wasserbade eingeengt worden war, ammoniakalisches Silbernitrat zu. Es trat keine Reduktion von Silber und keine Dunkelf\u00e4rbung ein; demnach enthielt diese Fl\u00fcssigkeit keine Spur von Homogentisins\u00e4ure. H\u00e4tte letztere S\u00e4ure sich in dem \u00c4therextrakt vorgefunden, so h\u00e4tte in dem von uns ausgef\u00fchrten Versuche eine Ausscheidung von homogentisinsaurem Blei entstehen m\u00fcssen.\nEin zweiter, in der gleichen Weise ausgef\u00fchrter Versuch, f\u00fcr welchen ungef\u00e4hr die gleiche Quantit\u00e4t von Wurzeln 6- bis 7 t\u00e4giger Keimpflanzen verwendet wurde, lieferte gleichfalls ein ganz negatives Resultat.\nMit R\u00fccksicht auf Bertels Angabe, da\u00df in chloroformierten Keimpflanzen, sowie in chloroformierten Wurzeln solcher Pflanzen Homogentisins\u00e4\u00fcre in etwas gr\u00f6\u00dferer Menge zu finden sei, war es erforderlich, noch einige andere Versuche auszuf\u00fchren. Wir brachten 860 g 2\u20143 t\u00e4gige Keimpflanzen von Lupinus albus mit Chloroform und Wasser1) in ein Becherglas und lie\u00dfen sie\n\u2018) In unseren Versuchen wendeten wir Chloroform und Wasser meistens im Verh\u00e4ltnis 1 : 10 an.","page":405},{"file":"p0406.txt","language":"de","ocr_de":"406\nE. Schulze und N. Castoro,\ndarin zwei Tage lang stehen. Dann wurden die Wurzeln von den Pfl\u00e4nzchen abgetrennt und in der fr\u00fcher beschriebenen Weise untersucht. Homogentisins\u00e4ure vermochten wir darin nicht nachzuweisen ; der beim Abdestillieren des \u00c4therextraktes verbliebene R\u00fcckstand gab an Wasser keine Substanz ab, welche die Reaktionen der genannten S\u00e4ure zeigte.\nZwei andere Versuche mit je 100 g Wurzeln stellten wir in folgender Weise an : Die Wurzeln wurden zerrieben, der Brei mit 200 ccm Chloroformwasser in ein Glask\u00f6lbchen gebracht, letzteres mit einem Wattepfropf verschlossen und sodann im Thermostaten auf 35\u201440\u00b0 erhitzt. Das Erhitzen wurde in einem Falle zwei Tage, im anderen drei Tage lang fortgesetzt. Dann wurde der Inhalt der K\u00f6lbchen in der fr\u00fcher beschriebenen Weise auf Homogentisins\u00e4ure untersucht. Das Resultat war auch hier negativ.\nDiese beiden Versuche hielten wir von vornherein f\u00fcr aussichtslos. Eine Zunahme der Homogentisins\u00e4ure in den Wurzeln infolge des Chloroformierens w\u00e4re nur zu erwarten gewesen, wenn, wie Bertel es annimmt, diese Operation eine Steigerung des Tyrosingehalts der Wurzeln bewirkt h\u00e4tte. Bei den von uns untersuchten Wurzeln der Keimpflanzen von Lupinus albus war aber von einer solchen Steigerung nichts zu bemerken, wie aus den in der vorhergehenden Abhandlung von uns gemachten Mitteilung zu ersehen ist. Wir haben daher noch einen dritten Versuch in folgender Weise angestellt : 100 g Wurzeln wurden zerrieben, der Brei nach Zusatz von 0,3 g Tyrosin mit 200 ccm Chloroformwasser in ein K\u00f6lbchen gebracht und nun drei Tage lang im Thermostaten auf 35\u2014400 erhitzt. Dann verarbeiteten wir den Inhalt des K\u00f6lbchens in der vorher schon beschriebenen Weise. Homogentisins\u00e4ure