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{"created":"2022-01-31T13:53:57.996330+00:00","id":"lit18574","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Steudel, H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 53: 14-18","fulltext":[{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"Die Zusammensetzung der Nucleins\u00e4uren aus Thymus und\naus Heringssperma.\nII. Mitteilung.1)\nVon\nH. Steudel.\t,\n(Aus dem physiologischen Institut in Heidelberg.)\n(Der Redaktion zugegangen am 22. Juli 1907.)\nDurch das Studium der Einwirkung starker Salpeters\u00e4ure auf Nucleins\u00e4ure sind unsere Kenntnisse \u00fcber die Zusammensetzung und die Struktur des Nucleins\u00e4uremolek\u00fcls betr\u00e4chtlich erweitert worden.2) Dadurch da\u00df ohne weiteres die Alloxur-basen (Guanin und Adenin) als schwerl\u00f6sliche Nitrate aus-krystallisierten, lie\u00dfen sich die gro\u00dfen Verluste vermeiden, die bei der Gewinnung der Nucleinbasen aus der Zersetzungsfl\u00fcssigkeit sonst unvermeidlich waren. Die massenhaften Barytniederschl\u00e4ge, z. B. bei der Scbwefels\u00e4urespaltung, bedingten nachweislich ein bedeutendes Defizit der Basen und gaben selbst hei oft wiederholtem Auskochen besonders das Guanin nur schwer wieder ab. So war es denn kein Wunder, da\u00df die Menge an Guanin und Adenin, die durch die Salpeters\u00e4uremethode gewonnen werden konnte, sehr viel gr\u00f6\u00dfer war als die fr\u00fcher erhaltenen Quantit\u00e4ten.\nDer nach der Krystallisation der Alloxurbasen noch bleibende Rest lieferte bei weiterer Behandlung Thymin und Uracil. Diese beiden K\u00f6rper lie\u00dfen sich durch fraktionierte Krystallisation zwar nicht quantitativ, aber doch qualitativ gut trennen, soda\u00df endlich sowohl das Thymin wie das Uracil als solches isoliert werden konnten.\nIn der Thyminfraktion habe ich folgende Werte erhalten:\n0,1324 g s\u00e4ttigen, nachKjeldahl verbrannt, 20,9 ccm Vio-n-Oxal-s\u00e4ure = 22,10 \u00b0/o N.\n*) I. Mitteilung, Diese Zeitschrift, Bd. XLIX, S. 406.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XLVIII, S. 425 ; Bd. L, S. 538 ; Bd. LH, S. 62.","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"Die Zusammensetzung der Nucleins\u00e4uren aus Thymus usw. II. 15\nBerechnet f\u00fcr C5H6N202:\tGefunden:\nN = 22,30 \u00b0/o.\tN = 22,10 \u00b0/o.\nDas Uracil lieferte folgende Zahlen:\n0,1537 g gaben 0,2462 g C02 und 0,0535 g H20.\n0,1596 \u00bb s\u00e4ttigen, nach Kjeldahl verbrannt, 28,4 ccm n/io-Oxals\u00e4ure. 0,1522 \u00bb gaben 0,2389 g C02 und 0,0513 g H20.\n0,1064 \u00bb s\u00e4ttigen 18,9 ccm n/io-Oxals\u00e4ure (Kjeldahl).\n0,1278 \u00bb\t\u00bb\t22,6 \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\nBerechnet f\u00fcr CJELN\u201e0\u201e G = 42,82 o/o H = 3,59 \u00b0/o N = 25,05 \u00b0/o\nGefunden :\n42,70 \u00b0/o 42,81 \u00b0/<>\n3,80 \u00b0/o\t3,77\u00b0/o\n24,92 \u00b0/o 24,87 \u00b0/o 24,76 \u00b0/o\nDurch eine kleine \u00dcberlegung lie\u00df sich dann auf Grund dieser Befunde zeigen, da\u00df Guanin, Adenin, Thymin und das dem Uracil entsprechende Cytosin in molekularen Mengen in\nder Nucleins\u00e4ure enthalten sein mu\u00dften. Die theoretisch verlangten Werte stimmten mit den experimentell gefundenen Zahlen befriedigend \u00fcberein und als weitere Konsequenz ergab sich nun, da\u00df das Molek\u00fcl der Nucleins\u00e4ure 15 Stickstoffatome enthalten mu\u00df, weil die Summe der Stiekstoffatome in\nden Spaltungsprodukten 15 betr\u00e4gt.