Open Access
{"created":"2022-01-31T13:53:05.763419+00:00","id":"lit18536","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Abderhalden, Emil","role":"author"},{"name":"Leonor Michaelis","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 52: 326-337","fulltext":[{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"Der Verlauf der fermentativen Polypeptidspaltung.\nVon\nEmil Abderhalden und Leonor Michaelis.\n(Aus dem I. chemischen Institute der Universit\u00e4t und dem bakteriol. Laboratorium des\nst\u00e4dt. Krankenhauses am Urban, Berlin.)\n(Der Redaktion zugegangen am 1. Juni 1907.)\nDer eine von uns1) hat k\u00fcrzlich in Gemeinschaft mit\n' #\nA. H. Koelker gezeigt, mit welcher Leichtigkeit und welch gro\u00dfer Exaktheit sich der Verlauf der fermentativen Spaltung von Polypeptiden bei Verwendung optisch einheitlicher Glieder dieser Reihe quantitativ verfolgen l\u00e4\u00dft. Mit diesen Versuchen ist ein einwandsfreier Weg er\u00f6ffnet worden, um die Gesetze der Fermentwirkung auch bei der Gruppe der proteolytischen Fermente in exakter Weise einer Pr\u00fcfung zu unterwerfen. Eine F\u00fclle von Fragestellungen harrt ihrer L\u00f6sung. Bei den bisherigen Untersuchungen \u00fcber die Art der Wirkung der proteolytischen Fermente war man auf Versuche mit Proteinen angewiesen. Wir stehen in diesem Falle zum vornherein einem in seiner Zusammensetzung noch nicht v\u00f6llig aufgekl\u00e4rten Ausgangsprodukte gegen\u00fcber. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich aus dem Umstand, da\u00df beim fermentativen Abbau der Proteine eine gro\u00dfe Menge uns zum Teil noch g\u00e4nzlich unbekannter Spaltprodukte entstehen, deren Einflu\u00df auf den Gang der Fermentspaltung wir vorl\u00e4ufig nicht feststellen k\u00f6nnen. Die Verwendung von in ihrem Aufbau genau bekannten Polypeptiden beseitigt alle diese Schwierigkeiten. Wir befinden uns ganz einfachen und bekannten Verh\u00e4ltnissen gegen\u00fcber. Dies gestattet uns auch, die Bedingungen der einzelnen Versuche von Fall zu Fall zu \u00e4ndern und die Frage nach dem fermentativen Abbau von verschiedenen Seiten in Angriff zu nehmen. Der Wert dieser Untersuchungen wird nicht vermindert werden, auch wenn der exakte Beweis gef\u00fchrt werden sollte, da\u00df die die einfachen Polypeptide abbauenden Fermente andrer Natur sind als diejenigen Fermente,\n*) Emil Abderhalden und A. H. Koelker, Die Verwendung optisch-aktiver Polypeptide zur Pr\u00fcfung der Wirksamkeit proteolytischer Fermente, Diese Zeitschrift, Bd. LI, S. 294, 1907.","page":326},{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"Der Verlauf der fermentativen Polypeptidspaltung.\n327\nwelche das genuine Eiwei\u00df angreifen.1) In diesem Falle wird es unsere Aufgabe sein, durch Anwendung komplizierter gebauter Polypeptide auch die eigentlichen proteolytischen Fermente in ihrer Wirkung zu pr\u00fcfen.