The Virtual Laboratory - Resources on Experimental Life Sciences
  • Upload
Log in Sign up

Open Access

Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. IX. Mitteilung: Zur Frage über die Konstitution des Carnitins

beta


JSON Export

{"created":"2022-01-31T13:54:27.276891+00:00","id":"lit18623","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Krimberg, R.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 53: 514-525","fulltext":[{"file":"p0514.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln.\nIX. Mitteilung.\t.\nZur Frage \u00fcber die Konstitution des Carnitins.\nVon\nR. Krimberg.\n(Aus dem medizinisch-chemischen Laboratorium der Universit\u00e4t Moskau.) (Der Redaktion zugegangen am 22. Oktober 1907.)\nIn meiner ersten die Konstitution des Carnitins betreffenden Arbeit1) habe ich angegeben, da\u00df aus dem Filtrat, welches nach der F\u00e4llung des im Destillierkolben zur\u00fcckgebliebenen Trimethylamins mit Phosphorwolframs\u00e4ure erhalten worden war, eine stickstofffreie S\u00e4ure in der Form ihres Barytsalzes isoliert werden konnte. Dieselbe hat sich als Crotons\u00e4ure resp. ein Isomeres derselben erwiesen.\nDie Fl\u00fcssigkeit wurde durch Barytzusatz von der \u00fcbersch\u00fcssigen Phosphorwolframs\u00e4ure befreit, mit Kohlens\u00e4ure behandelt, filtriert, stark eingeengt und mit viel 95\u00b0/oigem Alkohol gef\u00e4llt. Der Niederschlag wurde nach etwa 4 Stunden abgesaugt, mit Alkohol gewaschen und aus einer kleinen Menge hei\u00dfen Wassers durch Alkoholzusatz nochmals gef\u00e4llt. Nach kurzem Stehen auf einem warmen Wasserbade wurde der anfangs flockige Niederschlag krystallinisch. Er wurde abgesaugt, mit Alkohol gewaschen und bei 1000 getrocknet. Die Pr\u00fcfung der Substanz auf die Anwesenheit von Stickstoff, ebenso wie die Polarisation einer ca. 3,5\u00b0/oigen w\u00e4sserigen L\u00f6sung derselben gaben negatives Resultat. Infolge eines Versehens bei der Analyse mi\u00dfgl\u00fcckte die Kohlenstoffbestimmung,2) aber die\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XLIX, S. 95.\n2) Zur Wiederholung der Analyse reichte die Substanz nicht aus.","page":514},{"file":"p0515.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. IX.\n515\nf\u00fcr das Baryum und den Wasserstoff erhaltenen Prozentzahlen lassen kaum einen Zweifel dar\u00fcber, da\u00df hier ein K\u00f6rper von\nder Zusammensetzung des crotonsauren Baryts Vorgelegen ist.\nI.\t0,1581 g der bei 100\u00b0 getrockneten Substanz lieferten 0,0411 g H20.\nII.\tAus 0,1648 g Substanz wurden 0,1252 g BaS04 erhalten.\nGefunden:\tBerechnet f\u00fcr\nI.\nH=2,91 \u00b0/o\nII.\nBa=\n44,72o/o\nWie der unten anzuf\u00fchrende Versuch beweist, stellt das Carnitin ein i-Trimethyloxybutyrobetain dar, in welchem nur noch die Stellung der Hydroxylgruppe nicht genau ermittelt ist. In solchem Fall ist es aber klar, da\u00df die Crotons\u00e4ure resp. ihr Isomeres kein prim\u00e4res Spaltungsprodukt der Base sein kann, weil man dabei zuerst die Bildung einer Dioxybutters\u00e4ure erwarten mu\u00df. Die Bildung der Crotons\u00e4ure resp. einer derselben isomeren S\u00e4ure hat Kutscher1) ebenfalls bei der Spaltung des Novains beobachtet, welches, wie ich schon fr\u00fcher angegeben habe,2) h\u00f6chstwahrscheinlich mit dem Carnitin identisch ist, und in dessen Molek\u00fcl Kutscher3) eine Seitenkette mit demselben Kohlenstoffskelett, wie ich im Carnitin, annimmt; au\u00dfer der Crotons\u00e4ure hat Kutscher unter den Spaltungsprodukten des