\nDer nun noch \u00fcbrige stickstofffreie Teil des Molek\u00fcls der Nucleins\u00e4ure mu\u00dfte die Phosphors\u00e4ure und das Kohlenhydrat enthalten. Auch \u00fcber dies letztere gab die Oxydation mit Salpeters\u00e4ure neuen Aufschlu\u00df : kannte man bisher aus der Schwefels\u00e4urespaltung als Abk\u00f6mmlinge des Kohlenhydrates Ameisens\u00e4ure und L\u00e4vulins\u00e4ure, so fand sich bei der Salpeters\u00e4uremethode Oxals\u00e4ure und Epizuckers\u00e4ure,1) C6H10O8: Beweise genug, da\u00df ein Hexakohlenhydrat in dem noch nicht aufgel\u00f6sten Rest vorhanden ist.\nDie Epizuckers\u00e4ure liefert mit Chinin ein sch\u00f6n krystalli-sierendes Salz.\nBei 90\u00b0 bis zur Gewichtskonstanz getrocknet, wurden folgende Analysenwerte erhalten:\n0,1288 g gaben 0,3028 g C02 und 0,0820 g H20.\n0,1366 \u00bb\t\u00bb\t8 ccm N bei p = 76,0 cm und t = 20,5 \u00b02)\n\u2018) Diese Zeitschrift, Bd. L, S. 538; Bd.'LII, S. 62.\n*) Nach Kjeldahl l\u00e4\u00dft sich das Chinin offenbar nicht veraschen, daman auf diese Weise nur 4,64\u00b0/oin dem gleichen Pr\u00e4parat erh\u00e4lt. (Siehe","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nH. Steudel,\nBerechnet f\u00fcr (C20H24N2O2)2C6HloO8:\tGefunden:\nC = 64,28 \u00b0/o\t64,12 \u00b0/o\nH = 6,81 \u00b0/o\t7,12 \u00b0/o\nN = 6,54 \u00b0/o\t6,74 \u00b0/o\nNun mu\u00df es aber auffallen, da\u00df die Anzahl der Kohlenstoffatome in dem stickstofffreien Rest der Nucleins\u00e4ure C21H44026P4 nicht durch 6J) teilbar ist, wenn man die folgende Nucleins\u00e4ureformel w\u00e4hlt C40H57N15O26P4.\n640\u00cf\u00cf57-N15O26P4 \u201cf\" ^ H2O == 621H44026P4 -f- C5H5N50 -f- C5H5N5\nNucleins\u00e4ure\tGuanin Adenin\n+ C5H6N202 + C4H5N30 Thymin Cytosin.\nDie Schwierigkeiten w\u00fcrden sofort wegfallen, wenn man die Anzahl der Kohlenstoffatome um 3 vermehrt, dann w\u00fcrde sich der Rest glatt in ein Kohlenhydrat C6H1206 und Tetra-metaphosphors\u00e4ure aufl\u00f6sen lassen:\nC24H44026P4 -f- 4 H20 \u2014j\u2014 6 0 = 4 C6H1206 -f- 4HP03.\nMan k\u00f6nnte sich also vorstellen, da\u00df die Thymusnuclein-s\u00e4ure resp. die des Fischspermas eine Tetrametaphosphors\u00e4ure w\u00e4re, die jedem Phosphoratom entsprechend eine Kohlenhyrat-gruppe bes\u00e4\u00dfe, also eine Tetraglykometaphosphors\u00e4ure w\u00e4re; an diese w\u00e4re je ein Molek\u00fcl Guanin, Adenin, Thymin und Cytosin gebunden.\nBedenkt man, da\u00df die Formel der Nucleins\u00e4ure immer\n\u2022\u2022\nsehr geschwankt hat, so erscheint die \u00c4nderung im Kohlenstoffwert nicht so ganz willk\u00fcrlich, besonders da sich die Resultate der vielen Elementaranalysen, die bisher von der Nucleins\u00e4ure gemacht sind, sehr wohl auch durch kohlenstoff-reichere Formeln ausdr\u00fccken lassen.\nFolgende \u00dcbersicht wird dies leicht zeigen:\nBerechnet f\u00fcr C40H52N14O25P4 : 1.\n\u00bb\t\u00bb C43H57N1503oP4 * *\nDiese Zeitschrift, Bd. LU, S. 62.) Ferner Kutscher, Fr. und Steudel, H., \u00dcber die Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl, Diese Zeitschr., Bd. XXXIX, S. 12.\n*) Eine Pentose ist in diesen Nucleins\u00e4uren aus Thymus resp. Heringssperma nicht enthalten, da sie bei der Destillation mit HCl nur ganz geringe Mengen Furfurol liefern.","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"Die Zusammensetzung der Nucleins\u00e4uren aus Thymus usw. II. 17\nMittlere Resultate der Analysen ( von Miescher-Schmiedebergx) : 3. eines Pr\u00e4parates\t\\ \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t2) : 4.\nResultate einer Analyse von Kostytschew3) : 5.\n\tBerechnet\t\t\tGefunden\t\ntn o TU o\t1. 