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{"created":"2022-01-31T15:19:32.886333+00:00","id":"lit18833","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Smolenski, K.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 60: 119-130","fulltext":[{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Frage nach der Muttersubstanz, durch welche die Reaktion von Cam midge im Harn hervorgerufen wird.\nVon\nK. Smolensk!, Dozent in Si. Petersburg.\n(Aus .lern Nahrungsmittel-Laboratorium des technologischen Instituts zu St. Petersburg..\n(Der Redaktion zugegangen am 17. April lW.\nSeit dem Bekanntwerden der Reaktion von Gam midge,1) mittels deren es nach Ansicht dieses Forschers in manchen F\u00e4llen m\u00f6glich wird, akute Erkrankungen des Pankreas fostzu-stellen, sind von anderen Forschern mehrere weitere Arbeiten erschienen, die sich die Erforschung des Zusammenhanges zwischen dieser Reaktion und manchen Krankheiten zur Aufgabe stellten. Eine Untersuchung jedoch \u00fcber die chemische Natur derjenigen Restandteile des Harns, durch welche diese Reaktion hervorgerufen wird, liegt bis jetzt noch nicht vor.\nWie bekannt, besteht die Reaktion von Cammidge im wesentlichen darin, da\u00df manche Harne, die nicht unmittelbar mit Phenylhydrazin reagieren \u2014 also keine Monosaccharide ieventuell Disaccharide) enthalten \u2014 diese Reaktion zeigen, sobald sie vorher mit S\u00e4uren gekocht worden sind. Augenscheinlich enthalten solche Harne eine kompliziert zusammengesetzte Verbindung, die beim Kochen mit S\u00e4uren gespalten \\yird, wobei ein K\u00f6rper entsteht, der mit Phenylhydrazin den charakteristischen Niederschlag liefert. Derartige komplizierte Verbindungen w\u00e4ren beispielsweise : Polysaccharide, Glykoside, gepaarte Glukurons\u00e4uren u. a. m. Cammidge selbst nimmt als '\u25a0nie solche \u00abMuttersubstanz\u00bb ein kompliziert gebautes Kohlenhydrat, n\u00e4mlich ein Pentosan an, ohne jedoch einen wirklichen Beweis daf\u00fcr zu f\u00fchren.\n') Cammidge, The chemistry of the Urine. in diseases <>f the pancreas. The Lancet UMM. \u2014 Cammidge, An. improved method of performing the \u00abpancreatic reaction\u00bb in Ihe urine. Brit. Med. Journ.. UK Si.","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\nK. Smolenski\nDurch vorliegende Arbeit soll der erste Versuch gemacht werden, die chemische Natur derjenigen Bestandteile des Harnes, welche die besagte Keaktion bedingen, n\u00e4her zu untersuchen.\nHerr Dr. Betreff, mit dem ich gemeinschaftlich gearbeitet habe, hat die hierzu n\u00f6tigen klinischen Versuche angestellt, w\u00e4hrend der chemische Teil von mir ausgef\u00fchrt worden ist. Die Ergebnisse der Versuche Dr. Petroffs werden im Journal Husskij Wratsch * ver\u00f6ffentlicht werden.\nEs wurde von mir ein Harn mit stark ausgesprochener Reaktion von Cam midge untersucht. Dieses Material stammte von einem Greise, der, wie sp\u00e4ter die Obduktion feststellte, an Magenkrebs lilt: die Pankreasdr\u00fcse war jedoch normal.\nVorl\u00e4ufige Untersuchung des Harns.