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{"created":"2022-01-31T13:53:26.398856+00:00","id":"lit18532","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Abderhalden, Emil","role":"author"},{"name":"Martin Kempe","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 52: 207-218","fulltext":[{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"Beitrag zur Kenntnis des Tryptophans und einiger seiner\nDerivate.\nVon\nEmil Abderhalden und Martin Kempe.\n(Aus dem I. chemischen Institut der Universit\u00e4t Berlin.) (Der Redaktion zugegangen am 25. Mai 1907.)\nDurch die Untersuchungen von Hopkins und Cole1) ist das Tryptophan ein verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig leicht zug\u00e4ngliches Spaltprodukt vieler Eiwei\u00dfk\u00f6rper geworden. Man wird ihm ohne Zweifel noch recht oft begegnen. Es ist w\u00fcnschenswert, zu seiner Isolierung und Reinigung eine Reihe von charakteristischen Derivaten zu kennen. Vielleicht erm\u00f6glicht das eine oder andere Derivat eine quantitative Restimmung des Tryptophans. Es sind bereits mehrere Verbindungen des Tryptophans eingehend beschrieben worden, so von Hopkins und Cole das schwerl\u00f6sliche salzsaure Salz des Tryptophans, ferner haben Neuberg und Popowsky2) den bei der Einwirkung von Brom- resp. Chlorwasser auf eine w\u00e4sserige Tryptophanl\u00f6sung sich bildenden Farbstoff genauer untersucht und die folgenden Verbindungen isoliert und beschrieben: C11H11N202Br, Cj^jNgOgBr \u2022 Br^ C11H11N202C1 und CnHnN202Cl \u2022 Cl2. Schlie\u00dflich hat neuerdings M. Mayeda3) das Pikrat und Pikrolonat des Tryptophans dargestellt. Wir haben folgende Verbindungen gewonnen: 1. das Kupfersalz des Tryptophans, 2. das d-Trypto-phanmethylesterchlorhydrat, 3. den d-Tryptophan-methylester, 4. Phenylisoeyanat-d-Tryptophan, 5. das Natriumsalz des \u00df-Naphtalinsulfo-d-Tryptophans und endlich das salzsaure Tryptophanchlorid.\n*) F. G. Hopkins u. S. W. Cole, A contribution to the chemistry of proteids. J. of Physiol., Bd. XXVII, S. 418, 1901.\n2)\tC. Neuberg und N. Popowsky, Die Indolaminopropions\u00e4ure. und ihre Halogenverbindungen (Tryptophanreaktion). Biochem. Zeitschrift^ Bd. II, S. 357, 1907.\n3)\tM. Mayeda, Zum Nachweis des Tryptophans und des Phenylalanins. Diese Zeitschrift, Bd. LI, S. 261, 1907.","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208\nEmil Abderhalden und Martin Kempe,\nDas Tryptophan, das zu diesen Versuchen diente, hatten wir im wesentlichen nach der Vorschrift von Hopkins und Cole dargestellt.\n5 kg Casein wurden in 50 1 0,8\u00b0/oiger Sodal\u00f6sung aufgeschwemmt, mit 20 g Pankreatin gut durchger\u00fchrt und die Mischung nach Zugabe einer ausreichenden Menge von Toluol bei einer Temperatur von 36\u00b0 aufbewahrt. Von Zeit zu Zeit pr\u00fcften wir in Proben mit Bromwasser auf freies Tryptophan. Nachdem die Tryptophanreaktion einen Maximalwert erreicht hatte, was nach 5\u201410 Tagen der Fall war, wurde die Verdauung unterbrochen, das Gemisch auf 80\u00b0 erw\u00e4rmt, um noch vorhandenes Eiwei\u00df zum Koagulieren zu bringen. Es empfiehlt sich, die L\u00f6sung in der Hitze mit einer reichlichen Menge reiner Infusorienerde durchzur\u00fchren. Es erleichtert dies das sp\u00e4tere Filtrieren erheblich. Beim Abk\u00fchlen der Fl\u00fcssigkeit schied sich Tyrosin in reichlichen Mengen aus. Die abgek\u00fchlte Fl\u00fcssigkeit filtrierten wir nun durch Koliertuch und