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{"created":"2022-01-31T13:30:58.984032+00:00","id":"lit18431","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Moscati, Guiseppe","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 50: 73-96","fulltext":[{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Verhalten der in den Organismus eingef\u00fchrten St\u00e4rkel\u00f6sung, Ablagerung der St\u00e4rke und Umwandlung in Glykogen.\nVon\nDr. Giuseppe Moscati,\nAssistenzarzt an den \"Vereinigten Krankenh\u00e4usern von Neapel.\nMit zwei Tafeln.\n(Aus dem physiologisch-chemischen Institut der Universit\u00e4t, Professor P. Mal erb a.) (Der Redaktion zugegangen am 23. September 1906.)\nDiese Untersuchungen, welche ich unter der Leitung des Herrn Professor Mal erb a ausgef\u00fchrt habe, betreffen ein ganz unbebautes Feld. Es ist mir kein Forscher bekannt, welcher St\u00e4rkel\u00f6sung subkutan oder intraven\u00f6s injiziert h\u00e4tte, um das Verhalten derselben im Organismus zu studieren.\nA priori k\u00f6nnte man annehmen, da\u00df Injektionen einer so viskosen Fl\u00fcssigkeit leicht Embolien verursachen w\u00fcrden, und ich darf wohl voraussetzen, da\u00df dieser Gedanke manche Forscher von solchen Versuchen abgehalten hat.\nIn einer fr\u00fcheren Arbeit habe ich schon gesagt, da\u00df es leicht ist, eine hinreichend fl\u00fcssige und vollkommen homogene St\u00e4rkel\u00f6sung zu bereiten, deren Beschaffenheit auch keine sch\u00e4dlichen Wirkungen erwarten l\u00e4\u00dft.\nDie Versuche best\u00e4tigten diese Voraussetzung und ich habe die L\u00f6sung, ohne irgend welche St\u00f6rungen hervorzurufen, bei Huncfen intraven\u00f6s injiziert. Wenn ich jedoch absichtlich eine unzureichend erhitzte L\u00f6sung, in der die St\u00e4rkek\u00f6rnchen noch nicht ganz zergangen waren, in die Venen einspritzte, starben die Hunde sofort an Embolie, w\u00e4hrend sie selbstverst\u00e4ndlich bei subkutaner Injektion derselben L\u00f6sung am Leben blieben.\nEs ist mir gelungen, exzessive Dosen St\u00e4rke (2\u20143 g per Kilo Tier) ohne nachteilige Folgen zu injizieren. Aller-\nHoppe-Seyler's Zeitschrift f. physiol. Chemie. L.\t6","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\nGiuseppe Moscati,\ndings habe ich diese Dosen nicht \u00fcberschritten. Somit ist der Schlu\u00df gestattet, da\u00df die St\u00e4rkel\u00f6sung, wenn sie in die Blutbahn gebracht wird, sich unsch\u00e4dlich verh\u00e4lt.\nWird die St\u00e4rke durch den Harn ausgeschieden?\nZun\u00e4chst versuchte ich festzustellen, ob der Harn nach Injektion von St\u00e4rke diese selbst oder \u00fcberhaupt ein Kohlehydrat enthielt, welche qualitativen oder quantitativen \u00c4nderungen seiner Zusammensetzung auftraten, und ob etwa neue Bestandteile des Harns nachzuweisen waren.\nIch habe die Ausscheidung unter folgenden Umst\u00e4nden untersucht :\na) Subkutane Injektion von St\u00e4rkel\u00f6sung bei Hunden. Von den zahlreichen Versuchen f\u00fchre ich nur einige aus meinen Protokollen an.\nPudel von 7,500 kg Gewicht, w\u00e4hrend des Versuchs konstant. W\u00e4hrend mehrerer Tage wird er in einem Stall gehalten, welcher das Aufsammeln des Urins gestattet. Ern\u00e4hrung : Brot und Suppe mit Fleisch.\n18., 19., 20. XI. 1905 t\u00e4gliche Urinmenge 150 ccm, normal.\n20.\tXI. Injektion von L\u00f6sung, enthaltend 0,50 g St\u00e4rke.\n21.\tXI. Urinmenge 150 ccm. Pr\u00fcfung auf Mono-, Di- und Polysaccharide (letztere nach Inversion). St\u00e4rke, Dextrin, Pentosen, G\u00e4rung negativ. Auch im \u00fcbrigen vollkommen normal. Ein Teil des Harns wird zwecks weiterer Pr\u00fcfung mit Alkohol versetzt.\nSubkutane Injektion, enthaltend 1 g St\u00e4rke.\n22.\tXI. Urin ohne \u00c4nderung. Ein Teil wird zur\u00fcckbehalten, mit dem obigen vereinigt. In mehreren subkutanen Injektionen werden noch 3 g St\u00e4rke eingef\u00fchrt.\n23.\tXI. Urin ebenso. Ein Teil auf bewahrt, keine weiteren Injektionen.\n24.\t\u201427. XI. Keine \u00c4nderung.\nDie vereinigten Harnportionen mit Alkohol gef\u00e4llt; der Niederschlag, nach Auswaschen mit verd\u00fcnntem Alkohol in wenig hei\u00dfem Wasser gel\u00f6st, gibt keine St\u00e4rkereaktion (Jod).\nInjektionsstelle weich, bei der Sektion keine bemerkbaren Ver\u00e4nderungen.\nIn allen F\u00e4llen wurden bei der Sektion die Organe normal befunden; das aus den Venen fl\u00fcssig austretende Blut koagulierte schnell.\nWie ich sp\u00e4ter ausf\u00fchrlicher mitteilen werde, habe ich","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"Das Verhalten der in den Organismus eingef\u00fchrten St\u00e4rkel\u00f6sung usw. 75\ndie St\u00e4rkel\u00f6sung bei mehreren Kranken injiziert, ohne eine Ver\u00e4nderung des Harns zu beobachten.\nb) Intraven\u00f6se Injektion der St\u00e4rkel\u00f6sung.\n27.\tXI. 05. Schwarzer Hund von 7,55 kg. Bei der vorhergehenden Beobachtung hatte sich der Harn ganz normal erwiesen (t\u00e4glich im Mittel 180 ccm), 50 ccm L\u00f6sung, enthaltend 1,5 g St\u00e4rke, in die vena jugularis injiziert.\n28.\tXI. Harn unver\u00e4ndert. Insbesondere wird die Abwesenheit von St\u00e4rke, von Poly-, Di- und Monosacchariden, ebenso von Pentosen (Orcinreaktion) festgestellt.\n29.\t\u201430. XL, 1. XII. Keine Ver\u00e4nderung des Harns.\n1.\tXII. Injektion von 300 ccm L\u00f6sung, enthaltend 6 g St\u00e4rke, in die vena jugularis. Das aus den durchschnittenen Gef\u00e4\u00dfen austretende Blut koaguliert schnell und die Blutung aus der Operationswunde steht von selbst. Der Hund zeigt Speichelflu\u00df.\n2.\tXII. St\u00e4rkenachweis im Urin negativ. Kupferreduktion des Harns etwas vermehrt, doch ohne deutliche Abscheidung des Oxyduls. Wismutreaktion (B\u00f6ttger) negativ. Die Reduktion wird auch nach Inversion mit Minerals\u00e4uren nicht deutlicher. Nach F\u00e4llung des Harns mit basischem Bleiacetat und nachfolgender Neutralisation mit Natriumcarbonat ist das Reduktionsverm\u00f6gen verschwunden. Nach Entf\u00e4rbung mit Tierkohle erlischt die Reduktion ebenfalls, auch ist sie im Wasserextrakt der Kohle nicht nachweisbar.\n4., 5., 6. XII. Keine \u00c4nderung ; nur vermindert sich das eben erw\u00e4hnte Reduktionsverm\u00f6gen. Im Alkoholniederschlag des Harns ist keine St\u00e4rke nachweisbar.\nZu andern Zwecken habe ich noch bis zu 15 g St\u00e4rke eingespritzt und ferner bei dem bei der Sektion der Blase entnommenen Harn keine Reaktion auf Kohlehydrate \u2014 als Best\u00e4tigung des oben Gesagten.\nSomit ergibt sich aus diesen Versuchen: Da\u00df die subkutan oder intraven\u00f6s eingef\u00fchrte St\u00e4rke nicht als solche im Harn ausgeschieden wird. Dies ist nicht auffallend, da die St\u00e4rke ein Colloid ist. Aber auch andere Kohlehydrate erscheinen im Harn nicht, nur ist das Reduktionsverm\u00f6gen des Harns nach reichlicher Einf\u00fchrung von St\u00e4rke etwas vermehrt.\nWird die St\u00e4rke durch den Speichel ausgeschieden?