\nBei den genannten Versuchen handelte es sich vornehmlich um zwei Fragestellungen. Einmal sollte der Nachweis gef\u00fchrt werden, ob die Spaltung optisch-aktiver Polypeptide bei Verwendung von Fermentl\u00f6sungen verschiedener Herkunft gleich rasch verl\u00e4uft, oder ob sich gro\u00dfe Unterschiede nachweisen lassen. Es waren Pankreassaft, Darmsaft nnd Hefepre\u00dfsaft in ihrer Wirkung auf d- Al any 1-d- Alanin gepr\u00fcft worden. Es hatte sich ergeben, da\u00df in der Tat gro\u00dfe Unterschiede bestehen. Am raschesten hydrolysierte der Hefepre\u00dfsaft, eine langsamere Spaltung erfolgte bei Anwendung von Darmsaft und als noch weniger \u00abaktiv\u00bb erwies sich der Pankreassaft. Die zweite Frage, die aufgeworfen wurde, war die, wie sich der Verlauf der Hydrolyse gestaltet, wenn bei gleichbleibender Konzentration anDipeptid die Fermentmenge wechselt. Eine ganze Reihe von Versuchen diente zur L\u00f6sung dieses Problems. Im folgenden seien deren Resultate einer Analyse unterworfen, und zwar st\u00fctzen wir uns auf den am besten verlaufenen auf S. 306\u2014309 der oben zitierten Arbeit beschriebenen Versuch.\nZun\u00e4chst m\u00fcssen wir die beobachteten Zahlen derart umformen, da\u00df sie direkt einen Einblick auf die jeweilig noch vorhandene Menge Dipeptid und auf die schon gebildete Menge an Aminos\u00e4uren gestatten. Wenn wir die abgelesene Drehung nach vollkommener Spaltung als 0 ansetzen und die \u00fcbrigen Drehungen von diesem Nullpunkt an rechnen, so liefert der Drehungswinkel direkt ein Ma\u00df f\u00fcr die noch vorhandene Menge an Dipeptid. Als Nullpunkt k\u00f6nnen wir nun, wie aus den erw\u00e4hnten Versuchen hervorgeht, die Drehung -j- 0,10 setzen. Die wahre Drehung der zu Anfang vorhandenen Dipeptid-menge betr\u00e4gt \u20141,35\u00b0, also in unserem Sinne reduziert \u20141,45. Schreiben wir nun zun\u00e4chst die so reduzierten Werte auf, so ergibt sich folgende Reihe:\n9 Vgl. hierzu: Emil Abderhalden und H. Deetjen, \u00dcber den Abbau einiger Polypeptide durch die Blutk\u00f6rperchen des Pferdes, Diese Zeitschrift, Bd. LI, S. 334, 1907.","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"328\tEmil Abderhald en und Leonor Michaelis,\nVersuch a.\n1,45 Einheiten Dipeptid -j- 6 ccm Fermentl\u00f6sung.\nt\ta \u2014 x\tX\tBemerkungen\n0\t1,45\t0\t\n3\t1,06\t0,39\tt = Zeit in Minuten.\n7\t0,84\t0,59\tx = Die zur Zeit t gespaltene\n11\t0,61\t0,84\tMenge an Dipeptid.\n13\t0,53\t0,92\ta = Anfangsmenge des Di-\n18\t0,30\t1,15\t\n\t\t\tpeptids.\n20\t0,26\t1,19\t\n24\t0,16\t1,29\t\n27\t0,09\t1,36\t\n34\t0,05\t1,40\t\n40\t0,03\t1,42\t\n55\t0,00\t1,45\t\n65\t0,00\t1,45 Versuch\tb.\n1,45 Einheiten Dipeptid -f- 4 ccm Ferment -f- 2 ccm Wasser.