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{"created":"2022-01-31T15:39:13.346496+00:00","id":"lit18505","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Bloch, Bruno","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 51: 472-477","fulltext":[{"file":"p0472.txt","language":"de","ocr_de":"Die Herkunft der Harns\u00e4ure im Blute bei Gicht.\nVon\nHrtmo Bloch (Med. Klinik Hasel\u00bb. I>'r 1 {\u2022\u2022\u2022):\u25a0 k t i< >n /\u00ab^<oanjr*,n a in' s. April itMC.\nI *11<\u2022!\u2022 den pathologisch-chemischen Ver\u00e4nderungen hei der (.irht hat \u2014 liehen der Ablagerung der Harns\u00e4ure in Knorpel und (jelenken \u2014 seit Gar rod das konstante Vorkommen der Harns\u00e4ure im Hinte das Interesse der Kliniker und Forscher m Anspruch genommen. hid dies mit Hecht! Denn die \u00dcher-liidunjif des I tint\u00e9s mit Harns\u00e4ure ist ein f\u00fcr diese Stof\u00efwecliscl-anoinalie fast palhognomonisches Zeichen, ohschon sie and, hei andern Kraukheitszust\u00e4nden (Nephritis. Leuk\u00e4mie\u00bb und sogar hei Gesunden (nach l.'herlnlleriinjr mit l\u2019nrinmaterial \u2014 Wein-,rai,<l-11 IHoeh-n vorkommt, und anderseits hei typischer (iieht. wenn auch anscheinend \u00e4nderst selten, so.ua,\u2022 leiden kann.\nMit der anerkannten Wichtigkeit dieser Tatsache stellt der I instand in merkw\u00fcrdigem Gegensatz, dal) wir. trotz d. r zahlreichen ^tollwecliselimtersiirhimgen hei Gicht, his heute -ar nichts iiher di\u00ab* l'rsache und die Hedingungen dieser Harn-s\u00e4ureiiherladimg wissen. Vor allem w\u00e4re es wichtig, zu ent-scli\u00ab\u2018iden, oh die Harns\u00e4ure des Hintes aus den Purink\u00f6rpern der Nahrung oder des Organismus stammt, oh sie \u2014 mit l'Uiian lm,l ^chiir zu reden \u2014 exogener oder endogener\n1\tWiener klm. Hundschuu\n2\tdeutsches Archiv I. klm. Med . H\u00e4. LXXXltl il!)0*>i.\n|,|rs vvar d\u00ab*r Tall Ihm einem \u2018iA j\u00e4hrigen \u00abichliker. dessen Hin! -m,rm ich einige Tage nach seinem ersten (absolut typischen) Anfall an hiolVehen-elenk mit vollst\u00e4ndig negativem Krgehnis auf Harns\u00e4ure verarbeitete.","page":472},{"file":"p0473.txt","language":"de","ocr_de":"Die Herkunft dor Harns\u00e4ure im Blute bei Gicht.\n473\nNatur ist. Diese Entscheidung w\u00e4re, wie wohl nicht besonders betont zu werden braucht, nicht nur von theoretischem, sondern auch, im Hinblick auf die meist schlecht oder g\u00e4r nicht fundierten Ansichten \u00fcber dit\u00bb Regelung der Di\u00e4t beim (iichtiker, von erheblichem praktischen Interesse. Sie l\u00e4\u00dft sich, wie ich das schon vor 2 Jahren ausgef\u00fchrt habe (1. c.. S. f>07). in relativ einfacher Weise experimentell treffen, dadurch, dal) man die Harns\u00e4ure im Hinte dos Dicht ikers vor und nach einer l\u00e4ngeren Periode mit purinfreier Ern\u00e4hrung \u00abjuantitativ bestimmt. Verschwindet bei purinfreier Di\u00e4t die Harns\u00e4ure aus dem Hinte, so mu\u00df sie exogener Natur sein, nimmt sie nicht oder nur in unerheblichem Malle ab. so ist der Schlull gestattet, dal! St\u00f6rungen.im endogenen Hurinsloffwechsel der Harns\u00e4ure\u00fcberladung des Hlutes zugrunde liegen. Leider war es mir bis jetzt erst m\u00f6glich, einen typischen (iichtiker in dieser Weise zu untersuchen. Ich m\u00f6chte trotzdem im folgenden das Resultat mit-teilen. weil es mir von prinzipieller Wichtigkeit zu sein scheint, bin mir jedoch dabei wohl bewullt, dal\u00bb zun\u00e4chst allgemeine Schlulifolgerungen daraus nur unter grobem Vorbehalt gezogen werden k\u00f6nnen.