versetzten das klare Filtrat mit 5 Volumenprozent Schwefels\u00e4ure und einem \u00dcberschu\u00df einer 10\u00b0/oigen Quecksilbersulfatl\u00f6sung in 5 volumprozentiger Schwefels\u00e4ure. Es entstand bald ein reichlicher Niederschlag. Er wurde nach 12st\u00fcndigem Stehen ab filtriert, der scharf abgepre\u00dfte Filterr\u00fcckstand mit 5\u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure gr\u00fcndlich ausgewaschen, dann in Wasser suspendiert und mit Schwefelwasserstoff unter \u00f6fterer Erw\u00e4rmung und kr\u00e4ftigem B\u00fchren mit einer Turbine zersetzt. Nach dem Filtrieren wurde der Filterr\u00fcckstand noch zweimal mit Wasser verrieben und in die Suspension Schwefelwasserstoff eingeleitet, um so noch unzersetztes Quecksilbersalz zu zerlegen.\nAus den vereinigten Filtraten entfernten wir den Schwefelwasserstoff nicht durch Kochen, sondern durch einen kr\u00e4ftigen Kohlens\u00e4urestrom. Durch Erw\u00e4rmen entstehen zu leicht verharzende Produkte. Sobald kein Geruch nach Schwefelwasserstoff mehr wahrnehmbar war, versetzten wir die L\u00f6sung wiederum mit 5\u00b0/o ihres Volumens an Schwefels\u00e4ure und mit soviel Quecksilbersulfatl\u00f6sung, da\u00df sich gerade ein zusammenh\u00e4ngender Niederschlag bildete. Diesen filtrierten wir nach einer halben Stunde ab. Es gelingt so, das zuerst ausfallende Cystin und","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"Beitrag zur Kenntnis des Tryptophans und einiger seiner Derivate. 209\nferner etwa vorhandene Verharzungsprodukte zu entfernen. Das Filtrat vom Niederschlage wurde nun mit \u00fcbersch\u00fcssigem Quecksilbersulfat versetzt, der entstandene Niederschlag abfiltriert, und dieser wie das erstemal mit Schwefelwasserstoff zerlegt. Aus der hierbei gewonnenen L\u00f6sung f\u00e4llten wir die Schwefels\u00e4ure quantitativ mit Barythydrat.\nDie vom Baryumsulfat abfiltrierte Fl\u00fcssigkeit war nur noch schwach gelb gef\u00e4rbt. Nach der Vorschrift von Hopkins und Cole soll die das Tryptophan enthaltende L\u00f6sung nunmehr auf dem Wasserbad unter h\u00e4ufigem Zusatz von Alkohol eingedampft werden. Hierbei tritt jedoch sehr leicht Verharzung ein, wodurch die Ausbeute an reinem Material stark beeintr\u00e4chtigt werden kann. Sie l\u00e4\u00dft sich vollst\u00e4ndig vermeiden, wenn man das Eindampfen unter vermindertem Druck vornimmt. Die neutrale L\u00f6sung wurde nach Zusatz von wenig Alkohol, um das Sch\u00e4umen zu vermeiden, bei etwa 14 mm Druck und einer 40\u00b0 des Wasserbades nicht \u00fcbersteigenden Temperatur soweit eingedampft, bis sich eine reichliche Menge Tryptophan ausgeschieden hatte. Von diesem wurde abfiltriert und die Mutterlauge weiter eingeengt, bis neue Krystallmassen zur Abscheidung kamen. Wir erhielten so noch mehrere Fraktionen. Das so gewonnene Tryptophan war farblos. Die Ausbeute betrug 26,5 g Rohprodukt. Dieses lieferte nach dem Umkrystallisieren aus verd\u00fcnntem Alkohol unter Zusatz von Tierkohle 24 g analysenreines Produkt.\n0,2201 g Substanz bei 100 0 getrocknet gaben 0,5199 g C02 und\n0,1178 g H20.\n0,1365 g Substanz bei 100\u00b0 getrocknet gaben 15,9 ccm N bei 18\u00b0 und\n753 mm Druck.\nBerechnet f\u00fcr CltH12N202 (204,2): 64,64% C, 5,92% H, 13,75 % N.\nGefunden:\t64,42% C, 5,99% H, 13,54\u00b0/o N.\nDie angegebene Ausbeute wurde nicht bei jeder Darstellung erreicht. Besonders bei langer Verdauung und langsamer Verarbeitung blieb sie oft hinter diesem Betrage zur\u00fcck. In diesen F\u00e4llen gelang es, ein Nebenprodukt zu fassen, das weiter unten beschrieben ist.