\nt\ta \u2014 x\tx\n0\t1,45\t0\n3\t1,27\t0,18\n7\t1,08\t0,37\n10\t0,91\t0,54\n11\t0,88\t0,57\n16\t0,66\t0,79\n17\t0,61\t0,84\n25\t0,31\t1,14\n30\t0,19\t1.26 /\n34\t0,10\t1,35\n35\t0,08\t1,37\n43\t0,03\t1.42 /\n54\t0,02\t1,43","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":"Der Verlauf der fermentativen Polypeptidspaltung. 329\nVersuch c.\n1,45 Einheiten Dipeptid -f- 3 ccm Ferment -f- 3 ccm Wasser.\nt\ta \u2014 x\tX\n0\t1,45 /\t0\n5\t1,26\t0,19\n6,5\t1,19\t0,26\n7,5\t1,15\t0,30\n16\t0,86\t0,59\n22\t0,64\to QO\n23\t0,61\t0,84\n28\t0,42\t1,03\n29\t0,39\t1,06\n30\t0,35\t1,10\n38\t0.19 /\t1,26\n45\t0,09\t1,36\n47\t0,06\t1,39\n60\t0,03\t1,42\nVersuch d.\n1,45 Einheiten Dipeptid mit 2 ccm Ferment -|~ 4 ccm Wasser.\nt\ta \u2014 x\tX\n0\t1,45\t0\n5\t1,33\t0,12\n11\t1.17 /\t0,28\n15\t1,09\t0,36\n23\t0,90\t0,55\n31\t0,70\t0,75\n41\t0,46\t0,99\n53\t0,24\t1,21\n65\t0,08\t1,37\n80\t0,01\t1,44\nBetrachten wir nun zun\u00e4chst innerhalb einer jeden der 4 Reihen, also bei konstanter Fermentmenge, den allge-","page":329},{"file":"p0330.txt","language":"de","ocr_de":"330\nEmil Abderhalden und Leonor Michaelis,\nmeinen Ablauf der Reaktion. Zwei besonders einfache M\u00f6glichkeiten sind zun\u00e4chst zu diskutieren:\n1. Der Umsatz ist in gleichen Zeiten stets der gleiche, unabh\u00e4ngig von der Menge des noch zu spaltenden Substrates.\nAus dieser Annahme w\u00fcrde sich ein geradliniges Fortschreiten der Reaktion ergeben. Die dieser Annahme entsprechende Differentialgleichung ist :\nk\ndt \u2014 K\u2019\nwobei die Konstante k irgend eine Funktion der Fermentmenge sein w\u00fcrde, und ihr Integral\nWenn wir die 4 Reihen unter den gegebenen Gesichtspunkten pr\u00fcfen, so ergibt sich:\na\t\tb\t\tc\t\td\t\nt\tk\tt\tk\tt\tk\tt\tk\n3\t0,1300\t3\t0,0600\t0\t0,0380\t0\tt 0,0240\n7\t0,0843\t7\t0.0529 /\t6,5\t0,0400\t11\t0,0255\n11\t0,0713\t10\t0,0540\t7,5\t0,0400\t15\t0,0240\n13\t0,0708\t11\t0,0518\t16\t0,0369\t23\t0,0239\n18\t0,0639\t16\t0,0494 /\t22\t0,0368\t31\t0,0242 ,\n20\t0,0595\t17\t0,0494\t23\t0,0365\t41\t0,0241\n24\t0,0538\t25\t0,0456\t28\t0,0368\t53\t0,0228\n27\t0,0504\t30\t0,0420\t29\t0,0366\t65\t0,0212\n34\t0,0411\t34\t0,0397\t30\t0,0314\t80\t0,0180\n\t\t\t\t38\t0,0332\t\t\n\t\t\t\t45\t0,0302\t\t\nWir bemerken, da\u00df in der Reihe a der Wert f\u00fcr k durchaus nicht konstant ist, sondern im Lauf der Zeit stark abf\u00e4llt. In der Reihe b sinkt er schon viel weniger, und bei c und noch mehr bei d ist er als befriedigend konstant zu betrachten, nur ganz zum Schlu\u00df f\u00e4llt er in geringem, jedoch merklichem Ma\u00dfe.","page":330},{"file":"p0331.txt","language":"de","ocr_de":"Der Verlauf der fermentativen Polypeptidspaltung.\n331\nWir k\u00f6nnen hieraus zun\u00e4chst den wichtigen Schlu\u00df ziehen, da\u00df bei gleicher Anfangsmenge des Substrates sich mit abnehmender Fermentmenge die Kurve des Umsatzes immer mehr der geraden Linie n\u00e4hert.