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{"created":"2022-01-31T13:45:50.064214+00:00","id":"lit18701","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Steudel, H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 55: 407-411","fulltext":[{"file":"p0407.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Kohlenhydratgruppe in der Nucleins\u00e4ure.\nVon\nH. Steudel.\nAus dom physiologischen Institut in Heidelherg.\u00bb\n(Der Redaktion zugegangen am 17. M\u00e4rz ltH'H >\nNachdem der stickstol\u00eehallige Teil der Nucleins\u00e4ure aul-sreliwt war,1) lie\u00df sich erwarten, da\u00df bei den nunmehr \u00fcbersichtlich gewordenen Verh\u00e4ltnissen auch eine exakte Bestimmung der Kohlenhydratgruppe in der Nucleins\u00e4ure sich w\u00fcrde erreichen lassen.\nBei der fr\u00fcher fast ausschlie\u00dflich angewandten Methode der Aufspaltung der Nucleins\u00e4ure mit siedender Schwefels\u00e4ure hatte inan als Abk\u00f6mmlinge des Kohlenhydratkomplexes Ameisens\u00e4ure und L\u00e4vulins\u00e4ure aufgefunden.2) Damit war wenigstens sichergestellt, da\u00df ein Hexakohlenhydrat in der Nucleins\u00e4ure vorhanden war; etwas N\u00e4heres lie\u00df sich aber nicht aussagen, besonders war es niemals gegl\u00fcckt, die Reduktionsf\u00e4higkeit des zugrunde liegenden Zuckers zu beweisen; in der Tat lie\u00df sich weder an der Nucleins\u00e4ure selbst noch bei Benutzung der damals \u00fcblichen Spaltungsmethode an der Zersetzungsll\u00fcssigkeit, auch wenn inan die st\u00f6renden Nucleinbasen aus ihr herausschaffte, ein Reduktionsverm\u00f6gen nachweisen. Ebensowenig Erfolg hatte ich hei Anwendung der Spaltung mit Salzs\u00e4ure oder Jodwasser-stofTs\u00e4ure. Dadurch unterscheidet sich also die Kohlenhydratgruppe der Nucleins\u00e4ure von der entsprechenden Pentosegruppe der Guanyls\u00e4ure und Inosins\u00e4ure. W\u00e4hrend man bei den beiden letzten K\u00f6rpern leicht zu reduzierenden Fl\u00fcssigkeiten kommt. i>t dies unter Einhaltung der gleichen Bedingungen bei der Nuclein-s\u00fcure nicht m\u00f6glich.\nh H. Steudel, Diese Zeitschrift. Bd. LUI. S. U; Bd. XLIX S. W>.\nV A. Kossel und A. Neumann, Bei*, d. Deutsch, ehern. Ges l\u00e4l. XXVII, s. 2221.","page":407},{"file":"p0408.txt","language":"de","ocr_de":"H. Steil del.\n\u2022ft IS\nU ollte man also bessere Kenntnisse \u00fcber die Kohtenhydr\u00e4t-trnippe sieh erwerben, so mu\u00dfte man andere Zersetzung,,,,., thoden iu Hilfe nehmen. Von diesen erschien mir zuerst <|j,. enzymatische Spaltung der Nucleins\u00e4ure geeignet.