\nDas auf die geschilderte Art gewonnene Tryptophan pr\u00fcften wir auf sein optisches Verhalten. Hopkins und Cole geben als spezifische Drehung des Tryptophans den Wert [cxd] == \u2014 33^\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LIT.\n14","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210\nEmil Abderhalden und Martin Kempe,\nan. Leider fehlt die Angabe, unter welchen Verh\u00e4ltnissen und mit welchem L\u00f6sungsmittel sie gearbeitet haben.\nG. Neuberg und N. Popowsky1) geben folgende Werte f\u00fcr das Tryptophan an: in w\u00e4sseriger L\u00f6sung [<xd] = \u2014 7,8\u00b0, in 1/a normaler Natronlauge [<xd] = \u2014 13,7\u00b0.\nDas wie oben beschrieben dargestellte Tryptophan dreht im Gegensatz zu diesen Angaben nach rechts.\nEine L\u00f6sung von 0,2186 g Tryptophan, das viermal um-krystallisiert war, in 1la normaler Natronlauge vom Gesamtgewicht 7,9913 g und dem spezifischen Gewicht 1,02 drehte im 1 dm-Rohr bei Natriumlicht und 20\u00b0 C. 0,16\u00b0 nach rechts. Mithin\nMd = + 5>7\u00b0-\nWir waren in der gl\u00fccklichen Lage, ein Pr\u00e4parat unter denselben Bedingungen pr\u00fcfen zu k\u00f6nnen, das wir der Liebensw\u00fcrdigkeit von Herrn Prof. Hopkins verdanken.\n0,1062 g dieses Pr\u00e4parates wurden in M2 normaler Natronlauge gel\u00f6st. Gesamtgewicht der L\u00f6sung 4,0650 g ; spezifisches Gewicht 1,03. Drehung im 1 dm-Rohr bei Natriumlicht und 20\u00b0 C. 0,17\u00b0 nach rechts. Mithin\nMd =\t\u00ae,30.\nBeide Pr\u00e4parate zeigten somit ein ganz \u00e4hnliches optisches Verhalten. Es mu\u00df weiteren Untersuchungen Vorbehalten bleiben, festzustellen, auf welchen Ursachen das ganz andere Verhalten des von Neuberg und Popowsky untersuchten Pr\u00e4parates beruht.\nWeitere Bestimmungen f\u00fchrten wir in normaler Natronlauge aus.\n0,6043 g viermal umkrystallisiertes Tryptophan wurden in normaler Natronlauge gel\u00f6st. Gesamtgewicht der L\u00f6sung 5,3108 g. Spezifisches Gewicht 1,06. Drehung im 1 dm-Rohr bei Natriumlicht und 20\u00b0 C. 0,74\u00b0 nach rechts. Mithin;\nMd = + 6>12\u00b0-\nDasselbe Pr\u00e4parat wurde nach nochmaligem Umkrystalli-sieren untersucht.\n*) 1. c.","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"Beitrag zur Kenntnis des Tryptophans und einiger seiner Derivate. 211\n0,4543 g Tryptophan wurden in normaler Natronlauge gel\u00f6st. Gesamtgewicht der L\u00f6sung 4,6305 g. Spezifisches Gewicht 1,06. Drehung im 1 dm-Rohr bei Natriumlicht und 20\u00b0 C. 0,63\u00b0 nach rechts. Mithin\n[a]\u00ae\u00b0 = + 6,06\u00b0.\nDie Drehung blieb somit konstant. Mit demselben Pr\u00e4parat wurde auch noch eine Bestimmung in salzsaurer L\u00f6sung vorgenommen. 0,4517 g Tryptophan wurden in normaler Salzs\u00e4ure gel\u00f6st. Gesamtgewicht der L\u00f6sung 7,2161 g; spezifisches Gewicht 1,03. Drehung im 2-dm-Rohr bei 20\u00b0 G. und Natriumlicht 0,17\u00b0 nach rechts. Mithin\nMd \u00bb + ^\nDas Tryptophan schmilzt gegen 289\u00b0 (korr.). Von 260\u00b0 (korr.) an zeigt sich leichte Gelbf\u00e4rbung.