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{"created":"2022-01-31T13:47:25.171441+00:00","id":"lit18735","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Winterstein, E.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 58: 118-121","fulltext":[{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Konstitution des Phytins.\nVon\nE. Winter stein.\n(Aus dem agrikultur-chemischen Laboratorium des Polytechnikums in Z\u00fcrich.) (Der Redaktion zugegangen am 16. Oktober 1908.)\nIm Jahre 1897*) habe ich gezeigt, da\u00df die aus Senfsamen (sinapis nigra) mit Hilfe von Essigs\u00e4ure extrahierbare organische phosphorhaltige Substanz bei der Spaltung mit S\u00e4uren unter Druck Inosit liefert, und man durfte wohl annehmen, da\u00df diese Substanz eine mit Inosit gepaarte Phosphors\u00e4ure einschlo\u00df.\nS. Posternak* 2) hat dann sp\u00e4ter eine Methode zur Darstellung einer einheitlichen Substanz angegeben, welche in ihrer Zusammensetzung mit einer Inositphosphors\u00e4ure \u00fcbereinstimmt. Das saure Ca-Mg-Salz dieser S\u00e4ure wurde mit dem Namen Phytin3) belegt und wird von der Gesellschaft f\u00fcr Chemische Industrie in Basel als wertvolles Heilmittel in den Handel gebracht.\nPosternak hat f\u00fcr die aus dem Phytin darstellbare S\u00e4ure eine Konstitutionsformel angegeben, wonach dieselbe eine An-hydrooxymethylendiphosphors\u00e4ure sein soll; eine Ansicht, welche besonders seitens der Pflanzenphysiologen gro\u00dfen Anklang gefunden hat. Die Ansicht Posternaks wird haupts\u00e4chlich durch die Befunde unterst\u00fctzt, welche der Genannte bei der Molekulargewichtsbestimmung der aus dem Phytin darstellbaren S\u00e4ure nach der kryoskopischen Methode (Ermittlung der Depression des\n9 \u00dcber einen phosphorhaltigen Pflanzenbestandteil, welcher bei der Spaltung Inosit liefert, Ber., Bd. XXX, S. 2299.\n2)\tMan vergleiche die Arbeiten: Revue g\u00e9n\u00e9rale de Botanique, 1900, Bd. XII, S. 5; Comptes rendus de l\u2019Acad\u00e9mie des Sciences, 1903, Bd. CXXXVII, S. 202; ibid., S. 337, S. 439.\n3)\tComptes rendus des s\u00e9ances de la Soci\u00e9t\u00e9 de Biologie, Bd. LV, S. 1190.","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Konstitution des Phytins.\n119\nGefrierpunktes des Wassers) erhalten hat. Da wir aber \u00fcber die Gr\u00f6\u00dfe der elektrolytischen Dissoziation solcher komplexen Verbindungen keine eingehenden Untersuchungen besitzen, so lassen die erhaltenen Zahlen auch eine andere Deutung zu. Vom rein chemischen Gesichtspunkt m\u00fc\u00dfte die Kondensation von Formaldehyd zu Inosit, welche nach Posternak bei der Spaltung mit Schwefels\u00e4ure quantitativ verlaufen soll, als eine ohne Analogie dastehender, h\u00f6chst eigenartiger Vorgang bezeichnet werden. Es sind daher auch von verschiedener Seite1) Bedenken gegen die von Posternak angegebene Konstitutionsformel des Phytins ge\u00e4u\u00dfert worden.\nNach dem von mir gemachten Befund, wonach das Phytin bei der Spaltung mit Laugen unter Druck Inosit und Alkaliphosphate liefert, mu\u00df es als recht wahrscheinlich bezeichnet werden, da\u00df dem Phytin eine gepaarte Inositphosphors\u00e4ure, die man wohl mit dem Namen Phytins\u00e4ure bezeichnen darf, zugrunde liegt.