konnten wir darin eben so wenig nachweisen, wie in den ohne Zusatz von Tyrosin f\u00fcr den Versuch verwendeten Wurzeln. Zu erw\u00e4hnen ist noch, da\u00df der im letzten Versuch bei Verarbeitung des Wurzelbreies erhaltene Extrakt noch Tyrosin enthielt. Derselbe gab beim Erw\u00e4rmen mit Millonschem Reagens eine rot gef\u00e4rbte L\u00f6sung. Ferner konnten wir aus der nach dem Sch\u00fctteln mit \u00c4ther und Schwefels\u00e4ure im Scheidetrichter von dem \u00c4therextrakt getrennten w\u00e4sserigen Fl\u00fcssigkeit leicht Tyrosin zur Ab-","page":406},{"file":"p0407.txt","language":"de","ocr_de":"Bildet sich Homogentisins\u00e4ure in Keimpflanzen?\t407\nScheidung bringen. Diese Fl\u00fcssigkeit wurde mit Bleiessig versetzt und sodann filtriert; dem Filtrat vom Bleiniederschlag f\u00fcgten wir Mercurinitrat zu und stumpften sodann die Acidit\u00e4t der Fl\u00fcssigkeit durch Zusatz von etwas Natriumcarbonat ab. Der Mercurinitratniederschlag wurde nach einigen Tagen abfiltriert, ausgewaschen, sodann in Wasser verteilt und durch Schwefelwasserstoff zersetzt, die vom Schwefelquecksilber abfiltrierte Fl\u00fcssigkeit hierauf mit Ammoniak neutralisiert und im Wasserbade stark eingeengt. Nach dem Erkalten krystallisierte aus dieser Fl\u00fcssigkeit Tyrosin aus. Dasselbe gab sowohl die Hoffmannsche wie die Piriasche und die M\u00f6rnersche Tyrosinreaktion. Die Ausbeute an Tyrosin aus dieser Fl\u00fcssigkeit betrug 0,02\u20140,03 g. Wie schon in der vorhergehenden Abhandlung hervorgehoben worden ist, geht das Tyrosin nur partiell in den Mercurinitratniederschlag ein ; aus dem Ergebnis unseres Versuches l\u00e4\u00dft sich also nur schlie\u00dfen, da\u00df w\u00e4hrend des Versuches das dem Wurzelbrei zugesetzte Tyrosin nicht vollst\u00e4ndig umgewandelt worden ist; ob es an Menge abgenommen hatte oder nicht, l\u00e4\u00dft sich nicht entscheiden.\nAuch ein Versuch, in welchem wir den Wurzelbrei unter Zusatz von Tyrosin und von Chloroform 24 Stunden lang bei Zimmertemperatur stehen lie\u00dfen und sodann auf Homogentisins\u00e4ure untersuchten, gab ein negatives Resultat.\nDa Bertel annimmt, da\u00df in der Wurzelspitze ein Enzym enthalten ist, durch welches die Homogentisins\u00e4ure oxydiert wird, so stellten wir noch einen Versuch in folgender Weise an: Von den ca. 4 cm langen Wurzeln 2\u20142V2t\u00e4giger Keimpflanzen von Lupinus albus wurden die Wurzelspitzen in einer L\u00e4nge von ca. 1 cm abgetrennt und entfernt, die \u00fcbrigen Teile der Wurzeln f\u00fcr den Versuch verwendet. Ein Quantum von 190 g dieses Materials wurde zerrieben, der Brei unter Zusatz von 20 ccm Chloroform und 180 ccm Wasser in ein Becherglas gebracht. Letzteres bedeckten wir mit einer Uhrschale und lie\u00dfen es unter einer Glasglocke 24 Stunden lang stehen. Dann wurde der Inhalt des Glases in eine Schale gebracht und im Wasserbade auf ca. 80\u00b0 erw\u00e4rmt, hierauf rasch abgek\u00fchlt. Dann trennten wir mit Hilfe eines Seihtuches das Extrakt von den","page":407},{"file":"p0408.txt","language":"de","ocr_de":"408\nE. Schulze