\nDa der haupts\u00e4chlichste Abfuhrweg, der durch die Nieren, in diesem Falle nicht zur Ausscheidung diente, und da nach\n6*","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nGiuseppe Moscati,\nder Injektion unzweifelhaft Speichelflu\u00df auftrat, habe ich nach Anlegung einer Speichelfistel Untersuchungen \u00fcber die Ausscheidung der St\u00e4rke und ihrer eventuellen Umwandlungsprodukte in diesem Sekrete angestellt.\n9. XII. 1905. Hund von 8 kg. Anlegung einer Fistel des ductus Whartonianus. Der daraus gesammelte Speichel war normal und gab keine Reaktion auf Kohlehydrate.\nInjektion von 300 ccm L\u00f6sung, enthaltend 6 g St\u00e4rke, in die vena cruralis. Nach Reizung der Mundschleimhaut mit verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure werden einige Proben Speichel aus der Kan\u00fcle * aufgefangen. In der ersten Stunde nach der Injektion ist weder St\u00e4rke noch Zucker nachzuweisen, auch nicht nach Inversion mit Minerals\u00e4ure. Im Beginn der zweiten Stunde ist ebenfalls keine Reaktion auf St\u00e4rke oder Traubenzucker vorhanden. Aber nach Inversion mit Minerals\u00e4uren zeigt sich geringe Reduktion des Kupfers und der Ny land er sehen L\u00f6sung. Diese erreicht ihr Maximum 1 Stunde 35 Min. nach der Injektion und verschwindet im Beginn der dritten Stunde.\nGleichzeitig wird auch der aus dem Munde flie\u00dfende Speichel gesammelt. Derselbe verh\u00e4lt sich ebenso.\nEs ist nach dem Vorhergehenden wohl m\u00f6glich, da\u00df die Kupferreduktion nach Inversion auf der Gegenwart einer Kohlehydratgruppe beruht. Diese kann aus der injizierten St\u00e4rke, aber auch aus der Spaltung des Mucins hervorgehen, denn der Speichel wird immer fadenziehender, w\u00e4hrend die Sekretion allm\u00e4hlich nachl\u00e4\u00dft. Immerhin ist die Erscheinung sehr gering und dauert nur kurze Zeit. Deshalb habe ich sie nicht weiter verfolgt, auch nehmen die weiteren Untersuchungen \u00fcber die Zur\u00fcckbehaltung der St\u00e4rke im Organismus denjenigen \u00fcber die Wege der Ausscheidung ihren Wert, Auf dem Wege des Speichels wird also wenig oder gar nichts von der ins Blut \u00fcbergef\u00fchrten St\u00e4rke ausgeschieden.\nWird die St\u00e4rke auf andern Wegen ausgeschieden ?\nPankreas. Versuchsanordnung: Spaltung des Duodenums, Einf\u00fchrung feiner Kan\u00fclen in die Hauptpankreasg\u00e4nge, Auffangen des Sekrets nach Reizung der Duodenalschleimhaut mit sehr verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure. Resultat: Keine Ausscheidung der St\u00e4rke auf diesem Wege.","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Das Verhalten der in den Organismus eingef\u00fchrten St\u00e4rkel\u00f6sung usw. 77\nGalle. Untersuchung der Blasengalle auf St\u00e4rke nach Pfl\u00fcger (s. u.) und auf Traubenzucker. (Letzteres in der mit Tierkohle entf\u00e4rbten Galle nach F\u00e4llung mit 90\u00b0/oigem Alkohol und Filtration (Hoppe-Seyler). Resultat negativ.\nDarmabsonderung. Dieselbe ist genau untersucht worden, indem t\u00e4glich mehrere intraven\u00f6se Injektionen (3 t. I., 2., 3., 5., 6. II.) gemacht wurden bei Hunden, nach 9 t\u00e4giger Karenz, welche auch w\u00e4hrend des Versuches ohne Nahrung blieben. Der Harn wurde untersucht und es best\u00e4tigte sich, da\u00df keine Ausscheidung der St\u00e4rke oder ihrer n\u00e4chsten Derivate stattfand. Die Tiere wurden zu verschiedenen Zeiten nach der letzten Injektion get\u00f6tet (V2 Stunde, 24 Stunden, 5 Tage). Der schleimig-gallige Inhalt des Darms erwies sich frei von St\u00e4rke und gab weder vor noch nach der Inversion die Reaktionen des Traubenzuckers. Man k\u00f6nnte annehmen, da\u00df bakterielle Umwandlungen des ausgeschiedenen Produkts im Darm stattgefunden haben, aber man mu\u00df in Betracht ziehen, da\u00df der Organismus zu dieser Zeit noch reich an St\u00e4rke war, wie wir unten sehen werden. Wenn nun wirklich eine Ausscheidung durch den Darm stattf\u00e4nde, so m\u00fc\u00dfte ein stetiger Nachschub stattfinden, und es h\u00e4tte gelingen m\u00fcssen, das urspr\u00fcngliche Ausscheidungs-produkt oder seine n\u00e4chsten Derivate zu fassen.\nZur\u00fcckbehaltung der St\u00e4rke im Organismus.\nDa sich bei den obigen Untersuchungen gezeigt hatte, da\u00df die St\u00e4rke durch die Hauptwege nicht ausgeschieden wird, mu\u00dfte ich schlie\u00dfen, da\u00df sie im Organismus in einer noch unbekannten Weise zur\u00fcckbehalten wird, und die folgenden Versuche haben dar\u00fcber Aufkl\u00e4rung verschafft.\nUntersucKungsmethoden. Als ich die Untersuchung \u00fcber die St\u00e4rke in den Organen in Angriff nahm, war ich darauf vorbereitet, auf Schwierigkeiten zu sto\u00dfen. Haben wir doch keine direkten Methoden des Nachweises, diese konnte ich aber leicht von dem Glykogen auf die St\u00e4rke \u00fcbertragen. Vom Glykogen unterscheidet sie sich leicht durch ihr Verhalten zu Jod. Auch habe ich mit Tieren operiert, die eine wenigstens 9 t\u00e4gige Karenzzeit hinter sich hatten, bei denen","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nGiuseppe Moscati,\nalso eine bedeutende Verminderung oder ein vollst\u00e4ndiger Schwund des Glykogens in den Organen vorauszusetzen war. Nichtsdestoweniger habe ich weder das Glykogen noch den Zucker als Bestandteil der Gewebe aus den Augen verloren, um absolut sichere Resultate zu erhalten.\nBei dem Nachweis der St\u00e4rke ben\u00fctzte ich die Methode, welche Pfl\u00fcger1) f\u00fcr den Nachweis des Glykogens angegeben hat. Urspr\u00fcnglich ist die Methode folgende. 100 g Substanz wird mit 100 ccm einer 60\u00b0/oigen L\u00f6sung \u00abvon reinem Kalihydrat 2 Stunden im Wasserbad erhitzt. Nach dem Erkalten f\u00fcgt man zu der fl\u00fcssigen oder halbfl\u00fcssigen Masse 200 ccm Wasser und 400 ccm 97\u00b0/oigen Alkohol hinzu. Man filtriert durch ein Filter von 15 cm Durchmesser und w\u00e4scht zuerst mit einer Mischung gleicher Teile 97\u00b0/oigen Alkohols und 30\u00b0/oiger Kalilauge, zuletzt mit 70\u00b0/oigem Alkohol aus. Der Niederschlag wird auf dem Filter mit siedendemWasser in L\u00f6sung gebracht, die durchfiltrierte Fl\u00fcssigkeit nach der Inversion mit Salzs\u00e4ure polarimetrisch (oder nach der Allihnsehen Methode) untersucht. Diese Methode habe ich dann f\u00fcr die St\u00e4rke ein wenig modifiziert. Ich habe nicht immer 100 g der urspr\u00fcnglichen Substanz angewendet und ich habe den Wasserzusatz nach dem zweist\u00fcndigen Erhitzen auf dem Wasserbad weggelassen. F\u00fcr die F\u00e4llung der St\u00e4rke ist verd\u00fcnnter Alkohol hinreichend. Ich wusch also auch das Filter wiederholt mit verd\u00fcnntem Alkohol aus. Vor der Inversion pr\u00fcfte ich qualitativ mit Jod (bei Gegenwart von verd\u00fcnnter S\u00e4ure.) So konnte ich die Substanz in dem Organextrakt nachweisen und mich vergewissern, ob es sich um Glykogen oder St\u00e4rke handelte.