\nDer Harn zeigte saure Reaktion; beim Erw\u00e4rmen mit einem Tropfen Essigs\u00e4ure wurde keine Eiwei\u00dfausscheidung beobachtet. Kochen mit Fehlingscher L\u00f6sung sowohl direkt als auch nach vorheriger Entf\u00e4rbung mit Bleiessig (\u00dcberschu\u00df von Pb mit Na2S()4 entfernt) ergab reichliche fein verteilte Tr\u00fcbung von grau-gr\u00fcner Farbe: eine Ausscheidung von Cu.,0 fan< nicht statt. Beim Erw\u00e4rmen von 5 ccm Harn mit 1 ccm HCl d = 1.12 f\u00e4rbte sich derselbe rasch rosenrot, darauf kirschenrot, schlie\u00dflich schwarz, und nach anhaltendem Kochen fiel ein dunkelbrauner Niederschlag aus. Hierbei wurde jedoch keine Bildung von F\u00fcrfurol beobachtet (Reaktion auf Anilinpapier i: dagegen traten D\u00e4mpfe von scharfem widerlichem Geruch auf.1)\nDer mit etwas HCl erw\u00e4rmte und darauf mit NaOH neu-\n1 ! Es w\u00fcrde noch der Versuch gemacht, die beim Kochen des Harns mit S\u00e4ure entstehenden ll\u00fcchtigen Bestandteile n\u00e4her zu bestimmen. 100 ccm Harn - ccm konzentrierter\twurden zu diesem Zwecke\nauf dem Sandbade abdestilliert iKoehdauer 25 Min.). Es resultierten 20 ccm eines farblosen Destillates von widerlichem Geruch, das, mit Lackmuspapier gepr\u00fcft, stark saure Reaktion zeigte.\nln Anbetracht dessen, da\u00df bei starker Glukosurie stets Acetessig-s\u00e4ure im Harn vorhanden ist, wurde auch das erhaltene Destillat aut Aceton gepr\u00fcft, doch gelang es weder mit J (Bildung von Jodoform) noch mit o-Nttro-p-Benzaldehyd (Bildung von Indigo) eine Reaktion zu erhalten.","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"12t\ni-ber die Reaktion voni! Canmiidge int Harn.\ntralisierte Harn reduzierte w\u00e4rmen; es bildeten sich\nkr\u00e4ftig Fehlingsche L\u00f6sung beim Er-Niederschl\u00e4ge von gelblich bis r\u00f6tlich\nbrauner Farbe, die jedoch von der gleichzeitig reichlich ausfallenden feinen grau-gr\u00fcnlichen Tr\u00fcbung zum Teil maskiert wurden.\nJedenfalls erlaubt uns das Verhalten gegen Fehlingsche L\u00f6sung, den Schlu\u00df zu ziehen, da\u00df im Harn ein K\u00f6rper enthalten sein mu\u00df, welcher zwar nicht unmittelbar, wohl aber\nnach dem Kochen mit S\u00e4uren Fehlingsche L\u00f6sung reduziert. Mit cx-Napthol und 11,80, zeigte der Harn eine intensive\nReaktion; \u00fcbrigens wurde schon beim Zusatz von HjSO, allein eine rasch auftretende dunkle F\u00e4rbung beobachtet.\nDie Untersuchung des mit Bleiessig entf\u00e4rbten Harns im l\u2019olarisationsapparate lj ergab eine Drehung von -f- 0,9\" der Sacchariraeterskala.\nDurch Zusatz eines 1\u20145 fachen Volumens absoluten Alkohols zum Harn wurde in reichlicher Menge ein leichter, reiner flockiger Niederschlag ausgeschieden, der sich rasch zu Boden setzte.\nMit Phenylhydrazin erfolgte unmittelbar keine Reaktion. 50 ccm Harn -f 10 g essigsaures Na 4- 3,7. g HCI-Phenyl-liydrazin -)- 2l'h ccm Eisessig wurden 2o Minuten auf dem kochenden Wasserbade erw\u00e4rmt : es resultierte nur eine schwache Tr\u00fcbung, die sich beim Stehen nicht vermehrte.