52N14025P4\t2. g4sh5,nI6oS0p4\t3. Miescher- Schmiede- berg\t4. Miescher- Schmiede- ber\u00a3\t5. Kostytschew\n\t\u00b0/0\to/o\t\u00b0/0\t\u00b0/o\t\u00b0/0\ne =\t38,32 y\t37,18\t37,32\t37,82\t\u2014\nH =\tQO\t4,14\t4.21 \u2713\t4,46\t\u2014\nN =\t15,69\t15,18\t15.24 /\t15,77\t15.55 y\nP =\t9,90\t8,94\t9,62\t9,17\t9,25\nDa alle Untersueher darin \u00fcbereinstimmen, da\u00df es \u00e4u\u00dferst schwierig ist, eine solche labile, amorphe Substanz wie die Nucleins\u00e4ure analysenrein darzustellen, soda\u00df Schmiedeberg zur Erkl\u00e4rung seiner Analysenresultate schon die kompliziertesten Berechnungen angestellt hat, so wird man auf die Elementaranalysen allein nicht gar zu gro\u00dfen Wert legen d\u00fcrfen. Ein besseres Urteil \u00fcber das Molek\u00fcl wird man hier aus der quantitativen Analyse seiner Bruchst\u00fccke gewinnen, wie das Verhalten der Stickstoffatome gezeigt hat.\nSelbstverst\u00e4ndlich bin ich weit davon entfernt, mich definitiv f\u00fcr die Formel 2 zu entscheiden, dazu m\u00fc\u00dfte vor allen Dingen erst die Menge des Kohlenhydrates quantitativ bestimmt werden. Ebenso mag die endliche Aufl\u00f6sung der Nucleins\u00e4ure im einzelnen sich vielleicht noch anders gestalten. Trotzdem halte ich diese Betrachtungen nicht f\u00fcr \u00fcberfl\u00fcssig, weil sie zeigen, da\u00df im Prinzip nun doch das gro\u00dfe Molek\u00fcl der Thymus- resp. Spermanucleins\u00e4ure aufgel\u00f6st ist und weil sie ferner die Richtung angeben, in der sich die weitere Forschung \u00fcber die Nucleins\u00e4ure zu bewegen haben wird.\nP Nach Cohnheim, Chemie der Eiwei\u00dfk\u00f6rper, 2. Aufl., S. 215.\n2)\tMi es eher, Arbeiten, II, S. 376.\n3)\tDiese Zeitschrift, Bd. XXXIX, S. 545.\nHoppe-Seylers Zeitschrift f. physiol. Chemie. LUI.\n2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18 H. Steudel, Die Zusammensetzung der Nucleins\u00e4uren. II.\nDa nach den Miescherschen Analysen1) im Sperma-tozoenkopf au\u00dfer in den unorganischen Phosphaten und im Lecithin der Phosphor nur noch in der Nucleins\u00e4ure, und zwar hier in der gr\u00f6\u00dften Menge vorkommt, so w\u00e4ren jetzt an dieser Stelle von gr\u00f6\u00dfter biologischer Bedeutung s\u00e4mtliche Bindungsformen des Phosphors bekannt. Es w\u00fcrde sich die Miescher-sche Ansicht2) best\u00e4tigen, da\u00df f\u00fcr die Physiologie des Befruchtungsvorganges chemische Tatsachen als solche nicht das Entscheidende sind, denn es l\u00e4\u00dft sich bis jetzt nicht einsehen, da\u00df solch ein relativ einfach gebauter K\u00f6rper wie die Nucleins\u00e4ure, den die synthetische Chemie gewi\u00df in kurzer Zeit k\u00fcnstlich wird aufbauen k\u00f6nnen, an sich Tr\u00e4ger w\u00e4re auch nur eines Teils der fundamentalen Lebensfunktionen des Spermas. \u00abDie chemischen Tatsachen haben sekund\u00e4re Bedeutung; sie sind einem h\u00f6heren Gesichtspunkt untergeordnet.\u00bb Aber wie man z. B. sich ein normal funktionierendes Gehirn nicht ohne einen reichen Lecithingehalt vorstellen kann, ohne deshalb doch das Lecithin als etwas f\u00fcr die Gedanken Wesentliches anzunehmen, so h\u00e4lt es auch schwer, sich die Funktionen des Spermas begreiflich machen zu wollen, ohne dabei ein chemisch wohl definiertes Substrat als materielle Grundlage zu Hilfe zu nehmen.\n*) Arbeiten, II, S. 97.\n2) Arbeiten, II, S. 97.","page":18}],"identifier":"lit18574","issued":"1907","language":"de","pages":"14-18","startpages":"14","title":"Die Zusammensetzung der Nucleins\u00e4uren aus Thymus und aus Heringssperma. II. Mitteilung","type":"Journal Article","volume":"53"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:53:57.996335+00:00"}