Novains durch Baryt noch die Bernsteins\u00e4ure4) gefunden. Erinnert man sich daran, da\u00df zwei andere Dioxymonocarbons\u00e4uren, die Glyoxyls\u00e4ure und die Glycerins\u00e4ure, sich beim Kochen mit Alkalil\u00f6sung in eine Dicarbon-s\u00e4ure (Oxals\u00e4ure) und eine Monoxymonocarbons\u00e4ure (Glykol-resp. Milchs\u00e4ure) verwandeln,5) so ist wohl auch die Vermutung zul\u00e4ssig, da\u00df eine Dioxybutters\u00e4ure, z. B. die \u00dfy-Dioxybutter-s\u00e4ure, sich bei der Erw\u00e4rmung mit Baryt ebenfalls unter Bildung einer Dicarbons\u00e4ure, der Bernsteins\u00e4ure, und einer Mon-\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XLIX, S. 484.\n2)\tDiese Zeitschrift, Bd. XLVIII, S. 418.\n3)\tDiese Zeitschrift, Bd. LXIX, S. 49.\n4)\tDiese Zeitschrift, Bd. L, S. 250.\n5)\tB\u00f6ttinger, Berichte d. Deutsch, chem. Ges., Bd. XIII, S. 1932.\nDebus, Annal, d. Chem., Bd. CIX, S. 231.","page":515},{"file":"p0516.txt","language":"de","ocr_de":"516\nR. Krimberg,\noxymonocarbons\u00e4ure, der \u00df-Oxybutters\u00e4ure, zersetzen wird, welch letztere dann unter Wasserabspaltung die Grotons\u00e4ure liefern wird.\nAls besonders wichtig f\u00fcr die Aufkl\u00e4rung der Struktur des Carnitinmolek\u00fcls erwies sich der folgende Versuch, welcher zeigte, da\u00df die Base bei Einwirkung von siedender konzentrierter Jodwasserstoffs\u00e4ure merkw\u00fcrdigerweise picht gespalten wird, sondern ein mit dem y-Trimethylbutyrobetain identisches Reduktionsprodukt liefert.\n\u2022 \u2022\nUber die Einwirkung der Jodwasserstoffs\u00e4ure\nauf das Carnitin.\n26,7 g Carnitinquecksilberchlorid von der Zusammensetzung C7H15N03 \u2022 2 HgCl2 und mit dem Schmelzpunkt 196\u20141970 wurden mit Schwefelwasserstoff zersetzt und auf die \u00fcbliche Weise durch F\u00e4llung mit Phosphorwolframs\u00e4ure quantitativ in die freie Base \u00fcbergef\u00fchrt, wobei nach der soeben angef\u00fchrten Formel ca. 6,1 g freies Carnitin resultieren sollten. Die ganze erhaltene Menge des letzteren wurde mit 4 g rotem Phosphor und 72 g konzentrierter (etwa 50 \u00b0/oiger) Jodwasserstoffs\u00e4ure gemischt und auf einem \u00d6lbade bei 130\u00b0 sechs Stunden lang gekocht.\nNach dem Kochen wurde das vom ausgeschiedenen Jod gef\u00e4rbte Reaktionsgemisch mit Wasserdampf destilliert. Da aber die \u00fcberdestillierte Fl\u00fcssigkeit neutrale Reaktion zeigte, so wurde die Destillation bald unterbrochen. Die im Destillierkolben zur\u00fcckgebliebene Fl\u00fcssigkeit wurde vom Phosphor getrennt und mit \u00c4ther mehrmals durchgesch\u00fcttelt, wobei in den letzteren jedoch nichts au\u00dfer einem Teil der Jodwasserstoffs\u00e4ure \u00fcbergegangen war. Der R\u00fcckstand wurde eingeengt und durch Hinzuf\u00fcgung von frischgef\u00e4lltem Silberoxyd vom Jod befreit. Das alkalisch reagierende Filtrat wurde mit Salzs\u00e4ure neutralisiert, abermals filtriert, eingeengt, mit Salzs\u00e4ure anges\u00e4uert und mit Phosphorwolframs\u00e4ure gef\u00e4llt. Der Niederschlag wurde abgesaugt, sorgf\u00e4ltig gewaschen und mit Barythydrat zerrieben. Die L\u00f6sung der freien Base wurde mit Salzs\u00e4ure neutralisiert, eingeengt, und ein Teil derselben mit Goldchlorwasserstoffs\u00e4ure gef\u00e4llt.","page":516},{"file":"p0517.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. IX.