\nDagegen zeigte der Harn in ausgesprochener Weise die Reaktion von Cammidge: 50 ccm Harn -f 5 ccm HOI von d = 1,19 wurden im Sandbade 10 Minuten gekocht (hierbei Dunkelf\u00e4rbung und Auftreten scharfer D\u00e4mpfe beobachtet). Der abgek\u00fchlle Harn wrurde mit 25 ccm H\u00e4O verd\u00fcnnt und mit 20 g I\u2019bCOj neutralisiert, filtriert, zum.Filtrat 10 g essigsaures Na -f- 3,75 g HCl-Phenylhydrazin -j 2\u2018 s ccm Eisessig zugesetzt und 10 Minuten auf dem Sandbade schwach gekocht. Reim Abkiihlen resultierte in reichlicher Menge ein leichter, gelber flockiger Niederschlag, der seinem Aussehen nach vollkommen dem charakteristischen Gluk\u00f6saz\u00f6nniederschlage glich. Rer abgesaugte, mit H,0 gewaschene und \u00fcber H2S0, getrocknete\n) Es gelangte\u00bb ein empfindlicher geradliniger Saccharimeter mit doppelter Keilkompensation der Firma Julius Peters zur Anwendung","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\nK. Smolenski.\n! .- \u25a0\nNiederschlag zeigte einen Schmelzpunkt von 193\u2014194\u00b0. erwies sich also identisch mit dem Schmelzpunkt des Galactosazons.\nDa die t\u00e4gliche Nahrung des Patienten in l1/* Glas Kelir bestand, lag die Annahme nahe, da\u00df der im Kelir enthaltene Milchzucker in Dextrose und Galactose gespalten, welch letztere aus Gr\u00fcnden unbekannter Art vom Organismus nicht assimiliert wird, sondern in Verbindung mit einem unbekannten Stoff im Harn zur Ausscheidung gelangt (\u00e4hnlich wie die gepaarte Glukurons\u00fcure?).\nDie erw\u00e4hnte Bildung eines reichlichen Niederschlages durch absoluten Alkohol f\u00fchrte mich auf den Gedanken, da\u00df im Harn m\u00f6glicherweise ein dem tierischen Gummi \u00e4hnlicher K\u00f6rper vorhanden sein k\u00f6nnte, welcher bei der Hydrolyse Galactose liefert (Galactose entsteht fast regelm\u00e4\u00dfig bei der Hydrolyse von IMlanzengummi und Pflanzenschleim) : vielleicht ein Galactan. \u00e4hnlich denjenigen, wie sie von verschiedenen Forschern aus Pflanzenstoffen erhalten worden sind. Dieses vermutete Galactan versuchte ich daher aus dem Harn zu isolieren :\n1. durch F\u00e4llung mit absolutem Alkohol:\n2 durch Abscheidung der im Harn enthaltenen Kohlenhydrate in Form ihrer Benzoylester.\nI ntersuehung des aus dem Harn durch absoluten Alkohol gef\u00e4llten Niederschlages.\n300 ccm Harn -J- 800 ccm absoluten Alkohols -f- 100 ccm \u00c4ther. Der reichlich ausgeschiedene Niederschlag wurde abgesaugt. mit Alkohol und \u00c4ther ausgewaschen und getrocknet. Derselbe erwies sich als fast ausschlie\u00dflich aus anorganischen Stoffen, vorwiegend Mg-Salzen bestehend. Organische Verbindungen, speziell Kohlenhydrate, waren kaum vorhanden. Fin derartiges Resultat zog nat\u00fcrlich die Voraussetzung des Vorhandenseins eines gummiartigen K\u00f6rpers (Galactans) im Harn wiederum stark in Zweifel.\nAbscheidung der im Harn enthaltenen Kohlenhydrate in Form ihrer Benzoylester.\nGem\u00e4\u00df den in der Literatur vorhandenen Angaben erhielt ich die Benzoylester auf folgende Art:","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Reaktion von Camft\u00fcdge im Harn\t12R\nZwecks Ausscheidung der Erdalkaliphosphate wurden 250 ccm Harn mit 5 ccm 10\u00b0/oiger NaOH versetzt : zur abfiltrierten L\u00f6sung 20 ccm Benzoylchlorid und 200 ccm 10\\oiger Natronlauge zugef\u00fcgt und das Gemisch so lange gesch\u00fcttelt, bis der Geruch nach Benzoylchlorid fast verschwunden war. Hierbei schieden sich die Benzoate teils in Form eines zu Boden fallenden krystallinischen Niederschlages, teils als klebrige auf der