\nAber die Unterscheidung beider, wenn sie nebeneinander vorhanden waren, war sehr schwierig. Denn die rotbraune Farbe geringer Mengen von Jod-Glykogen konnte durch die intensiv blaue Farbe gleichzeitig vorhandener Jodst\u00e4rke verlieren. Auch darf man nicht unbeachtet lassen, da\u00df eine Art Glykogen mit Jod eine rosa-violette F\u00e4rbung gibt; ich habe dieselbe aber bei meinen Untersuchungen niemals angetroffen.\nIch habe mich der Eigenschaft bedient, da\u00df die St\u00e4rke\n*) Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. CIII.","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Das Verhalten der in den Organismus eingef\u00fchrten St\u00e4rkel\u00f6sung usw. 79\nschon durch einen viel verd\u00fcnnteren Alkohol niedergeschlagen wird als das Glykogen, welches sich dann sp\u00e4ter mit st\u00e4rkerem Alkohol ausf\u00e4llen lie\u00df.\nOft konnte ich auch durch gro\u00dfe Sorgfalt und fein abgestuften Zusatz von Jod in derselben Fl\u00fcssigkeit die beiden Substanzen nacheinander nachweisen, wenn sie nicht in reichlicher Menge vorhanden waren, da die St\u00e4rke eine gr\u00f6\u00dfere Affinit\u00e4t zum Jod hat wie des Glykogen.\nAber wenn eine Fl\u00fcssigkeit eine beim Erhitzen ver-schwindende und beim Erkalten wiederkehrende rotbraune F\u00e4rbung mit Jod gab, war es n\u00f6tig, festzustellen, da\u00df es sich um Glykogen handelte, da ja das Erythrodextrin dieselbe F\u00e4rbung gibt.\nF\u00fcr diesen Zweck standen folgende Kennzeichen zu Gebote: 1. Die Opalescenz der L\u00f6sung, welche der St\u00e4rke und dem Glykogen, aber nicht oder fast nicht dem Erythrodextrin eigen ist. 2. Die rotbraune F\u00e4rbung, die beim Glykogen in der Hitze verschwindet und in der K\u00e4lte zur\u00fcckkehrt, w\u00e4hrend die analoge F\u00e4rbung des Erythrodextrins einen mehr r\u00f6tlichen Ton hat und zwar in der Hitze verschwindet, aber in der K\u00e4lte nicht wiederkehrt. (Beaunis.1 * * * V) Von mir nicht nachgepr\u00fcft.) 3. Die Probe von Young,2) welche darin besteht, da\u00df man die Fl\u00fcssigkeit bei 33\u00b0 mit Natrium- oder Ammoniumsulfat s\u00e4ttigt. Hierbei f\u00e4llt das Erythrodextrin aus, w\u00e4hrend das Glykogen in L\u00f6sung bleibt und im Filtrat durch die rotbraune F\u00e4rbung nachgewiesen werden kann.\nZur quantitativen Bestimmung bediente ich mich in den F\u00e4llen, wo es mehr auf eine schnelle, als eine genaue Bestimmung ankam, der Fehlingschen L\u00f6sung. Meistens jedoch benutzte ich den von mir beschriebenen Apparat zur Bestimmung des Zuckers3) (G\u00e4rung bei Gegenwart von Baryt,\nl) Beaunis-Adueco. Trattato di Fisiolosria.\nJournal of Physiology, 1897\u201498.\nDieselbe Probe wurde von M. Christine Tebb mit Erfolg an-gewandt. Hydrolysis of Glykogene, Journ. of Physiology, 1898.\ns) G. Moseati, Un nouvel appareil pour la d\u00e9termination des sucres. Arch. Intern, d. Physiol., vol. Ill, fasc. III.\nV\t/\t/","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nGiuseppe Moscati,\nZur\u00fccktitrierung des Baryts zur Bestimmung der durch ihn gebundenen Kohlens\u00e4ure, Berechnung des Zuckers aus der letzteren).\nVersuche \u00fcber die Verteilung des Glykogens in den Organen nach\n9\u201411 t\u00e4giger Karenz.\nBei diesen Versuchen dienten mir als Vorarbeiten die Untersuchungen von Aldehoff1) und Aducco2) und die bisher in der Literatur bekannten Zahlen.\nDie Versuche wurden an Hunden ausgef\u00fchrt. 9\u201418. I. 1906. In dieser Periode untersuchte ich verschiedene Hunde nach 9\u201411 t\u00e4giger Karenz, um den Glykogengehalt der Organe festzustellen. Wie wir gleich sehen werden, waren in den Muskeln und im Herzen geringe Mengen Glykogen, im Mittel 0,05\u20140,1 \u00b0/o zu finden. In der Leber war mit der Methode Br\u00fccke-K\u00fclz nichts nachzuweisen, mit der von Pfl\u00fcger ergaben sich Spuren. Die \u00fcbrigen gew\u00f6hnlich glykogenreichen Organe und Gewebe waren frei davon.\nIn der Fig. 1 ist die Verteilung des Glykogens nach 9\u201411 t\u00e4giger Karenz dargestellt.\nMit fortgesetztem Fasten verschwindet das Glykogen mehr und mehr und in den letzten Tagen finden sich keine Spuren mehr davon.\nVerteilung der St\u00e4rke und des Glykogens in den Organen.\nI. Sofort nach Injektion von St\u00e4rkel\u00f6sung. (Es wurden mehrere Versuche gemacht.)\n7 II. 1906. Hund nach 11 t\u00e4giger Karenz, Gewicht 3,5 kg. Injektion in die jugularis 400 ccm L\u00f6sung enthaltend 13 g St\u00e4rke. Der Hund wurde gleich danach get\u00f6tet. Die injizierte St\u00e4rke war in verschiedenen Organen verteilt in einer Menge, die fast der eingespritzten gleichkam.\nWie aus Fig. 2 ersichtlich, findet sich gew\u00f6hnlich St\u00e4rke\n9 \u00dcber den Einflu\u00df der Karenz auf den Glykogenbestand von Muskel und Leber (Zeitschrift f. Biol., Bd. XXV).\n2) Influenza del digiuno sopra il glicogeno del fegato e dei muscoli (Giorn. R. Acc. di Med. di Torino, 1889.","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"Das Verhalten der in den Organismus eingef\u00fchrten St\u00e4rkel\u00f6sung usw. 81\nim Blute (0,90 \u00b0/o), in der Milz und den Lungen (0,80o/o), in der Muskulatur des Magens und des Darmkanals, in den Nieren (0,55\u00b0/o), in der Leber (0,50\u00b0/o), im Herzen (0,30\u00b0/o). In den Muskeln waren mit den feinsten Methoden geringe Spuren von St\u00e4rke neben einer gro\u00dfen Menge Glykogen nachzuweisen. (Letztere betrug 0,3\u00b0/o). Dieses gleichzeitige Vorkommen von St\u00e4rke und Glykogen scheint im Herzen und in der Leber nicht stattzufinden, doch ist es nicht unwahrscheinlich, da\u00df Spuren von Glykogen durch die angewandten Methoden nicht nachweisbar waren.\nIm Gehirn und im Pankreas ist keine St\u00e4rke vorhanden.\nII. Eine halbe Stunde bis DA Stunde nach der Injektion, (verschiedene Versuche vom 19. Januar und 3. M\u00e4rz 1906).\n3. III. 1906. Schwarzer Hund von 4 kg Gewicht nach einer Karenz von 17 Tagen. (Somit konnte ich sicher annehmen, da\u00df das Glykogen der Organe fast oder v\u00f6llig verschwunden war.) Injektion in die jugularis von 450 ccm L\u00f6sung, enthaltend 15 g St\u00e4rke. Nach l1/2 Stunden wird der Hund get\u00f6tet. Bei der Autopsie findet sich normale Beschaffenheit der Organe \u2014 in der Blase ist viel Urin, welcher aber keine St\u00e4rke enth\u00e4lt und welcher weder vor noch nach der Inversion mit HCl reduzierend wirkt. Der dicke br\u00e4unliche Inhalt des Magens und des Darmes hat dieselbe Eigenschaft.\nWie man mit einem Blick auf die Fig. 3 sieht, enthalten die Lunge und die Milz viel St\u00e4rke (0,70\u00b0/o), werden aber von der Leber \u00fcbertroffen, welche gleich nach der Injektion wenig St\u00e4rke enthielt, verglichen mit den andern Organen, welche jetzt aber bis l,50\u00b0/o enth\u00e4lt.\nIm Herzen findet sich neben Spuren von St\u00e4rke eine gro\u00dfe Menge Glykogen (0,20\u00b0/o). In den Muskeln findet sich nur viel Glykogen (0,25 \u00b0/o), w\u00e4hrend man eine fast g\u00e4nzliche Abwesenheit von Glykogen h\u00e4tte erwarten sollen, wie es bei den Kontrollieren der Fall war, da der Hund 17 Tage Karenz gehabt hatte.