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{"created":"2022-01-31T14:33:31.411216+00:00","id":"lit18719","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Holobut, Theophil","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 56: 117-125","fulltext":[{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Arnolds Harnreaktion mit Nitroprussidnatrium.\nVon\nTheophil Holobut.\nAus dem Institut f\u00fcr allgemeine und experimentelle Pathologie der Universit\u00e4t\nzu Lemberg.)\n(Der Redaktion zugegangen am 28. April 1908.)\nVor kurzem hat Arnold1) in dieser Zeitschrift eine neue Reaktion mit Nitroprussidnatrium im Harn beschrieben, welche nach Einnahme von Fleischspeisen in verschiedener Form bezw. von Fleischbr\u00fche oder Fleischbouillon auftritt. Die Reaktion verl\u00e4uft folgenderma\u00dfen: Wenn wir zu 10\u201420 ccm Harn, welcher nach einer gewissen Zeit (1\u20142 Stunden) nach Einnahme einer Fleischspeise abgegeben wurde, 1 Tropfen einer \u25a0l'Voigen\" Nitroprussidnatriuml\u00f6sung und hierauf einige Kubikzentimeter einer 5\u00b0/oigen Natron- oder Kalilauge hinzuf\u00fcgen, so erhalten wir eine sch\u00f6ne violette Verf\u00e4rbung, welche schnell in purpurrot und schlie\u00dflich in gelb \u00fcbergeht. Geben wir zur violetten oder purpurroten L\u00f6sung Essigs\u00e4ure in \u00dcberschu\u00df, so erhalten wir eine dunkelblaue Verf\u00e4rbung, die rasch \u2014 im Verlaufe von einigen Sekunden \u2014 in eine hellgelbe Farbe \u00fcbergeht.\nStatt der Natronlauge kann man auch Ammoniak anwenden, nur mu\u00df man dann einige Tropfen der Nitroprussidnatriuml\u00f6sung und dann einige Kubikzentimeter Ammoniak hinzusetzen; es tritt dabei allm\u00e4hlich eine violette Verf\u00e4rbung auf, welche jedoch viel l\u00e4nger anh\u00e4lt, als bei Anwendung von Natronlauge. Diese violette Verf\u00e4rbung geht nach einer gewissen Zeit in eine rotgelbe und endlich in eine gelbe \u00fcber. V ill man sich letzterer Methode bedienen, so ist es angezeigt,\n') V. Arnold, Eine neue Nitroprussidreaktion des Harnes. Diese Zeitschrift, 1906, Bd. XL\u00cfX.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LVL\t9","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"Theophil Holobut,\nvorher den Harn durch Knochenkohle zu entf\u00e4rben, damit die violette F\u00e4rbe desto deutlicher zum Vorschein komme; auch bei Anwendung von Natronlauge m\u00fcssen wir den Harn entf\u00e4rben, wenn der Harn stark durch Harnfarbstoffe gef\u00e4rbt ist, insbesondere, wenn der die violette Reaktion gebende K\u00f6rper nur in geringer Menge darin enthalten ist.\nDiese neue Nitroprussidnatriumreaktion, welche mit der Reaktion auf Kreatinin nichts Gemeinsames hat, obgleich sie mit denselben Reagenzien nur in st\u00e4rkerer Konzentration ausgef\u00fchrt wird, erh\u00e4lt dadurch besonderes Interesse, da\u00df sie nur im Harn solcher Personen auftreten soll, welche Fleisch oder ein w\u00e4sseriges Extrakt aus demselben genossen haben, da\u00df sie hingegen nicht nachweisbar ist bei Personen, welche sich der Fleischspeisen enthalten, z. B. bei Typhuspatienten auf der H\u00f6he der Erkrankung. Durch den Nachweis dieser Reaktion im Harn eines Individuums \u2014 bei dem deutlichen Auftreten derselben \u2014 k\u00f6nnte daher der Beweis erbracht werden, da\u00df die betreffende Person eine gewisse Zeit vorher Fleisch bezw. Bouillon zu sich genommen habe. Wenn sich die Sache wirklich so verhalten w\u00fcrde, so w\u00e4re das die erste Harnprobe, auf Grund welcher wir auf die Art der eingenommenen Nahrung schlie\u00dfen k\u00f6nnten, ohne die Angaben des betreffenden Patienten ber\u00fccksichtigen zu m\u00fcssen. Heute k\u00f6nnen wir zwar auf Grund einer Harnuntersuchung durch Anwendung entsprechender Reaktionen abnorme Harnbestandteile nachweisen und daraus schlie\u00dfen, da\u00df ein gewisser K\u00f6rper, wie Jod, Brom, Salicyls\u00e4ure usw., vom Organismus aufgenommen wurde, wir k\u00f6nnen aber nicht aus Bestandteilen, welche normalerweise im Harn Vorkommen, den Nachweis erbringen, da\u00df diese oder jene Nahrung aufgenommen wurde.