Oberfl\u00e4che des Reaktionsgemisches schwimmende Masse aus. Sowohl der auf die eine wie die andere Art ausgeschiedene Niederschlag zeigte in Alkohol gel\u00f6st mit ce-Naphthol. eine \u00e4u\u00dferst intensive Reaktion auf Kohlenhydrate. Die abgesaugten und mit Wasser gewaschenen Benzoate wurden in 150 ccm einer alkoholischen L\u00f6sung von Natrium\u00e4thyl\u00e4t (3 g metallisches Natrium) gel\u00f6st, nach erfolgter Verseifung 150 er in Ha(> -) 7 ccm konzentrierte Schwefels\u00e4ure zugefiigl und durch dreimaliges Aussch\u00fctteln mit \u00c4ther im Scheidetrichter die Benzoes\u00e4ure aus der L\u00f6sung entfernt.\nDie w\u00e4sserige Schicht, mit dem Wasser, welches zum Waschen der \u00c4therschicht diente, vereinigt, zeigte folgende Reaktionen:\t1\n1.\tMit a-Naphthol -f- H280, starke Violettf\u00e4rbung, also\nKohlenhydrate vorhanden:\t.\n2.\tMit Fehlingscher L\u00f6sung nach erfolgter Neutralisation mit NaOH gekocht: keine Tr\u00fcbung. Bildung eines, geringen fast rein roten.Niederschlages von Cu2U:\n3.\tNach vorhergegangenem Erw\u00e4rmen mit einem Tropfen HjSO, w\u00e4hrend 5 Minuten und Neutralisation mit NaOH mit Fehlingscher L\u00f6sung gekocht, erfolgte reichliche Bildung eines rein roten Niederschlages von Cu.,0.\nSomit war es offenbar gelungen, aus dem Harn ein Polysaccharid in Form seines Benz\u00f6ylesters zu isolieren und aus letzterem dieses Kohlenhydrat in freiem Zustand abzuspalten.\nDie die angef\u00fchrten Reaktionen zeigende w\u00e4sserige L\u00f6sung wurde mit Ba(0H)2 neutralisiert, vom gebildeten BaS04 abfiltriert und das schwach alkalische Reaktion zeigende Filtrat bis auf 100 ccm eingeengt.","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nK. Snvolenski,\nDu* Polarisation dieser L\u00f6sung ergab nur -J- 0,3 also war es offenbar nur einen geringen Teil der im Harn enthaltenen Kohlenhydrate zu erhalten gelungen. Darauf wurde die L\u00f6sung noch weiter eingeengt und mit absolutem Alkohol gef\u00e4llt, Der reichlieh ausgesehiedene Niederschlag von Natriumsulfat enthielt keine organischen Substanze|i (Kohlenhydrate), eine Tatsache, durch welche nochmals die Annahme des Vorhandenseins von tierischem Gummi im Harn hinf\u00e4llig wird. Durch nochmaliges Eindampfen und F\u00e4llen mit absolutem Alkohol wurden wiederum nur mineralische Stoffe ausgeschieden. Das auf 100ccm aufgef\u00fcllte Filtrat ergab bei der Polarisation -f- 0,2\".\nDie L\u00f6sung wurde hierauf durch Zusatz von 5 Tropfen konzentrierter H2S04 und Erw\u00e4rmen auf dem Wasserbade w\u00e4hrend 10 Minuten hydrolysiert. Nunmehr ergab die Polarisation o.O\u00f6\u00b0, Fehlingsche L\u00f6sung wurde stark reduziert. Mit einem Kesorcinkrystalle und HCl erw\u00e4rmt, entstand rasch (\u00bbine sch\u00f6ne Hotf\u00e4rbung: beim Stehen schied sich hierbei ein amorpher, ebenfalls roter Niederschlag aus, der sich in Alkohol mit roter Farbe l\u00f6ste. Diese letzte Reaktion l\u00e4\u00dft auf das Vorhandenseil) von L\u00e4vuloso in der hydrolysierten L\u00f6sung schlie\u00dfen.\nRer\u00fceksichtigt man ferner die Polarisation der L\u00f6sung vor und nach der Hydrolyse, sowie das Verhalten gegen Feh-lingsche L\u00f6sung (und Phenylhydrazin), so kommt man unwillk\u00fcrlich auf den Gedanken, da\u00df die urspr\u00fcngliche Substanz, welche die Reaktion von Cam midge hervorruft, nichts anders als Saccharose sein k\u00f6nnte.