\n517\nDer Niederschlag wurde abgesaugt, vorsichtig gewaschen und umkrystallisiert. Aus der hei\u00dfen w\u00e4sserigen L\u00f6sung schieden sich gelbe, kurze, in kleine Drusen gruppierte N\u00e4delchen aus, welche kein Krystallwasser enthielten. Die bei 100\u00b0 getrocknete Substanz wies den Schmelzpunkt 201\u20142030 auf ; bei weiterem Erhitzen zersetzte sie sich unter lebhafter Gasentwickelung.\nI.\t0,3249 g Substanz, mit gepulvertem Bleichromat bedeckt und in einem mit Bleichromat gef\u00fcllten Rohr mit vorgelegter Kupfer- und Silberspirale verbrannt, gaben 0,2078 g C02 und 0,0845 g H20.\nII.\tAus 0.2765 g Substanz wurden 7,30 ccm N bei 20\u00b0 und 757 mm Bar. erhalten.\nIII.\t0,1747 g Substanz lieferten 0,0709 g Au, als Au2S3 ausgeschieden.\nIY. Aus dem mit Calciumcarbonat eingedampften Filtrat vom Goldsulfidniederschlag resultierten 0,2084 g AgCl.\nGefunden :\nII. III.\nBerechnet f\u00fcr\nI.\nC = 17,45 o/o H = 2,92 o/o N =\t\u2014\nAu =\t\u2014\nCI \u2014\t\u2014\n0=\t\u2014\nIV.\nC7H16NCLCLAu:\n2^4\n2,98 \u00b0/o\n40,58 o/o\n29,48 o/o (6,59 \u00b0/o)\n17,31 o/o 3,32o/o 2,89 o/o 40,65 o/o 29,23 o/o 6,60 o/o.\nDie gefundenen Prozentzahlen stimmen am besten f\u00fcr die Formel C7H16N02C14Au, welche sich von der Formel des Carnitingolddoppelsalzes durch den Mindergehalt eines Sauerstoffatoms unterscheidet. Die aus dem Carnitin durch Einwirkung von Jodwasserstoffs\u00e4ure entstandene Verbindung mu\u00df folglich als ein Reduktionsprodukt des Carnitins angesehen werden.\nIn einer fr\u00fcher publizierten Arbeit habe ich die Vermutung ausgesprochen, da\u00df dem Carnitin vielleicht die Formel\n0\n(CH3)\nCO\nn/\tI\nXCH\u201e \u2014 CH \u2022 OH \u2014 CH\nzukommt, wobei jedoch die Stellung des Hydroxyls auch eine andere sein k\u00f6nnte.Auf Grund der angef\u00fchrten Formel w\u00e4re\n9 Diese Zeitschrift, Bd. L, S. 372. Daselbst ist aber gesagt, da\u00df das Carnitin vielleicht ein Homologes des Betains sei. Im strengen Sinne des Wortes ist es dem nat\u00fcrlich nicht so. Der angef\u00fchrten Formel nach ist das Carnitin ein Y-Trimethyloxybutyrobetain.","page":517},{"file":"p0518.txt","language":"de","ocr_de":"518\nR. Krimberg,\ndas Carnitin also ein Y-Trimethyloxybutyrobetain, bei dessen Reduktion mit Jodwasserstoffs\u00e4ure man die Bildung des y-Tri-methylbutyrobetains\n(CH,)\n0\n\u2022 n/\n3 iN\\\nxch2 \u2014 ch2\nCO\nCH,\nerwarten mu\u00df. Das genannte Betain ist bereits von Will-st\u00e4tter1) aus der y-Aminobutters\u00e4ure durch \u00dcberf\u00fchrung derselben in die Y-Trimethylaminobutters\u00e4ure, deren jodwasserstoffsaures Salz bei Einwirkung von Silberoxyd das Betain lieferte, dargestellt worden, und sein Golddoppelsalz hat gerade ebenfalls die Zusammensetzung C7H16N03C14Au. Au\u00dfer der freien Base beschreibt Willst\u00e4tter noch das Chloroplatinat, vom Goldsalze aber findet man in seiner Arbeit nur die \u00e4u\u00dfere Krystall-form (aus hei\u00dfem Wasser flache, lange, gl\u00e4nzende Nadeln) angegeben; infolgedessen war ein n\u00e4herer Vergleich des Goldsalzes des Y-Trimethylbutyrobetains mit dem dargestellten Salze des reduzierten Carnitins nicht m\u00f6glich.\nWenn durch Einwirkung von Jodwasserstoffs\u00e4ure auf das Carnitin in der Tat das y-Trimethylbutyrobetain entsteht, so wird eben dadurch bewiesen, da\u00df im Carnitinmolek\u00fcl die Kohlenstoffkette der Normalbutters\u00e4ure enthalten ist, und da\u00df die Trimethylamingruppe am Y-Kohlenstoff der S\u00e4ure steht. Au\u00dferdem mu\u00df in solchem Fall das Reduktionsprodukt des Carnitins optisch inaktiv sein, weil das y-Trimethylbutyrobetain kein asymmetrisches Kohlenstoffatom enth\u00e4lt. W\u00fcrde die Trimethylamingruppe