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{"created":"2022-01-31T15:06:46.880219+00:00","id":"lit18528","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Bechhold, H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 52: 177-180","fulltext":[{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"Zur \u00abinnern Antisepsis\u00bb.\nVon\nDr. H. Becfrhold, Mitglied des Instituts.\n(Aus dem K\u00f6nigl. Institut f\u00fcr experimentelle Therapie zu Frankfurt a. M., Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Paul Ehrlich.)\n(Der Redaktion zugegangen am 22. Mai 1907.)\nIn einer im vorigen Jahr erschienenen Arbeit *) war eine Anzahl neuer Desinfektionsmittel beschrieben worden, die auf eine Reihe von pathogenen Bakterien eine eminente Desinfektionskraft aus\u00fcben. Es waren darunter solche, die noch in einer Verd\u00fcnnung von \u00fcber einer halben Million Bouillonkulturen von Diphtheriebazillen in der Entwicklung hemmten. Diese Substanzen hatten gleichzeitig den Vorzug, praktisch sehr wenig giftig zu sein, so da\u00df es m\u00f6glich war, dem Tierk\u00f6rper ohne Schaden Dosen einzuverleiben, von denen schon weniger als der hundertste Teil gen\u00fcgt haben w\u00fcrde, die Bakterien in vitro in der Weiterentwicklung zu hemmen, bezw. in 24 Stunden sogar abzut\u00f6ten. Dies reizte nat\u00fcrlich sehr, auch Desinfektionsversuche im Tierk\u00f6rper vorzunehmen, d. h. z. B. mit Diphtheriebazillen infizierte Tiere durch Einspritzung dieser Desinfizientia zu desinfizieren, also zu heilen. Merkw\u00fcrdigerweise blieb jeder Erfolg aus und es zeigte sich auch, da\u00df, wenn man die betreffenden Bakterien in Serum statt in Bouillon z\u00fcchtete, jene Desinfektionsmittel in ihrer Wirkung au\u00dferordentlich geschw\u00e4cht wurden. W\u00e4hrend z. B. Tetrachlor-o-biphenol (von Diels) noch in einer Verd\u00fcnnung von 1:320000je de Entwicklung von Diphtheriebazillen in Bouillonkultur hinderte, entwickelten sich in einer\nh Beziehungen zwischen chemischer Konstitution und Desinfektionswirkung von Dr. H. Bechhold und Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Paul Ehrlich (Diese Zeitschrift, Bd. XLVII, S. 173\u2014199).\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LII.\n12","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nH. Bechhold,\nSerumkultur bei Verd\u00fcnnung des genannten Desinfiziens auf nur 1 : 10000 immer noch vereinzelte Kolonien.1) Man konnte nun im Zweifel sein, ob lediglich die viel g\u00fcnstigeren Lebensbedingungen der Bakterien in dem dem lebenden Organismus entnommenen Serum dies Resultat zur Folge hatten, oder ob chemische bezw. physikalisch-chemische Gr\u00fcnde dies bedingten.\nInzwischen ist es mir gelungen, eine Methode auszuarbeiten, welche die Beantwortung dieser Frage gestattet.\nAuf der Versammlung Deutscher Naturforscher und \u00c4rzte (Stuttgart 1906) berichtete ich, da\u00df es gelingt, Kolloide von ihrem L\u00f6sungsmittel zu trennen, indem man sie durch Gallerten filtriert. Durch Wahl von Gallerten verschiedener Konzentration hat man es in der Hand, mehr oder minder dichte Filter herzustellen. Die ausf\u00fchrliche Beschreibung dieser Filter, ihrer Anfertigung, Benutzung und der bisher damit erzielten Resultate wird demn\u00e4chst in der \u00abZeitschrift f\u00fcr physikalische Chemie\u00bb erscheinen. Hier will ich nur die Ergebnisse mitteilen, welche sich auf die Desinfektionsversuche in Gegenwart von Serum beziehen. Die erw\u00e4hnten Filter gestatten n\u00e4mlich, Serum derart zu filtrieren, da\u00df nur die in der Fl\u00fcssigkeit gel\u00f6sten krystalloiden Stoffe das Filter passieren, w\u00e4hrend die Proteine vollkommen zur\u00fcckgehalten werden.