\n\u00dcber die diesbez\u00fcglichen Versuche m\u00f6chte ich im folgenden berichten. Das Phytin ist au\u00dferordentlich widerstandsf\u00e4hig gegen Alkalien ; beim Erhitzen mit ges\u00e4ttigter Barytl\u00f6sung auf 180\u00b0 w\u00e4hrend 20\u201430 Stunden werden nur sehr kleine Mengen Inosit gebildet; erhitzt man etwa 100 Stunden mit 10\u00b0/oiger Natronlauge, so lassen sich aus dem Reaktionsgemisch auch nur kleine Mengen Inosit isolieren. Bessere Ausbeuten erh\u00e4lt man nach folgendem Verfahren.2) 10 g Phytin werden in einem zylinderf\u00f6rmigen mit Hahn versehenen Kupferautoklaven mit 200 ccm 20\u00b0/oiger Natronlauge 20\u201424 Stunden auf 220\u2014230\u00b0 erhitzt. Nach dem Erkalten bringt man die Fl\u00fcssigkeit in ein Becherglas, r\u00fchrt um, wobei eine Ausscheidung von Alkaliphosphat stattfindet, nach l\u00e4ngerem Stehen saugt man die nahezu farblose L\u00f6sung von dem ausgeschiedenen Krystallbrei\n1)\tC. Neuberg und B. Bruhn, Biochemische Zeitschrift, Bd. V, S. 443, 1907. \u2014 Ibid., C. Neuberg, Bd. VI, S. 557, 1908.\n2)\tAuch nach dem zu beschreibenden Verfahren erh\u00e4lt man viel weniger Inosit als bei der Spaltung mit S\u00e4uren. Der Grund dieser Erscheinung d\u00fcrfte vielleicht darin liegen, da\u00df der Inosit von Laugen bei Temp, \u00fcber 200\u00b0 ver\u00e4ndert wird. Dies soll noch gepr\u00fcft werden.","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\nE. Winterstein,\nab, w\u00e4scht die Krystalle mit verd\u00fcnntem Alkohol einige Male aus und f\u00e4llt die noch vorhandene Phosphors\u00e4ure mit Baryum-hydroxyd in der Siedehitze quantitativ aus, die vom Baryum-phosphat getrennte L\u00f6sung wird mit Eisessig nahezu neutralisiert und die schwach alkalische L\u00f6sung mit Bleiessig gef\u00e4llt, die Fl\u00fcssigkeit aufgekocht; nach einiger Zeit bringt man die feine Ausscheidung auf die Nutsche, w\u00e4scht mit Wasser wiederholt aus. Die Bleif\u00e4llung wird mit Wasser fein zerrieben und in der Hitze mit Schwefelwasserstoff zersetzt, die vom Bleisulfid getrennte farblose L\u00f6sung wird auf ein kleines Volumen eingeengt,mit Alkohol versetzt und aufgekocht, wobei eine amorphe Ausscheidung erfolgt; man trennt die entstandene F\u00e4llung von der Fl\u00fcssigkeit, f\u00fcgt soviel absoluten Alkohol hinzu, bis eine schwache Tr\u00fcbung auftritt, und l\u00e4\u00dft einige Zeit stehen, hierbei scheiden sich feine Nadeln aus, welche aus verd\u00fcnntem Alkohol und zuletzt aus Wasser umkrystallisiert wurden.1) Die Krystalle zeigten folgendes Verhalten: Die Zusammensetzung der bei 110\u00b0 getrockneten Substanz stimmte ziemlich gut auf die Formel C6H1206. Die Krystalle schmolzen bei 221\u00b0 gleichzeitig mit einem Inositpr\u00e4parat2) unserer Sammlung, den gleichen Schmelzpunkt zeigte auch ein Gemisch des isolierten K\u00f6rpers mit Inosit.