aber am a- oder am \u00df-Kohlenstoff der S\u00e4ure stehen, so m\u00fc\u00dfte das Reduktionsprodukt des Carnitins\nCH3 - CH2 \u2022 CH \u2022 CO OH\n(CH3)3 \u2022 N \u2022 OH\nCHS \u2022 CH \u2022 CH2 \u2022 COOH oder\t|\n(CH3)3 \u2022 N \u2022 OH\nim Gegenteil, optisch aktiv sein. Es darf hier jedoch nicht au\u00dfer acht gelassen werden, da\u00df im gegebenen Fall nur das positive und nicht das negative Resultat der optischen Pr\u00fcfung von Bedeutung sein kann, weil beim Kochen mit konzentrierter Jodwasserstoffs\u00e4ure das anfangs optisch wirksame Reduktionsprodukt des Carnitins racemisiert werden konnte.\n0 Berichte der Deutsch, chem. Ges., Bd. XXXV, S. 617.","page":518},{"file":"p0519.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. IX.\n519\nZur Pr\u00fcfung des optischen Verhaltens wurde zuerst das rohe Reduktionsprodukt genommen, unter der Kontrolle eines roten Kongopapiers mit Salzs\u00e4ure sehr schwach anges\u00e4uert und polarisiert, wobei es sich erwies, da\u00df die Substanz um einige Grad nach links dreht. Da dem Rohprodukt noch unangegriffenes Garnitin, dessen Chlorhydrat, wie bekannt, sehr stark linksdrehend ist, beigemischt sein konnte, so wurde dasselbe, um eine genauere optische Pr\u00fcfung zu erm\u00f6glichen, zuerst durch \u00dcberf\u00fchrung in das Golddoppelsalz gereinigt. Der auf die \u00fcbliche Weise aus dem Chlorhydrat des Rohproduktes erhaltene Goldniederschlag wurde aus hei\u00dfem Wasser umkrystalli-siert. Die erste Krystallfraktion schmolz bei 198\u2014201\u00b0, also etwas niedriger als das vorige analysierte Pr\u00e4parat (201\u2014203 \u00b0).\n0,2390 g der bei 100\u00b0 getrockneten Substanz hinterlie\u00dfen nach dem Gl\u00fchen 0,0974 g Gold.\nGefunden:\tBerechnet f\u00fcr C7H16N02C14Au :\nAu = 40,75 \u00b0/o\t40,65 \u00b0/o\nDie zweite aus der Mutterlauge erhaltene Krystallfraktion schmolz bei ca. 190\u00b0.\n0,1845 g der bei 100\u00b0 getrockneten Substanz hinterlie\u00dfen nach dem Gl\u00fchen 0,0759 g Gold.\nGefunden:\tBerechnet f\u00fcr C7H36N02C14Au :\nAu = 41,13\u00b0/o\t40,65\u00b0/o\nDie beiden analysierten KryStallfraktionen wurden vereinigt und bei 100\u00b0 bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Die auf solche Weise erhaltenen 2,1250 g Substanz wurden mit Schwefelwasserstoff zersetzt, der Goldsulfidniederschlag abfiltriert und sorgf\u00e4ltig gewaschen. Das quantitativ gesammelte Filtrat wurde in vacuo \u00fcber Schwefels\u00e4ure bei Gegenwart von festem \u00c4tzkali stark eingeengt und in einem graduierten K\u00f6lbchen genau bis 10,00 ccm aufgef\u00fcllt. Da aus 2,1250 g der Verbindung C7H16N02C14Au nach der Berechnung 0,7955 g Chlorhydrat C7H16N02C1 resultieren, so mu\u00dfte die Konzentration der dargestellten L\u00f6sung gleich 7,955 sein. Au\u00dferdem enthielt die\n\u2022\u2022\nL\u00f6sung nat\u00fcrlich noch einen Uberschu\u00df von freier Salzs\u00e4ure, welche sich bei der Zersetzung des Chloroaurats mit Schwefelwasserstoff gebildet hatte und vom \u00c4tzkali ungebunden ge-","page":519},{"file":"p0520.txt","language":"de","ocr_de":"520\nR. Krimberg,\nblieben war. In einem 100-mm-Rohr polarisiert, ergab die L\u00f6sung der Substanz nur eine sehr schwache Drehung der Polarisationsebene: a = \u2014 0,09\u00b0, woraus [a]\u00fc = \u2014 1,13\u00b0 berechnet wird.