\nIch habe nun vermittelst dieser Methode gepr\u00fcft, ob vielleicht die festen Bestandteile des Serum, das Albumin, Globulin usw., das Desinfiziens binden, ob also vielleicht im Serum nur geringe Mengen Desinfiziens disponibel sind, so gering, da\u00df sie den Bakterien nicht schaden k\u00f6nnen. Zu dem Zweck stellte ich Seruml\u00f6sung her, welche einen Gehalt von 1 \u00b0/0 Tetrachlor-o-biphenol enthielt, und filtrierte diese durch ein Filter, welches die Eiwei\u00dfk\u00f6rper vollkommen zur\u00fcckhielt, w\u00e4hrend es das Tetrachlor-o-biphenol passieren lie\u00df. Zur Kontrolle\n*) Busk (Biochem. Zeitschrift, Bd. I, S. 424\u2014444) kam bei seinen photobiologischen Studien, unabh\u00e4ngig von uns, zu dem gleichen Resultat, indem er zeigte, da\u00df ein Zusatz von Serum die toxische Wirkung einer gro\u00dfen Zahl sensibilisierender, wie nicht sensibilisierender, verschiedenen chemischen Gruppen entnommener Stoffe gegen\u00fcber Para-m\u00e4cien verringert resp. aufhebt.","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"Zur \u00abinnern Antisepsis\u00bb.\n179\nwurde eine l\u00b0/oige Tetrachlor-o-biphenoll\u00f6sung vorher durch das gleiche Filter filtriert.\nA. W\u00e4sserige L\u00f6sung des Tetrachlor-o-biphenols.\n1 g Tetrachlor-o-biphenol wurde in der geringstm\u00f6glichen Menge NaOH gel\u00f6st und mit Wasser auf 100 ccm verd\u00fcnnt, Diese L\u00f6sung wurde bei 1 Atmosph\u00e4re durch ein 5% v (H 4\u00b0/o v) Filter1) filtriert, die ersten 20 ccm Filtrat wieder in den Trichter zur\u00fcckgegossen und dann 50 ccm filtriert. Im Filtrat wurde das Tetrachlor-o-biphenol durch HCl gef\u00e4llt, ausgewaschen und getrocknet gewogen. Die 50 ccm enthielten 0,39 g Tetrachlor-o-biphenol statt 0,5 g. Es war somit im Filtrat, offenbar durch Absorption im Filter, ein Verlust von 22\u00b0Io eingetreten.\nB. Seruml\u00f6sung des Tetrachlor-o-biphenols.\n1 g Tetrachlor-o-biphenol wurde in der geringstm\u00f6glichen Menge NaOH gel\u00f6st und mit Yollserum (Ochsenserum) auf 100 ccm verd\u00fcnnt. Diese L\u00f6sung wurde durch das oben bereits benutzte und mit wenig Wasser abgesp\u00fclte Filter filtriert. Die ersten 20 ccm Filtrat wurden wieder in den Trichter zur\u00fcckgegossen, dann 20 ccm filtriert. Im Filtrat wurde das Tetrachlor-o-biphenol wie oben bestimmt. Die 20 ccm enthielten 0,025 g Tetrachlor-o-biphenol statt 0,2 g. Es war somit durch Bindung von den festen Serumbestandteilen ein Verlust von 87,5 \u00b0/o eingetreten. Die Zahl stellt sich vielleicht noch etwas h\u00f6her, da ja das Filter von der vorherigen w\u00e4sserigen Filtration noch etwas Tetrachlor-o-biphenol abgeben mochte.\nEs war somit in dem Serum mit einem Gehalt von l\u00b0/o Tetrachlor-o-biphenol in Wirklichkeit nur eine l\u00b0/ooige L\u00f6sung f\u00fcr die Desinfektion disponibel. Da nun bei allen Absorptionen die Kurve derart verl\u00e4uft, da\u00df bei gleichbleibender Menge des Absorbens und abnehmender Menge der absorbierten Substanz die absolute absorbierte Menge zwar ab, die relativ absorbierte Menge aber zunimmt, so kann es kommen, da\u00df bereits in einem\n!) Diese Zahlen charakterisieren die Filterdichte; ihre Bedeutung wird eingehend in genanntem Aufsatz in der Zeitschrift f\u00fcr physikalische Chemie erl\u00e4utert.\n12*","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180\nH. Bechhold, Zur \u00abinnern Antisepsis\u00bb.\nVollserum, welchem 1 : 10000 Desinfiziens zugesetzt. ist, praktisch die gesamte Menge des Desinfiziens vom Serum mit Beschlag belegt ist. Es stimmt dies mit den eingangs gefundenen Ergebnissen unserer fr\u00fcheren Publikation.\nOb die Bindung als chemische oder nur als physikalische Adsorption zu bezeichnen ist, mu\u00df zun\u00e4chst offen bleiben. Ein dahingehender Versuch gab keine eindeutigen Resultate. Zur definitiven L\u00f6sung bed\u00fcrfte es einer gro\u00dfe# Folge von Versuchen bei verschiedenen Konzentrationen; die so erzielte Kurve w\u00fcrde Auskunft geben.\nDas aber ist sicher, da\u00df in erster Linie chemische oder physikalisch-chemische Ursachen, n\u00e4mlich die Bindung des Desinfiziens durch das Blutserum, die Herabsetzung der Desinfektionswirkung im Organismus bedingten, da\u00df rein biologische Beg\u00fcnstigung des Bakterienwachstums durch bessere Lebensbedingungen, wenn \u00fcberhaupt vorhanden, nur eine nebens\u00e4chliche Rolle spielt.","page":180}],"identifier":"lit18528","issued":"1907","language":"de","pages":"177-180","startpages":"177","title":"Zur 'innern Antisepsis'","type":"Journal Article","volume":"52"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:06:46.880224+00:00"}