\nBei den andern Organen und Geweben: Abwesenheit von Glykogen und nur geringe Spuren St\u00e4rke, kaum bemerkbar nach V2 Stunde und fast Null nach l]/2 Stunden.","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nGinseppe Moscati,\nIII.\t24 Stunden nach der letzten Injektion. (Verschiedene Versuche, 31. Januar, 18. April.)\n31. I. Hund von 3,5 kg Gewicht, Karenzzeit 9 Tas-e. Im Laufe von 5 Tagen wird durch eine Injektion in die Vene eine L\u00f6sung enthaltend 4 g St\u00e4rke (im ganzen 20 g St\u00e4rke) eingef\u00fchrt. Wie gew\u00f6hnlich enth\u00e4lt der Harn weder St\u00e4rke noch verwandte Stoffe. 24 Stunden nach der letzten Injektion wird der Hund get\u00f6tet. Normale Beschaffenheit der Organe. Der Darm innerhalb ist frei von Kohlehydraten.\nWie Fig. 4 zeigt, ist die Verteilung der St\u00e4rke in den Organen nach 24 Stunden dieselbe wie llL Stunden nach der Injektion. Aber die Verteilung des Glykogens ist eine andere, weil es sich im Herzen (0,20), in den Muskeln (0,15), in den Nieren und im Darm (deutliche Spuren) vorfindet.\nIV.\t4\u2014o Tage nach der letzten Injektion. (Verschiedene Versuche).\n4.\tV. 1906. Schwarze H\u00fcndin nach 9 t\u00e4giger Karenz, Gewicht 3,5 kg. Injektion in die jugularis von 300 ccm L\u00f6sung, enthaltend 10 g St\u00e4rke.\n9. V. Die H\u00fcndin wird get\u00f6tet und die Organe, welche sich normal zeigen, den gew\u00f6hnlichen Untersuchungen unterzogen. Wie aus Fig. 5 ersichtlich, ist die St\u00e4rke in reinem Zustand nur noch in der Milz, mit der gleichen Menge Glykogen (0,30\u00b0/o) gemischt in der Leber. In der Lunge ist sie ganz von Glykogen ersetzt worden (0,37 \u00b0/o), welches sich auch ohne St\u00e4rke findet in den Muskeln, im Herzen (0,15 \u00b0/o) und in geringen Spuren in den Nieren.\nBei einer anderen H\u00fcndin (18. V.), welche 3 Tage nach der letzten Injektion, also fr\u00fcher wie bei dem vorhergehenden Versuch, get\u00f6tet wurde, l\u00e4\u00dft sich auch in der Lunge neben dem Glykogen noch ein Best St\u00e4rke nachweisen, aber in der Leber ist das gleichzeitige Vorhandensein von St\u00e4rke und Glykogen noch nicht zu konstatieren.\nV.\t8\u201410 Tage nach der letzten Injektion. (Verschiedene Versuche. 13. VI. 1906).\n5.\tVI. Hund nach 9 t\u00e4giger Karenz, Gewicht 8 kg. Injektion von 300 ccm enthaltend 8 g St\u00e4rke und ein wenig Natrium-","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Das Verhalten der in den Organismus eingef\u00fchrten St\u00e4rkel\u00f6sung usw. 83\ncarbonat in die jugularis. Nach 8 Tagen wird der Hund get\u00f6tet. Die Organe werden normal befunden und verschiedenen Untersuchungen unterworfen.\nDie Fig. 6 veranschaulicht den Befund: die St\u00e4rke ist nur noch in der Milz vorhanden. In der Leber ist nur noch Glykogen (0,242 \u00b0/o) (0,31 im ganzen), ebenso in den Lungen (0,23 \u00b0/o) und im Herzen, in den Muskeln ist nur noch eine Spur und eine geringe Spur auch im Blute. Somit stehen wir vor einer parodoxen Erscheinung. Wir wissen, da\u00df nach dem Fasten das Glykogen viel fr\u00fcher aus der Leber als aus den Muskeln verschwindet (Adueco-Aldehoff), und doch begegnen wir hier reichlichem Glykogen in der Leber und den Lungen, w\u00e4hrend es aus den Muskeln beinahe verschwunden ist, und dies alles trotz des Fastens.\nFassen wir unsere Ergebnisse zusammen, so sehen wir, da\u00df nach der Injektion von St\u00e4rkel\u00f6sung beim hungernden Tier zuerst eine allgemeine \u00dcberschwemmung der Organe mit St\u00e4rke eintritt, wahrscheinlich auch im Pankreas und im Gehirn, obgleich wir es da nicht nachweisen konnten. In der Folge verschwindet die St\u00e4rke aus den Muskeln und wird durch Glykogen ersetzt, welches auch schnell aufgebraucht wird, Dann verschwindet sie aus dem Blute, dann aus dem Herzen, wo sie auch durch Glykogen ersetzt wird. Nach und nach gibt sie so die Stelle, die sie in den Organen einnahm, an das Glykogen ab; zuletzt beschr\u00e4nkt sie sich auf die Milz, Leber und Lunge. Schlie\u00dflich verschwindet sie auch aus Leber und Lunge, immer von Glykogen ersetzt, und es bleibt ihm als letzte St\u00e4tte nur die Milz \u00fcbrig.\nIch hatte Gelegenheit, diese Ergebnisse bis zu einem gewissen Grade heim Menschen zu kontrollieren. Ich habe n\u00e4mlich in dem Hospital \u00abIncurabili\u00bb viele subkutane Injektionen von St\u00e4rke, in therapeutischem Sinne, ausgef\u00fchrt (s. S. 74), Mehrere F\u00e4lle einer unheilbaren Krankheit, bei welchen ich St\u00e4rkeinjektion ausf\u00fchrte, habe ich bis zum Tode beobachten k\u00f6nnen. Bei der Autopsie eines Falles (Tuberkulose Gais. L. 23. II. 1906), bei welchem ich viel St\u00e4rke injiziert hatte, fand ich in der Milz Spuren von St\u00e4rke, in der Leber kaum nach-","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nGiuseppe Moscati,\nweisbare Spuren von St\u00e4rke, in den Muskeln Glykogen. (Auf diesen Befund m\u00f6chte ich aber weniger Gewicht legen.) Die \u00fcbrigen Organe zeigten nichts Bemerkenswertes.\nBei einem anderen Fall \u2014 Aneurysma, welches in die Bronchien durchgebrochen war, Pic. Ant. \u2014 bei dem ich nur wenige Einspritzungen von St\u00e4rke gemacht hatte bis 2 Tage vor dem Tode, war bei der Autopsie die Nachforschung nach St\u00e4rke in den Organen fruchtlos.\nJedoch l\u00e4\u00dft der erste Fall vermuten; da\u00df auch beim Menschen die eingef\u00fchrte St\u00e4rke sich nach den obigen Normen verteilt.\nVer\u00e4nderungen in der Verteilung der St\u00e4rke und des Glykogens in den Organen nach Injektion von\nSt\u00e4rkel\u00f6sung.\n1.\tErn\u00e4hrung. Die gr\u00f6\u00dfte Ver\u00e4nderung wird durch die Ern\u00e4hrung bedingt. Bei Injektion von St\u00e4rkel\u00f6sung auch an ern\u00e4hrten Hunden (Versuch vom 26. IV. bei einer H\u00fcndin von 4 kg) zeigte sich auch, da\u00df die St\u00e4rke sich auf Milz, Leber und Lunge beschr\u00e4nkte, aber erst nach 11 Tagen aus der Lunge verschwand und durch Glykogen ersetzt wurde, w\u00e4hrend sie in der Leber dauernd blieb.\nSelbstverst\u00e4ndlich wurden meine ersten Untersuchungen nicht nur an Hungertieren, sondern auch an ern\u00e4hrten Tieren ausgef\u00fchrt, aber nachdem ich die ungleichm\u00e4\u00dfige Verteilung und die unerwartet gro\u00dfen Mengen des Glykogens wahrgenommen hatte, wandte ich mich ausschlie\u00dflich den Versuchen an Hungertieren zu. Im Interesse einer m\u00f6glichst klaren Darstellung habe ich die chronologische Ordnung meiner Versuche aufgegeben.\n2.\tZeit der Injektion. Diese bedingt eine andere Variante des Ergebnisses, denn wenn die Injektion in den letzten Tagen der Hungerperiode (19\u201420 Tage) ausgef\u00fchrt wird, so findet sich 1M 2\u201424 Stunden danach das Glykogen nicht immer vor, besonders nicht in den Muskeln; offenbar wird das neugebildete schnell wieder verzehrt. In der Leber und der Lunge findet sich St\u00e4rke, trotz des Hungers, und ehe sich daraus Glykogen bilden kann, stirbt das Tier.","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Das Verhalten der in den Organismus eingef\u00fchrten St\u00e4rkel\u00f6sung usw. 85\n3.