Open Access
{"created":"2022-01-31T13:37:45.447196+00:00","id":"lit18386","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Kutscher, Fr.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 49: 47-49","fulltext":[{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Novains.1)\nVon\nFr. Kutscher.\n(Aus dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Marburg.)\n(Der Redaktion zugegangen am 9. August 1906.)\nVor einiger Zeit habe ich in dieser Zeitschrift2) angegeben, da\u00df das Novain und Oblitin den Cholinbasen zugez\u00e4hlt werden m\u00fcssen. Ich gebe im Nachfolgenden den Beweis f\u00fcr meine Behauptung.\nIn einen Fraktionierkolben aus Hartglas von 250 ccm Inhalt wurden 50 g festes, krystallwasserhaltiges Baryumhydrat gegeben. Auf dasselbe wurden 1,07 g Novainchlorid aufgetropft, die in 10 ccm Wasser gel\u00f6st waren. Nunmehr wurde der auf\n*) In der soeben erschienenen Nummer dieser Zeitschrift spricht Krimherg die Vermutung aus, da\u00df das von mir aus Liebigs Fleischextrakt dargestellte Novain mit dem von Gulewitsch und ihm ebenfalls in Liebigs Fleischextrakt entdeckten Carnitin identisch sei. Er benutzte, nachdem er jetzt auch den Fleischextrakt erst durch Blei gereinigt hatte, die von mir mit gutem Erfolge angewandte fraktionierte F\u00e4llung mit Goldchlorid, um die Goldverhindung des Carnitins darzustellen, die weitgehende \u00c4hnlichkeit mit dem von mir beschriebenen Novaingoldchlorid zeigt.\nTrotzdem habe ich bisher keine Veranlassung, an der von mir aufgestellten Formel des Novains und an dem Namen dieser Base etwas zu \u00e4ndern. Es hat sich n\u00e4mlich gezeigt, da\u00df das Novain im Tierk\u00f6rper ganz \u00e4hnlich wie das Kreatin Wasser abspalten und aufnehmen kann. Die Goldverhindung wird dadurch in ihrem Aussehen wenig ver\u00e4ndert und so erkl\u00e4rt sich der zu geringe Goldwert, den ich h\u00e4ufig in derselben gefunden habe.\nBez\u00fcglich der Namen, die ich den von mir in Liebigs Fleischextrakt gefundenen Basen gegeben habe, habe ich absichtlich vermieden, dieselben mit dem Worte \u00abFleisch\u00bb in Verbindung zu bringen, und halte es auch zur Zeit nicht f\u00fcr ratsam, dies zu tun. Denn bereits vor mehreren Jahren haben Steudel und ich darauf hingewiesen (s. Diese Zeitschrift, Bd. XXXVIII, S. 101), da\u00df und warum man die an Liebigs Fleischextrakt erarbeiteten Resultate nur mit gr\u00f6\u00dfter Vorsicht benutzen darf. So steht denn auch wahrscheinlich das Novain zu den von Brie g er (die Ptomaine) und Stadthagen und Baginsky (Berliner Klinische Wochenschrift 1890, S. 294) isolierten Basen der Formel C7H17N02, die diese aus Fisch- und Pferdefleisch, das durch F\u00e4ulnis- und andere Bakterien ver\u00e4ndert war, gewonnen haben, in sehr naher Beziehung. Ich werde auf diese Verh\u00e4ltnisse sp\u00e4ter genauer eingehen.\n2) Diese Zeitschrift, Bd. XLVIII, S. 331.","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\nFr. Kutscher,\neine Asbestplatte gestellte Kolben vorsichtig erhitzt. Das Baryum-hydrat schmolz in seinem Krystallwasser und die Fl\u00fcssigkeit begann ruhig zu sieden. Das aus dem Fraktionskolben entweichende Destillat wurde in vorgelegter, konzentrierter Salzs\u00e4ure aufgefangen. Die Destillation wurde fortgesetzt, bis das starke Sch\u00e4umen aufh\u00f6rte und der R\u00fcckstand des Kolbens zu einer wenig feuchten Masse eintrocknete. Dann lie\u00df ich den Kolben erkalten, gab 10 ccm Wasser in denselben und destillierte von neuem, bis der Baryt trocken zu werden begann. Diese Destillationen wiederholte ich unter jedesmaliger Zugabe von 10 ccm Wasser, so lange, bis mit dem Destillat keine fl\u00fcchtigen Basen mehr \u00fcbergingen. Um dies zu erreichen, habe ich die Destillation 12 mal anstellen m\u00fcssen. Der Kolbenr\u00fcckstand hatte sich dabei nur ganz schwach gelb gef\u00e4rbt. Das Novain wurde durch den Baryt also nur langsam, aber, wie ich zeigen kann, quantitativ gespalten. Au\u00dferdem hat das von mir ein-geschlagene Verfahren den Vorteil, da\u00df der Kolbenr\u00fcckstand sofort der weiteren Verarbeitung zug\u00e4nglich ist.