\nEs sei noch erw\u00e4hnt, da\u00df das dargestellte Tryptophan alle beschriebenen Farbenreaktionen gab. Vor allem beobachteten wir auch die von Cole1) beschriebene Violettf\u00e4rbung beim Kochen von Tryptophan mit Zucker und rauchender Salzs\u00e4ure, eine F\u00e4rbung, welche der bei der sog. Liebermannschen Reaktion auftretenden sehr \u00e4hnlich ist. Es ist m\u00f6glich, da\u00df die Liebermannsche Reaktion auf einer \u00e4hnlichen Ursache beruht, d. h. auf das Vorhandensein von Tryptophan und Zucker hinweist. Sicher festgestellt ist diese Deutung der genannten Reaktion nicht, gibt doch z. B. Seide, unter dessen Spaltprodukten Tryptophan bis jetzt nicht auf gefunden worden ist, ebenfalls beim L\u00f6sen in konzentrierter Salzs\u00e4ure Violettf\u00e4rbung und zwar besonders ausgepr\u00e4gt in der K\u00e4lte. Es scheinen \u00fcbrigens nicht alle Zuckerarten gleich gut geeignet zu sein. Eine ausgepr\u00e4gte Violettf\u00e4rbung erhielten wir nur bei Verwendung von Fruktose, Rohrzucker und Raffinose. Glukose, Galaktose und Mannose gaben die Reaktion nur schwach oder undeutlich. Die Pentosen, Arabinose und Xylose verursachten nur eine schmutzig braune F\u00e4rbung.\nNicht ohne Interesse ist die Beobachtung, da\u00df Trypto-\nJ) Sydney W. Cole, On certain colour reactions of proteid due to tryptophane. Journal of Physiol., Bd. XXX, S. 311, 1903.\n14*","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\tEmil Abderhalden und Martin Kempe,\nphan in verd\u00fcnnter w\u00e4sseriger L\u00f6sung beim Kochen mit Salpeters\u00e4ure deutlich Gelbf\u00e4rbung zeigt. Ferner gibt Tryptophan beim Kochen mit dem sog. Mil Ion sehen Reagens Braunrotf\u00e4rbung. Diese Reaktion ist sehr wohl von der bei Anwesenheit von Tyrosin auftretenden F\u00e4rbung zu unterscheiden. Es d\u00fcrfte jedoch nicht \u00fcberfl\u00fcssig sein, um T\u00e4uschungen zu vermeiden, auf diese Reaktion hinzuweisen.\nIsolierung eines Nebenproduktes bei .der Tryptophandarstellung.\nWie oben erw\u00e4hnt, gelang es in einigen F\u00e4llen, bei denen die Ausbeute an Tryptophan nur gering war, statt dessen einen anderen K\u00f6rper zu isolieren. Dies fand dann statt, wenn die Verdauung des Caseins sehr lange gew\u00e4hrt hatte, und die Verarbeitung nur sehr langsam erfolgt war. Beim Eindampfen der tryptophanhaltigen L\u00f6sung unter vermindertem Druck schied sich dann als erste Fraktion ein Produkt aus, das schwach gelb gef\u00e4rbt war und in Nadeln krystallisierte, w\u00e4hrend das in farblosen Bl\u00e4ttchen krystallisierende Tryptophan in den sp\u00e4teren Fraktionen enthalten war.\nDas neue Produkt ist in Wasser noch schwerer l\u00f6slich als das Tryptophan. Es wurde durch mehrfaches Umkrystalli-sieren aus hei\u00dfem Wasser unter Zusatz von Tierkohle gereinigt. Es schmilzt bei 293\u00b0 (korr.), nachdem es vorher gegen 276\u00b0 (korr.) angefangen hat, sich gelb zu f\u00e4rben. Aus der w\u00e4sserigen L\u00f6sung scheidet es sich in b\u00fcschelf\u00f6rmig vereinigten Nadeln ab. Zur Analyse wurde es im Vakuum \u00fcber Phosphor-pentoxyd bei 140\u00b0 getrocknet. Die Verbrennung ergab Werte,\ndie der Formel C^H^NgOs entsprechen.\n0,1530 g Substanz gaben 0,3348 g C02 und 0,0791 g H20.\n0,1207 g Substanz gaben 13,3 ccm N bei 18\u00b0 und 735 mm Druck.\nBerechnet f\u00fcr GltH12N203 (220,2): 59,94 \u00b0/o G, 5,49 \u00b0/o H, 12,75 \u00b0/o N.\nGefunden:\t59,68% C, 5,78\u00b0/o H, 12,50\u00b0/o N.\nDie Substanz entwickelt beim Erhitzen starken Indol- oder Skatolgeruch. Da sie aus dem Tryptophan h\u00f6chstwahrscheinlich durch Oxydation hervorgegangen ist, d\u00fcrfte sie als Oxy-tryptophan zu bezeichnen sein. Interessant ist es, da\u00df sie nicht mehr die Reaktion auf Tryptophan mit Bromwasser gibt. Da-","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"Beitrag zur Kenntnis des Tryptophans und einiger seiner Derivate. 