\tMenge der St\u00e4rke. (Auf das Gewicht des Tieres bezogen.) Eine geringere Dosis beschleunigt die in der Figur schematisierten Vorg\u00e4nge (siehe unten).\n4.\tExstirpation des Pankreas. Hunde, bei denen diese Operation ausgef\u00fchrt ist, zeigen eine Beschleunigung des \u00dcbergangs von St\u00e4rke in Glykogen und einen schnelleren Verbrauch des letzteren.\n18. V. 1906. Exstirpation der Pankreasdr\u00fcse bei einer kleinen H\u00fcndin. Zuckergehalt des Harns (1,20\u00b0/o). Keine Nahrung.\n22.\tV. Injektion von 250 ccm L\u00f6sung, enthaltend 6 g St\u00e4rke, in die vena jugularis.\n23.\tV. Das Tier wird 24 Stunden nach der Injektion get\u00f6tet.\nIn der Milz ist nur St\u00e4rke vorhanden, aber in der Lunge und Leber ist sie mit der gleichen Menge Glykogen vermengt. In den K\u00f6rpermuskeln und im Herzen ist sehr wenig Glykogen (0,09). Derjenige Zustand, der gew\u00f6hnlich 3\u20144 Tage nach der Injektion gefunden wird, zeigt sich hier schon 24 Stunden danach (ein wenig vor dem in Fig. III dargestellten Bilde).\n5.\tVI. 1906.\t10 Tage vorher Entfernung des Pankreas bei einem\njungen Hunde. Die Zuckermenge des Harns nimmt w\u00e4hrend der Hungerperiode ab bis auf 0,09\u00b0/o. Injektion von 300 ccm L\u00f6sung, enthaltend 8 g St\u00e4rke, in die jugularis.\n6., 7., 8. VI. Im Urin weder St\u00e4rke noch Derivate derselben nachweisbar. Die Zuckerausscheidung bleibt auf der geringen vorigen H\u00f6he (geringe Schwankungen um 0,09 \u00b0/o).\n10. VI. 06. Der Hund stirbt. In der Lunge und Leber nur Spuren von Glykogen. In den K\u00f6rpermuskeln und im Herzen kein Glykogen. Die St\u00e4rke ist auf die Milz (0,10) beschr\u00e4nkt und in Spuren auch in der Leber, Das entstandene Glykogen ist offenbar schnell aufgebraucht worden, so da\u00df nur Spuren oder keines mehr aufgefunden wird.\nEs ist bemerkenswert, da\u00df der Harn keine Erh\u00f6hung des Zucker-\nj\ngehalts aufweist.\nAllgemeine Betrachtungen.\n\u00bb\nAls Resultat der obigen Versuche ergibt sich also, da\u00df die ganze injizierte St\u00e4rke, nachdem sie durch den Organismus durchgegangen ist, vorzugsweise in der Milz, der Leber und der Lunge fixiert wird, je nach der Menge und ihrer Best\u00e4ndigkeit. Im Pankreas finden wir niemals St\u00e4rke: man mu\u00df annehmen, da\u00df hier eine im Verh\u00e4ltnis zur ganzen zirkulierenden Menge geringe Quantit\u00e4t abgelagert, aber schnell umge-","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nGiuseppe Moscati,\nwandelt wird, und zwar vielleicht in Zucker, welcher wegen seiner geringen Menge unbemerkt bleibt. Aber wenn man erst Untersuchungen \u00fcber das Verhalten des Traubenzuckers im Organismus nach der Injektion von St\u00e4rke anstellen wird, so wird dieser Punkt auch wohl noch aufgekl\u00e4rt werden.\nIm Gehirn ist keine St\u00e4rke aufgefunden worden, obwohl sie sicherlich dorthin gelangt, denn das Carotidenblut ist gleich nach der Injektion in die jugularis sehr reich an St\u00e4rke.\nUm die Ablagerung der St\u00e4rke in der Leber und der Milz deutlich zu machen, m\u00f6chte ich mich eines Beispiels bedienen, welches Prof. Straub bei einer Vorlesung in Neapel \u00fcber die Herzgifte 1905 anf\u00fchrte. Er sagte, da\u00df bei einem durch Muscarin get\u00f6teten Tier sich dieses Gift fast ausschlie\u00dflich im Herzen vorfindet. In dieser Hinsicht wirkt das Herz auf das Blut, ebenso wie Schwefelkohlenstoff auf eine L\u00f6sung von Jodjodwasserstoff. Letzterer f\u00e4rbt sich amethystblau, weil er das Jod aufnimmt. Die w\u00e4sserige L\u00f6sung hingegen wird farblos. Sollte sich nicht die Leber und die Milz der St\u00e4rke gegen\u00fcber ebenso verhalten?\nDies ist um so wahrscheinlicher, da man hier nicht diejenige Funktion der Leber zur Erkl\u00e4rung beiziehen kann, welche bei der entgiftenden Wirkung der Leber in Betracht kommt, welche zur Ablagerung des Quecksilbers und der Arsenverbindungen und der anderen Metalle und vieler Gifte f\u00fchrt. \u2014 Denn die St\u00e4rke wird nicht allein in der Leber abgelagert, sie bevorzugt sogar noch ein wenig die Milz.\nAber warum h\u00e4lt die Lunge die St\u00e4rke zur\u00fcck?\nWeil sie die erste Etappe und der erste Widerstand ist, dem die injizierte St\u00e4rke begegnet, so k\u00f6nnte man vielleicht annehmen, da\u00df sie sich auf rein mechanische Weise damit bel\u00e4dt, denn \u2014 so k\u00f6nnte man denken \u2014 wenn der dicke St\u00e4rkekleister keine t\u00f6dlichen Embolien verursacht, so wird er wohl schon beim ersten Widerstand, n\u00e4mlich in der Lunge, teilweise mechanisch zur\u00fcckgehalten. Jedoch mu\u00df man anderseits immer in Betracht ziehen, da\u00df die Organe mikroskopisch keine Ver\u00e4nderungen erkennen lassen. Und au\u00dferdem darf man auch nicht \u00fcbersehen, da\u00df die St\u00e4rkel\u00f6sung alle Gewebe","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Das Verhalten der in den Organismus eingef\u00fchrten St\u00e4rkel\u00f6sung usw. 87\ndurchdringt, zun\u00e4chst gleichm\u00e4\u00dfig verteilt, da\u00df sie dann in der Lunge verschwindet, w\u00e4hrend dort eine gro\u00dfe Menge Glykogen entsteht. Dies legt den Gedanken nahe, da\u00df die Zellt\u00e4tigkeit, wie wir auch gleich sehen werden, durch die injizierte St\u00e4rke beeinflu\u00dft wird. Letztere kann daher nicht als ein indifferenter Embolus betrachtet werden.\nVon gro\u00dfer Bedeutung werden hier mikrochemische Untersuchungen sein, die wir einer sp\u00e4teren Mitteilung Vorbehalten.\nInjektion einer schwachen St\u00e4rkel\u00f6sung.\nUm indessen auch nach der chemischen Seite hin die Frage besser aufzukl\u00e4ren, habe ich eine L\u00f6sung eingespritzt, die die St\u00e4rke nicht nur suspendiert enthielt. Darum habe ich durch Kochen eine schwache L\u00f6sung bereitet, habe sie 24 bis 48 Stunden absetzen lassen und mit einem Heber die obere Schicht abgenommen, welche fast durchsichtig und schwach opalescierend war. Da die Menge der darin enthaltenen St\u00e4rke eine sehr geringe ist, habe ich eine Reihe intraven\u00f6ser Einspritzungen viele Tage hindurch bei hungernden Hunden ausgef\u00fchrt.\n11.\u201424. VI. Schwarze H\u00fcndin. 10 Injektionen mit einer so bereiteten L\u00f6sung. (Jedesmal 500 ccm einen um den anderen Tag.) Die Karenz beginnt nach der 3. Injektion.\n27. VI. 13 Tage nach Beginn der Karenz, 3 Tage nach der letzten Injektion, wurde der Hund get\u00f6tet. Es findet sich St\u00e4rke in der Milz, merkliche Spuren. In der Lunge 0,135 g Glykogen (0,24\u00b0/o). Im Herzen 0.4\u00b0/o Glykogen; in den Muskeln etwas Glykogen weniger als 0,1 \u00b0/o ; im Blut Spuren von Glykogen. Wie ersichtlich, ist dies der Befund, der in Fig. 6 dargestellt ist, welchen man zuerst vielleicht durch die kleine Dosis St\u00e4rke erhalten hatte.