\nEs handelt sich um einen 74 j\u00e4hrigen Patienten der Hasler medizinischen Klinik. Derselbe leidet seit vielen Jahren an (ielenkgieht und hat \u00f6fters typische Anf\u00e4lle von akuter Schwellung und Schmerzhaftigkeit in den Drobzehengelenken durchg'emacht. 1901 lag er 2 Monate auf der Abteilung wegen Arthritis urica iProf. M\u00fcller). DamalsWurde von Reach1 \u00bb sein Purinstoffwechsel einer rntersuchung unterworfen. Aul die Ergebnisse dieser Arbeit werde\u00bb ich weiter unten zu sprechen kommen.\nAm 11. Dezember 190(1 trat der Patient wieder in das Spital ein. Er klagte \u00fcber Schmerzen und HewegUngshinderung in verschiedenen (Knie-, Fu\u00df- und Schulter-iDelcnkcti, \u00fcber Herzklopfen und etwas Husten.\nDie Untersuchung ergab Schmerzen und Hemmung bei aktiven und passiven Heweguugen in den Schulter-, H\u00fcll- und Kuligelenken. An den Ohren fanden sich keine Tophi, dagegen\n0 M\u00fcnchener mnl. Wochenschrift. 1B02.\nHoppe-Seylers Zeitschrift f. physiol. Chemie. LI.\nH2","page":473},{"file":"p0474.txt","language":"de","ocr_de":"Rtuno Bloch,\n\nem tophus am rechten Metatarsophalangealgelenk I. Hie II ,.., \"71 demselhen war stark gespannt, gl\u00e4nzend, bl\u00e4ulichrot vor larbt sehr stark druckempfindlich und von kleinen Schweif tropf eben bedeckt. Das Herz war etwas nach links ver-r\u00f6ne,!' I rin Irci von abnormen Bestandteilen. Einige Tage \"sp\u00e4te, nachdem die Kntz\u00fcndungsersehoinungen am Grolizehenoelcnk zuruckg,\u2018gangen waren, wurden dem Patienten durch Aderlall - com Blut (vor dem Fr\u00fchst\u00fcck, im n\u00fcchternen Zustande, entzogen und darin die Harns\u00e4ure bestimmt.') Ich fand !> 7 reine, krystallisierte Harns\u00e4ure. Bis dahin hatte Patient sowohl ZU Hause als nn Spital gemischte, purinhaltige Kost (1\u20142 mal t\u00e4glich Heisch, Bouillon) genossen. Nun erhielt er \u2014 unter genauer Kontrolle - 2 Monate hindurch purinfreie resp. pu\u201e\u201e-arme Nahrung. Dieselbe bestand im wesentlichen aus: Mild, K\u00e4se, Butter. Brot, Gem\u00fcse, Obst und Zucker. Nach die-.-, /eil gewann ich wiederum durch Venaesektion um n\u00fcchterne,, Zustande, 200 ccm Blut und fand darin 8,9 mg Harns\u00e4ure Fs\nml also, trotzdem in der Nahrung kein harns\u00e4urehilde.......1\nMaterial zugef\u00fchrt wurde, die Harns\u00e4ure des Blutes nicht oder\ndoch nur ui ganz verschwindend geringem Ma\u00dfe abgenommen\nsie kann daher nur aus den im Organismus selber entstan.....\nurmkorpern stammen und wir m\u00fcssen annehmen, dal! Storungen nn endogenen Purinstoi\u00efwechsel vorliegen, St\u00f6runge, im (fermentativen) Abbau und der Ausscheidung der Harns\u00e4ure h\u00f6chstwahrscheinlich, die zur U-Retcntion und zur \u00dcberladui,\u00ab\ndes Mutes \u201eul Harns\u00e4ure f\u00fchren. Ks ist dies Resultat umso interessanter, weil Beach bei demselben Patienten Retention der exogenen Harns\u00e4ure und das Auftreten eines Gichlanl\u00e4llo-nach F\u00fctterung mit Pankreas konstatierte und daher geneigt ist. in den St\u00f6rungen im exogenen Purinstoffwechsel die llaupl-\n, Methodik: Das Illut wurde in der lOfachen Menge destillier,\n\\V assers aufgefangen, aulgekoeld. mil Essigs\u00e4ure schwach anges\u00e4ucri en eiwedd und von, Niederschlag liltricrt, das Koagulum noch zwei,,,., aulgekoeld. die Filtrate vereinigt, eingeengt ,bis auf 1,10 ccm, und v-\n\",Kest \"'s\t\u00bbuagelallenenEiweif.es filtriert. Die .....