\nSo k\u00f6nnen wir bei einem vollkommen gesunden Individuum aus der gefundenen vermehrten Harnstoffmenge h\u00f6chstens auf eine vermehrte Eiwei\u00dfzufuhr im allgemeinen schlie\u00dfen ; selbstverst\u00e4ndlich k\u00f6nnte dies ebensogut Fleisch wie Eier oder eine andere eiwei\u00dfhaltige Nahrung gewesen sein. Anderseits finden wir aber den Harnstoff auch vermehrt im Fieber. Auch das vermehrte Vorfinden von Kreatinin mu\u00df nicht unbedingt daf\u00fcr","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Arnolds Hamreaktion mit Nitroprussidnatrium. 119\nsprechen, da\u00df es sich im gegebenen Falle, um eine vermehrte Zufuhr von Fleischspeisen handelt, denn wir finden eine erh\u00f6hte Kreatininmenge auch bei erh\u00f6hter Muskelarbeit und ebenso im Fieberzustande, wenn die Fleischzufuhr auf ein Minimum eingeschr\u00e4nkt wurde, ja sogar bei vollkommener Fleischkarenz.\nUm zu pr\u00fcfen, ob die violette Harnreaktion wirl/lich nur f\u00fcr ein Nahrungsmittel, d. h. das Fleisch und haupts\u00e4chlich f\u00fcr das durch hohe Temperaturgrade denaturierte Fleisch, charakteristisch ist, wurde eine ganze Reihe von Versuchen mit verschiedenen Nahrungsmitteln zuerst am Hunde und dann am Menschen ausgef\u00fchrt.\nDer Versuchshund wog 9 kg. Seine Ern\u00e4hrung im Verlaufe von 9 Tagen vor dem Versuche bestand zu anderen Zwecken aus Maismehl und Reis, aufgekocht in Leitungswasser mit Hinzugabe von etwas Kochsalz. In dem aus dieser Periode gesammelten Harn konnte man keine Spur dieser Reaktion\nnachweisen ; gew\u00f6hnlich trat nur eine schwache Kreatinin-reaktion auf.\nDer Hund wurde auf diese Weise ern\u00e4hrt, da\u00df er im \\ erlaufe von 2\u20143 Tagen eine bestimmte Nahrung, z. B. gekochtes Fleisch, erhielt und zwar einmal t\u00e4glich : nach Ablauf dieser Zeit wurde eine 1\u2014 2t\u00e4gige Pause eingef\u00fchrt, w\u00e4hrend welcher er nur Maismehl aufgekocht in Wasser bekam, dann wurde erst eine andere Nahrung, z. B. Milch, verabreicht. Die Harnuntersuchung wurde 1\u20143 st\u00fcndlich vorgenommen. Ern\u00e4hrt wurde der Hund nacheinander mit gekochtem und rohem Pferdefleisch, K\u00e4se, mit hartgekochten, rohen und gebackenen Eiern, mit Milch, Schmalz verabreicht mit Maismehl, mit Gelatine und mit reinem Pflanzeneiwei\u00df in Form von Roborat.\nIn dem in den ersten Stunden nach der Aufnahme von gekochtem Fleisch gesammelten Urin des Hundes trat eine ziemlich deutliche violette Reaktion auf und; zwar am deutlichsten in den 2\u2014i Stunden, schw\u00e4cher in den sp\u00e4ter abgegebenen Harnportionen; Spuren der Reaktion waren aber noch nach Verlauf von 24 Stunden nachweisbar. Zu erw\u00e4hnen ist. da\u00df die violette Reaktion, obgleich ganz deutlich hervor-","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\tTheophil Holobut,\ntretend, dennoch niemals in dieser Intensit\u00e4t erschien, wie das bei Menschen nach Aufnahme derselben Fleischmenge beobachtet wurde, trotzdem, da\u00df das Verh\u00e4ltnis des K\u00f6rpergewichtes des Hundes zu der von ihm verzehrten Fleischmenge \u00fcberaus gro\u00df war, er verzehrte 1!a\u2014V2 kg, w\u00e4hrend sein K\u00f6rpergewicht 9 kg betrug.