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{"created":"2022-01-31T13:45:34.010157+00:00","id":"lit18573","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Bondi, S.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 53: 8-13","fulltext":[{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Chemie der Galle.\nII. Mitteilung.1)\nUber die St\u00e4rke der G-lykochols\u00e4ure.\nVon\nDr. S. Bondi.\n(Aus dem I. chemischen Laboratorium an der K. K. Universit\u00e4t in Wien.\nVorstand: Prof. Dr. R. Wegscheider.)\n(Der Redaktion zugegangen am 15. Juli 1907.)\nDie gallensauren Salze werden vielfach als eine Art Seife betrachtet. Die w\u00e4sserigen L\u00f6sungen geben analog den Seifen beim Sch\u00fctteln einen festen Schaum, was seit langer Zeit als Harnreaktion verwendet wird, um die Anwesenheit von Galle im Harne nachzuweisen.\nDes weiteren sind auch die L\u00f6sungen der gallensauren Salze gute L\u00f6sungsmittel f\u00fcr Fette.\nDie wichtigen Unterscheidungsmerkmale zwischen L\u00f6sungen fettsaurer und gallensaurer Salze wurden bisher weniger betont. Es scheint aber wichtig, folgende Momente hervorzuheben.\nEtwas konzentrierte Seifenl\u00f6sungen verhalten sich in vielen Beziehungen wie Kolloide. Konzentrierte L\u00f6sungen gallensaurer Salze scheinen keinerlei kolloidale Eigenschaften zu besitzen.2) W\u00e4sserige L\u00f6sungen von neutralen (d. i. von genau abges\u00e4ttigten) fettsauren Salzen reagieren stark alkalisch. Gleiche L\u00f6sungen von gallensauren Salzen sind genau neutral.\nEin Teil der besprochenen Eigenschaften der fettsauren Salze werden dadurch bedingt, da\u00df die h\u00f6heren Fetts\u00e4uren sehr schwache S\u00e4uren sind.\n*) S. Bondi und E. M\u00fcller, Synthese der Glykochols\u00e4ure und 'Taurochols\u00e4ure, Diese Zeitschrift, Bd. XLVII, S. 455.\n2) Untersuchungen \u00fcber diese Frage habe ich seit l\u00e4ngerer Zeit im Gange.","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Chemie der Galle. II.\n9\nEs war daher zu hoffen, da\u00df auch ein tieferer Einblick in das Verhalten der Gallens\u00e4uren zu gewinnen sei, durch Feststellung ihrer St\u00e4rke \u2014 wof\u00fcr die \u00abOstwald\u00bbsche Affinit\u00e4tskonstante den besten Ausdruck gibt.\nDie Kenntnis dieser Konstante ist aber auch in anderer, physiologischer Hinsicht von gro\u00dfem Interesse.\nDem D\u00fcnndarm wird eine bestimmte Menge verf\u00fcgbaren Alkalis durch die alkalischen Sekrete von Leber, Pankreas und den D\u00fcnndarmdr\u00fcsen zugef\u00fchrt. Saure Elemente gelangen in den D\u00fcnndarm aus dem Magen \u2014 saure Eiwei\u00dfabk\u00f6mmlinge, Salzs\u00e4ure \u2014, ferner entstehen sie an Ort und Steile durch Fermente bei Spaltung des Eiwei\u00dfes und besonders der Fette. Bei dem Kampfe um das verf\u00fcgbare Alkali gilt auch in hohem Grade das Recht der st\u00e4rkeren S\u00e4ure. Sollen die gallensauren Salze ihre mehr in vitro festgestellten, physiologischen Funktionen auch im Darme erf\u00fcllen als L\u00f6sungsmittel der Fette und ihrer Derivate und Aktivatoren der Verdauungsfermente, dann ist zu untersuchen, wie weit sie imstande sind, sich gegen\u00fcber dem S\u00e4uregemisch des Darmes im Zustande ihrer besten L\u00f6slichkeit als gallensaure Salze zu behaupten. Ein sehr wichtiger Teil der Untersuchung dieser Frage liegt in der Erforschung der St\u00e4rke der Gallens\u00e4uren.\nF\u00fcr die chemische Kenntnis einer S\u00e4ure ist die Affinit\u00e4tskonstante von hohem Werte. Sie offenbart nicht nur eine wesentliche Eigenschaft der betreffenden S\u00e4ure, sie gibt auch mitunter einen Hinweis auf bestimmte, konstitutionelle Eigenschaften.