\nZur Pr\u00fcfung der Richtigkeit dieser Annahme wurden folgende Untersuchungen ausgef\u00fchrt:\n1.\tPr\u00fcfung der optischen Eigenschaften des Harns vor und nach erfolgter Hydrolyse (Inversion):\n2.\tUntersuchung des mit Phenylhydrazin nach Cam midge abgeschiedenen Niederschlages;\n3.\tVersuch der Isolierung des Polysaccharides aus dem Harn in Form seiner Strontianverbindung nach der Methode von E. Schulze.","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"Iber die Reaktion von Cam midge im Harn.\t125\nDie optischen Eigenschaften des Harns vor un,d nach erfolgter Inversion.\nDie direkte Polarisation wurde im Harn, der vorher mit Bleiessig i1.10 Volumen) entf\u00e4rbt war, ausgef\u00fchl t. Darauf wurde HCl oder H2S04 in geringer Menge zugef\u00fcgt und auf dem Wasserbade erw\u00e4rmt. Die sich stark f\u00e4rbende L\u00f6sung mit trockenem Bleicarbonat entf\u00e4rbt, filtriert und das Filtrat polarisiert.\nDiese Bestimmungen wurden h\u00e4utig und zu verschiedenen Zeiten ausgef\u00fchrt.\nDie direkte Polarisation schwankte zwischen ' 0,6\u00b0 und\n0.\t9\u00b0 der Saccharimeterskala: nach der Inversion \u2014 von 0\u00b0\nbis \u2014 0,2\u00b0. In denjenigen F\u00e4llen, in denen die Inversion nach der f\u00fcr die Inversion von Saccharose gebr\u00e4uchlichen Vorschrift (n\u00e4mlich : 5 ccm HCl d == 1,19 auf 75 ccm Harn, w\u00e4hrend 5 Minuten auf 68\u201470\u00b0 erw\u00e4rmt) \u00e0\u00fcsgef\u00fchrt wurde, stimmte die direkte Polarisation genau mit der nach der Inversion ermittelten \u00fcberein, unter der Voraussetzung, daJMas untersuchte Kohlenhydrat Saccharose ist.\t,\nEs wurde gefunden:\n1.\tDirekte Polarisation P = + 0,75 \u00b0 der Saccharimeterskala, Inversionspolarisation .1 = \u2014 0,20\u00b0, bei t == 20\u00b0 C.\nP -f- .1\nNach der Formel Z =\ti t berechnet, Z 4-0.72\u00b0.\nlll^f+ 20 2\n(0,75\u00b0 der Saccharimeterskala entspricht 0,2 g Saccharose in\n100 ccm Harn.)\n2.\tP = + 0,6\u00b0; J = - 0,15\u00b0; Z = + 0,57\u00b0.\nIn denjenigen F\u00e4llen, in wielchen die Inversion bei h\u00f6herer Temperatur, mit gr\u00f6\u00dferen S\u00e4urequanta und l\u00e4ngerer Dauer der Erw\u00e4rmung stattfand, zeigte die Inversionspolarisation einen geringeren Gehalt an Saccharose an, offenbar infolge des Zer-falls der L\u00e4vulose, die sich ja, wie bekannt, gegen S\u00e4uren nur wenig widerstandsf\u00e4hig erweist.\nFntersuchung des durch die Reaktion von Caminidge entstehenden Niederschlages.\nDerselbe wurde zweimal dargestellt, wobei gr\u00f6\u00dfere Hainmengen, n\u00e4mlich jeweils 300 ccm zur Verarbeitung gelangten.","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"Hoi der Darstellung wurde mit geringen Abweichungen die Vorschrift von C a m midge eingehalten.\nDer Harn wurde zun\u00e4chst mit Bleiessig gereinigt. Statt Salzs\u00e4ure wandte ich zur Hydrolyse Schwefels\u00e4ure an, weil diese S\u00e4ure bei der Neutralisation mittels Bleicarbonat das unl\u00f6sliche Bleisulf\u00e4t liefert und daher leicht aus der L\u00f6sung entfernt werden kann. Statt des salzsauren Phenylhydrazins wandte ich die freie Base mit der erforderlichen Menge Eisessig an.