\t/\nAuf Grund der mit gekochtem Fleisch gemachten Erfahrung, da\u00df beim Hund der die violette Reaktion im Harn gebende K\u00f6rper nicht besonders deutlich auftritt, wurde auch andere Nahrung, wie K\u00e4se, Eier, Milch usw., in gro\u00dfen, den Nahrungsbedarf \u00fcberschreitenden Mengen verabreicht; so wurden z. B.\n. 112\u2014-2 1 Milch, lh kg K\u00e4se usw. gegeben. Aus den ange-\nL f\u00fchrten Versuchen konnte man den Schlu\u00df ziehen, da\u00df die violette Reaktion, obgleich sie nach gekochtem Fleisch am ausgepr\u00e4gtesten war, dennoch f\u00fcr dasselbe nicht spezifisch ist, denn sie wurde ebenfalls \u2014- wenn auch in bei weitem schw\u00e4cheren Grade \u2014 bei anderen Nahrungsmitteln, wie Milch, K\u00e4se und Eiern gefunden. Nach Aufnahme derselben trat die Reaktion zwar nur undeutlich, man k\u00f6nnte sagen, in Spuren auf, aber sie war doch unzweifelhaft zu sehen, und zwar wieder verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig am st\u00e4rksten nach K\u00e4se, weniger stark nach Eiern und am schw\u00e4chsten nach Milch. Nach Roborat und Gelatine wurde die violette Reaktion im Harn des Hundes nicht beobachtet, und es kann auch sein, da\u00df dieselbe bei Aufnahme der erw\u00e4hnten Nahrungsmittel beim Hunde nicht auftritt, es ist aber nicht ausgeschlossen, da\u00df der negative Ausfall der Reaktion nur auf ungen\u00fcgende Zufuhr dieser Nahrungsmittel zur\u00fcckzuf\u00fchren ist; sie wurden n\u00e4mlich vom Hunde schon beim ersten Versuche nur ungern genommen \u2014 das Roborat teilweise erbrochen \u2014 sp\u00e4ter gar nicht ber\u00fchrt.\nInteressant ist, da\u00df, w\u00e4hrend nach gekochtem Fleisch die violette Reaktion ziemlich deutlich zum Vorschein kommt, dieselbe nach Aufnahme derselben Menge rohen Fleisches nicht nachweisbar ist.\nNachdem es sich herausgestellt hatte, da\u00df der Hund zu diesen Versuchen nicht besonders geeignet ist, da der die violette Reaktion gebende K\u00f6rper nach Aufnahme von gro\u00dfen","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Arnolds Harnreaktion mit Nitroprussid.nalrium. 121\nMengen gekochten Fleisches nicht besonders deutlich zum Vorschein kommt, und bei den anderen Nahrungsmitteln kaum spurenweise auftritt, wurde eine ganze Reihe von Versuchen am Menschen ausgef\u00fchrt, und zwar derart, da\u00df das gegebene Individuum \u2014 welches au\u00dfer geringer arthritischer Erscheinungen vollkommen gesund war \u2014 im Laufe der ersten drei Tage der Woche die gew\u00f6hnliche Kost, also auch Fleisch, bekam. dagegen in den folgenden 4 Tagen der Woche das Fleisch vollkommen ausgeschlossen wurde.\nIn dieser Zeit wurde au\u00dfer Semmeln und Brot, K\u00e4se, Milch, Eier, Roborat, Gr\u00fctze, Erbsen gegeben, wobei die Versuchsperson dieselbe Nahrung durch 2\u20143 Tage nacheinander zum Mittags- und Abendmahl erhielt. Die Versuche wurden durch eine Reihe von Wochen durchgef\u00fchrt. Die viert\u00e4gige Fleischkarenzperiode wurde deshalb eingeschaltet, um vollkommen sicher zu sein, da\u00df die violette Reaktion \u2014 bezw. ihre Spuren nicht von dem vor dem Versuche verzehrten Fleisch herr\u00fchre, was im Verlaufe der ersten Stunden nach Aufnahme einer Fleischmahlzeit wirklich der Fall sein k\u00f6nnte. Hier sei erw\u00e4hnt, da\u00df die eingenommenen Nahrungsmengen nie die Norm \u00fcberschritten. Der Harn wurde stets in den ersten 6 Stunden nach Aufnahme der Nahrung und zwar in >/2- bis 1-st\u00fcndigen l\u2019ausen, wenn n\u00f6tig, auch \u00f6fter untersucht.