und N. Castoro,\nunl\u00f6slichen Teilen und sch\u00fcttelten es nach Zusatz von 30 ccm 5\u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure im Scheidetrichter mit \u00c4ther. Die von der w\u00e4sserigen Schicht getrennte \u00e4therische Schicht wurde der Destillation unterworfen, der dabei verbliebene R\u00fcckstand mit kaltem Wasser behandelt. Die vom Ungel\u00f6sten abfiltrierte w\u00e4sserige L\u00f6sung, deren Volumen nur ca. 5 ccm betrug, wurde auf Homogentisins\u00e4ure untersucht. Eine Probe dieser L\u00f6sung gab auf Zusatz von ammoniakalischem Silbernitrat eine der Quantit\u00e4t nach nicht bedeutende wei\u00dfe F\u00e4llung, die durch Filtration sofort beseitigt wurde. Das Filtrat, welchem noch etwas ammoniakalisches Silbernitrat zugef\u00fcgt wurde, f\u00e4rbte sich im Verlauf von ca. 1 Stunde gelb ; eine Schw\u00e4rzung trat, auch bei l\u00e4ngerem Stehen, nicht ein (erst nach 24st\u00e4ndigem Stehen hatten sich darin einige dunkel gef\u00e4rbte Flocken ausgeschieden). Auch die anderen weiter oben beschriebenen Reaktionen der Homogentisins\u00e4ure traten in dieser Fl\u00fcssigkeit nicht ein.\nEndlich stellten wir noch Versuche mit 8 t\u00e4gigen Keimpflanzen von Lupinus albus an, welche etwas langsamer gewachsen waren, als die f\u00fcr die bisher beschriebenen Versuche angewendeten Pfl\u00e4nzchen. Ein Quantum von ca. 200 g der von diesen Keimpflanzen abgetrennten Wurzeln wurde sofort zerrieben, der Drei unter Zusatz von etwas Wasser auf ca. 90\u00b0 erhitzt, dann auf ein Seihtuch gebracht, der auf letzterem verbliebene Zellfaserr\u00fcckstand nach dem Abfiltrieren des Extraktes ausgepre\u00dft. Das Extrakt wurde nach Zusatz von 30 ccm 5\u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure im Scheidetrichter mit \u00c4ther gesch\u00fcttelt, die \u00e4therische L\u00f6sung abdestilliert, die bei Behandlung dieses R\u00fcckstandes mit Wasser resultierende L\u00f6sung auf Homogentisins\u00e4ure untersucht. Dabei traten, ebenso wie in den fr\u00fcher ausgef\u00fchrten Versuchen, keine Erscheinungen ein, die auf das Vorhandensein dieser S\u00e4ure schlie\u00dfen lie\u00dfen. Wir \u00fcbergossen nun den auf dem Seihtuch gebliebenen Zellfaserr\u00fcckstaud mit Wasser, setzten 30 ccm 5\u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure zu, trennten nach ca. Vs Stunde die Fl\u00fcssigkeit vom Ungel\u00f6sten und sch\u00fcttelten sie im Scheidetrichter mit \u00c4ther. Die \u00e4therische L\u00f6sung wurde der Destillation unterworfen, der dabei verbliebene R\u00fcckstand mit Wasser behandelt. Das Volumen der in dieser Weise er-","page":408},{"file":"p0409.txt","language":"de","ocr_de":"Bildet sich Homogentisins\u00e4ure in Keimpflanzen?