\n2. Die zweite nahe liegende M\u00f6glichkeit w\u00e4re:\nDer in je einem kleinen Zeitteilchen vor sich gehende Umsatz ist proportional der zu dieser Zeit noch vorhandenen Menge der ungespaltenen Substanz. So ist es ja bei der S\u00e4ureinversion der Disaccharide der Fall. Die hierf\u00fcr passende Differentialgleichung ist:\n\u00dcF = ki (a-x^\nund ihr Integral:\nUntersuchen wir, wie sich unsere Versuche in dieser Beziehung verhalten:\na\tb\tc\td\nk,\tk,\tki\tk.\n0.0453 /\t0,0192\t0.0125 j\t0,00710\n0.0390\t0,0183\t0.0132\t0,00847\n0.0342 J\t0,0202\t0,0134\t0,00824\n0,0336\t0.0197 j\t0,0142\t0.00901 j\n0.0380 J\t0.0214 j\t0,0161\t0,01020\n0,0373\t0,0203\t0,0163\t0,01216\n0,0399 \u2713\t0,0268\t0,0192\t0,01474\n0,0451\t0,0294\t0.0196 j\t0,01920\n0.0430 j\t0.0342 \u2713\t0,0209\t0,01810\n\t0,0359\t0.0232 /\t\n\t\t0,0265\t\nWir bemerken, da\u00df in der Reihe a die Werte f\u00fcr kx eine nicht schlechte, wenn auch nicht v\u00f6llig befriedigende Konstanz zeigen, w\u00e4hrend sie bei b sehr merklich ansteigen, n\u00e4mlich bis auf das Doppelte des anf\u00e4nglichen Wertes; c verh\u00e4lt sich etwa","page":331},{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"332\tEmil Abderhalden und Leonor Michaelis,\nebenso. Bei d ist der Anstieg noch st\u00e4rker, und zwar auf das 21h fache.\nWir k\u00f6nnen aus diesem Ergebnis den weiteren Schlu\u00df ziehen, da\u00df bei gleicher Anfangsmenge des Substrats sich mit zunehmender Fermentmenge die Kurve des Umsatzes immer deutlicher der logarithmischen Kurve n\u00e4hert.\nWir werden nun sp\u00e4terhin versuchen, eine Gleichung zu finden, die gewisserma\u00dfen in der Mitte zwischen den beiden soeben diskutierten steht und nach M\u00f6glichkeit unter allen Bedingungen des Fermentzusatzes gilt.\nZun\u00e4chst aber sei noch die Abh\u00e4ngigkeit des Umsatzes von der Menge des Fermentes er\u00f6rtert.\nWenn wir auch den Ablauf der Spaltung auf l\u00e4ngere Zeit hin noch nicht durch eine allgemein g\u00fcltige Gleichung wiedergegeben haben, so folgt doch aus dem Gesagten, da\u00df die Abweichungen von dem geradlinigen Verlauf f\u00fcr sehr kurze Zeitl\u00e4ufte auf alle F\u00e4lle unerheblich sind. Wir k\u00f6nnen also, wenn wir immer sehr kurze Umsatzzeiten mit einander vergleichen, die Spaltungskurve als geradlinig annehmen und die Umsatzgeschwindigkeit durch den oben definierten Wert von k ausdr\u00fccken. Wir wollen nun untersuchen, in welcher Weise k von der Fermentmenge abh\u00e4ngig ist.\nDie Verminderung des Dipeptids von 1,45 bis auf 1,00 wird erreicht1)\ns bei\ta\tbed\nin\t3 Y*\t8 \u2018/s\t12\t18 Minuten.\nDie Verminderung von 1,45 bis 0,8\n\u00dfx\tbei\ta\tb\tc\td\nW\tin\t8\t12\t18\t27 Minuten.\nDie Verminderung von 0,86 auf 0,61\ns bei a\tb\tcd\nT'\tin\t4\t53/4\t7\t9 Minuten.\nDie Verminderung von 0,86 auf 0,45\n. s bei\ta\tb\tc\td\n' in 7 Y*\t10\t117*\t16 V2 Minuten.