\nDie derart durchgef\u00fchrten Versuche f\u00fchrten zu dem Resultate, da\u00df die violette Reaktion im Harne stets deutlich \u2014 nicht nur spurenweise \u2014 auch nach Speisen auftrat, in welchen Fleisch vollkommen fehlte. So wurde sie gefunden nach Aufnahme von K\u00e4se (besonders gebackenem) oder von sogenannten Quargeln (nach 4 St\u00fcck), nach Eiern, besonders eingenommen in Form von R\u00fchreiern, in geringerem Grade nach, gekochten Eiern, wie auch nach Milch; bei letzterer trat die Reaktion ziemlich schwach auf. Ebenso wurde eine deutlich positive Reaktion nach \\ erabreichung von Gr\u00fctze, Erbsen und reinem Pflanzeneiwei\u00df, <1. i. Roborat, erhalten. Besonders ausgesproch\u00e9n war die Reaktion 3V*\u20144Va Stunden nach Einnahme einer Abendmahlzeit, bestehend aus R\u00fchreiern (5-6 St\u00fcck), oder aus gebackenen! K\u00e4se bezw. Gr\u00fctze; sie erreichte hier meist eine Intensit\u00e4t,-wie dies","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"*22\tTheophil Holobut,\nnach Aufnahme von gr\u00f6\u00dferen Fleischmengen gesehen wurde. Das Auftreten der violetten Reaktion wurde nicht beobachtet oder h\u00f6chstens in minimalen Graden nach Aufnahme von Zucker (125 g auf einmal) und Fett in Form von Butter (80 g auf ein* mal). Dagegen trat die Arnoldsche Reaktion deutlich und zwar \u00e4u\u00dferst intensiv nach Einnahme von gr\u00f6\u00dferen Bierquantit\u00e4ten auf, wobei die ersten Spuren schon 15\u201420 Minuten nach dem Trinken zum Vorschein kamen. Nat\u00fcrlich war die Reaktion anfangs nicht besonders stark, was durch die starke Verd\u00fcnnung des Urins zu erkl\u00e4ren w\u00e4re ; sein spezifisches Gewicht schwankte in dieser Zeit zwischen 1,000\u20141,0015. In den sp\u00e4teren Stunden, als der Harn schon konzentrierter war, trat auch die Reaktion bei weitem intensiver auf.\nBei n\u00e4herer Betrachtung sehen wir, da\u00df die violette Reaktion im Harn besonders deutlich nach der Aufnahme von Nahrungsstoffen zum Vorschein kommt, welche reich sind an Eiwei\u00df, sei es tierischem, sei es pflanzlichem (auch das Bier enth\u00e4lt eine ziemlich bedeutende Menge von leicht resorbierbaren, gr\u00f6\u00dftenteils peptonisierten Eiwei\u00dfk\u00f6rpern), so da\u00df man vermuten k\u00f6nnte, ob nicht vielleicht die Eiwei\u00dfk\u00f6rper in einem engeren Zusammenh\u00e4nge zum Auftreten der violetten Reaktion st\u00fcnden. Diese Frage kann man vorderhand nicht mit vollkommener Sicherheit im positiven Sinne beantworten, obgleich es sehr naheliegend w\u00e4re; wir k\u00f6nnen nur hervorheben, da\u00df die Reaktion bei stark eiwei\u00dfhaltiger Nahrung zustande kommt. Aus der Tatsache, da\u00df der die violette Reaktion gebende K\u00f6rper in der Plerde- und Rindfleischbr\u00fche selbst nicht nachweisbar ist, trotzdem er im Harn nach der Einnahme dieser Br\u00fche erscheint, w\u00e4re der Schlu\u00df zu ziehen, da\u00df dieser K\u00f6rper, bezw. diese Substanz, aus der derselbe entsteht \u2014 die Muttersubstanz \u2014, wenn sie wirklich in der Nahrung vorhanden w\u00e4re, \u2022 erst einen bisher nicht n\u00e4her bekannten Umwandlungsproze\u00df beim Durchgang durch den Organismus erleiden m\u00fc\u00dfte, um im Harn zum Vorschein zu kommen.\nOb bei diesem Durchpassieren durch den Organismus der Verdauungstraktus eine gr\u00f6\u00dfere Rhlle spielt, wurde auf diese Weise zu ermitteln versucht, da\u00df dem Hunde das eine Mal eine","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Arnolds Harnreaktion mit Nitroprussidnatrium. 