\nDiese Versuche scheinen eine wirkliche aktive Fixierung der St\u00e4rke von seiten der Milz, der Leber und der Lunge zu beweisen.\nUmwandlung der St\u00e4rke in Glykogen.\nDa\u00df es sich um eine aktive Fixierung der St\u00e4rke handelt, bedingt durch die Zellt\u00e4tigkeit der 3 obengenannten Organe,","page":87},{"file":"p0087s0001.txt","language":"de","ocr_de":"f","page":0},{"file":"p0087s0002.txt","language":"de","ocr_de":"Verlag von Karl J. Tr\u00fcbner in Stra\u00dfburg.","page":0},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nGiuseppe Moscati,\nwird bewiesen durch die augenscheinliche Umwandlung der St\u00e4rke in Glykogen.\nNach dem Mitgeteilten kann man diese Umwandlung nicht mehr in Zweifel ziehen. Das Tier beh\u00e4lt die ganze eingespritzte St\u00e4rke. Freilich verschwindet sie geheimnisvoller weise aus dem Pankreas, aber die in den andern Organen abgelagerte bleibt und die S\u00e4fte schaffen sie nicht fort.\nNach und nach bemerkt man, da\u00df neben der St\u00e4rke, welche abnimmt, das Glykogen erscheint., Es gibt gewisse Stadien, in denen das Glykogen im Muskelgewebe und in anderen Organen, die seiner bed\u00fcrfen, fehlt und in denen es sich trotzdem in Leber und Lunge anh\u00e4uft. Hier w\u00fcrde es wohl ganz aufgezehrt werden, um das Tier zu ern\u00e4hren, wenn dieses zu seiner Erhaltung nicht noch anderer Stoffe bed\u00fcrfte. (Siehe Experimente \u00fcber Verteilung der St\u00e4rke 8\u201410 Tage nach der Injektion.) Au\u00dferdem finden wir jetzt statt der Spuren von St\u00e4rke in den Nieren, im Magen und Darm, und sogar in den Muskeln das Glykogen, welches in den Nieren wenigstens physiologisch ganz minimal ist (siehe die Experimente \u00fcber die Verteilung der St\u00e4rke 24 Stunden nach der Injektion). Man mu\u00df voraussetzen, da\u00df dieses Glykogen nun allm\u00e4hlich aufgezehrt wird, weil es sich sp\u00e4ter nicht mehr nachweisen l\u00e4\u00dft.\nIn den letzten Tagen, wenn die St\u00e4rke sich in ihr letztes Bollwerk, die Milz, zur\u00fcckgezogen hat und in der Leber das Glykogen \u00fcberwiegt, geht davon wohl ein wenig in das Blut \u00fcber und verteilt sich auf die verschiedenen Organe, die es gierig aufsaugen. In der Tat findet sich ein wenig St\u00e4rke im Blut 8\u201410 Tage nach der letzten St\u00e4rkeinjektion. Ich setze voraus, da\u00df die St\u00e4rke, die in das Pankreas gelangt, eine intracellul\u00e4re Verdauung erleidet, und da\u00df der daraus gebildete Traubenzucker, dessen Menge \u00fcbrigens nur gering ist, zur\u00fcckbehalten und in Glykogen verwandelt wird. Aus meinen Versuchen ergibt sich freilich kein Anhalt hierf\u00fcr, denn das Pankreas verhielt sich immer indifferent.\nAber die Bildung des Glykogens aus dem reichen Vorrat an St\u00e4rke, der den Organzellen zur Verf\u00fcgung steht, geht sicher in den Organen vor sich. Man ersieht es aus der anormalen","page":88},{"file":"p0088s0001.txt","language":"de","ocr_de":"Hoppe-Seylers Zeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie. Band 50. Tafel 1 und 2.\nZu \u00abMo sc at i, Uber das Verhalten der in den Organismus eingef\u00fchrten St\u00e4rkel\u00f6sung usw.\u00bb.","page":0},{"file":"p0088s0002.txt","language":"de","ocr_de":"\n\n\u00ab\n*e-\n","page":0},{"file":"p0088s0003.txt","language":"de","ocr_de":"V r ',1","page":0},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Das Verhalten der in den Organismus eingef\u00fchrten St\u00e4rkel\u00f6sung usw. 89\nund ungleichm\u00e4\u00dfigen Verteilung des Glykogens in den Geweben. Es gewinnt die Position und zwar beinahe in denselben Proportionen, welche fr\u00fcher die St\u00e4rke innehatte, und nur aus der Milz kann es die St\u00e4rke nicht vertreiben.\nAuch kann man nicht etwa annehmen, da\u00df die in den verschiedenen Organen abgelagerte St\u00e4rke in den Darm gelangt, dort verdaut wird und dann als Traubenzucker wieder resorbiert und von den Organen in Glykogen verwandelt wird. Wir haben gefunden, da\u00df die St\u00e4rke l\u00e4ngere Zeit in den Organen bleibt, und am Ende war der Darminhalt der hungernden Tiere, wie oben gesagt, immer frei von Kohlehydraten. Und wenn sich auch durch diese Annahme die Anh\u00e4ufung des Glykogens in der Leber erkl\u00e4ren w\u00fcrde, so bliebe doch die ungew\u00f6hnlich reichliche Produktion des Glykogens in der Lunge und im Herzen und das merkliche Auftreten des Glykogens in Organen, die es sonst nicht oder nur in Spuren enthalten, v\u00f6llig unerkl\u00e4rlich.\nEs ist unbestreitbar, da\u00df diejenigen Organe, welche gew\u00f6hnlich und vorwiegend glykogenbildend sind, auch haupts\u00e4chlich die St\u00e4rke in Glykogen umwandeln, mit Ausnahme vielleicht der Lunge, welche, wenn auch nicht arm an Glykogen, doch auch nicht wirklich reich daran ist.\nUm eine deutliche Vorstellung von der Bildung des Glykogens aus St\u00e4rke zu geben, habe ich folgende Experimente an Muskeln angestellt.\n16. M\u00e4rz 1906. H\u00fcndin von 4 kg, Karenzzeit 9 Tage. Amputation des Oberschenkels. Blutstillung durch Abschn\u00fcrung.\nFeststellung des Glykogengehalts des Muskels (0,14\u00b0/o). Injektion von 180 ccm L\u00f6sung, enthaltend 5 g St\u00e4rke. Sofort danach Amputation des andern Oberschenkels. Das Glykogen hat zugenommen (0,26\u00b0/o). Dies Experiment geht zeitlich den schon erw\u00e4hnten voran. Aber w\u00e4re es auch negativ ausgefallen, so k\u00f6nnte es doch die vorher und nachher erhaltenen Resultate nicht beeintr\u00e4chtigen, denn das aus der St\u00e4rke gebildete Glykogen k\u00f6nnte schnell durch den Stoffwechsel in den Muskeln aufgebraucht sein.\nWahrscheinlich verwandelt die Zellt\u00e4tigkeit die St\u00e4rke in Glykogen, durch stereochemische Umsetzung, und durch molekulare Umlagerung und Wiederaufbau:\nA. 5[n(108?)C6H10O5] = \u00f6[n/5(5?)GaH10O\u00f6]\nSt\u00e4rke\tGlykogen\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. L.\n7","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nGiuseppe Moscati,\nDie St\u00e4rke ist also eine Substanz, welche f\u00e4hig ist, ihre Eigenschaft als pflanzliche St\u00e4rke zu verlieren und die einer tierischen St\u00e4rke (d. h. Glykogens, mit andern Worten) anzunehmen, und dies geschieht nach Injektion in den Kreislauf.\nEs bedingt einen gro\u00dfen Unterschied, ob man die St\u00e4rkel\u00f6sung in den Magen eingibt, wo die Verdauungsfermente sie angreifen, ihre chemische Konstitution zerst\u00f6ren und sie in Zucker verwandeln, ehe sie ins Blut \u00fcbergeht; oder ob man sie direkt in das Blut einf\u00fchrt und sie so vor den obengenannten Fermenten sch\u00fctzt.