\n\u00f6oo ccm mittels Bleiessig entf\u00e4rbten Harns wurden mit lo ccm Schwefels\u00e4ure w\u00e4hrend 10 Minuten auf dem Sandbade gekocht, die L\u00f6sung abgek\u00fchlt, Bleicarbonat bis zu erfolgter Neutralisation zugesetzt, abgesaugt und der Niederschlag mit wenig W asser gewaschen. Zum Filtrat wurden i>0 g Na-triumaeetat 4- 18 ccm freies Phenylhydrazin -}- 25 ccm Eis-\nessig zugef\u00fcgt und 10 Minuten gekocht. Nach dem Erkalten fiel ein flockiger gelber Niederschlag aus, der unter dem Mikroskop sich als aus feinen, spitzen, gelben Nadeln bestehend erwies. Am folgenden Tage wurde der erhaltene Niederschlag abfiltriert, ausgewaschen und \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrocknet. Die Menge des erhaltenen Niederschlages betrug in einem Falle 0.6 g. Der Schmelzpunkt dieses rohen Osazons war in einem Falle 189\u00b0, in einem anderen 198\u00b0.\nZur Peinigung wurde der Niederschlag zwecks Entfernung harziger Beimengungen mit kaltem \u00c4ther ausgezogen und darauf aus Alkohol von 50\u201460\u00b0/o, in welchem er sich leichter l\u00f6slich als in absolutem Alkohol erwies, umkrystallisiert. Beim Erkalten der in der Siedehitze ges\u00e4ttigten L\u00f6sung fiel ein sch\u00f6ner gelber kristallinischer Niederschlag aus, der unter dem Mikroskop charakteristisch zu garben- oder -pinselartigen B\u00fcscheln vereinigte gelbe Nadeln zeigte, wie solche genau im mikroskopischen Hilde des Glukosazonniederschlages beobachtet werden. Der Schmelzpunkt des umkrystallisierten Osazons betrug : 1. 202\u00b0. 2. 205\u2014206\u00b0\nDer durch die Heaktion von Gammidge erhaltene Niederschlag ist also offenbar Glukosazon, das ja aiich aus den Hydrolyseprodukten der Saccharose, d. h. aus d-Glukose und d-Fruktose erhalten werden mu\u00df.","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"1 I ber die Reaktion von flammidge ini Harn.\t127\nBemerken m\u00f6chte ich bei dieser Gelegenheit, da\u00df das Glukosazon aus dem Harn, je nach den Reaktionsbedingungen, mehr odei minder kompakt ausfallen kann und daher eine Sch\u00e4tzung der Menge des gebildeten Niederschlages nach Augenma\u00df zu fehlerhaften Schl\u00fcssen f\u00fchren kann. \u2018\nAbscheidung von Saccharose aus dein Harn.\nDa s\u00e4mtliche Untersuchungsergebnisse zur Annahme berechtigten. da\u00df der Harn des Patienten Saccharose enthielt _\ndie also, ohne im Organismus gespalten noch von demselben assimiliert zu werden (wohl infolge mangels der entsprechenden Enzyme oder ungeeigneter Bedingungen f\u00fcr deren Wirkung), in das Blut gelangt und durch die Nieren mit. dem Harn ausgeschieden wird \u2014, wurde am Patienten ein Ern\u00e4hrungsversuch mit Saccharose angestellt. F\u00fcr gew\u00f6hnlich nahm der Patient t\u00e4glich nur 2 St\u00fcck Zucker in Tee gel\u00f6st zu sich. Nunmehr wurden ihm von Dr. Petr off t\u00e4glich KM> g Zucker, in mehrmaligen Dosen gereicht, ordiniert. Nach vorhandenen Literaturangaben sowie nach Beobachtungen Pelr\u00f6ffs l\u00e4\u00dft sich beim t\u00e4glichen Konsum dieses \u2022 J\u00fcan turns im Marti eines gesunden Menschen noch kein Rohrzucker nachweisen. \u25a0\nDer Harn des Kranken zeigte inin w\u00e4hrend mehrerer Tage die Cammidgesche Reaktion in st\u00e4rkster Form:\nDie Polarisation .dieses Harns ergab:\nP \u2014 + \u00f6,2\u00fc: entsprechend 0.83.g Zucker in 100 ccm;\n.1 : _ 1,1-: ; : ; ' ,\nZ = -1- 3,26\".