123\nstarke Rindsbr\u00fche per os gegeben wurde, das andere Mal die Rindsbr\u00fche subkutan einverleibt wurde, also mit Umgehung des \\ t rdauungsschlauches. Sowohl in dem einen wie in dem anderen Falle fand man keinen Unterschied in dem Auftreten der violetten Reaktion im Harn, in beiden F\u00e4llen war die Intensit\u00e4t derselben fast vollkommen gleich ausgepr\u00e4gt. Das k\u00fcnstliche V erdauen von Eiwei\u00df hat ebenfalls keine positiven Resultate ergeben. In der Pferdefleischbr\u00fche konnte der die violette Reaktion gebende K\u00f6rper \u2014 wie schon oben erw\u00e4hnt wurde________\nnicht nachgewiesen werden ; es trat zwar nach Hinzuf\u00fcgen der entsprechenden Reagenzien genau nach den Angaben von Arnold stets eine Farbenreaktion auf, dieselbe war aber vollkommen verschieden von der von ihm angegebenen -violetten Reaktion im Harn. Wenn wir zur Fleischbr\u00fche einen Tropfen einer 4<Voigen Nilroprussidnatriuml\u00f6sung und einige Kubikzentimeter Natronlauge hinzuf\u00fcgen, so erhalten wir eine rote Verf\u00e4rbung, anfangs mit einer leichten violetten N\u00fcance, welche Verf\u00e4rbung jedoch rasch in eine bleibende gelbe Farbe \u00fcbergeht ; die rote Farbe verschwindet sofort, wenn man zu der Losung Essigs\u00e4ure in \u00dcberschu\u00df hinzusetzt. Wenn wir statt der Natronlauge Ammoniak gebrauchen und die Probe so ausf\u00fchren, da\u00df wir zu einigen Kubikzentimetern Fleischbr\u00fche einige Tropfen einer Einigen Nitroprussidnatriuml\u00f6sung und dann etwas Ammoniak (einige Tropfen) von spezifischem Gewicht 0,96 hinzugeben, so et halten wir eine ziemlich lang anhaltende, sch\u00f6ne, rosa-veilchen-artige Verf\u00e4rbung, welche nach einer gewissen Zeit in eine mehr rote, dann rotgelbe und schlie\u00dflich gelbe Farbe \u00fcbergeht. Das Ammoniak mu\u00df vorsichtig, tropfenweise zugesetzt werden, denn beim Zugie\u00dfen einer gr\u00f6\u00dferen Menge von Ammoniak erhalten wir entweder keine rosa-violette Verf\u00e4rbung, nur eine rote bezw. gelbe, oder die erw\u00e4hnte Farbe tritt zwar auf, verschwindet aber sofort. Der die Farbenreaktion in der Fleischbr\u00fche gebende K\u00f6rper ist sehr empfindlich gegen die Einwirkung von Alkalien und verschwindet aus der Bouillon, wenn man dieselbe durch Ammoniak alkalisch macht und nach einigen Stunden aus ihr das Ammoniak vertreibt; dann ist die Reaktion mit Nitroprussidnatrium und Natronlauge bezw. Ammoniak ab-","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nTheophil Holobut,\nsolut nicht zu erhalten; sie verschwindet ebenfalls aus der Bouillon nach einer gewissen Zeit, n\u00e4mlich dann, wenn die Bouillon alkalisch geworden ist.\nln einer solchen, alkalisch reagierenden Bouillon kann man die ^ Farbenreaktion nicht nachweisen; dagegen bleibt die Reaktion auf Kreatinin sehr lange erhalten und tritt noch nach einigen Monaten \u00e4u\u00dferst intensiv auf. Vorderhand bleibt die 1 rage offen, ob man nicht berechtigt w\u00e4re, den K\u00f6rper, welcher in der Bouillon mit Nitroprussidnatrium und Natronlauge bezw. Ammoniak die Farbenreaktion gibt, f\u00fcr die Substanz zu halten, aus welcher nach dem Durchpassieren durch den Organismus derjenige K\u00f6rper entsteht, der die violette Reaktion im Harn verursacht; es ist nur zu bemerken, da\u00df, wenn wir die starke, eine ausgesprochene Farbenreaktion gebende Bouillon mit Ammoniak alkalisch machen und hierauf nach etlichen Stunden das Ammoniak durch Kochen vertreiben und wenn wir darauf diese Bouillon, welche mit Nitroprussidnatrium und Natronlauge bezw. Ammoniak keine Farbenreaktion gibt, dem Hunde eingeben, so tritt die violette Reaktion im Harne desselben sehr intensiv auf.