\n409\nhaltenen, durch Filtration vom Ungel\u00f6sten getrennten, farblosen Fl\u00fcssigkeit betrug nur ca. 5 ccm. Auf Zusatz von ammonia-kalischem Silbernitrat f\u00e4rbte sich diese Fl\u00fcssigkeit erst nach Verlauf von 1\u20142 Minuten gelb; die F\u00e4rbung wurde beim Stehen langsam dunkler. Als die Fl\u00fcssigkeit mit Ammoniak alkalisch gemacht wurde, f\u00e4rbte sie sich schwach violett; selbst bei stundenlangem Stehen unter Luftzutritt ging die F\u00e4rbung nicht in braun \u00fcber. Eine Blauf\u00e4rbung der Fl\u00fcssigkeit durch Eisenchlorid war nicht zu bemerken. Auch hier also war Homogentisins\u00e4ure nicht nachzuweisen.\nEine zweite Portion der gleichen Wurzeln, im Gewicht von ca. 200 g, wurde zerrieben, der Brei nach Zusatz von etwas Wasser und von Chloroform in einem gut bedeckten Becherglase 24 Stunden lang stehen gelassen. Dann f\u00fcgten wir dem Brei, ohne ihn zuvor zu erhitzen, 30 ccm Schwefels\u00e4ure zu, trennten das Extrakt vermittelst eines Seihtuches vom Ungel\u00f6sten und sch\u00fcttelten es im Scheidetrichter mit \u00c4ther. Der beim Abdestillieren des \u00e4therischen Extraktes verbliebene R\u00fcckstand wurde mit Wasser behandelt, die farblose L\u00f6sung, deren Volumen nach der Filtration kaum 5 ccm betrug, auf Homogentisins\u00e4ure untersucht. Auf Zusatz von ammoniakalischem Silbernitrat gab diese L\u00f6sung einen farblosen Niederschlag, der durch Filtration sofort entfernt wurde. Das Filtrat, welchem noch etwas vom Reagens zugef\u00fcgt wurde, f\u00e4rbte sich nach 1\u20142 Minuten gelb; die F\u00e4rbung ging bei l\u00e4ngerem Stehen sehr langsam in Braun \u00fcber. Eine mit. Ammoniak alkalisch gemachte Probe der gleichen Fl\u00fcssigkeit f\u00e4rbte sich beim Stehen an der Luft nicht braun. Von einer Blauf\u00e4rbung der L\u00f6sung durch Eisenchlorid war nichts zu bemerken. Homogentisins\u00e4ure war also auch in dieser L\u00f6sung nicht nachzuweisen. Es ist bemerkenswert, da\u00df diese L\u00f6sung sich mit ammoniakalischem Silbernitrat schw\u00e4cher f\u00e4rbte als diejenige, die bei Verarbeitung nichtchloroformierter Wurzeln in der gleichen Weise erhalten worden war. Das gleiche gilt auch f\u00fcr den Versuch mit chloroformierten Wurzeln, von denen die Spitze abgetrennt worden war. Falls in den chloroformierten Wurzeln Homogentisins\u00e4ure gebildet worden w\u00e4re, so h\u00e4tte die Silberreduktion in den nach","page":409},{"file":"p0410.txt","language":"de","ocr_de":"410\nE. Schulze und N. Castoro,\ndem beschriebenen Verfahren erhaltenen L\u00f6sungen weit st\u00e4rker und in solcher Weise auftreten m\u00fcssen, wie dies in Homogentisins\u00e4urel\u00f6sungen geschieht.\nWir vermochten somit weder in den frischen noch in den chloroformierten Keimpflanzen Homogentisins\u00e4ure aufzufinden. Es entsteht nun die Frage, welche Bedeutung gegen\u00fcber den negativen Resultaten unserer Versuche den Reaktionen zukommt, auf welche Bertels Angabe sich st\u00fctzt. Es scheint uns, da\u00df Bertel ein Hauptgewicht auf die durch den Keimpflanzensaft bewirkte Reduktion von ammoniakalischer Silberl\u00f6sung legt. Wir machen aber darauf aufmerksam, da\u00df die Zahl der silberreduzierenden Substanzen, die in den Organismen auftreten k\u00f6nnen, nicht gering ist. Wir verweisen auf eine von E. Baumann1) gegebene Aufz\u00e4hlung solcher Stoffe. Au\u00dferdem aber trat die