\nEs ist richtig, da\u00df auch andere Kohlehydrate, in den Kreislauf eingef\u00fchrt, das Glykogen in der Leber vermehren k\u00f6nnen (Glukose, vielleicht L\u00e4vulose [Voit1)]); Saccharose, welche bei direkter Injektion in einen Ast der Pfortader eine Vermehrung des Glykogens herbeif\u00fchrte. (Jappelli e D\u2019Errico.2) Aber die Zunahme ist immer gering, und beinahe die ganze Menge dieser in den Kreislauf eingef\u00fchrten Kohlehydrate wird besonders durch den Urin wieder ausgeschieden. (Bernard.)\nAls wesentlichstes Besultat der Untersuchungen \u00fcber die Umwandlung von St\u00e4rke in Glykogen ergibt sich die Tatsache, da\u00df das Glykogen in den verschiedenen Organen gebildet werden kann und da\u00df es nicht allein in der Leber entsteht, um von hier, wie Kaufmann3) es wollte, auf dem Wege des Blutes in die anderen Organe \u00fcbergef\u00fchrt zu werden.\nDie Glykogenbildung ist vielmehr eine allgemeine Funktion des Protoplasmas: es ist nicht nur beim Embryo in allen Geweben zu finden, sondern man k\u00f6nnte auch vielleicht erwarten, da\u00df das Blut eine viel gr\u00f6\u00dfere Menge davon enthielte, wenn es durch den Kreislauf aus der Leber den Muskeln zugef\u00fchrt w\u00fcrde.\nWie schon gesagt, geschieht dies letztere nur bei den letzten Anstrengungen des Organismus gegen die Folgen des fortgesetzten Hungerns.\nA) \u00dcber die Glykogenbildung nach Aufnahme verschiedener Zuckerarten (Zeitschrift f. Biol., Bd. XVIII, 1892).\n2)\tSul destino del Saccharosio. Atti R. Acc. di Med. di Napoli 1903.\n3)\tComptes Rendus de la Soci\u00e9t\u00e9 de Biologie, 1895.","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"Das Verhalten der in den Organismus eingefuhrten St\u00e4rkel\u00f6sung nsw. 91\nFerner ist bewiesen, da\u00df unter besondern Bedingungen das Glykogen bei erwachsenen Tieren auch in solchen Geweben auftreten kann, die sonst keines enthalten. Barfurth1) experimentierte mit Fr\u00f6schen, in denen eine starke Zuf\u00fchrung von Kohlehydraten das Glykogen an Orten auftreten lie\u00df, welche gew\u00f6hnlich keines enthalten. Dies w\u00e4re nicht zu erkl\u00e4ren, wenn das Glykogen sich nur in der Leber bildete und sich dann in den Geweben verteilte.\nAuch meine Versuche zeigen das Auftreten des Glykogens in Organen, die normalerweise nur Spuren davon enthalten.\nDas Glykogen stellt also die Ruheform der Kohlehydrate des Organismus vor zum Unterschied von der Glukose, welche die bewegliche und zirkulierende Form ist. (cf. Dastre.2)\nEin anderes Ergebnis meiner Untersuchungen, welches ich aber nur kurz andeuten m\u00f6chte, bezieht sich auf die Entstehung des Glykogens durch Wasseraustritt aus anderen Kohlehydraten. Meine Versuche beweisen die Entstehung des Glykogens aus einer anderen Kohlehydratgruppe und sie widersprechen der Anschauung, da\u00df die Kohlehydrate die Anh\u00e4ufung des Glykogens nur dadurch zustande bringen, da\u00df sie infolge der eigenen Oxydation das Glykogen vor Zersetzung sch\u00fctzen.\nEin anderes Resultat ist folgendes : Bei den ihres Pankreas beraubten Hunden verschwindet das neugebildete Glykogen sehr schnell und das ist eine St\u00fctze f\u00fcr die Ansicht von Montuori, nach welcher das Pankreas auf die Umwandlung des Glykogens in Zucker eine hemmende Wirkung aus\u00fcbt.\nUntersuchungen im Thermostaten \u00fcber die Wirkung verschiedener Organe und Gewebe auf St\u00e4rke und\ndas aus der St\u00e4rke gebildete Glykogen.\n\u00bb\nDurch Injektion der St\u00e4rke ins Blut entzog ich sie nat\u00fcrlich der Wirkung der Darmfermente, aber man nimmt bekanntlich auch im Blute und in den Geweben das Vorkommen einer\nv) Vergleichend histochemische Untersuchungen. \u00dcber das Glykogen. (Arch. f. mikr. Anat. 1885).\n2) Sur la doctrine du glycog\u00e8ne fixe non circulant (C. r. de la S. de Biol., 1895).\n7*","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nGiuseppe Moscati,\nAmylase an. In der Tat gen\u00fcgt es, geringe Mengen tierischer Gewebe mit St\u00e4rkekleister unter antiseptischen Kautelen im Thermostaten zu digerieren, um eine Verzuckerung der St\u00e4rke zu bewirken.\nIch berichte kurz \u00fcber einige Versuche, bei welchen ich verschiedene Organe (Muskeln, Milz, Blut, Leber und Mischung verschiedener Organe) bei 37\u00b0 im Thermostaten bei Gegenwart von Chloroform und Toluol mit St\u00e4rkel\u00f6sung zusammengebracht habe.\nDie St\u00e4rke verschwand in wenig Stunden, aber es war mir nicht m\u00f6glich, in der Mischung das Glykogen nachzuweisen.\nMehrere Male habe ich in den Thermostaten St\u00fccke Leber mit Zusatz von Toluol eingelegt, die durch k\u00fcrzlich gemachte Injektionen mit St\u00e4rke erf\u00fcllt waren. Jene St\u00fccke waren, wie ich wu\u00dfte, reich an St\u00e4rke, aber es gen\u00fcgte ein Verweilen von wenigen Stunden im Thermostaten, um jede Spur von St\u00e4rke zum Verschwinden zu bringen. Bei gew\u00f6hnlicher Temperatur zeigte sich diese Erscheinung nicht.\nAugenscheinlich bleibt die St\u00e4rke beim lebenden Tier in der Leber lange Zeit, 6\u20147 Tage, oder auch unbegrenzt lange, wenn das Tier ern\u00e4hrt wird.\nDie Befunde in vitro sind also gar nicht in \u00dcbereinstimmung mit den Befanden am lebenden Tier. Ich habe allerdings bei der Injektion in das Blut die St\u00e4rke vor der Ber\u00fchrung mit Amylasen oder wenigstens mit \u00e4hnlichen Substanzen zu sch\u00fctzen gesucht.\nAber es erhebt sich hier die Frage, ob sich im lebenden Organismus ein Anti ferm ent bildet, oder ob die Amylasen der Gewebe ein postmortales Produkt sind.\nMan darf annehmen, da\u00df das Verschwinden der St\u00e4rke beeinflu\u00dft wird durch die Zellt\u00e4tigkeit als solche, oder durch deren Produkte, nach Seegen soll ja sogar eine L\u00f6sung von Albumin f\u00e4hig sein, das Glykogen zu spalten (was aber von\nanderen Autoren bestritten wird), und deshalb vielleicht auch\n/ \u2022\ndie St\u00e4rke, welche ersterem so \u00e4hnlich ist.\nDas Glykogen hat dasselbe Schicksal in vitro, wie die","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Das Verhalten der in den Organismus eingef\u00fchrten St\u00e4rkel\u00f6sung usw. 93\nSt\u00e4rke. Es verschwindet nach dem Tode aus den Organen und zwar bei g\u00fcnstiger Temperatur ganz schnell.\nAuch in bezug auf das Glykogen hat man seit Bernard geglaubt, da\u00df es durch ein amylaseartiges Ferment in Zucker verwandelt w\u00fcrde, aber diese Ansicht, da\u00df es ein Enzym sei, welches das Glykogen zerst\u00f6rt, wird wieder von manchen bestritten.\nPaton1) f\u00fchrt dagegen an, da\u00df durch die Leber in vitro erst eine schnelle Umwandlung des Glykogens in Glukose ein-tritt, die dann aber fast ganz aufh\u00f6rt, dies sei bedingt durch die noch lebenden Zellen. Wenn man jedoch nun Stoffe zu-f\u00fcgt, die das Protoplasma, aber nicht die Enzyme l\u00e4hmen (Chloroform, Fluornatrium), so ist die Zersetzung des Glykogens eine langsamere. Arthus und Huber hatten fr\u00fcher freilich nach Zusatz von Fluornatrium das Gegenteil beobachtet. Diese Ansichten von Paton werden teilweise durch meine eigenen noch un ver\u00f6ffentlichen Untersuchungen best\u00e4tigt.