\nW\u00e4sserige Ausz\u00fcge aus der Thymusdr\u00fcse, aus Pankreas und aus der Darmschleimhaut enthalten ein Ferment, das die Nucleins\u00e4ure unter Abspaltung von Phosphors\u00e4ure und Allnxur-hasn, zerst\u00f6rt. Ich bereitete mir also, nachdem ich schon fr\u00fcher1 * ) die g\u00e4nzliche Wirkungslosigkeit des k\u00e4uflichen Tryp-sins (.Gr\u00fcbler) und des aus der Pankreasdr\u00fcse nach MavsG dai-gestellten Trypsins auf L\u00f6sungen von nucleinsaurem Natron festgestellt hatte, nach Sachs' Vorschrift3! einen Nuclease enthaltenden Auszug aus Thymus, indem ich 370 g rein pr\u00e4parierte Thymus durch die Fleischhackmaschine schickte, mit 7f>0 ccm Wasser und einer gen\u00fcgenden Menge Seesand fein zerrieb und in einer gut verschlossenen^lasche unter Zusatz einer geh\u00f6rigen Menge Toluol 12 Stunden stehen lie\u00df. Am n\u00e4chsten Tage wurde die Fl\u00fcssigkeit zentrifugiert, die milchige Suspension noch einmal durch Gaze geseiht und auf 1000 ccm aufgef\u00fcllt. Sie reagierte schwach sauer auf Lackmus. Davon wurden \u00f6OOccm ohne Zusatz in wohlverschlossener Flasche, und mit reichlich Toluol versehen in den Thermostaten gestellt: L\u00f6sung A, zur anderen H\u00fcllte wurde eine L\u00f6sunff von \u00e4o a-nucleinsaurem Natron (aus Thymusdr\u00fcsen gewonnen ) gef\u00fcgt und die Flasche, L\u00f6sung B, ebenfalls bei 38\u00b0 gehalten. (Das verwem dete nucleins\u00e4ure Natron war vollkommen rein, es gab keine Biuretreaktion mehr, gab auf Zusatz des gleichen Volumens tWSigeri Alkohols keine F\u00e4llung, sondern erst nach Zuf\u00fcgen einiger Tropfen konzentrierter Natriumacetatl\u00f6sung.) Es zeigte sich nun, da\u00df das Gelatinierungsverm\u00f6gen von B sehr bald unter der Einwirkung des Fermentes verschwand, und es wurde dann, um den Fortschritt der Spaltung zu kontrollieren, von Z\u00e8it zu Zeit in beiden L\u00f6sungen an filtrierten Proben mit Magnesia-\nli Diese Zeitschrift. Bd. XLYI, S. 311.\na) Diese Zeitschrift. Bd. XXXWII, S. 428. Das Pr\u00e4parat verdanke ich Herrn Dr. Mays.\nDiese Zeitschrift, Bd. XLVI, S. 337.","page":408},{"file":"p0409.txt","language":"de","ocr_de":"409\n\u00dcber die Kohlenhydratgruppe in der Nucleins\u00e4ure.\nnvixtur auf frei gewordene Phosphors\u00e4ure und mit ammoniaka-iischer Silberl\u00f6sung auf abgespaltene Alloxurbasen gepr\u00fcft. Beide Reagenzien gaben schon nach wenigen Tagen in B kr\u00e4ftige F\u00e4llungen, w\u00e4hrend in A nur sp\u00e4rliche Niederschl\u00e4ge entstanden. Untersuchte man nun aber B auf noch uuzersetzte Nucleins\u00e4ure, SO lie\u00df sich auch nach lange fortgesetzter Digestion hier noch immer ein erheblicher Teil davon nachweisen. Nach Zusatz des gleichen Volumens Alkohol zu einer Probe von B blieb diese zun\u00e4chst v\u00f6llig klar, um nach dem Zuf\u00fcgen weniger Tropfen konzentrierter Natriumacetatl\u00f6sung sofort einen Niederschlag lallen zu lassen, der durchaus den Eindruck von nueleinsaurem Natron macht. Es wurde deshalb, um die Zersetzung auch des Bestes wom\u00f6glich noch herbeizuf\u00fchren, nach 60 Tagen noch einmal eine Fermentl\u00f6sung hinzugef\u00fcgt.\n225 g Thymus wurden mit Seesand und 500 ccm Wasser fein verrieben, unter Toluolzusatz 12 Stunden stehen gelassen, dann zentrifugiert und auf 1000 ccm verd\u00fcnnt, je 500 ccm kamen in die beiden Reaktionsfl\u00fcssigkeiten.