\nMan mu\u00df also annehmen, da\u00df das erhaltene Reduktionsprodukt des Carnitins optisch inaktiv war, da es sehr unwahrscheinlich ist, da\u00df demselben sonst eine so geringe spezifische Drehung zuk\u00e4me. Die beobachtete schwache Drehung k\u00f6nnte man aber dadurch erkl\u00e4ren, da\u00df dem gereinigten Produkt entweder noch etwas von unver\u00e4ndertem Carnitin1) oder, wenn das Reduktionsprodukt anfangs optisch aktiv gewesen war, ein geringer Rest von nicht racemisierter Substanz beigemischt war.\nDie nach der zweiten Polarisation hinterbliebene L\u00f6sung wurde in vacuo \u00fcber Schwefels\u00e4ure bis zur Trockene verdunstet, der R\u00fcckstand in 95\u00b0/oigem Alkohol gel\u00f6st und mit alkoholischer Platinchlorwasserstoffs\u00e4urel\u00f6sung gef\u00e4llt. Der Platinniederschlag wurde abgesaugt und aus verd\u00fcnntem Alkohol um-krystallisiert. Bei langsamem Erkalten der L\u00f6sung schied sich zuerst eine kleine Menge gelbliche, dem Ansehen nach pulverige Substanz aus, bald darauf aber schossen kleine Drusen orangeroter T\u00e4felchen an. Die Krystalle wurden gesammelt, mit verd\u00fcnntem und zuletzt mit starkem Alkohol gewaschen, zerrieben und bei 110\u00b0 getrocknet.\n0,2013 g Substanz hinterlie\u00dfen nach dem Gl\u00fchen 0,0561 g Pt.\nGefunden:\tBerechnet f\u00fcr C1\u00c6Ho9N90ACLPt:\nPt = 27,87\u00b0/o\t27,83 \u00b0/o\nDie Substanz zersetzte sich bei 212\u2014213\u00b0, w\u00e4hrend nach Willst\u00e4tter das Chloroplatinat des Y-Trimethylbutyrobetains\n9 In einem noch nicht reinen Pr\u00e4parate des Carnitinchlorids habe ich fr\u00fcher (Diese Zeitschrift, Bd. L, S. 369) [a]D = \u2014 24,1\u00b0 gefunden, Nimmt man an, da\u00df das Chlorid des reduzierten Carnitins optisch inaktiv ist, so ist die Beimischung von 4\u00b0/o Carnitinchlorid gen\u00fcgend, um die einer spezihschen Drehung von \u2014 1,10 entsprechende optische Aktivit\u00e4t der L\u00f6sung hervorzurufen. So eine Beimengung von Carnitingoldchlorid ist in dem Chloroaurat der reduzierten Base durch die Analyse nicht zu entdecken, da dieses Salz 40,65 \u00b0/o Au enth\u00e4lt, w\u00e4hrend jenem Salz der Goldgehalt von 39,35 \u00b0/o Au zukommt und die Mischung von beiden Salzen in dem angegebenen Verh\u00e4ltnis 40,60 \u00b0/o Au enthalten mu\u00df.","page":520},{"file":"p0521.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. IX. '\n521\nbei 224\u2014225\u00b0 unter Zersetzung schmelzen soll. Infolgedessen, um in die Lage zu kommen, einen weiteren genauen Vergleich des reduzierten Carnitins mit dem Y-Trimethylbutyrobetain auszuf\u00fchren, wurde das letztere synthetisch dargestellt. .\nSynthese des y-Trimethylbutyrobetains.\nDas Y-Trimethylbutyrobetain ist, wie schon erw\u00e4hnt, zum erstenmal von Willst\u00e4tter1) dargestellt worden, welcher sich dabei haupts\u00e4chlich eines von Griess2) herstammenden Verfahrens bedient hat. Von mir wurde diese Verbindung ebenfalls nach dem Verfahren von Griess-Willst\u00e4tter erhalten.\n20 g der nach Gabriel3) dargestellten y-Aminobutters\u00e4ure\n\u2022 *\n(1 Mol.) wurden in einem Uberschu\u00df von konzentrierter Kalilauge (1 Tl. KOH : 2 Ttl. H20) gel\u00f6st, die L\u00f6sung mit 90 g\nMethyljodid (mit etwas mehr als 3 Mol.) und danach mit Methyl-\n\u00ab \u2022\nalkohol bis zum Verschwinden der Olschicht versetzt. Beim Stehen des Gemisches in einem mit Steigrohr versehenen Kolben trat bald Erw\u00e4rmung ein und endlich geriet die Fl\u00fcssigkeit ins Sieden. Am anderen Tag reagierte die Fl\u00fcssigkeit nicht mehr alkalisch, sondern deutlich sauer. Infolgedessen wurde dieselbe mit konzentrierter Kalilauge wieder schwach alkalisch gemacht und dies so oft wiederholt, bis die