213\ngegen liefert sie beim Erhitzen mit konzentrierter Bromwasserstoffs\u00e4ure einen violetten Farbstoff. Die Reaktion mit Glyoxyl-s\u00e4ure nach Hopkins und Cole gibt das isolierte Produkt nur bei recht vorsichtigem Zusatz von Schwefels\u00e4ure zu der mit Glyoxyls\u00e4ure versetzten Substanz. Bei Zusatz von zuviel Schwefels\u00e4ure findet die Reaktion nicht statt.\nSehr bemerkenswert ist das Verhalten des K\u00f6rpers nach dem Erhitzen mit konzentrierter Salzs\u00e4ure. Kocht man den K\u00f6rper mit konzentrierter Salzs\u00e4ure, dampft dann die L\u00f6sung ein und erhitzt jetzt den R\u00fcckstand, f\u00fcr sich oder mit Natriumhydrat, so ist nach gen\u00fcgend langem Erhitzen kein Indol- oder Skatolgeruch mehr zu bemerken. Statt dessen tritt ein ganz starker, charakteristischer Geruch nach Chinolin auf. Aus Mangel an der n\u00f6tigen Menge dieses Produktes konnte die n\u00e4here Untersuchung dieses interessanten Verhaltens vorl\u00e4ufig noch nicht eingehender vorgenommen werden. Diese L\u00fccke soll jedoch bald ausgef\u00fcllt werden.\nIm folgenden seien die dargestellten Derivate des Tryptophans beschrieben.\nKupfersalz des Tryptophans.\nKocht man Tryptophan mit frisch gef\u00e4lltem, aufgeschlemmtem Kupferoxyd, so erh\u00e4lt man keine blaue L\u00f6sung, wie bei den meisten anderen Aminos\u00e4uren. Das Tryptophan ist vollkommen in den Kupferoxydniederschlag \u00fcbergegangen, was daran zu erkennen ist, da\u00df in der abfiltrierten L\u00f6sung jede Tryptophanreaktion ausbleibt. Zur Isolierung des Salzes wurde folgender Weg eingeschlagen : 1 g Tryptophan wurde in w\u00e4sseriger L\u00f6sung mit wenig aufgeschlemmtem Kupferoxyd erst eine Stunde auf dem Wasserbade erw\u00e4rmt und dann 15 Minuten \u00fcber freier Flamme gekocht. Nun wurde mit Eiswasser abgek\u00fchlt und kalte verd\u00fcnnte Salzs\u00e4ure hinzugegeben, um das Kupferoxyd in L\u00f6sung zu bringen. Das Kupfersalz des Tryptophans blieb als hellblauer Niederschlag ungel\u00f6st. Dieser wurde abfiltriert und mit Wasser bis zum Verschwinden der Halogenreaktion gewaschen. Nach dem Trocknen stellt das Tryptophankupfer ein feines, graublaues Pulver dar. Unter dem Mikroskop sind keine deut-","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nEmil Abderhalden und Martin Kempe,\nliehen Krystalle zu erkennen. Das Tryptophankupfer ist in den gew\u00f6hnlichen L\u00f6sungsmitteln und in kalten verd\u00fcnnten Minerals\u00e4uren schwer l\u00f6slich. Das Ergebnis der Analyse spricht f\u00fcr folgende Zusammensetzung des Kupfersalzes :\n(CuHuN202)2Cu.\nZur Analyse wurde es bei 100\u00b0 getrocknet.\n0,1718 g Substanz gaben 0,0285 g CuO.\nBerechnet f\u00fcr (C^^NgOghCu (470): 13,53 \u00b0/o Cu.\nGefunden:\t13,25\u00b0/o Cu.\nd-Tryptophan-methy le st er chlorhydrat.\n/\\\nCH2 \u2014 CH \u2014 COOCHg\nNH2HC1\n5 g Tryptophan wurden mit 50 ccm Methylalkohol \u00fcbergossen und gasf\u00f6rmige Salzs\u00e4ure unter Eisk\u00fchlung eingeleitet. Zum Schlu\u00df wurde auf Zimmertemperatur erw\u00e4rmt. Die Aminos\u00e4ure ging dabei v\u00f6llig in L\u00f6sung. \u00dcbersch\u00fcssige Salzs\u00e4ure und Methylalkohol wurden im Vakuum bei niederer Temperatur abgedampft. Den R\u00fcckstand l\u00f6sten wir in wenig hei\u00dfem Methylalkohol und gaben allm\u00e4hlich viel hei\u00dfen Essigester unter Reiben mit dem Glasstab zu. Beim Erkalten schied sich das Chlorhydrat des Tryptophanmethylesters fein krystallinisch aus. Wir erhielten 4,5 g des Esterchlorhydrates. Durch Verarbeiten der Mutterlauge lie\u00df sich die Ausbeute noch verbessern, doch war die zweite Fraktion bedeutend unreiner als die erste. Durch nochmaliges L\u00f6sen in Methylalkohol und Ausf\u00e4llen mit Essigester erhielten wir den K\u00f6rper als wei\u00dfes krystallinisches Pulver.