\nSie gaben die sogenannte Scherersche Reaktion. Rosaf\u00e4rbung beim Erhitzen mit Salpeters\u00e4ure und darauffolgendem Eindunsten mit Chlorcalciumammoniak. Die Substanz schmeckt s\u00fc\u00df, in Wasser ist sie leicht l\u00f6slich, aus der w\u00e4sserigen L\u00f6sung scheiden sich beim Verdunsten im Exsikkator stark gl\u00e4nzende sechsseitige Krystalle aus, welche beim Trocknen bei 110\u00b0 undurchsichtig werden und dabei 2 Molek\u00fcle Krystallwasser verlieren. Die w\u00e4sserige L\u00f6sung reduziert eine mit Natronlauge versetzte ammoniakalische L\u00f6sung von Silbernitrat. Eine 2\u00b0/oige w\u00e4sserige L\u00f6sung zeigte im 5 cm-Rohr im Soleil-Ventzke-\n1)\tEs wurden drei verschiedene Versuche ausgef\u00fchrt, wobei die Temperatur des Erhitzens und die Dauer etwas variiert wurde; das Ergebnis war in allen drei F\u00e4llen das gleiche.\n2)\tDer Schmelzpunkt wird f\u00fcr Inosit verschieden angegeben. In Lippmanns Chemie der Zuckerarten, Bd. I, S. 1027, ist f\u00fcr i-Inosit 225\u00b0 angegeben.","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Frage der Konstitution des Phytins.\n121\nsehen Apparat keine Drehung. Die bei der Spaltung des Phytins mit Laugen erhaltene Substanz stimmt somit in ihren Eigenschaften mit Inosit \u00fcberein.\nC. Neuberg sagt am Ende seiner Abhandlung : \u00abDanach ist die Auffassung des Phytins als Inositphosphors\u00e4ure begr\u00fcndet\u00bb. Durch den von mir gemachten Befund erh\u00e4lt diese Auffassung eine weitere St\u00fctze. Ich m\u00f6chte noch hinzuf\u00fcgen, da\u00df ich schon vor l\u00e4ngerer Zeit, noch vor dem Erscheinen der Arbeit Neubergs, die beschriebenen Versuche ausgef\u00fchrt habe, aus \u00e4u\u00dferen Gr\u00fcnden aber habe ich die Befunde nicht fr\u00fcher publiziert, besonders auch deshalb, weil ich die Ergebnisse der Synthese der Inositphosphors\u00e4ure, die bei uns im Gange ist, noch abwarten wollte.\nDem Inosit scheint im Stoffwechsel der S\u00e4ugetiere eine bis jetzt noch unbekannte, aber wohl wichtige Rolle zuzukommen, da wir diese Verbindung als Bestandteil wichtiger Organe vorfinden. Da nun das Phytin h\u00f6chstwahrscheinlich eine Inositphophors\u00e4ure ist,* 2) so ist anzunehmen, da\u00df dasselbe durch eine hydrolytische Spaltung, nicht erst durch eine Synthese aus dem Formaldehyd entsteht. U. Suzuki, K. Jos-hinuwa und M. Takaishi3) fanden, da\u00df das Phytin durch ein besonderes Ferment \u00abPhytase\u00bb gespalten wird.\n*) P. Mayer, \u00dcber das physiologische Verhalten des Inosits, Biochemische Zeitschrift, Bd. II, S. 393, 1907; ibid., Bd. VI, S. 531, 1908.\n2)\t\u00dcber Inositurie und die physiologische Bedeutung des Inosits. E. Starkenstein, Zeitschrift f\u00fcr experimentelle Pathologie und Therapie, Bd. V, S. 378, 1908.\n\u00ab 9\t_\n3)\tUber ein Enzym Phytase, das Anhydro-oxymethylen-diphosphor-s\u00e4ure spaltet. Bull, of the College of Agriculture, Tokio, Imp. University, Bd. VII, S. 503, 1907.","page":121}],"identifier":"lit18735","issued":"1908-09","language":"de","pages":"118-121","startpages":"118","title":"Ein Beitrag zur Frage der Konstitution des Phytins","type":"Journal Article","volume":"58"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:47:25.171446+00:00"}