\n*) Die gewonnenen Zahlen sind n\u00f6tigenfalls durch Interpolation gewonnen und sollen in ihren absoluten Gr\u00f6\u00dfen keinen Anspruch auf gro\u00dfe Genauigkeit machen. Trotzdem gen\u00fcgen sie ihren Zwecken v\u00f6llig.","page":332},{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"Der Verlauf der fermentativen Polypeptidspaltung.\n333\nDie Verminderung von 0,5 auf 0,25\nv\tbei\ta\tb\tc\ne' in 7 V* 8\t9 7*\nDie Verminderung von 0,25 auf 0,10\nbei ab\tc\n' in 6 */*\t6 \u2018/s\t9 */*\nDie Verminderung von 0,2 auf 0,05\nv bei ab\tc\n^\tin\t12\t12\t14\u201418\nd\n14 Minuten, d\n11 Minuten, d\n16\u201420 Minuten.\nBetrachten wir diese Zahlen, so finden wir \u00fcberall ausgepr\u00e4gt, da\u00df der gr\u00f6\u00dferen Fermentmenge die gr\u00f6\u00dfere Reaktionsgeschwindigkeit zukommt. Aber die Abh\u00e4ngigkeit dieser beiden Gr\u00f6\u00dfen ist verschiedener Art, wenn man von verschiedenen Anfangspunkten ausgeht.\nGanz zu Anfang einer jeden Versuchsreihe ist n\u00e4mlich die Reaktionsgeschwindigkeit fast genau direkt proportional der Fermentmenge. Multiplizieren wir die Zeiten gleichen Umsatzes in der Reihe mit den zugeh\u00f6rigen Fermentmengen, so erhalten wir:\n(3 V* X 6 - 21)\n81/* X 4 = 34 12 x 3 = 36 18 X 2 = 36\nund in der Reihe \u00df\n8\tX\t6\t=\t48\n12\tX\t4\t=\t48\n18\tX\t3\t=\t54\n27\tX\t2\t=\t54\nDie Proportionalit\u00e4t ist, wie man sieht, nicht ganz genau, sondern dahin verschoben, da\u00df die n-fache Fermentmenge eine etwas mehr als n-fache Reaktionsgeschwindigkeit verursacht als die einfache Fermentmenge. Aber die einzige Zahl, welche zu einer solchen Annahme notwendig zwingen m\u00fc\u00dfte, ist die erste (21), und der hierzugeh\u00f6rige Wert ist wegen der gro\u00dfen Reaktionsgeschwindigkeit gerade dieser Versuchsreihe, und weil es die erste abgelesene Zahl ist, nicht absolut beweisend.\nEs wird sich also in k\u00fcnftigen Versuchen darum handeln m\u00fcssen, festzustellen, ob etwa bei sehr gro\u00dfen Fermentmengen wirklich eine Abweichung von der einfachen Proportionalit\u00e4t","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"334\nEmil Abderhalden und Leonor Michaelis,\nder Reaktionsgeschwindigkeit vorliegt. Auf jeden Fall aber scheint diese Abweichung nur in dem Sinne bestehen zu k\u00f6nnen, da\u00df eine gro\u00dfe Fermentmenge relativ zu schnell arbeitet.\nNehmen wir aber als Ausgangspunkt f\u00fcr diese Rechnung nicht den Anfangspunkt des Versuchs, sondern einen mittleren Punkt, siehe S. 332, t, 5, e, \u00a3, rj, so zeigt sich genau das Umgekehrte: eine gr\u00f6\u00dfere Fermentmenge arbeitet in Reziehung auf das oben formulierte Gesetz der einfachen Proportionalit\u00e4t sehr merklich zu langsam. Bilden wir wiederum die Produkte aus den Fermentmengen und den Zeiten gleichen Umsatzes, so ergibt sich\nf\u00fcr j: 4 X 6 = 24 53/\u00e9\tX\t4\t=\t23\n7\tX\t3\t=\t21\n9\tX\t2\t=\t18\nf\u00fcr