\nAls dann nach weiterer 20 t\u00e4giger Digestion kein sichtbarer Fortschritt in der Spaltung mehr eintrat, wurde der Versuch abgebrochen. Die \u00dcberf\u00fchrung der Nucleins\u00e4ure in die nicht gelatinierende Form l\u00e4\u00dft sich mit Hilfe der Nuclease of\u00eeenbar leicht bewerkstelligen, eine g\u00e4nzliche Aufspaltung scheint aber nur schwer zu erreichen zu sein.\nDie Digestionsfl\u00fcssigkeiten waren w\u00e4hrend des Versuches regelm\u00e4\u00dfig auf ihre Reduktionsf\u00e4higkeit Fehlingscher L\u00f6sung gegen\u00fcber gepr\u00fcft worden, und es zeigte sich bald in beiden L\u00f6sungen nach Entfernung der Alloxurbasen ein positiver Ausfall der Trommerschen Probe, der aber in der L\u00f6sung B bei weitem st\u00e4rker war. Ich habe nun versucht, den reduzierenden K\u00f6rper zu isolieren, bin aber bisher noch nicht damit zum Ziele gekommen.\nFs wurden beide L\u00f6sungen, die schwach sauer reagierten, aufgekocht, vom geringf\u00fcgigen Niederschlag abfiltriert, dann mit Barytwasser ausgef\u00e4llt, das nunmehrige Filtrat mit Schwefels\u00e4ure* schwach anges\u00e4uert und mit Silbersulfat die Alloxurbasen entfernt. Dann wurde das Silber mit Schwefelwasserstoff fort-","page":409},{"file":"p0410.txt","language":"de","ocr_de":"410\nH. Steudel,\ngeschafft und die genau mit Barythydrat neutralisierten wasserklaren L\u00f6sungen vorsichtig eingeengt. Es sollten nun die Fl\u00fcssigkeiten mit Fehlingscher L\u00f6sung titriert werden, dies ist mir aber bisher nicht m\u00f6glich gewesen genau durchzuf\u00fchren, <ui sich keine scharfe Endreaktion feststellen lie\u00df, nur das eine lie\u00df sich auch bei der Titration erkennen, da\u00df das Reduktion-verm\u00f6gen der L\u00f6sung, die die zersetzte Nucleins\u00e4ure enthielt, sehr Viel gr\u00f6\u00dfer war als das der Kontroll\u00f6sung, da\u00df also die Reduktion nicht alleine auf Substanzen beruht, die in der zugesetzten Fermentl\u00f6sung vorhanden waren, sondern da\u00df augenscheinlich aus der Nucleins\u00e4ure durch die Nuclease ein reduzierender K\u00f6rper abgespalten worden war. Die L\u00f6sung dieses K\u00f6rpers war rechtsdrehend, aber weder konnte sie bisher mit Hefe vergoren werden noch gelang es mit Phenylhydrazin zu einem fa\u00dfbaren Derivate zu kommen.\nEinen weiteren Aufschlu\u00df \u00fcber die Natur des Kohlenhydrates im Molek\u00fcl der Nucleins\u00e4ure hat mir die Spaltung der Nucleins\u00e4ure mit konzentrierter Salpeters\u00e4ure gegeben. Auch hier gelangt man leicht zu Fl\u00fcssigkeiten, die Fehlingsche L\u00f6sung reduzieren. Trennt man, entsprechend meinen fr\u00fcheren Angaben,1) z. B. aus freier Nucleins\u00e4ure die Alloxurbasen als Nitrate ab, so erh\u00e4lt man eine hellbernsteingelbe Fl\u00fcssigkeit, die nach der Neutralisation kr\u00e4ftig reduziert. Es l\u00e4\u00dft sich nun leicht nach weisen, da\u00df in diesem Falle noch der gesamte Phosphor an das Kohlenhydrat gebunden ist.