alkalische Reaktion sogar nach weiterer Hinzuf\u00fcgung von Methyljodid nicht mehr verschwand. Nach Verlauf von 4 Tagen wurde die Reaktionsfl\u00fcssigkeit mit Jodwasserstoffs\u00e4ure neutralisiert, der Methylalkohol auf dem Wasserbade abdestilliert, der R\u00fcckstand mit wenig Wasser versetzt und mit einer L\u00f6sung von Jod in Jodwasserstoffs\u00e4ure gef\u00e4llt. Der reichliche krystallinische Niederschlag, welcher das Perjodid des x-Trimethylbutyrobetains darstellte, bestand aus kleinen schwarzbraunen, gl\u00e4nzenden N\u00e4del-chen. Er wurde am anderen Tag abgesaugt und sorgf\u00e4ltig mit Wasser gewaschen. Bei der Destillation mit Wasserdampf verlor die Base das addierte Jod quantitativ, wonach eine schwachgef\u00e4rbte L\u00f6sung des jodwasserstoffsauren Salzes hinter-\np Loc. cit.\n2)\tBerichte der Deutsch, chem. Ges., Bd. VIII, S. 1406.\n3)\tBerichte der Deutsch, chem. Ges., Bd. XXIII, S. 1770.","page":521},{"file":"p0522.txt","language":"de","ocr_de":"522\nR. Krimberg,\nHieb, aus welchem das freie Betain durch Hinzuf\u00fcgung von frischgef\u00e4lltem Silberoxyd erhalten wurde. Das Filtrat wurde mit Schwefelwasserstoff behandelt, nochmals filtriert und auf dem Wasserbade verdampft. Der hinterbliebene Sirup reagierte stark alkalisch, roch deutlich nach H\u00e4ringslake und bestand aus T-Trimethylbuty robe tain resp. dessen kohlensaurem Salz.\nEin Teil der dargestellten Base wurde mit Salzs\u00e4ure sehr schwach anges\u00e4uert und mit Goldchlorwasserstoffs\u00e4ure gef\u00e4llt. Der Niederschlag wurde abgesaugt, gewaschen und aus hei\u00dfem Wasser umkrystallisiert. Ein Teil der erhaltenen hellgelben Krystalle wurde bei 115\u00b0 getrocknet und auf die Goldbestim-mung verwandt. Das Chloroaurat des y-Trimethylbutyro-betains enthielt kein Krystallwasser und schmolz bei 182 bis 184\u00b0 zu einer roten Fl\u00fcssigkeit, aus welcher Gasbl\u00e4schen entwichen.\n0,5109 g Substanz hinterlie\u00dfen nach dem Gl\u00fchen 0,2090 g Gold.\nGefunden:\tBerechnet f\u00fcr: C7H16N02C14Au:\nAu = 40,91 \u00b0/o\t40,65 \u00b0/o\nUm das Chloroplatinat des y-Trimethylbuty robe tains zu erhalten, wurde ein Teil der Base in 95\u00b0/oigem Alkohol gel\u00f6st (sie l\u00f6ste sich darin sehr leicht) und mit alkoholischer Platinchlorwasserstoffs\u00e4urel\u00f6sung gef\u00e4llt. Der Niederschlag wurde abgesaugt und zuerst mit verd\u00fcnntem und danach mit starkem Alkohol gewaschen. Die Substanz wurde aus verd\u00fcnntem Alkohol umkrystallisiert, ein Teil der erhaltenen orangeroten Krystalle zerrieben, bei 110\u00b0 getrocknet und auf Platinbestimmung verwandt. Die Substanz schmolz bei 221\u2014223\u00b0 unter Zersetzung.\n0,3590 g Substanz hinterlie\u00dfen nach dem Gl\u00fchen 0,1003 g Platin.\nGefunden:\tBerechnet f\u00fcr C14H32N204C16 Pt:\nPt = 27,94 o/o\t27,83 \u00b0/o\n\u00dcber die Identit\u00e4t des reduzierten Carnitins mit dem\nY-Trimethylbutyrobetain.\nDie Identit\u00e4t des reduzierten Carnitins mit dem Y-Trimethylbutyrobetain wurde auf Grund der vergleichenden krystallo-","page":522},{"file":"p0523.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. IX.\n523\ngraphischen Untersuchung der Gold- und Platinsalze beider K\u00f6rper festgestellt.