\nDas Tryptophanmethylesterchlorhydrat l\u00f6st sich leicht in Alkohol\n\u2022 \u2022\nund Wasser, schwer in Essigester und \u00c4ther. Aus Methylalkohol mit Essigester gef\u00e4llt, bildet die Verbindung kleine mikroskopische Nadeln, die meist zu b\u00fcschelf\u00f6rmigen Aggregaten vereinigt sind. Sie schmilzt gegen 214\u00b0 (korr.) unter starker Zersetzung und Gasentwickelung. Zur Analyse wurde die Substanz\n\u00fcber Chlorcalcium im Vakuum getrocknet.\n0,2041 g Substanz gaben 0,4256 g C02 und 0,1087 g H20.\n0,1517 g Substanz gaben 14,6 ccm N bei 18\u00b0 und 753 mm Druck. 0,1977 g Substanz verbrauchten 7,72 ccm 1/10\"normal Silberl\u00f6sung.","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"Beitrag zur Kenntnis des Tryptophans und einiger seiner Derivate. 215\nBerechnet f\u00fcr C1SH16N202C1 (254,7): 56,54 \u2022/\u00bb C, 5,94'> H, 11,03*/. N,\n13,92 \u2022/. CI.\nGefunden: 56,87 \u00b0/o C, 5,96 \u00b0/o H, 11,18\u00b0/\u00bb N, 13,85 \u00b0/o CI.\nd-Tryptophanmethylester.\n/\\\n/CH\nX'/'VNH\nCH\u00bb \u2014 CH \u2014 COOCHs\nI\nnh2\n2,3 g Tryptophanmethylesterchlorhydrat wurden mit 40 ccm \u00c4ther \u00fcberschichtet, die Mischung in einer K\u00e4ltemischung abgek\u00fchlt, dann 1 ccm lOfach normale Natronlauge und 5 ccm Wasser hinzugegeben. Nun wurde kr\u00e4ftig durchgesch\u00fcttelt und trocknes Kaliumcarbonat hinzugegeben, bis die Masse breiartige Konsistenz erlangte. Der \u00c4ther wurde bald abgegossen und durch neuen ersetzt. Dieses Verfahren wiederholten wir, bis etwa 160 ccm \u00c4ther verbraucht waren. Die vereinigten filtrierten \u00e4therischen Ausz\u00fcge wurden nach 12st\u00fcndigem Stehen \u00fcber Natriumsulfat im Vakuum eingedampft. Hierbei schied sich der Ester krystallinisch aus. Er wurde abfiltriert und mit kaltem \u00c4ther gewaschen. Die Ausbeute an dieser ersten Fraktion betrug 1,5 g an farblosem Produkt. Durch Eindampfen der Mutterlauge lie\u00dfen sich noch 0,25 g isolieren. Die erste Fraktion war bereits v\u00f6llig analysenreiner Tryptophanmethylester. Er schmilzt bei 89,50 (korr.) und ist leicht l\u00f6slich in Methylalkohol, schwerer in Essigester und \u00c4ther, sehr schwer in Petrol\u00e4ther. Aus \u00c4ther umkrystallisiert, bildet er ziemlich gro\u00dfe Tafeln, die an einem Ende rechtwinklig abgeschnitten, am andern zugespitzt sind. Oft bildet die Verbindung Krusten aus konzentrisch krystal-linischen, nierenf\u00f6rmigen Aggregaten. Sie ist recht best\u00e4ndig und l\u00e4\u00dft sich unzersetzt aufbewahren. Die methylalkoholische und \u00e4therische L\u00f6sung zersetzt sich selbst bei langem Stehen im Brutraum nicht. Beim Verseifen mit Alkalien wird Tryptophan zur\u00fcckgebildet.\nZur Analyse des Tryptophanmethylesters benutzten wir die bei der oben beschriebenen Darstellung erhaltene erste Fraktion. Die Substanz wurde im Vakuum \u00fcber Chlorcalcium getrocknet.","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\nEmil Abderhalden und Martin Kempe,\n0,1400 g Substanz gaben 0,3385 g C02 und 0,0813 g H20.