\nF\u00fcr die Bestimmung der Affinit\u00e4tskonstante sind L\u00f6sungen der reinen S\u00e4ure n\u00f6tig. Die L\u00f6slichkeit der reinen Cholals\u00e4ure in Wasser ist zu gering, um geeignete L\u00f6sungen zu erhalten. Die Taurochols\u00e4ure ist in Wasser gut l\u00f6slich, mir stand jedoch kein gen\u00fcgend reines Pr\u00e4parat zur Verf\u00fcgung. Von der reinen Glykochols\u00e4ure lassen sich geeignete L\u00f6sungen noch erzielen. Jedoch ist es n\u00f6tig, den mit gewogener Menge S\u00e4ure und Wasser beschickten Me\u00dfkolben einige Tage bei 55\u00b0 im Thermostaten zu belassen. Bei h\u00f6heren Temperaturen treten leicht Zersetzungen ein.","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nS. Bondi,\nDie verwendete Glykochols\u00e4ure war synthetisch aus reinster Cholals\u00e4ure und Glykokoll dargestellt worden,1) war zweimal aus Wasser umkrystallisiert und gab genaue Werte in der Elementaranalyse.\nZur Ausf\u00fchrung der Bestimmungen dienten zwei L\u00f6sungen. L\u00f6sung A war dargestellt durch L\u00f6sen von 0,155 g in 250 ccm Wasser entsprechend einer L\u00f6sung von*l Molek\u00fcl in 750 1.\nL\u00f6sung B war dargestellt durch L\u00f6sen von 0,062 g in 100 ccm Wasser, ebenfalls entsprechend einer L\u00f6sung von 1 Molek\u00fcl in 750 1.\nBei Ausf\u00fchrung der Bestimmungen wurden nat\u00fcrlich pein-\nlichst alle Vorschriften beobachtet, welche in den \u00abPhvsico-\n* * \u00ab>\nchemischen Messungen\u00bb von Ostwald-Luther angegeben sind.\nDie Beobachtungen wurden bei einer Temperatur von -J- 250 C. vorgenommen.\nDas verwendete Wasser hatte eine spezifische Leitf\u00e4higkeit von 1,55 X IO-6. Die Kapazit\u00e4t C des Leitf\u00e4higkeitsgef\u00e4\u00dfes betrug C = 0,075814. Als Grenzwert der molekularen Leitf\u00e4higkeit der Glykochols\u00e4ure ergab sich aus Versuchen, \u00fcber die sp\u00e4ter berichtet wird, = 363.\n' Die Messungen ergaben :\n(v = die Verd\u00fcnnung in Litern; ju = molekulare Leitf\u00e4higkeit;\n|li cc = Grenzwert\tder molekularen Leitf\u00e4higkeit;\t\ta = Dissoziationsgrad ;\nk = Dissoziationskonstante.)\t\t\t\n\tL\u00f6sung A.\t\t\nv \u2014\t750\t1500\t3000\n\\x =\t97,68\t128,3\t163,9\na =\t0,2691\t0,3534\t0,4515\nK =\t0,000132\t0.000129 y\t0,000124\n\tL\u00f6sung B.\t\t\nv ==\t750\t1500\t3000\nM- =\t96,88\t128,3\t165,3\na =\t0,2669\t0,3533\t0,4556\nK =\t0,000129\t0,0001286\t0,0001271\n>) S. Bond\ti und E. M\u00fcller,\tloc. cit.\t","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"Beitr\u00e4ge zur Chemie der Galle. II.\n11\nDie f\u00fcr die Dissoziationskonstante k erzielten Werte zeigen bei den verschiedenen Verd\u00fcnnungen beider L\u00f6sungen eine \u2022 \u2022 __\ngute \u00dcbereinstimmung. Das geringe Absinken des Wertes bei den steigenden Verd\u00fcnnungen beider L\u00f6sungen erkl\u00e4rt sich durch den Einflu\u00df der Leitf\u00e4higkeit des Wassers. F\u00fcr Berechnung der Affmit\u00e4tskonstante K = 100 k d\u00fcrfte der Wert k = 0,000132 der L\u00f6sung A am besten zu verwerten sein, weil hier infolge Verwendung einer gr\u00f6\u00dferen Substanzmenge als bei L\u00f6sung B W\u00e4gefehler weniger ins Gewicht fallen, und v = 750 die gr\u00f6\u00dfte verwendete Konzentration besitzt. Dieser Wert wird sich dem wahren Werte am meisten n\u00e4hern.\nDie Affinit\u00e4tskonstante der Glykochols\u00e4ure betr\u00e4gt daher K = 0,0132.\nDer Grenzwert der molekularen Leitf\u00e4higkeit der Glykochols\u00e4ure (jiioo = 363) ergab sich aus der molekularen Leitf\u00e4higkeit ihres Natriumsalzes bei verschiedenen Verd\u00fcnnungen. Leitf\u00e4higkeitsbestimmungen in steigenden Verd\u00fcnnungen der L\u00f6sung des reinen Salzes lieferten molekulare Leitf\u00e4higkeiten, welche nach Abzug der spezifischen Leitf\u00e4higkeit des Wassers (1,55 X 10~6) und Einbeziehung der Konstante G (Ostwald-Luther, Seite 415, Aufl. 2) f\u00fcr das Na-Salz ann\u00e4hrend die Zahl jux = 67 ergaben.