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{"created":"2022-01-31T12:37:34.108542+00:00","id":"lit18408","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Mohr, L.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 49: 295-296","fulltext":[{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Abwehr.\nVon\nL. Mohr.\n(Der Redaktion zugegangen am 26. September 1906.)\n\u2022 \u2022\nZu meinem Bedauern bin ich gen\u00f6tigt, auch zu den letzten \u00c4u\u00dferungen von Abderhalden und Schittenhelm*) \u00fcber meine Arbeit* 2) und \u00fcber meine Bemerkungen zu ihrem Aufsatz3) Stellung zu nehmen.\nAbderhalden und Schittenhelm sind zuletzt zwar meiner Forderung nachgekommen, den Sachverhalt, der in meiner Arbeit nieder-gelegt ist, richtig wiederzugeben, ihre \u00abKritik\u00bb h\u00e4lt sich aber wieder nicht an die Sache selbst, sondern behandelt Dinge, die ich nie behauptet habe, und verliert sich in doktrin\u00e4ren Auseinandersetzungen, die der Sache unm\u00f6glich f\u00f6rderlich sein k\u00f6nnen. Ich mu\u00df deshalb die fraglichen Punkte nochmals pr\u00e4zisieren.\nNachdem ich aus dem Harn eines pankreaslosen Hundes nach Verabreichung von 10 g d-Leucin ein Naphtalinsulfoprodukt dargestellt hatte, das krystallinisch rein und einheitlich war und einen hohen Stickstoffgehalt aufwies, habe ich die Vermutung ausgesprochen, da\u00df diese Substanz ein Leucinpeptid sei, und aus dem Befund geschlossen, da\u00df hiermit h\u00f6chstwahrscheinlich zum erstenmal der \u00dcbergang h\u00f6her molekularen Aminos\u00e4uren in den Harn dargetan sei. Ich habe mich bei dieser Schlu\u00dffolgerung so verhalten, wie man sich bei biologischen Fragen, und nur um eine solche handelt es sich im vorliegenden Falle, allgemein verh\u00e4lt. Wer in dem Harn eines Menschen nach reichlicher Zufuhr von Traubenzucker eine reduzierende, g\u00e4rende Substanz findet, die vorher nicht im Harn nachzuweisen war, schlie\u00dft mit Recht, da\u00df diese Substanz Traubenzucker sei. Nur \u00fcbertriebene Exaktheit kann in diesem Fall verlangen, da\u00df das Vorhandensein von Traubenzucker durch die chemische Reindarstellung des Traubenzuckers aus dem Harn dargetan wird. In gleicher Lage befinde ich mich, wenn ich die Vermutung ausspreche, da\u00df die in dem Harn des pankreaslosen Hundes nach Verabfolgung von 10 g Leucin gefundene Naphtalinsulfoverbindung eine Leucinverbindung sei. Denn es ist bisher nicht bekannt, da\u00df verf\u00fctterte Aminos\u00e4uren, wenn sie unverbrannt den Organismus durchlaufen, nicht in ihrer urspr\u00fcnglichen Form ausgeschieden w\u00fcrden. Nach Verf\u00fctterung von Alanin, von Glykokoll und Leucin wird immer nur, falls diese Substanzen \u00fcberhaupt im Harn ausgeschieden werden, Alanin bezw. Gly-\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XLVIII, S. 574\u201476.\n2)\tZeitschrift f. exper. Path. u. Ther., Bd. II, S. 666 u. 667.\n3)\tDiese Zeitschrift, Bd. XLVIII, S. 380.","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\nL. Mohr, Zur Abwehr.