\t'\nDie direkte Polarisation stimmte also mit der nach der Inversionsmethode erhaltenen v\u00f6llig \u00fcberein, wie solches bei Saccharose 'zutrilft.\nDer nach Gammidge erhaltene Niederschlag aus 60\u00b0/.tigern Alkohol umkrystallisiert zeigte einen Schmelzpunkt von 203\u00b0, sowie das charakteristische mikroskopische Bild.\nZwecks Abscheidung der Saccharose aus diesem Harn wurden 300 ccm mit Bleiessig gef\u00e4llt, filtriert, Schwefelwasserstoff eingeleitet, das gebildete Schwefelblei abliltriert, mit Natron neutralisiert und bei Einhaltung fast neutraler Reaktion stark","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"12s\nK. Smolenski,\neingeengt. Hierauf wurde ein 5\u20146 f\u00e2ches Volumen an absolutem Alkohol zugegeben, die entstandene Tr\u00fcbung abtiltriert, das Filtrat zum Kochen erhitzt, mit einer hei\u00dfen, ges\u00e4ttigten, w\u00e4sserigen L\u00f6sung von 5 \u2014 6 g Sr('\u00dcH).s;\u2022 8H20 versetzt und 10\u201415 Minuten gekocht, Wobei ein reichlicher Niederschlag entstand. Nach dem Frkalten wurde sofort abgesaugt, der Niederschlag mit Alkohol gewaschen, im Wasser suspendiert und mit Kohlens\u00e4ure zerlegt. Die von Strontiumcarbonat befreite L\u00f6sung wurde eingeengt, mit Alkohol auf 100 ccm auf-gef\u00fcllt und polarisiert : P == -J- 4,1\u00b0; schlie\u00dflich aufs neue eingeengt, mit Alkohol versetzt, die entstandene Tr\u00fcbung abtiltriert, zum Filtrat wiederum absoluter Alkohol bis zum Beginn einer bleibenden Tr\u00fcbung zugef\u00fcgt, und die L\u00f6sung \u00fcber \u00c4tzkalk der Krvstallisation \u00fcberlassen. Nach einigen Tagen wurden kleine, gl\u00e4nzende, harte Kryst\u00e4llchen erhalten, welche, unter dem Mikroskop betrachtet, die f\u00fcr Saccharose charakteristische Form zeigten. Nach beendigter Krvstallisation wurde die gesamte Krystallmasse in wenig Wasser gel\u00f6st, zur Kl\u00e4rung mit etwas Tonerdehydrat und Bleiessig versetzt und auf 25 ccm aufgef\u00fcllt.\nDie Polarisation ergab :\nP = \u2022 j- 1\u00b0: entsprechend 0,9 g. Saccharose in 25 ccm . J \u2014 \u2014 3,5\u00b0 :\nZ \u2014 --1-12,8\u00b0.\nFehlingsche L\u00f6sung wurde vor der Inversion nicht, nach derselben jedoch stark reduziert: mit Kesorcin wurde die Be-aktion auf L\u00e4vulose erhalten.\nEs unterliegt keinem Zweifel, da\u00df\u2019das erhaltene Kohlenhydrat Saccharose ist.\nWeiter wurde ein Versuch angestellt, die Saccharose auch aus dem Harn abzuscheiden, welcher aus der Zeit stammte, da der Patient t\u00e4glich nur 2 St\u00fcck Zucker erhielt.\nDieser Harn zeigte eine Polarisation von 0,6\u20140,8\u00b0. In der oben beschriebenen Weise wurden 750 ccm Harn von p \u2014\t0,6\u00f6 verarbeitet und die Saccharose mit Sr(0H i2 zur\nAbscheidung gebracht.\nWiederum gelang es, Krystalle zu erhalten, allerdings in weit geringerer Menge. In 25 ccm gel\u00f6st ergaben dieselben :","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Reaktion von (Uimmidge im Harn.