\n10 g freie Nucleins\u00e4ure wurden mit 10 ccm Wasser + 10 ccm konzentrierte HN03 (spez. Gew. 1,4) \u00fcbergossen, nach mehrt\u00e4gigem Stehen die Fl\u00fcssigkeit von dem krystallinischen Bodensatz getrennt und auf 100 ccm aufgef\u00fcllt. In 10 ccm wurde die mit Magnesiamixtur f\u00e4llbare Phosphors\u00e4ure bestimmt und in weiteren 10 ccm wurde die Gesamtphosphors\u00e4uremenge nach dem Veraschen mit Soda und Salpeter festgestellt. In den ersten 10 ccm wurden 0,0326 g Mg2P207 = 0,0091 g P erhalten, in den zweiten 10 ccm 0,3062 g Mg,P207 = 0,0852 P.\nEs waren also in diesem Versuch die Alloxurbasen von dem Molek\u00fcl der Nucleins\u00e4ure abgetrennt und in der L\u00f6sung\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XLVIII, S. 425.","page":410},{"file":"p0411.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Kohlenhydratgruppe in der Nueleius\u00e4ure. Ill\nwar ein K\u00f6rper zur\u00fcckgeblieben, der noch fast die gesamte Phosphors\u00e4uremenge in organischer Bindung enthielt. Dieser K\u00f6rper reduziert nun kr\u00e4ftig Fehlingsche L\u00f6sung und dreht die Ebene des polarisierten Lichtes nach rechts.\nEine quantitative Bestimmung durch Titration ist mir hier ahcr ebensowenig wie in dem Versuch mit Nuclease gelungen, desgleichen habe ich bisher mit Phenylhydrazin keine Vor-bindung bekommen.\nDer negative Ausfall dieser Versuche ist vielleicht darauf zutiiekzuf\u00fchren, da\u00df das Kohlenhydrat noch die Phosphors\u00e4ure in ihrem Molek\u00fcl gebunden h\u00e4lt.\nVon Gamgee und Jones1) ist mitgeteilt worden, da\u00df die Xudeoproteide rechtsdrehend sind. Es w\u00fcrde nun die einfachste Erkl\u00e4rung dieser Rechtsdrehung sein, sie auf das Kohlen-hydrat der Nueleins\u00e4ure zu beziehen und in diesem letzteren etwa Glukose zu vermuten. Hierf\u00fcr fehlt freilich noch ein exakter beweis, ja die Beobachtung, da\u00df die Epizuekers\u00e4ure2) optisch inaktiv ist, w\u00fcrde dagegen sprechen, wenn man nicht an-nelimen wollte, da\u00df die zuerst entstandene d-Zuckers\u00e4ure durch die Manipulationen bei ihrer Isolierung racemisiert w\u00e4re.\nDas eigenartige Verhalten der reduzierenden Gruppe m\u00fc\u00dfte man wohl so erkl\u00e4ren, da\u00df sie urspr\u00fcnglich im intakten Mo-\u00e4knl der Nueleins\u00e4ure irgendwie mit den Alioxurbasen verbunden ist und da\u00df sie nur unter ganz bestimmten Bedingungen bei der Abtrennung der Alioxurbasen als solche erhalten bleibt dazu scheint eine einfache hydrolytische Spaltung wie die mit Schwefels\u00e4ure nicht geeignet zu sein: hier wird die reduzierende binppe sofort weiter ver\u00e4ndert.\nDie Untersuchungen werden von mir fortgesetzt.\n' Beitr\u00e4ge zur diem. Physiol, u. Pathol.. ') II. Sleudel, Diese Zeitschrift, Bd. L Bd Mil, S. H.\nBd. IV. lieft 1/2.\n\u2022S. 538.\u2019; Btl. Ul, S. (lg;","page":411}],"identifier":"lit18701","issued":"1908","language":"de","pages":"407-411","startpages":"407","title":"\u00dcber die Kohlenhydratgruppe in der Nucleins\u00e4ure","type":"Journal Article","volume":"55"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:45:50.064219+00:00"}