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{"created":"2022-01-31T13:48:42.806789+00:00","id":"lit18738","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Bissegger, W.","role":"author"},{"name":"L. Stegmann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 58: 147-152","fulltext":[{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der bei der Verdauung des Caseins\nauftretenden Produkte.\nI. Mitteilung.\nVon\nW. Bissegger und L. Stegmann.\n(Aus dem agrikultur-chemischen Laboratorium des Eidgen\u00f6ssischen Polytechnikums\nin Z\u00fcrich.)\n(Der Redaktion zugegangen am 29. Oktober 1908.)\nWinterstein1) hat nachgewiesen, da\u00df in fehlerhaften, sogenannten gebl\u00e4hten K\u00e4sen sich zuweilen sekund\u00e4re Eiwei\u00dfzersetzungsprodukte (Penta- imd Tetramethylendiamin) vorfinden, da\u00df aber im normalen Emmentaler K\u00e4se diese Produkte fehlen; dieser Befund ist dann von Bissegger2) bei einer eingehenden Untersuchung eines mit Hilfe von Freudenbergschen Reinkulturen hergestellten Emmentaler K\u00e4ses best\u00e4tigt3) worden. Solche sekund\u00e4ren Zersetzungsprodukte konnte der Genannte auch in einem K\u00e4se nicht auffinden, welcher 11 Monate im K\u00e4sekeller aufbewahrt worden war. Im Anschlu\u00df an dieses Ergebnis hat dann Bissegger gezeigt, da\u00df auch bei langandauernder Verdauung von Gasein mit Pankreatin und Pepsin bei Gegenwart von Antiseptika4) (Toluol und Natriumfluorid) kein Tetra- und Pentamethylendiamin gebildet werden.4) Bissegger\n*) E. Winter st ein und J. Toni, Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der Bestandteile des Emmentaler K\u00e4ses. Diese Zeitschrift, Bd. XXXVI, S. 28.\n2)\tWeitere Beitr\u00e4ge zur Kenntnis der stickstoffhaltigen Bestandteile, insbesondere der Eiwei\u00dfk\u00f6rper des Emmentaler K\u00e4ses. Inaugural-Dissertation. Z\u00fcrich 1907.\n3)\tDer K\u00e4se wurde auf der Molkereischule R\u00fcti bei Bern hergestellt. Es sei uns gestattet, Herrn Direktor Peter und Herrn Dr. Koestler unseren verbindlichsten Dank f\u00fcr das uns bewiesene Entgegenkommen zum Ausdruck zu bringen.\n4)\tMan vergleiche die Literaturzusammenstellung \u00fcber die Bildung sekund\u00e4rer Eiwei\u00dfspaltungsprodukte in der Dissertation von W. Biss egger. S. 9\u201414.\n10*","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nW. Bissegger und L. Stegmann,\nfand aber bei eingehender Untersuchung der sogenannten Lysinfraktion neben Polypeptiden und Lysin eine basische Substanz, welche in ihrer Zusammensetzung und Eigenschaften wesentlich vom Lysin abweicht: Das Chlorhydrat der Base krystallisiert in gro\u00dfen, glasgl\u00e4nzenden, treppenf\u00f6rmigen Krystalldrusen,\nwelche im Methylalkohol nahezu unl\u00f6slich sind. Charakteristisch\n%}\nist ferner das in siedendem Wasser nahezu unl\u00f6sliche Phos-phorwolframat.\nWir sehen vorl\u00e4ufig davon ab, auf Grund der bei der Analyse erhaltenen Zahlen eine Formel aufzustellen, da wir bisher nur eine Elementaranalyse ausf\u00fchren konnten. Da aber die Herstellung dieser Substanz sehr zeitraubend1) ist und dieselbe anscheinend nur unter ganz bestimmten, bis jetzt noch nicht sicher festgesetzten Yersuchsbedingungen entsteht, m\u00f6chten wir doch im folgenden eine vorl\u00e4ufige Mitteilung unserer \u00fcber diesen Gegenstand schon vor langer Zeit erhaltenen Ergebnisse mitteilen. Die Untersuchungen werden von uns fortgef\u00fchrt und wir hoffen dann zun\u00e4chst festzustellen, ob diese basische Substanz ein neues eigent\u00fcmliches Spaltungsprodukt des Caseins oder ein besonderes Polypeptid ist.