\n0,2232 g Substanz gaben 25,3 ccm N bei 18\u00b0 und 746 mm Druck.\nBerechnet f\u00fcr C12H14N202 (218,2): 66,00 \u00b0/o C, 6,47 \u00b0/o H, 12,87 \u00b0/o N.\nGefunden:\t65,94\u00b0/o C, 6,50\u00b0/o H, 13,05\u00b0/o N.\nPhenylisocyanat-d-Tryptophan.\n-----C \u2014 CH2 \u2014 CH \u2014 COOH\nIl\tI\n.CH\tNH \u2014 CO \u2014 NHCLH..\n2 g Tryptophan wurden in 10 ccm normaler Natronlauge gel\u00f6st, die L\u00f6sung in einer K\u00e4ltemischung abgek\u00fchlt und allm\u00e4hlich unter Umsch\u00fctteln mit 1,2 g Phenylcyanat versetzt. Dann wurde mit 12 ccm normaler Salzs\u00e4ure anges\u00e4uert. Hierbei schied sich die Verbindung amorph ab. Sie wurde abfiltriert und mit Wasser gewaschen. Die Ausbeute betrug nach dem Trocknen im Vakuum 2,2 g. Das Filtrat wurde im Vakuum eingedampft und der R\u00fcckstand mit Alkohol ausgezogen. Durch Ausf\u00e4llen der alkoholischen L\u00f6sung mit Wasser lie\u00dfen sich noch 0,7 g eines weniger reinen Produktes isolieren. Zur vollst\u00e4ndigen Reinigung wurde die neue Verbindung in Methylalkohol gel\u00f6st, die L\u00f6sung mit Tierkohle erw\u00e4rmt, dann filtriert und die Verbindung aus dem Filtrat mit Wasser ausgef\u00e4llt. Sie schied sich dabei in feinen Nadeln ab. Nach zweimaligem Umkrystallisieren zeigte sie den konstanten Schmelzpunkt 166\u00b0 (korr.). Sie l\u00f6st sich leicht in Alkohol, Essigester und Aceton, schwer in kaltem Wasser. Bemerkenswert ist bei dieser Substanz ihre starke Lichtempfindlichkeit. Das urspr\u00fcnglich farblose Produkt f\u00e4rbt sich im zerstreuten Tageslicht rosa. Setzt man es dem direkten Sonnenlicht aus, so wird es intensiv rot. Auch der Schmelzpunkt scheint durch Belichtung stark beeinflu\u00dft zu werden. Ein Pr\u00e4parat, das den Schmelzpunkt 166\u00b0 zeigte, wurde an einem hellen Tage umkrvstallisiert. Die Substanz zeigte nun pl\u00f6tzlich den Schmelzpunkt 132\u00b0. Sie wurde nun noch einmal, aber unter Lichtabschlu\u00df umkrystallisiert. Danach stieg der Schmelzpunkt wieder auf den richtigen Wert von 166\u00b0. Es empfiehlt sich daher, die Darstellung der Verbindung bei nur schwacher Belichtung vorzunehmen. Zur Analyse wurde die Substanz bei 100\u00b0 getrocknet.","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"Beitrag zur Kenntnis des Tryptophans und einiger seiner Derivate. 217\n0,1818 g Substanz gaben 0,4455 g C02 und 0,0855 g Hg0. 0,2614 g Substanz gaben 29,25 ccm N bei 17 0 und 738 mm Druck. Berechnet f\u00fcr C18H17N303 (323,2): 66,83\u00b0/o G, 5,30 \u00b0/o H, 13,03 \u00b0/o N. Gefunden:\t66,83\u00b0/o G, 5,26\u00b0/o H, 12,80\u00b0/o N.\n\u00df-Naphtalinsulfo-d-Tryptophannatrium.\n\nC \u2014\nII\nCH\nCH,\nCH \u2014 COONa\nNH\nS02 \u2014 c10h7\n1 g Tryptophan wurde in 5 ccm Normalnatronlauge gel\u00f6st und mit einer \u00e4therischen L\u00f6sung von 2,2 g \u00df-Naphtalin-sulfoehlorid 3 Stunden auf der Maschine gesch\u00fcttelt. Es wurden noch 3 mal je 5 ccm normaler Natronlauge in gleichm\u00e4\u00dfigen Intervallen hinzugegeben. W\u00e4hrend des Sch\u00fctteins schied sich eine krystallinische Masse aus. Sie wurde abfiltriert und aus hei\u00dfem Wasser umkrystallisiert. Sie bestand aus mikroskopischen Nadeln und zeigte den Schmelzpunkt 3040 (korr.). Beim Erhitzen auf dem Platinblech hinterblieb eine nicht verbrennbare Schmelze. Die Analyse stimmte auf C21H17N204SNa. Es lag daher das Natriumsalz des \u00df-Naphtalinsulfotryptophans vor. Zur Analyse wurde die Substanz bei 125\u00b0 im Vakuum \u00fcber\nPhosphorpentoxyd getrocknet.