\nwurde \u201each budwig-Salkowski heslimml. durch Krystallforu, und JVliiii\u00ablprol>o idontilizirrl und gewogen.\noll\nII\nI","page":474},{"file":"p0475.txt","language":"de","ocr_de":"Die Herkunft der Harns\u00e4ure im Blute hei Gicht.\n4/;>\nUrsache f\u00fcr das Zustandekommen der Gicht zu sehen. Es k\u00f6nnte verlockend erscheinen, auf Grund des mitgeteilten Ergebnisses die naheliegende Analogie mit den andern bekannten St\u00f6rungen des Stoffwechsels hervorzuheben, mit Diabetes, Alkaptonurio und Cystinurie, die ja im Grunde auch nichts anderes vorstellen als Hemmungen des normalen fermentativen Abbaus\n\u00bb\nbestimmter chemischer K\u00f6rper; doch halte ich ein solches Vorgehen erst f\u00fcr berechtigt, wenn zahlreiche, eindeutige 'Versuchsergebnisse vorliegen. Es w\u00e4re ja sehr wohl m\u00f6glich, da\u00df nur inveterierte Formen der Gicht das geschilderte Verhalten zeigen und da\u00df im Beginne die Krankheit ein anderes Bild hervortreten l\u00e4\u00dft, und der Organismus vielleicht nicht mehr die exogene, wohl aber noch die endogene Harns\u00e4ure rasch und vollst\u00e4ndig abzubauen vermag. Denn da\u00df bei der Gicht auch St\u00f6rungen im exogenen l\u2019urinstolfwechsel \u2014 Detention und verz\u00f6gerte Ausscheidung, Auftreten eines Anfalles nach reichlicher Burinf\u00fctterung oder Zerfall von massenhaftem purinhaltigem Material (pneumonisches Exsudat) \u2014 vorliegen, beweisen, au\u00dfer altern,1) insbesondere die neuern Bntersuchungen von Brugsch.-) Bollak:t) und Hirsch st ein.1)\nIch habe dann, um diese Verh\u00e4ltnisse heim Patienten n\u00e4her zu studieren, 10 Tage nach der zweiten Venaesektion einen 20 t\u00e4gigen BurinstolTwechselversuch unternommen, unter Innehaltung der gleichen purinfreien Di\u00e4t wie vorher. Die Resultate sind in der Tabelle auf S. 170 verzeichnet:\nWas lehren uns diese Zahlen?\nDie durchschnittliche endogene\u00bb U-Aussehoidung betr\u00e4gt pro Tag (der Vorperiode) : 0.281 g, die Zulage von l\u00dfOg Kalbsthymus und 100 g Fleisch (am 3. Tag) mu\u00dfte nach Durian und Schur eine Vermehrung der ausgeschiedenen Harns\u00e4ure um ca. 0,66 g bewirken. Statt dessen finden wir in unserem Falle ein Plus von nur 0,206 g (Nachperiode bis zum 0. Tage gerechnet).\nri Vgl. mein Heferat im bioehem. Zentralblatt, \u00dfd. V. *) Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie, \u00dfd. Il (HHWJ). a) Deutsches Arch. f. klin. Med., \u00dfd. LXXXVIII illtOftV 4: Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie, \u00dfd. IV (1907).","page":475},{"file":"p0476.txt","language":"de","ocr_de":"Brunt\u00bb Bloch,\n47(>\n\t\tAusgeschiedene\n\tDi\u00e4t\tHarns\u00e4ure\n\t\tg\ni\tpurinfrei\t0.206\n\t>\t0.272\n3.\thui g Thymus + |(K) g Fleisch\t0.303\n.4.\tpurinfrei\t0.324\n5.\tp\t0.378\nti.\t\t0.324\n7. 8.\t\u00bb i*\t0.280\n1*.\t\u00bb\t\\ l,*V *11 0.285\n10.\t\t0.414\nII\t>\t0.350\n12. 