\nAuch kann der unbestreitbare Einflu\u00df, den die Reizung des Plexus coeliacus (Cavazzani), oder die elektrische Reizung der Leber (Mo n tu or i) oder die Reizung des Vagus (Butte) auf die giykogene Funktion aus\u00fcbt, nicht erkl\u00e4rt werden, wenn es sich um ein Ferment handeln w\u00fcrde.\nIn den vom lebenden Tier entnommenen und bei 15\u00b0 gehaltenen Muskeln findet freilich nicht wie bei der Leber jene rasche Zersetzung des Glykogens statt, auf welche Paton hinweist, sondern dieselbe verl\u00e4uft sehr langsam (unver\u00f6ffentlichte eigene Versuche).\nDem Einwand, da\u00df das Glykogen durch das Ferment fortw\u00e4hrend zerst\u00f6rt wird, begegnen die Anh\u00e4nger der Fermentlehre damit, da\u00df es im lebenden Organismus auch fortw\u00e4hrend erneuert wird, was nat\u00fcrlich in vitro nicht der Fall ist. Diese Anschauung ist aber nach meiner Erfahrung an der St\u00e4rke nicht aufrechtzuerhalten, denn wenn wir einerseits St\u00e4rke einspritzen und sie in bestimmten Organen noch nach vielen Tagen\n*) \u00dcber das Verhalten des Glykogens in der Leber, Malys Jahresb., Bd. XXV. 1895.","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nGiuseppe Moscati,\nwiederfinden, w\u00e4hrend andererseits dieselben Organe, mit St\u00e4rke beladen und in den Thermostaten gebracht, sich schnell davon befreien, so ist es doch nicht m\u00f6glich, dies durch einen st\u00e4rkebildenden Proze\u00df, welcher die zersetzte St\u00e4rke regeneriert, zu erkl\u00e4ren \u00ce\nVielleicht k\u00f6nnten wir das Problem l\u00f6sen, wenn wir das Glykogen, das sich in einem bestimmten Moment in der Leber bildet, bezeichnen und in seiner Entwicklung verfolgen k\u00f6nnten,\nunabh\u00e4ngig von dem Glykogen, welches dazu kommt und uns\n%\nst\u00f6rt, so wie es Cohnheim mit den Leucoeyten machte, die er mit Zinnober f\u00e4rbte und durch alle Phasen verfolgte.\nMit der St\u00e4rke, einer dem Organismus fremden Substanz, glaube ich diesen Zweck erreichen zu k\u00f6nnen, weil wir den Moment kennen, in dem sie in die Organe eintritt, und wir sie nicht aus den Augen verlieren. Man kann das Verhalten des Glykogens als analog und parallel dem der St\u00e4rke annehmen, mit welcher das Glykogen unbestreitbare \u00c4hnlichkeiten besitzt.\nEine weitere Aufkl\u00e4rung dieses Punktes wird durch das Verhalten der Glykose nach Injektion von St\u00e4rke gegeben wmrden.\nWenn man nach dem Gesagten annehmen darf, da\u00df eine wirkliche Zelit\u00e4tigkeit die St\u00e4rke beeinflu\u00dft und sie in Glykogen umwandelt, und da\u00df nur, wenn die Zellen sich zersetzen, eine fermentative Substanz, die man auch Amylase nennen kann, entsteht, die schnell die St\u00e4rke zersetzt, so ist kein Grund, dasselbe nicht auch f\u00fcr das Glykogen anzunehmen. Die Substanz, die es zerst\u00f6rt, entsteht erst nach dem Tode (wie schon Pavy behauptete), so da\u00df man zugeben mu\u00df, da\u00df das Ferment postmortal gebildet werden kann \u2014 wie auch vielleicht aus den Untersuchungen von Albertoni hervorgeht,1) welcher beinahe keinen Zucker aus der lebenden Leber erhalten konnte.\nWenn man bedenkt, da\u00df sich die Lunge, welche keine bedeutende fermentative T\u00e4tigkeit besitzt, ebenso verh\u00e4lt wie die Leber, so ist es noch \u00fcberzeugender.\nIch leugne andrerseits nicht, da\u00df die Verschiedenheit der\n*) Sul contegno e sull\u2019 azione degli zuccheri nell1 Organismo VIII Comunic. R. Acc. Bologna 1905.","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Das Verhalten der in den Organismus eingef\u00fchrten St\u00e4rkel\u00f6sung usw. 95\nResultate in vivo und in vitro durch ein Antiferment erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen, welches, von einem noch unbestimmten Organ ausgeschieden, der zuckerbildenden Funktion entgegenwirkt, ohne sie ganz zu unterdr\u00fccken, und welches nat\u00fcrlich bei den Versuchen in vitro fehlt. Diese Annahme k\u00f6nnte dadurch unterst\u00fctzt werden, da\u00df bei den Hunden ohne Pankreas die Umwandlung der St\u00e4rke in Glykogen und der Verbrauch des letzteren beschleunigt ist, obwohl sie nie die Schnelligkeit der Zersetzung erreicht, die in vitro stattfindet.\n\u00dcbertr\u00e4gt man diese Betrachtungen von der St\u00e4rke auf das Glykogen, so kann man als Ergebnis meiner Untersuchungen die Umwandlung des Glykogens in Traubenzucker im Organismus erkl\u00e4ren, indem man sie entweder ganz der Zellt\u00e4tigkeit oder einem Ferment zuschreibt, dessen Wirksamkeit \u00fcber die eines Antiferments \u00fcberwiegt. Doch l\u00e4\u00dft der Einw^and in bezug auf die fermentative Tr\u00e4gheit der Lunge, die Einwirkung des elektrischen Stromes auf die Umwandlung des Glykogens in Glukose in der Leber, die Analogie der St\u00e4rke, die sich im Leben l\u00e4ngere Zeit in gewissen Organen aufspeichert und dort in Glykogen verwandelt, welches dann sicher aufgezehrt wird, die Schwierigkeit, die Art und Grenzen des Antiferments zu bestimmen, mehr zu der Annahme der Zellt\u00e4tigkeit allein hinneigen. Und wenn sich weiterhin bei meinen Versuchen mit Hunden, denen die Pankreasdr\u00fcse entfernt wurde, ein Einflu\u00df des Pankreas auf das Glykogen der Leber zeigte, so kann man das auch erkl\u00e4ren, wenn man annimmt, da\u00df das Pankreas durch innere Sekretion eine Substanz ausscheidet, welche auf die lebenden Zellen der Leber einwirkt.\nLuciani1) sagt: \u00abdie Lehre, da\u00df die glykogene Funktion der Leber nicht durch ein spezielles l\u00f6sliches Enzym, sondern\ndurch den Stoffwechsel der Leberzellen bewirkt wird, unter-\n/\nst\u00fctzt die Lehre von Bernard (der freilich an der Enzymwirkung festgehalten hatte), da\u00df sie als eine innere Sekretion angesehen werden mu\u00df.\u00bb Er versteht hierbei unter glykogener Funktion das Wort im weitesten Sinne, nicht nur Umwandlung des Glykogens in Zucker, sondern auch Bildung des Glykogens selbst.\nL Fisiologia dell\u2019uomo, pag. 797, Milano 1901.","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nGiuseppe Moscati, \u00dcber St\u00e4rkel\u00f6sung usw.\nDiesen Lehrsatz unterst\u00fctzen au\u00dfer den angef\u00fchrten, nur teilweise besprochenen Versuchen anderer Autoren auch, wie ich glaube, meine Untersuchungen \u00fcber die St\u00e4rke. Sie best\u00e4tigen viele fr\u00fcheren schon \u00fcber das Glykogen der Leber gemachten Versuche, in anbetracht der gro\u00dfen chemischen \u2014 und nach meinen Versuchen auch biologischen \u2014 Analogie zwischen Glykogen und St\u00e4rke.","page":96}],"identifier":"lit18431","issued":"1906-07","language":"de","pages":"73-96","startpages":"73","title":"\u00dcber das Verhalten der in den Organismus eingef\u00fchrten St\u00e4rkel\u00f6sung, Ablagerung der St\u00e4rke und Umwandlung in Glykogen","type":"Journal Article","volume":"50"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:30:58.984037+00:00"}