\nv :\t200\t400\t800\np:\t60,42\t62,62\t64,9\n\t66,8\t66,7\t66,7\nAus der Leitf\u00e4higkeit des Natriumsalzes bei unendlicher Verd\u00fcnnung ergibt sich die Leitf\u00e4higkeit der freien S\u00e4ure bei unendlicher Verd\u00fcnnung (p^ = 363) durch Subtraktion der Wanderungsgeschwindigkeit des Natriumions (51 bei 25 \u00b0) und Addition der Wanderungsgeschwindigkeit des Wasserstoffions (347 bei 25\u00b0).\nDie gefundene Affinit\u00e4tskonstante der Glykochols\u00e4ure K = 0,0132 er\u00f6ffnet neue Gesichtspunkte \u00fcber Chemie und Biologie der Gallens\u00e4uren.\nDie Glykochols\u00e4ure geh\u00f6rt danach zu den starken organischen S\u00e4uren, was sich leicht aus den Affinit\u00e4tskonstanten folgender S\u00e4uren ersehen l\u00e4\u00dft.","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nS. Bondi,\nGlykoehols\u00e4ure :\t0,0132\nEssigs\u00e4ure :\t0,0018\nPropions\u00e4ure :\t0,0013\nn-Butters\u00e4ure :\t0,0015\nGlykols\u00e4ure :\t0,0152\nMilchs\u00e4ure :\t0,0138\nDie Glykoehols\u00e4ure erhebt sich also weit \u00fcber die normalen Fetts\u00e4uren \u2014 die Essigs\u00e4ure mit inbegriffen \u2014 und geh\u00f6rt mehr in die N\u00e4he der Oxys\u00e4uren, besonders nahe steht sie der Milchs\u00e4ure.\nEs ist daraus erkl\u00e4rt, warum w\u00e4sserige L\u00f6sungen von gallensauren Salzen im Gegens\u00e4tze zu den Seifenl\u00f6sungen neutral reagieren, da bei den Salzen starker S\u00e4uren die Hydrolyse unterbleibt oder sich auf ein unmerkliches Minimum beschr\u00e4nkt.\nOb der Mangel kolloidaler Eigenschaften der w\u00e4sserigen L\u00f6sungen gallensaurer Salze ebenfalls mit ihrer Eigenschaft als starke S\u00e4uren in Beziehung steht, l\u00e4\u00dft sich auf Grund unserer bisherigen Kenntnisse nicht sicher beantworten.\nDa die Taurochols\u00e4ure infolge ihrer Bindung an Taurin voraussichtlich die Glykoehols\u00e4ure noch an St\u00e4rke \u00fcbertrifft, so kann man mit Recht vermuten, da\u00df das Verm\u00f6gen der Gallens\u00e4uren kein geringes ist, um sich im Darme gegen\u00fcber den reichlich entstehenden, sauren Eiwei\u00dfabk\u00f6mmlingen und Fetts\u00e4uren als Salze zu behaupten, also in der Form ihrer besten L\u00f6slichkeit.\nAus der Affmit\u00e4tskonstante der Glykoehols\u00e4ure l\u00e4\u00dft sich vielleicht auch ein Schlu\u00df ziehen auf die Konstitution der Cholals\u00e4ure.\nDie gefundene Konstante ist n\u00e4mlich kleiner als die Konstante der \u00e4hnlich konstituierten Hippurs\u00e4ure (K = 0,022). Dieser Umstand macht es wahrscheinlich, da\u00df die Cholals\u00e4ure eine schw\u00e4chere S\u00e4ure ist als die Benzoes\u00e4ure (K = 0,006). Wenn letzteres aber der Fall ist, dann kann das Carboxyl (COOH) der Cholals\u00e4ure nicht mit ihrer sekund\u00e4ren Carbinol-gruppe (CHOH) unmittelbar verbunden sein, da a-Oxys\u00e4uren\nanalog der Glykols\u00e4ure und der Milchs\u00e4ure sehr starke S\u00e4uren\n\u2022\u2022\nsind. Diese \u00dcberlegungen stehen im besten Einklang mit den","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"13\nBeitr\u00e4ge zur Chemie der Galle. II.\nForschungen von Th. Curtius.1) welcher hei Hydrolyse des Urethans der Cholals\u00e4ure ein Amin erhielt und keinen Aldehyd, was bei Anwesenheit von Hvdroxvl in a-Stellung zum Carboxyl h\u00e4tte der Fall sein m\u00fcssen.\nHerrn Professor Dr. R. Wegscheider danke ich viel-mais f\u00fcr die Erlaubnis, diese Arbeit in seinem Institute und unter seiner Leitung ausf\u00fchren zu k\u00f6nnen. Auch Herrn Assistenten Dr. A. Praetorius bin ich zu Dank verpflichtet.\n\" v\n0 Th. Curtius. Umwandlung der Cholals\u00e4ure in Cholarnin. Berliner Berichte 1906. S. 1385.","page":13}],"identifier":"lit18573","issued":"1907","language":"de","pages":"8-13","startpages":"8","title":"Beitr\u00e4ge zur Chemie der Galle. II. Mitteilung: \u00dcber die St\u00e4rke der Glykochols\u00e4ure","type":"Journal Article","volume":"53"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:45:34.010162+00:00"}