\nWenn wir die Ergebnisse unserer Untersuchungen zusammenfassen, so m\u00fcssen wir sagen, da\u00df das Auftreten der A mold sehen Reaktion und ihre Intensit\u00e4t von der Art und Menge der eingef\u00fchrten Nahrung abh\u00e4ngig ist. Am deutlichsten tritt die Reaktion auf nach Aufnahme stark eiwei\u00dfhaltiger Nahrung, und zwar in gekochtem, gebratenem oder \u00fcberhaupt durch hohe Temperaturgrade ver\u00e4ndertem Zustande. Unter diesen sind es wieder die Fleischspeisen, nach denen die Reaktion am intensivsten zum Vorschein kommt.\nDer Umstand, da\u00df die Reaktion haupts\u00e4chlich nach stark eiwei\u00dfhaltiger Nahrung auftritt, l\u00e4\u00dft uns vermuten \u2014 obgleich wir vorderhand den Beweis daf\u00fcr nicht erbringen k\u00f6nnen \u2014, da\u00df das Eiwei\u00df oder die Eiwei\u00dfk\u00f6rper die Quelle f\u00fcr das Entstehen der Substanz darbieten, welche die Arnoldsche Reaktion gibt: dabei hat auf die Intensit\u00e4t der Reaktion auch die Abstammung der Eiwei\u00dfk\u00f6rper einen Einflu\u00df, indem sie bei Fleischeiwei\u00df am deutlichsten auftritt, bei den anderen mehr","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Arnolds Harnreaktion mit Nitroprussidnatrium. 125\noder weniger deutlich. Ob diese Behauptung richtig ist, werden weitere Untersuchungen zeigen : der Zweck obiger Untersuchungen war \u00fcbrigens nicht das Auffinden des K\u00f6rpers, aus dem die Reaktion entsteht, oder die Bestimmung seiner chemischen Konstitution, sondern vielmehr der Nachweis, nach welcher Nahrung \u00fcberhaupt die Reaktion auftritt.\nVom praktischen Standpunkt aus betrachtet, gibt uns die Probe die M\u00f6glichkeit, sich leicht und schnell* \u00fcber die Art der Ern\u00e4hrung des betreffenden Individuums zu orientieren. Zur Ausf\u00fchrung der Probe braucht man keine besonderen Apparate und Reagenzien. Die zum Nachweis von Kreatinin n\u00f6tigen Reagenzien, n\u00e4mlich Nitroprussidnatrium und Natronlauge, sowie auch Essigs\u00e4ure, sind wohl fast immer vorhanden und ihre entsprechende Verd\u00fcnnung zum Zwecke der Ausf\u00fchrung der Arno l\u00f6schen Reaktion nimmt nur einige Minuten in Anspruch. Finden wir eine deutliche Arnoldsche Reaktion im Harn, bei normalem spezifischen Gewicht, so k\u00f6nnen wir mit Bestimmtheit daraus schlie\u00dfen, da\u00df das betreffende Individuum sich geh\u00f6rig mit eiwei\u00dfhaltiger Nahrung, vor allem mit Fleisch ern\u00e4hrt.\nDieses Verhalten der violetten Reaktion ini Harn bei verschiedener Nahrung hat nat\u00fcrlich seine G\u00fcltigkeit nur f\u00fcr vollkommen gesunde Individuen: da\u00df dieselbe bei Krankheitszust\u00e4nden, in welchen die Resorption wie auch der Stoffwechsel \u00fcberhaupt alteriert ist, auch Ver\u00e4nderungen erleidet, ist wahrscheinlich und daf\u00fcr scheint auch der Umstand zu sprechen, da\u00df Arnold im Harne fiebernder Kranker bei Fleischkarenz die Reaktion nicht vorfand. Er sagt n\u00e4mlich, da\u00df bei Personen, welche kein Fleisch essen (z. B. bei Kranken, die auf Milchdi\u00e4t gehalten werden), dieser K\u00f6rper nicht nachweisbar ist (trotzdem, da\u00df der Gehalt des Harns an Kreatinin oft bedeutend war). Weitere diesbez\u00fcgliche Untersuchungen sind jedenfalls zur Kl\u00e4rung der Sache notwendig.","page":125}],"identifier":"lit18719","issued":"1908","language":"de","pages":"117-125","startpages":"117","title":"\u00dcber Arnolds Harnreaktion mit Nitroprussidnatrium","type":"Journal Article","volume":"56"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:33:31.411221+00:00"}