b: 71/* X 6 = 45\n10\tX\t4\t=\t40\n11V*\tX\t3\t=\t34\nI672\tX\t2\t=\t33\nf\u00fcr e: 774 X 3 = 43\n8\tX\t4\t=\t32\n972\tX\t3\t=\t28\n14\tX\t2\t=\t28\nf\u00fcr Z: 672X6 = 39 672\tX\t4\t=\t26\n972\tX\t3\t=\t28\n11\tX\t2\t=\t22\nf\u00fcr r\\ : 12\tX\t6\t=\t72\n12\tX\t4\t=\t48\n16\tX\t3\t=\t48\n18\tX\t2\t=\t36\nMan ersieht hieraus, da\u00df die Unproportionalit\u00e4t in diesem Sinne um so auff\u00e4lliger wird, einen je tieferen Anfangspunkt man w\u00e4hlt. Bei y und 5 (welche gleichen Anfangspunkt haben), verhalten sich die gr\u00f6\u00dften Werte zu den kleinsten wie 1,33 : 1, bei e wie 1,5 : 1, bei Z wie 1,8 : 1, bei rj wie 2 : 1.\nEs fragt sich nun, wie dieses Verhalten zu erkl\u00e4ren ist. Es gibt zwei M\u00f6glichkeiten:","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"Der Verlauf der fermentativen Polypeptidspaltung.\t335\n1.\tEntweder ist das Gesetz, welches wir f\u00fcr unsere Anfangsgeschwindigkeit ann\u00e4hernd verwirklicht fanden, nicht allgemein richtig, sondern gilt nur zuf\u00e4llig, wenn die Substratmenge gerade den Wert 1,45 hat, w\u00e4hrend es f\u00fcr andere Anfangswerte nicht zutrifft.\n2.\tOder das Gesetz ist f\u00fcr alle Substratmengen g\u00fcltig, und die Abweichungen werden dadurch hervorgerufen, da\u00df die Spaltungsprodukte auf die Reaktionsgeschwindigkeit einen Einflu\u00df haben.\nDieser Einflu\u00df kann sowohl als eine Hemmung wie als eine Beschleunigung gedeutet werden. Nimmt man an, da\u00df ohne den Einflu\u00df der Spaltungsprodukte die Umsatzkurve loga-rithmisch w\u00e4re, so handelte es sich um eine Beschleunigung ; nimmt man sie als geradlinig an, w\u00e4re es eine Hemmung.\nAlle diese M\u00f6glichkeiten lassen sich leicht entscheiden, wenn es gelingt, die Kurve f\u00fcr den Umsatz unter Ausschaltung des Einflusses der Spaltungsprodukte zu finden, also die \u00abideale Kurve der Fermentwirkung\u00bb. Das kann man in der Weise, da\u00df man eine Reihe von Spaltungen mit stets gleicher Fermentmenge und fallenden Substratmengen ausf\u00fchrt und die einzelnen Anfangsgeschwindigkeiten miteinander vergleicht. Das soll unsere n\u00e4chste Aufgabe sein. Untersuchungen nach dieser Richtung sind bereits im Gange, und wir werden bald die M\u00f6glichkeit haben, diese Frage einwandsfrei zu entscheiden.\nWir kehren nunmehr zu unserer Aufgabe zur\u00fcck, eine Gleichung zu finden, welche der Umsatzkurve gerecht wird. Wir sahen, da\u00df die Gleichung:\n(1)\t-f = k\nnicht v\u00f6llig gen\u00fcgt, weil die k-Werte allm\u00e4hlich abfallen, und da\u00df die Gleichung:\n(2)\t\u2019 -r i\" vir = k.