\nWir machen zun\u00e4chst Mitteilung \u00fcber die Darstellung\nder Substanz.\nJe 500 g k\u00e4ufliches Casein Merck, das nach den Angaben Hammarstens dargestellt war, wurden in 3,5 Liter 0,3 \u00b0/oiger Salzs\u00e4ure suspendiert, mit 15 g Pepsin puriss. Gruebler (in Lamellen), 10 g k\u00e4uflicher Milchs\u00e4ure (so da\u00df die L\u00f6sung 0,3 \u00b0/o davon enthielt), 4 g Fluornatrium versetzt und mit viel Toluol \u00fcberschichtet, um die Entwickelung von Bakterien zu verhindern.2) Nach viermonatlichem Stehen bei Zimmertemperatur wurde die eine Flasche, die wir mit I bezeichnen wollen, ge\u00f6ffnet, der Inhalt mit Soda alkalisch gemacht, so da\u00df eine 0,5 \u00b0/oige Natriumcarbonatl\u00f6sung entstand, und nun 20 g Pan-\n1)\tWir erhielten gr\u00f6\u00dfere Mengen der in Rede stehenden Substanz\nerst bei ca. 9 Monate langem Verdauen.\n2)\tEs waren Flaschen mit Baryt vorgelegt worden; es entstand aber w\u00e4hrend der ganzen Verdauung keine Ausscheidung von Baryum -carbonat. Eine Kohlens\u00e4ureentwicklung trat somit nicht ein.","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die bei der Verdauung des Caseins auftretenden Produkte. I. 149\nkreatin und 5 g Trypsin zugesetzt. Nachdem beide Verdauungsfl\u00fcssigkeiten 3 Monate bei gew\u00f6hnlicher Temperatur gestanden hatten, wurden in Flasche I 10 g Pankreatin, in Flasche II 7,5 g Pepsin zugesetzt und beide noch 6 Wochen im Trockenschrank bei 370 auf bewahrt. Die mikroskopische Untersuchung ergab, da\u00df vegetative Formen von Bakterien nicht vorhanden waren.\nDie beiden Verdauungsfl\u00fcssigkeiten, die ziemlich viel wei\u00dfen Niederschlag enthielten, wurden filtriert, die Filterr\u00fcckst\u00e4nde zum Auswaschen und Entfernen des Toluols mit Wasser ausgekocht, wobei bei I fast alles in L\u00f6sung ging, II aber einen erheblichen R\u00fcckstand (Pseudonuclein?) zeigte, der aber nicht weiter verarbeitet wurde. Die eingeengten Waschw\u00e4sser und die vom koagulierbaren Eiwei\u00df befreiten sauren Filtrate wurden vereinigt und mit konzentrierter Gerbs\u00e4urel\u00f6sung versetzt, bis nur noch eine schwache, allm\u00e4hlich auftretende F\u00e4llung entstand. Die von dem leicht filtrierbaren und durch Verreiben mit Wasser ausgewaschenen Niederschlag getrennte L\u00f6sung wurde unter Vermeidung eines \u00dcberschusses mit Bleiessig versetzt, von der F\u00e4llung abfiltriert, im Filtrate das Blei mit Schwefels\u00e4ure ausgef\u00e4llt und das bleifreie Filtrat auf Wasserb\u00e4dern in vielen Schalen eingeengt. In der auf diese Weise von den Eiwei\u00dfk\u00f6rpern (Albumosen, Peptonen, Peptiden) befreiten Verdauungsfl\u00fcssigkeit, die einen Gehalt an Schwefels\u00e4ure von 5\u00b0/o hatte, wurden die Basen mit Phosphorwolframs\u00e4ure ausgef\u00e4llt. Bei der Verdauungsfl\u00fcssigkeit mit Pepsin entstand nun ein solch kleiner Niederschlag, da\u00df die weitere Verarbeitung sich nicht lohnte. Die Fl\u00fcssigkeit, die unter Anwendung von Pepsin-Pankreatin erhalten worden war, gab einen volumin\u00f6sen, dicken Niederschlag mit Phosphorwolframs\u00e4ure. Diesq F\u00e4llung wurde nach l\u00e4ngerem Stehen abfiltriert, mit Baryt zersetzt, das Ammoniak durch Luft ausgetrieben und der Baryt mit Schwefels\u00e4ure quantitativ ausgef\u00e4llt. Aus der mit Salpeters\u00e4ure neutralisierten Basenl\u00f6sung wurde das Histidin und Arginin gewonnen. Der das Argininnitrat enthaltende, hellgelbe Sirup erstarrte vollst\u00e4ndig und wog getrocknet 14,345 g. Die vom Argininsilber getrennte","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nW. Bissegger