Silberreduktion in den von uns untersuchten Keimpflanzenextrakten, sowie in den w\u00e4sserigen L\u00f6sungen der daraus durch Aussch\u00fctteln mit \u00c4ther gewonnenen Stoffe in anderer Weise ein, als in einer Homogentisins\u00e4urel\u00f6sung \u2014 worauf wir oben schon aufmerksam gemacht haben. Bertel gibt ferner an, da\u00df er bei seinen Objekten die Reaktionen der Homogentisins\u00e4ure mit Eisenchlorid und mit Millonschem Reagens erhalten habe. Wir glauben, da\u00df diese Reaktionen, wenn man sie im Keimpflanzensaft auftreten sieht, mehrdeutig2) sind und da\u00df sie durch das Vorhandensein anderer Saftbestandteile unsicher gemacht werden k\u00f6nnen. Zur St\u00fctze dieser Ansicht weisen wir darauf hin, da\u00df Substanzen, die mit Millonschem Reagens F\u00e4rbungen oder F\u00e4llungen geben, im Saft der Keimpflanzen niemals fehlen ; was das Eisenchlorid betrifft, so nahm\n*) Pfl\u00fcgers Archiv der Physiologie, Bd. XXIX, S. 414.\na) Zur St\u00fctze dieser Behauptung weisen wir darauf hin, da\u00df im Alkaptonharn neben Homogentisins\u00e4ure hin und wieder noch eine andere S\u00e4ure auftritt, welche ganz die gleichen Reaktionen gibt, wie die Homogentisins\u00e4ure. Man bezeichnet diese S\u00e4ure als Uroleucins\u00e4ure und glaubt, da\u00df sie eine Dioxyphenylmilchs\u00e4ure sei (ihre Formel ist C9H10O6). Doch ist ihre Struktur bis jetzt nicht sicher festgestellt worden; es l\u00e4\u00dft sich daher auch nicht sagen, ob sie in Beziehung zum Tyrosin steht (man vergl. Hoppe-Seylers Handbuch der physiologisch-und pathologisch-chemischen Analyse, bearbeitet von Thierfelder, S. 237).","page":410},{"file":"p0411.txt","language":"de","ocr_de":"Bildet sich Homogentisins\u00e4ure in Keimpflanzen?\n411\nder Saft der von uns untersuchten Wurzeln auf Zusatz dieses Reagens eine dunkle best\u00e4ndige F\u00e4rbung an. Sodann weisen wir noch darauf hin, da\u00df wir durch Sch\u00fctteln mit \u00c4ther unter Zusatz von Schwefels\u00e4ure aus den Keimpflanzenextrakten keine Stoffe gewinnen konnten, welche die hier in Frage stehenden Reaktionen gaben. Endlich sagt Rertel noch, da\u00df ihm auch die Darstellung des \u00c4thylesters der Homogentisins\u00e4ure gelungen sei. Das begreifen wir nicht recht, da in Bertels Abhandlung von einer Abscheidung der Homogentisins\u00e4ure aus den Keimpflanzen nicht die Rede ist; auch gibt Bertel nicht an, wie jener Ester dargestellt und in welcher Weise er mit Homogentisins\u00e4ureester identifiziert wurde. Wir werden in bezug auf diese Punkte einer besseren Belehrung nicht unzug\u00e4nglich sein; aber wir m\u00fcssen einstweilen im Hinblick auf die negativen Ergebnisse unserer Versuche an dem Vorhandensein von Homogentisins\u00e4ure in den Keimpflanzen zweifeln.","page":411}],"identifier":"lit18374","issued":"1906","language":"de","pages":"396-411","startpages":"396","title":"Bildet sich Homogentisins\u00e4ure beim Abbau des Tyrosins in den Keimpflanzen?","type":"Journal Article","volume":"48"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:42:46.353211+00:00"}