\nnicht gen\u00fcgt, weil die krWerte allm\u00e4hlich ansteigen. Unter diesen Umst\u00e4nden liegt es nahe, durch Summation der beiden, mit geeigneten konstanten Faktoren multiplizierten Gleichungen","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"336\nEmil Abderhalden und Leonor Michaelis\neine neue Gleichung zu finden, welche m\u00f6glicherweise konstante Werte liefert. Da wir bei der Ausrechnung der kx-Werte mit dekadischen statt mit nat\u00fcrlichen Logarithmen rechnen, werden wir, um vergleichbare Werte zu erhalten, au\u00dferdem die Gleichung (1) mit dem Modulus des nat\u00fcrlichen Logarithmensystems M = 0,4343 multiplizieren. Wir erhalten dann\ntM~ = eMk\nt\nwo e jenen Faktor bedeutet. Durch Addition dieser Gleichung mit Gleichung (2) erhalten wir\n(3)\t4 log ^ + eMT- = Mk\u2018 + eMk2==ks-\nSetzen wir nun f\u00fcr den Versuch a den Faktor e = 0,7, so erhalten wir f\u00fcr 100 k3 folgende Werte:\n(8,49)\n6.63 5,49 5,52 5,68\n5.54\n5.63 6,04\n5.55\nalso mit Ausnahme der der ersten, der schon oben als unsicher hingestellten Ablesung entsprechenden Zahl Werte von recht befriedigender Konstanz.\nVersuch b gibt bei e = 1,5 100 k3 =\nVersuch c gibt bei e = 3,0 100 k3 =\n5,74\n6,52\n5.90 5,51 5,25\n5.91 5,91 6,15 6,17\n6,20\n6,54\n6,56\n6,22\n6,41\n6,40\n6,72\n6,53\n6,17\n6,64\n6,58","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"Der Verlauf der fermentativen Polypeptidspaltung.\n337\nund Versuch d bei e etwa =10\n100 k3 =\t11,1\n11,9\n11,2\n11,3\n11,5\n11,7\n11,1\n11,1\n[9,6]\nDer Wert f\u00fcr e und k3 ist also von der Fermentmenge abh\u00e4ngig.\nDie so gewonnene, zun\u00e4chst rein empirische Formel w\u00fcrde also lauten:\n3\nwo e und k3 zwar mit der Fermentmenge, nicht aber mit dem Fortschreiten der Reaktion bei konstanter Fermentmenge sich ver\u00e4ndern.\nDiese Formel f\u00fchrt prinzipiell zu dem gleichen Resultat wie die von V. Henri f\u00fcr die Spaltung des Rohrzuckers durch Invertin abgeleitete Formel1)\n(1 \u2014J\u2014 n a) ln \u2014\u2014\u2014 \u2014|\u2014 (m\u2014n) x = k3 t,\nwo n und m zwei Konstanten darstellen, die von der Anfangsmenge des Substrats a und der jeweiligen Menge der Spaltungsprodukte unabh\u00e4ngig sind. Inwieweit sie von der Fermentmenge unabh\u00e4ngig sind, ist aus Henris Versuchen nicht sicher zu entnehmen. Nach der theoretischen Ableitung, die Henri f\u00fcr diese Formel entwickelt hat, sollten m und n von der Fermentmenge unabh\u00e4ngig, k3 der Fermentmenge einfach proportional sein. Mit dieser theoretischen Entwicklung von Henri werden wir uns aber noch n\u00e4her zu besch\u00e4ftigen haben und wir werden vorl\u00e4ufig unsere Gleichung als eine empirische betrachten.\n0 V. Henri, Lois g\u00e9n\u00e9rales de Faction des diastases. Paris 1903,\np. 92.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. L1I.\n22","page":337}],"identifier":"lit18536","issued":"1907","language":"de","pages":"326-337","startpages":"326","title":"Der Verlauf der fermentativen Polypeptidspaltung","type":"Journal Article","volume":"52"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:53:05.763424+00:00"}