und L. Stegmann,\nFl\u00fcssigkeit wurde mit Salzs\u00e4ure vom Silber befreit und das noch alkalische Filtrat zur Abscheidung der noch vorhandenen Basen mit Sublimatl\u00f6sung und Barythydrat versetzt. Den Endpunkt der Ausf\u00e4llung zeigte das Auftreten des gelben Quecksilberoxydniederschlages an. Nach l\u00e4ngerem Stehen wurde die Fl\u00fcssigkeit vom wei\u00dfen Niederschlag abfiltriert, in verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure suspendiert und mit Schwefelwasserstoff zersetzt. Da beim Eindunsten des vom Quecksilbersulfidniedersehlage getrennten Filtrates, das Salpeters\u00e4ure und Salzs\u00e4ure enthielt, sich Chlor entwickelte, wurde die L\u00f6sung mit Phosphorwolframs\u00e4ure gef\u00e4llt, der Niederschlag sofort abfiltriert, mit 5 \u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure bis zum Verschwinden der Salpeters\u00e4urereaktion ausgewaschen. Aus diesem Niederschlage wurden die Basen auf bekannte Weise abgeschieden. Die alkalische Basenl\u00f6sung wurde mit Salzs\u00e4ure neutralisiert und eingedunstet. Der hellgelbe Sirup erstarrte krystallinisch. Ganz gleich mu\u00dfte mit dem Filtrate des Sublimatniederschlages verfahren werden. Es wurde mit Schwefels\u00e4ure neutralisiert und auf dem Wasserbade eingeengt. Als wir nun das Baryum mit Schwefels\u00e4ure entfernen wollten, trat sofort Chlorgeruch auf, soda\u00df auch hier schleunigst das Phosphorwolframat hergestellt wurde, aus welchem die Chloride der Basen auf die oben beschriebene Weise erhalten wurden. Sie zeigten sch\u00f6n kristallinischen Habitus.\nZu ihrer Reinigung wurde der trockene R\u00fcckstand mit etwas salzs\u00e4urehaltigem Methylalkohol ausgekocht. Es hinterblieb ein wei\u00dfer, krystallinischer R\u00fcckstand, w\u00e4hrend der Methylalkohol, der das Lysinchlorid aufnahm, nach dem Verdampfen einen gelben Sirup hinterlie\u00df, der trotz Impfens nicht erstarren wollte. Die wei\u00dfen Krystalle waren aschenfrei. 1 g wurde auf Lysin gepr\u00fcft. Die Probe wurde in ganz wenig Wasser gel\u00f6st und mit einer konzentrierten, alkoholischen L\u00f6sung von Platinchlorid versetzt. Nach einigem Stehen schieden sich farblose Bl\u00e4ttchen aus, die sich als Baryumchlorid er vues en. Lysinplatinchlorid schied sich trotz Anwendung aller Kunstgriffe,\n\u2022 *\nwie Versetzen mit \u00c4ther usw., nicht aus, nachdem aber die Krystalle vom Baryum mit Schwefels\u00e4ure befreit worden waren, wurde bei Wiederholung des eben erw\u00e4hnten Versuches ohne","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die bei der Verdauung des Caseins auftretenden Produkte. I. 151\n.jede Schwierigkeit das Lysinplatinchlorid erhalten. Bei der Bestimmung des Platingehaltes erhielten wir folgende Zahlen: 0,2467 g bei 80\u00b0 und im Exsikkator getrocknetes Lysinplatinchlorid gaben 0.0858 g Platin. Der Platingehalt betr\u00e4gt demnach 31.77\u00b0 n. Aus der Formel C(3H14N,02, H.2PtCl6 berechnet sich ein Platingehalt von 35,03%.\nDer R\u00fcckstand, aus welchem das Lysin extrahiert war. wurde noch einmal mit Methylalkohol ausgekocht: der in Methylalkohol unl\u00f6sliche krvstallinische R\u00fcckstand war in Wasser schwerl\u00f6slich geworden und lie\u00df sich aus Wasser gut umkry-stallisieren. Bei der qualitativen Untersuchung zeigte die Substanz folgendes Verhalten: Erhitzen im Gl\u00fchrohr: Verkohlung und Sublimat, das in Wasser gel\u00f6st, mit Ne\u00dflers Reagens Gelbf\u00e4rbung gab. Ouecksilberkaliumjodid: Keine F\u00e4llung. Auf Zusatz von Natronlauge (Ne\u00dflers Reagens) wei\u00dfe F\u00e4llung. Kein Ammoniak!