*)\nDie Chloroaurate* 2) beider Verbindungen stellten kurze in kleine Drusen gruppierte N\u00e4delchen dar. Unter dem Mikroskop waren unregelm\u00e4\u00dfig gebildete, aus 4seitigen, schiefen d\u00fcnnen Tafeln oder wetzsteinf\u00f6rmigen Krystallen bestehende Aggregate sichtbar. Die Ausl\u00f6schungsrichtung war in den 4seitigen Tafeln der l\u00e4ngeren Kante parallel; die Krystalle der L\u00e4nge nach Bei der Krystallisation aus einem Tropfen hei\u00dfen Wassers auf dem Objektglase schieden beide Pr\u00e4parate vollst\u00e4ndig gleiche schmale und lange \u00dfseitige oder schief abgeschnittene 4seitige d\u00fcnne Tafeln aus, in welchen die Ausl\u00f6schungsrichtung der l\u00e4ngeren Kante parallel war, der L\u00e4nge nach -J- (sehr selten traten Tafeln mit dem Ausl\u00f6schungswinkel von ungef\u00e4hr 35\u00b0 auf).\nDie aus verd\u00fcnntem Alkohol auskrystallisierten G hl or o-platinate3) beider Verbindungen waren dem \u00e4u\u00dferen Ansehen nach einander sehr \u00e4hnlich und stellten in kleine Drusen gruppierte orangerote Tafeln dar. Der einzige Unterschied bestand darin, da\u00df das Chloroplatinat der Willst\u00e4tter sehen Base eine etwas dunklere Farbe besa\u00df, was durch die gr\u00f6\u00dfere Dicke ihrer Krystalle gen\u00fcgend erkl\u00e4rt werden konnte. Unter dem Mikroskop aber hatten beide Pr\u00e4parate verschiedenes Aussehen. Das Chloroplatinat des reduzierten Carnitins stellte n\u00e4mlich lange, schief abgeschnittene, 4seitige d\u00fcnne Tafeln und Prismen mit einer schiefen Ausl\u00f6schungsrichtung und mit meistenteils unebenen Kanten dar. Bei der Krystallisation aus einem Tropfen hei\u00dfen Wassers auf dem Objektglase schieden sich schmale d\u00fcnne Tafeln und sternf\u00f6rmig gruppierte N\u00e4delchen aus, deren Ausl\u00f6schungswinkel 20\u00b0 ausmachte, wobei die Axe der kleineren\n*) Die krystallographische Untersuchung wurde von Herrn Professor Wl. Gulewitsch liebensw\u00fcrdigerweise ausgef\u00fchrt.\n2) Zur Vergleichung wurde das Chloroaurat des reduzierten Carnitins, welches nach der ersten Analyse dieses Salzes zur\u00fcckgeblieben war, genommen (Seite 517).\n8) \u00dcber die Darstellung des zur Vergleichung genommenen Platinsalzes des reduzierten Carnitins, s. S. 520).","page":523},{"file":"p0524.txt","language":"de","ocr_de":"524\nR. Krimb erg,\nElastizit\u00e4t n\u00e4her der l\u00e4ngeren Kante lag. Die Krystalle des Chloroplatinates der Wills t\u00e4t ter sch en Base aber stellten unter dem Mikroskop \u00dfseitige oder schief abgeschnittene 4seitige d\u00fcnne Tafeln und Prismen dar, deren Kanten regelm\u00e4\u00dfiger als beim vorigen Pr\u00e4parat gebildet waren. Die Krystalle waren der L\u00e4nge nach -J-, die Ausl\u00f6schungsrichtung der l\u00e4ngeren\nKante parallel. Bei der Krystallisation aus einem Tropfen hei\u00dfen Wassers auf dem Objektglase schieden sich meistenteils sehr d\u00fcnne und breite schief abgeschnittene oder von der schm\u00e4leren Seite abgerundete Tafeln ab, welche im parallelen polarisierten Lichte meistenteils sehr niedrige Interferenzfarben zeigten; die Ausl\u00f6schungsrichtung war der l\u00e4ngeren Kante parallel; die Krystalle der L\u00e4nge nach -(-. Im konvergenten polarisierten Lichte war der Austritt der ersten Mittellinie deutlich sichtbar; die Ebene der optischen Axen war zur l\u00e4ngeren Kante des Krystalls senkrecht; der optische Charakter -f-.