\t129\np _ -j- 5,7\u00b0: entsprechend 0,37 g Saccharose in 25 ccm ; .) == - 1,9\u00b0:\nZ = -f- 5,77\u00b0.\nDie L\u00f6sung zeigte dieselben Reaktionen.\nAuch in diesem Falle erscheint es somit au\u00dfer Zweifel, da\u00df das ausgeschiedene Kohlenhvdrat Saccharose ist\nDurch die angef\u00fchrten Versuche halte ich es f\u00fcr v\u00f6llig erwiesen, da\u00df das Kohlenhydrat, welches: in dem von mir untersuchten Harn die Reaktion voit Cammidge hervorrief, nur Saccharose sein kann. Zwar la\u00dft sich diese Tatsache noch nicht derart verallgemeinern, um aus derselben den Schlu\u00df zu ziehen, da\u00df die (lamm id ge sehe Reaktion stets durch die Anwesenheit von Saccharose bedingt wird : w\u00e4re dieses aber der Fall, so k\u00f6nnte das Auftreten derselben darauf hindeuten, da\u00df bei manchen Erkrankungen die Saccharose vom Organismus nicht assimiliert wird, sondern unzer-setzt zur Ausscheidung gelangt.\nJedenfalls m\u00f6chte ich dringend raten, bei Ausf\u00fchrung der Reaktion stets auch eine Polarisation des Harn.s sowohl direkt als auch nach der Inversi\u00f6nsmethode auszuf\u00fchren und auch den Schmelzpunkt des erhaltenen Niederschlages zu bestimmen.\nWeiter d\u00fcrfte siqh auch stets ein Ern\u00e4hrungsversuch mit Saccharose empfehlen, um Cine eventuelle Verst\u00e4rkung der Reaktion wahrnehmen zu k\u00f6nnen.\nVielleicht w\u00fcrde es auf diese Weise gelingen, einen Zusammenhang zwischen manchen Erkrankungen und der Anwesenheit von Saccharose im Harn (f\u00fcr welche Erscheinung ich den Namen \u00abSaccharosurie \u00bb vorschlage) festzustellen.\nZum Schlu\u00df seien noch weitere in Gemeinschaft mit Dr. Petroff angestellte Ern\u00e4hrungsversuche mit anderen Kohlenhydraten sowie die Untersuchungsergebnisse, der hierbei erhaltenen Harne angef\u00fchrt.\nDer Patient erhielt zu verschiedenen Zeiten: 1. 25 g Lactose, 2. 50 g Dextrin, 3. 25 g Galactose. In allen drei F\u00e4llen wurde keine merkbare Verst\u00e4rkung der Cammidgesehen Reak-","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"K. Smolenski, \u00dcber die Reaktion von Cammidge im Harn.\ntiun konstatiert, d. h. es erfolgte keine Vermehrung an Kohlenhydraten im Harn.\nDie Polarisation ergab:\nbei Dextrinern\u00e4hrung : P = -{- 0,7 \u00b0,\nJ = \u2014 0,2\u00b0;\nbei Galactoseern\u00e4hrung P = -)- 0,4\u00fc,\n.! = \u2014 0,1\u00b0.\nSchmelzpunkt des Niederschlages:\nbei Dextrinern\u00e4hrung\t2030 (umkrystallisiert) :\nbei Galactoseern\u00e4hrung 180\u2014186\u00b0 (aus Mangel an Substanz nicht umkrystallisiert).\nAus den erhaltenen Resultaten l\u00e4\u00dft sich schlie\u00dfen, da\u00df sowohl Lactose als auch Dextrin und Galactose vom Organismus des Patienten v\u00f6llig assimiliert wurden. Offenbar verlief die Hydrolyse der Lactose und Dextrin v\u00f6llig normal. Nur die Saccharose konnte nicht gespalten werden und gelangte daher als solche in den Harn.","page":130}],"identifier":"lit18833","issued":"1909","language":"de","pages":"119-130","startpages":"119","title":"Zur Frage nach der Muttersubstanz, durch welche die Reaktion von Cammidge im Harn hervorgerufen wird","type":"Journal Article","volume":"60"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:19:32.886339+00:00"}