\nWismutkaliumjodid : Auf Zusatz von 1 Tropfen schwache F\u00e4rbung, allm\u00e4hlich amorphe Ausscheidung.\nPhosphormolybd\u00e4ns\u00e4ure: Starke, wei\u00dfe F\u00e4llung, in gro\u00dfem \u00dcberschu\u00df allm\u00e4hlich sich l\u00f6send. L\u00f6slich unter Zusatz von wenig Wasser beim Erw\u00e4rmen, beim Erkalten krystallinisch sich ausscheidend (Nadeln), Jodl\u00f6sung: Keine Reaktion.\nKaliumferricvanid : Keine Reaktion.\n*\nPhosphorwolframs\u00e4ure: Starke, wei\u00dfe F\u00e4llung, die in\nkleinem \u00dcberschu\u00df unl\u00f6slich, in gro\u00dfem \u00dcberschu\u00df nicht vollst\u00e4ndig l\u00f6slich ist. Beim Erw\u00e4rmen l\u00f6st sie sich nur sehr schwer. Der Niederschlag tritt auch in sehr starker Verd\u00fcnnung auf.\nGoldchloridl\u00f6sung : In ziemlich konzentrierter L\u00f6sung keine Reaktion.\nDas Chlorid krystallisiert aus Wasser in gro\u00dfen harten starkgl\u00e4nzenden Krystallen, die sich zu Drusen treppenf\u00f6rmig aneinanderreihen. Es gibt mit Phosphorwolframs\u00e4ure einen feinen in kochendem Wasser nur sehr wenig l\u00f6slichen Niederschlag. Das Chlorid enthielt 12,23% N und 19.5% CI; es weicht also in seiner Zusammensetzung vom Lysinchlorid wesentlich ab. Dieses Pr\u00e4parat wurde nun mit Phosphorwolframs\u00e4ure gef\u00e4llt, mit Wasser ausgekocht, die F\u00e4llung wieder mit","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152 b issegger und Stegmann, \u00dcber Verdauung des Caseins. I.\nBaryt in bekannter Weise zersetzt und die Fl\u00fcssigkeit mit Salzs\u00e4ure ganz schwach anges\u00e4uert, zur Krystallisation eingedunstet und mit Methylalkohol behandelt. Das nun erhaltene Chlorid konnte nach dieser Behandlung keine Spuren von Lysin mehr enthalten. Die Untersuchung ergab folgendes: N = 12,62 und 12,51 \u00b0/o, der Chlorgehalt betrug 20,54 \u00b0/o. Aus diesem Chlorid konnte ein in Nadeln krystallisierendes Platindoppelsalz dargestellt werden, welches einen Platingehalt von 33,51 \u00b0/o und einen Stickstoffgehalt von 4,3 \u00b0/o aufwies. Das Chlorid ist optisch aktiv. Eine 9,3 \u00b0/oige L\u00f6sung zeigte im Sol eil-Ventzkeschen Apparat eine spezifische Drehung von [a]D = -f- 11,12\u00b0.\nWir haben seit einem Jahre verschiedene Verdauungs-versuche unter ver\u00e4nderten Bedingungen angestellt, doch ist es uns bis jetzt nicht gelungen, dieses Produkt wieder zu fassen. Es ist nicht ausgeschlossen, da\u00df der beschriebene K\u00f6rper ein Peptid ist, welches nur unter ganz bestimmten Versuchsbedingungen entsteht. Wir hoffen durch die im Gange befindliche Untersuchung n\u00e4heren Aufschlu\u00df dar\u00fcber zu erhalten.\nAnalytische Belege: 0,1901 g Substanz gaben 0,1621 g Trockensubstanz und diese lieferten 17.9 ccm Stickstoff bei 16\u00b0 und 726 mm = 12,23 % N.\n0,2013 g Substanz gaben 0,1582 g AgCl = 19,43 \u00b0/o.\n0,1895 \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t0,1464 \u00bb * = 19,62 \u00b0/o.\n0,1963 \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t22,3 ccm bei 15\u00b0 und 725 mm =\t12,62 \u00b0,o.\n0,1082 \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t0,0363 g Platin = 33,55 \u00b0/o Pt.\n0,3601 \u00bb\t\u00bb lieferten 14 ccm Stickstoff bei 16\u00b0 und 725 mm\n= 4,3 o/o N.","page":152}],"identifier":"lit18738","issued":"1908-09","language":"de","pages":"147-152","startpages":"147","title":"Zur Kenntnis der bei der Verdauung des Caseins auftretenden Produkte. I. Mitteilung","type":"Journal Article","volume":"58"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:48:42.806795+00:00"}