\nDa die Chloroaurate beider Verbindungen ihren krystallo-graphischen Eigenschaften nach sich als identisch erwiesen hatten, die Zusammenstellung der krystallographischen Eigenschaften der Chloroplatinate aber die Vermutung wahrscheinlich machte, da\u00df beide Chloroplatinate krystallographisch identisch waren, indem die Krystalle des Chloroplatinates der Willst\u00e4tterschen Substanz auf dem Pinakoide, diejenigen aber des Chloroplatinates des reduzierten Carnitins auf dem Prisma lagen, so wurde versucht, die Krystalle des einen Chloroplatinates in diejenigen des anderen durch Krystallisation bei verschiedenen Bedingungen \u00fcberzuf\u00fchren. Tats\u00e4chlich gelang es bei langsamerer Krystallisation des Chloroplatinates der Willst\u00e4tterschen Base aus einigen Tropfen hei\u00dfen Wassers auf dem Objekt glase mehrmals ebensolche schief abgeschnittene 4-kantige kleine Prismen wie diejenigen, welche sich aus den L\u00f6sungen des Chloroplatinates des reduzierten Carnitins ausschieden, erhalten; der Ausl\u00f6schungswinkel dieser Prismen betrug 20\u201422 \u00b0, wobei die Axe der kleineren Elastizit\u00e4t ebenfalls der l\u00e4ngeren Kante des Krystalls n\u00e4her lag. F\u00fcr die Identit\u00e4t beider Chloroplatinate sprach endlich noch der Umstand, da\u00df die mikroskopischen Kryst\u00e4llchen des Chloroplatinates des re-","page":524},{"file":"p0525.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. IX. 525\nduzierten Carnitins sich in einer ges\u00e4ttigten L\u00f6sung des Chloro-\nplatinates der Will st\u00e4t ter sehen Base nicht l\u00f6sten.\nDie soeben angef\u00fchrten Resultate der krystallographischen\nUntersuchung zeigen also, da\u00df das Reduktionsprodukt, welches\nheim Erhitzen des Carnitins mit Jodwasserstofifs\u00e4ure erhalten\nwird, mit dem Y-Trimethylbutyrobetain identisch ist,2) woraus\nman weiter den Schlu\u00df ziehen mu\u00df, da\u00df das Carnitin ein\nY-Trimethyloxybutyrobetain darstellt. Es fehlen bis jetzt\nnur noch Tatsachen, auf Grund welcher man die Lage der\nHydroxylgruppe im Carnitinmolek\u00fcl genau feststellen k\u00f6nnte.\nAls die wahrscheinlichste k\u00f6nnte vielleicht die \u00df-Stellung dieser\nGruppe angesehen werden, weil n\u00e4mlich die \u00df-Oxybutters\u00e4ure\nim tierischen Organismus aufgefunden ist, wobei dem Carnitin,\nwie schon erw\u00e4hnt, die Formel\n/O-------------CO\n(CH3)3 \u2022 n(\tI\nxCH2 \u2014 CH OH\u2014 CH2\nzukommen w\u00fcrde.\nZum Schlu\u00df ergreife ich die angenehme Gelegenheit, Herrn Professor Wl. Gulewitsch, welcher mir bei der Ausf\u00fchrung dieser Arbeit mit Rat und Tat stets behilflich gewesen ist, auch an dieser Stelle bestens zu danken.\n*) Durch die bei der Bestimmung der Schmelzpunkte der Chloro-platinate und Chloroaurate gefundenen Resultate kann dieser Schlu\u00df nicht zweifelhaft gemacht werden, da die Schmelz- oder richtiger die Zersetzungspunkte der Chloroaurate und Chloroplatinate einiger Basen, wie schon von mehreren Verfassern angegeben, durch verschiedene \u00e4u\u00dfere Bedingungen bisweilen sehr stark ge\u00e4ndert werden k\u00f6nnen.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LIII.\n35","page":525}],"identifier":"lit18623","issued":"1907","language":"de","pages":"514-525","startpages":"514","title":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln. IX. Mitteilung: Zur Frage \u00fcber die Konstitution des Carnitins","type":"Journal Article","volume":"53"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:54:27.276896+00:00"}

VL Library

Journal Article
Permalink (old)
http://vlp.uni-regensburg.de/library/journals.html?id=lit18623
Licence (for files):
Creative Commons Attribution-NonCommercial
cc-by-nc

Export

  • BibTeX
  • Dublin Core
  • JSON

Language:

© Universitätsbibliothek Regensburg | Imprint | Privacy policy | Contact | Icons by Font Awesome and Icons8 | Powered by Invenio & Zenodo