\nkokoll bezw. Leucin im Harn gefunden. Meine Vermutung, da\u00df das von mir gefundene Naphtalinsulfoprodukt eine Leucinverbindung sei, gr\u00fcndete sich somit auf die bisher vorliegenden Erfahrungen. Die Forderung, da\u00df ich zur St\u00fctze dieser Vermutung Leucin h\u00e4tte chemisch isolieren m\u00fcssen, wie Abderhalden und Schittenhelm verlangen, ist v\u00f6llig unverst\u00e4ndlich, denn falls ich das getan h\u00e4tte, h\u00e4tte ich es nicht n\u00f6tig gehabt, nur vermutungsweise die Anwesenheit von Leucin anzunehmen, sondern ich h\u00e4tte behaupten k\u00f6nnen, da\u00df Leucin vorhanden ist. Da ich dies nicht getan habe, sondern im Gegenteil mit aller Vorsicht mich dahin ge\u00e4u\u00dfert habe, da\u00df Leucin in peptidartiger Verbindung im Harn vorhanden sei, so ist der Vorwurf Abderhaldens und Schittenhelm s, da\u00df meine Annahme ungen\u00fcgend gest\u00fctzt sei, hinf\u00e4llig. Ich betone nochmals, da\u00df es sich im vorliegenden Falle nur um die F\u00fchrung eines biologischen Wahrscheinlichkeitsbeweises handelt, und da\u00df ich nie behauptet habe, den vollen chemischen Nachweis des Leucins gef\u00fchrt zu haben.\nVom Standpunkte des Biologen aus aber bleibe ich dabei, da\u00df meine Vermutung, es handele sich in meinem Falle mit gr\u00f6\u00dfter Wahrscheinlichkeit um die Ausscheidung von Leucin, und zwar in einer Form, welche einer peptidartigen Verbindung entspricht, berechtigt ist. Da\u00df es sich bei dem fraglichen K\u00f6rper um eine h\u00f6her molekulare Aminos\u00e4ureverbindung (entsprechend ihrem hohen Stickstoffgehalt) gehandelt hat, k\u00f6nnte nur durch den Nachweis widerlegt werden, da\u00df es im Harn au\u00dfer Aminos\u00e4uren und Ammoniak Substanzen gibt, welche mit Naphtalin-sulfochlorid reagieren, charakteristische, einheitliche Krystalle bilden, stickstoffreich sind, in Alkali sich l\u00f6sen und mit S\u00e4uren gef\u00e4llt werden. Solche Substanzen sind weder mir, noch anscheinend Abderhalden und Schittenhelm bekannt, sonst w\u00fcrden sie ihrer wohl Erw\u00e4hnung getan haben. Es ist Sache meiner Gegner, diesen Nachweis zu f\u00fchren, nicht meine Aufgabe. Nur auf der Basis dieses Nachweises kann eine berechtigte objektive Kritik des von mir erhobenen Befundes einsetzen. Die Kritik, welche Abderhalden und Schittenhelm an meiner Arbeit ge\u00fcbt haben, kann auf diese Bezeichnung keinen Anspruch machen. Als Beleg f\u00fcr diese Behauptung f\u00fchre ich den Schlu\u00dfsatz ihrer Bemerkungen hier an: \u00abSelbst wenn es in Zukunft gelingen sollte, derartige Synthesen im tierischen Organismus nachzuweisen, so wird Mohrs Befund nicht als erster derartiger Befund gelten d\u00fcrfen.\u00bb Dieser Satz charakterisiert aufs klarste den Geist, der diese \u00abKritik\u00bb geschaffen hat, und best\u00e4tigt aufs gl\u00e4nzendste, wie recht ich mit der Behauptung hatte, da\u00df das Urteil Abderhaldens und Schittenhelms \u00fcber meinen Befund von einem einseitigen Standpunkt aus gef\u00e4llt worden ist.\nDa\u00df ich nach dieser Erfahrung auf weitere Auseinandersetzungen mit Abderhalden und Schittenhelm verzichte, wird jedermann begreiflich finden.","page":296}],"identifier":"lit18408","issued":"1906","language":"de","pages":"295-296","startpages":"295","title":"Zur Abwehr","type":"Journal Article","volume":"49"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:37:34.108547+00:00"}