\n0,1715 g Substanz gaben 0,3804 g C02 und 0,0670 g H20.\n0,1760 g Substanz gaben 10,5 ccm N bei 16\u00b0 und 748 mm Druck.\nBerechnet f\u00fcr C2JH17N204SNa (416,3): 60,53 \u00b0/o C, 4,12 \u00b0/o H, 6,75 \u00b0/o N.\nGefunden:\t60,49\u00b0/o C, 4,37\u00b0/o H, 6,93\u00b0/o N.\nWir halten dieses Derivat f\u00fcr sehr geeignet zur Isolierung des Tryptophans und werden, sobald wir noch weitere Erfahrungen besitzen, eingehender auf die Bestimmung des Tryptophans mit Hilfe dieser Verbindung zur\u00fcckkommen.\nSalzsaures d-Tryptophanchlorid.\nCH2 \u2014 CH \u2014 COCl\nNH2HC1\n2,4 g sehr sorgf\u00e4ltig gepulvertes Tryptophan wurden unter Eisk\u00fchlung mit 30 ccm Acetylchlorid \u00fcbergossen und mit 3,2 g","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"21\u00a7 Emil Abderhalden und Martin Kempe, \u00dcber Tryptophan.\nPhosphorpentachlorid versetzt. Wir sch\u00fcttelten erst 15 Minuten unter K\u00fchlung mit Eiswasser, dann IM2 Stunden bei gew\u00f6hnlicher Temperatur. Dann wurde in der von E. Fischer1) beschriebenen Weise filtriert und erst mit Acetylchlorid, dann mit Petrol\u00e4ther gewaschen. Die abfiltrierte lockere Masse trockneten wir \u00fcber Phosphorpentoxyd im Vakuum. Die Ausbeute betrug 3,0 g. Die Mutterlauge wurde nicht weiter verarbeitet, weil sie durch Verharzungsprodukte stark gef\u00e4rbt war. Der isolierte K\u00f6rper stellt das salzsaure Tryptophanchlorid dar. Zwar ergab die Analyse, da\u00df der K\u00f6rper etwa 1 \u00b0/o Chlor zu wenig enthielt. Doch lag dies wahrscheinlich daran, da\u00df die Darstellung im Hochsommer vorgenommen wurde, und die damals herrschende hohe Luftfeuchtigkeit auf das Pr\u00e4parat zersetzend gewirkt hatte. Der K\u00f6rper gibt alle Reaktionen, die E. Fischer f\u00fcr die salzsauren Aminos\u00e4urechloride beschreibt. In Wasser l\u00f6st er sich unter Erw\u00e4rmung. Beim Abk\u00fchlen scheidet sich salzsaures Tryptophan aus der L\u00f6sung ab. In Methylalkohol geht er ebenfalls unter W\u00e4rmeentwicklung in L\u00f6sung. Durch Essig\u00e4ther kann daraus Tryptophanmethylesterchlorhydrat von charakteristischer Krystallform und dem Schmelzpunkt 214\u00b0 (korr.) erhalten werden. Beim Erhitzen f\u00e4rbt sich die Substanz bei 172\u00b0, sintert bei etwa 208\u00b0 und schmilzt bei 228\u00b0 (korr.) unter Gasentwicklung.\nZur Analyse war die Substanz im Vakuum \u00fcber Phosphorpentoxyd getrocknet. Sie wurde in Wasser gel\u00f6st und die\nabgespaltene Salzs\u00e4ure titriert.\n0,2075 g Substanz verbrauchten 15,63 ccm */i o-normaler Silberl\u00f6sung.\nBerechnet f\u00fcr CUH12N80C12 (259,1): 27,38 \u00b0/o Gl.\nGefunden:\t26,71 \u00b0/o Gl.\nWir haben diese Verbindung zur Darstellung des Dipeptids Tryptophyl-glycin ben\u00fctzt. Die Beschreibung dieser Verbindung, sowie einiger anderer Polypeptide des Tryptophans erfolgt an anderer Stelle.2)\nx) E. Fischer, Synthese von Polypeptiden IX. Chloride der Aminos\u00e4uren. Ber. d. D. ehern. Ges., Bd. XXXVIII, S. 605 (1905).\n2) Berichte d. Deutsch, ehern. Gesellsch., Jg. XL, 1907.","page":218}],"identifier":"lit18532","issued":"1907","language":"de","pages":"207-218","startpages":"207","title":"Beitrag zur Kenntnis des Tryptophans und einiger seiner Derivate","type":"Journal Article","volume":"52"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:53:26.398862+00:00"}