13.\tj\u00bb\t0,368 0.310\nII.\t.-\u25a0* \u25a0\u25a0 \u25a0\t0,322\ni:\u00bb.\t\u00ef-\t0,395\nHL,\t\t0.399\n17\tp\t0,2(it\u00bb\nIS.\t%\t0,338\n1!\u00bb\t\t0.335\n2<\u00bb\t\t0.315\nBemerkungen\nAkuter fiichtanfall in der rechten Gro\u00dfzehe.\nEtwas leichterer, typischer Anfall in der linken\u2019 Gro\u00df/.ehe.\nDer Gesunde scheidet di\u00ab Hauplmenge veral.rei. l.tor l>m i\u201e-schon am Ta,,. Verl\u00efillemng aus; unser Gichliker er-(\"|,loll\"l\"k' der exogenen Harns\u00e4urekurve erst am ' r\tAls\u00b0\tanalog den Reobachlungen\nlollak u\"(l Hirschstein: Retention resp. verschlepp e Ausfuhr der exogenen Harns\u00e4ure. Der Sehlull, da\u00df hei\n<\", l\" auch mi Ahl.au ,1er exogenen Harns\u00e4ure St\u00f6rungen vorltrgen. ist also mindestens sehr naheliegend. Verfolgen wir un-e Zahlen weile, Wir sehen, da\u00df milieu in die Deriod,' der purinlreien hrn\u00e4hrung zwei typische Gichtparoxysmen fallen, h wir daf\u00fcr den im K\u00f6rper verbliebenen Rest der exogenen","page":476},{"file":"p0477.txt","language":"de","ocr_de":"Die Herkunft der Harns\u00e4ure im Blute bei (licht.\n477\nHarns\u00e4ure (ca. 0,4 gi verantwortlich machen m\u00fcssen, wage ich nicht zu (Mitseheiden. Manche ganz analoge Heoahachtungen (Pol 1 ak, Hirschstein) sprechen daf\u00fcr. Die Ausscheidungskurve selber zeigt ein f\u00fcr (licht typisches, besonders von Hrugsch studiertes, Verhalten: Maximum der endogenen Harns\u00e4ureausscheidung w\u00e4hrend des Anfalles, dann allm\u00e4hliches Absinken. Der tiefste Wert wird kurz vor einem neuen Anfall erreicht, mit dem Eintritt einer neuen Attacke schnellt die Kurve pl\u00f6tzlich wieder in die H\u00f6he. Es ist genau das Hild. das uns His1) schon Vorjahren von der Elimination der Gesamtharns\u00e4ure beim Gicht iker gezeichnet hat.\nZusammenfassend k\u00f6nnen wir sagen:\nHei der (licht zeigen sich St\u00f6rungen sowohl im exogenen als im endogenen Harns\u00e4urestoffwechsel. Die exogene Harns\u00e4ure wird zum Teil im K\u00f6rper zur\u00fcckgehalten, zum Teil viel langsamer und unregelm\u00e4\u00dfiger ausgeschieden als beim Gesunden und kann, wenn reichlich vorhanden ( wohl infolge der Detention), einen typischen Gichtanf\u00e4ll ausl\u00f6sen.\nDie endogene Harns\u00fcureaiisschoidung ist im allgemeinen geringer und unregelm\u00e4\u00dfiger als beim Gesunden; sie ist am niedrigsten kurz vor, am h\u00f6chsten w\u00e4hrend des Anfalles. Die 1 -\u00dcberladung des Blutes kann (wenigstens in unserem Ealle) nicht auf Retention der exogenen, aus der Nahrung stammenden, Harns\u00e4ure beruhen, sir* ist hier der Ausdruck einer St\u00f6rung des endogenen Purinstoffwechsels. Alle diese St\u00f6rungen zusammengenommen lassen sich vielleicht einheitlich von dem Gesichtspunkt aus autlasscn. da\u00df bei der Gicht eine abnorme Hemmung im fermentativen Abbau (vielleicht neben einer St\u00f6rung in der Ausscheidung durch die Niere) der Harns\u00e4ure vorliegt.\nl) Deutsches Arch. f. klin. Med.. Bd. LXY.","page":477}],"identifier":"lit18505","issued":"1907","language":"de","pages":"472-477","startpages":"472","title":"Die Herkunft der Harns\u00e4ure im Blute bei Gicht","type":"Journal Article","volume":"51"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:39:13.346502+00:00"}