\nDas in Salzs\u00e4ure aufgefangene Destillat wurde auf dem Wasserbade auf ein kleines Volumen eingeengt und mit 30\u00b0/o Goldchloridl\u00f6sung ausgef\u00e4llt. Der reichliche Niederschlag wurde durch Erhitzen der Mutterlauge zur L\u00f6sung gebracht. Beim Erkalten der Fl\u00fcssigkeit schied er sich in sch\u00f6nen, gelben, gl\u00e4nzenden Krystallen ab. Dieselben wurden abgesaugt, mit wenig Wasser gewaschen und analysiert. Sie bestanden aus Trimethylaminchloraurat.\n0,1516 g Substanz gaben 0,0748 g Au F\u00fcr (GH3)3N \u2022 HG1 \u2022 AuC13\nBerechnet: Au = 49,4% Gefunden: Au = 49,3\u00b0/o.\nDie Ausbeute an analysenreinem Trimethylaminchloraurat betrug 2,232 g, das sind 96\u00b0/o der theoretischen Ausbeute. Zieht man die unvermeidlichen Verluste an Trimethylamin in Betracht, so m\u00fcssen wir annehmen, da\u00df die Spaltung des Novains quantitativ gewesen und sein gesamter Stickstoff in Form von Trimethylamin ausgetreten ist.\nDas Cholin und Neurin verhalten sich unter denselben Bedingungen wie das Novain. Auch sie liefern als einziges Destillationsprodukt Trimethylamin und es ist danach nicht","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Novains.\n49\nzweifelhaft, da\u00df das Novain den Cholinbasen zugerechnet werden mu\u00df. Es ist wahrscheinlich ein h\u00f6heres Homologes des Muskarins und ihm kommt folgende Konstitutionsformel zu.\n(CH3)8N\nCH, \u2022 CH, \u2022 CH, \u2022 CH\nI\n/\n\\\nOH\nOH\nOH\nDie nahe Beziehung des Oblitins zum Novain ist von Lohmann und mir durch Tierversuche und von mir durch Spaltung des Oblitins durch Bakterien erwiesen worden.1) Es hat sich dabei als einziges stickstoffhaltiges Spaltungsprodukt eigentlich. nur Novain darstellen lassen. Damit ist der Zusammenhang des Oblitins mit den Cholinbasen ebenfalls erwiesen und wir m\u00fcssen annehmen, da\u00df im Oblitin zwei miteinander verkuppelte Novainreste vorhanden sind.\nDen Cholinbasen zugez\u00e4hlt habe ich bereits in meiner Abhandlung \u00fcber Liebigs Fleischextrakt2) das Neosin, das ein physiologisch sehr interessanter K\u00f6rper ist und das sich auch in tadellosem Fleisch nachweisen l\u00e4\u00dft. Bei Verbrennung seiner Goldsalze entwickelt es ebenfalls den charakteristischen Geruch nach Heringslake und da es auch im Tierversuch gro\u00dfe \u00c4hnlichkeit mit dem Cholin zeigt, scheint die fr\u00fcher von mir ausgesprochene Vermutung, das Neosin sei als das n\u00e4chst h\u00f6here Homologe des Cholins zu betrachten, sehr wahrscheinlich.\n\u00dcber die Herkunft dieser eigenartigen von mir aufgefundenen K\u00f6rper lassen sich zur Zeit nicht einmal Vermutungen aufstellen. Wir waren bisher gewohnt, als die schlie\u00dflichen Muttersubstanzen der Cholinbasen, die man im tierischen Organismus nachweisen kann, das Lecithin oder dem Lecithin nahestehende komplizierte Stoffe zu betrachten. M\u00f6glicherweise lassen sich auch das Neosin, das Novain und Oblitin von derartigen K\u00f6rpern herleiten. Wohl kann man schon theoretisch \u00abnd praktisch das Neosin und Novain auf das Oblitin zur\u00fcckf\u00fchren, hier hat aber die Kette vorl\u00e4ufig ein Ende.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XLVIII, S. 331.\n*) Zeitschrift f. Unters, d. Nahrungs- u. Genu\u00dfmittel, Bd. X, S. 628.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. XLIX.\n4","page":49}],"identifier":"lit18386","issued":"1906","language":"de","pages":"47-49","startpages":"47","title":"Zur Kenntnis des Novains","type":"Journal Article","volume":"49"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:37:45.447201+00:00"}