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{"created":"2022-01-31T15:58:42.475004+00:00","id":"lit18854","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Borchardt, L.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 60: 411-414","fulltext":[{"file":"p0411.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die diabetische L\u00e4vulosurie und den qualitativen Nachweis der L\u00e4vulose im Harn.\nII. Mitteilung.\nVom\nL. Borehardt. '\nAus dom chemischen Laboratorium der medizinischen Klinik zu1 2 K\u00f6nigsberg.)\n(Der Redaktion zugegangen am 22 Mai lyoy.j\nEntgegen der bis dahin anerkannten Anschauung, da\u00df im Diabetikerharn nicht ganz selten L\u00e4vulose mit zur Ausscheidung gelangt, habe ich1) vor einiger Zeit den Nachweis erbracht, da\u00df f\u00fcr eine solche Annahme ein berechtigter Grund nicht vorliegt. Meine Resultate1 st\u00fctzten sich einerseits auf den Nachweis, da\u00df die bisher bekannten\u2018'Methoden zum qualitativen Nachweis von L\u00e4vulose im Harn nicht brauchbar sind, anderseits auf die Beobachtung, da\u00df eine von mir angegebene L\u00e4v\u00fclosereaktion in 112 F\u00e4llen von Diabetes negativ ausfiel.\nDie von mir in \u00dcbereinstimmung mit \u00e4lteren Autoren gefundene Differenz zwischen Polarisations- und Titrationswerten (auf Traubenzucker berechnet), die f\u00fcr das Vorhandensein einer linksdrehenden Substanz im l\u2019iin bei Diabetes zu sprechen schienen, durfte jedenfalls nicht mehr als Beweis einer diabetischen L\u00e4vulosurie angesehen werden.\nBald darauf zeigte Funk,a) da\u00df Differenzen zwischen den polarimetrischen und titrimetrischen Zuckerwerten bei Harnzuckerbestimmungen nicht mehr gefunden werden, wenn man nach Bertrand3) und nicht (wie ich es tat) nach Bang den Harnzucker titrimetrisch bestimmt /\nInzwischen ist auch von And ers en4) der Nachweis geliefert worden, da\u00df die Zuckerwerte bei titrimet rischer Bestimmung des Harnzuckers nach Bang etwas zu hoch ausfallen.\nEs ist nun ohne weiteres klar, da\u00df der Anschauung, da\u00df L\u00e4vulosc-ausscheidung zu den regelm\u00e4\u00dfigen Vorkommnissen bei Diabetes geh\u00f6rt, (he letzte St\u00fctze entzogen ist, wenn es sich herausstellt, da\u00df Polarisation und Titration f\u00fcr Traubenzucker \u00fcbereinstimmende Resultate ergeben.\nIch habe deshalb die Untersuchungen Funks an einer Reihe von Diabetikerharnen nachgepr\u00fcft. Es zeigte sich in der Tat, da\u00df die Zucker-\n\\) Diese Zeitschrift, Bd. LV. 1908, S. 241.\n2; Diese Zeitschrift, Bd. LVI, 1908, S. 507.\n\"\u25a0) Bull, de la. Soc. chim. de France, Bd. XXXV, 1906, S. 1285,\nL Bioch. Zeitschrift, Bd. XV, 1908, S. 76.","page":411},{"file":"p0412.txt","language":"de","ocr_de":"412\nL. Borchardt.\n! it ration nach Bertrand bei Urinen. die frei von Oxybutters\u00e4ure waren, so gut \u00fcbereinstimmende Werte mit den durch Polarisation gewonnenen Zahlen ergab, da\u00df das Postulat, der Diabetikerharn m\u00fcsse neben Traubenzucker noch linksdrehende Substanzen enthalten, definitiv aufgegeben werden mu\u00df.\nZum Beweis seien hier \u00dfinige vergleichende Zuckerbestimmungen nu (geteilt :\n\u25a0.... I\tPolarisation\tTitration nach Bertrand\n1 W\u00f6rner . . .\t5,25 \u00b0/o\t5,27 \u00b0/o\n2 Urb .... .,!\t0,H\u00b0/o\t0,3 \u00b0/o\n3 Mann\t\t7,2 o/q\t7,2 o/o\ni Farm .....\t2.8 o/o\t3,0 o/o\n5. Regner . . . . 1\t' 2A\u201ch\t2,5 o/o\nEs scheint also in der Tat, da\u00df irgendwie in Betracht kommende Differenzen zwischen Polarisations- und Titr\u00e2t ions wert en bei Benutzung der Bertrandschen Titrationsmethode nicht bestehen. Differenzen bis zu 0.2\u00b0/o zugunsten der Titrationswerte lassen sich durch die Linksdrehung des normalen, zuckerfreien Urins einwandfrei erkl\u00e4ren.\nAuch Andersen bekommt f\u00fcr Traubenzucker \u00fcbereinstimmende Polarisations- und Titrationswerte, wenn er den mit Merkurinitrat vorbehandelten Harn nach Bang titriert. Bei dieser Modifikation scheint also auch die Bangsche Titrationsmethode keine zu hohen Zuckerwerte zu ergeben.\nIch habe \u00fcber diese modifizierte Bangsche Methode noch keine eigenen Erfahrungen. sehe,aber in den \u00fcbereinstimmenden Polarisai ions-und Titrationswerten Andersens, ebenso wie in denen Funks, dessen Resultate ich best\u00e4tigen kann, einen weiteren Beweis daf\u00fcr, da\u00df f\u00fcr die Annahme eines linksdrehenden Zuckers im Diabetikerharn ein Grund nicht vorliegt.\nZu demselben Resultat war ich bereits fr\u00fcher gelangt, indem ich nachwies, da\u00df die von mir angegebene L\u00e4vuloseprobe in allen von mir untersuchten Diabetesf\u00e4llen ein negatives Resultat ergab. Wenn trotzdem Voit1) diese L\u00e4vuloseprobe in einer Reihe von Diabetesf\u00e4llen positiv findet, so kann das jedenfalls nicht die Anwesenheit von L\u00e4vulose beweisen. sondern es mu\u00dften Momente, die in der Art der Anstellung der Probe bedingt sind, der Grund f\u00fcr unsere differenten Resultate sein\nU Diese Zeitschrift. Bd. LVIII, 190809. S. 122.","page":412},{"file":"p0413.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber diabetische L\u00e4vulosurie. 11.\t413\nVoit fand meine Probe in 70 Untersuchungen an 22 Diabetikern 2omal positiv. Diese den meinen durchaus widersprechenden Angaben veranla\u00dft en mich, zun\u00e4chst nochmals an einer Reihe von Diabetikerharnen die L\u00e4vuloseprobe anzustellen. Ich habe die Reaktion seither bei 11 Diabetikern 41 mal erprobt. Nur einmal bekam ich. einen ganz schwach positiven Ausfall. Der Urin enthielt (nach der Polarisationt \u00ab:8 ' Zucker. Als ich mit dem zur H\u00e4lfte mit Wasser verd\u00fcnnten Urin die Probe wiederholte. fiel sie negativ aus. Ich nehme an, da\u00df in diesem Falle das kurze Aufkochen mit 25\u00b0/oiger Salzs\u00e4ure gen\u00fcgte, um aus dem reichlich vorhandenen Traubenzucker eine Spur L\u00e4vulose zu bilden. Wegen des negativen Ausfalls der Probe nach Verd\u00fcnnung des Harns, auf die H\u00e4lfte mu\u00df mit gro\u00dfer Wahrscheinlichkeit geschlossen werden, da\u00df'der native Harn L\u00e4vulose nicht enthielt.\nAuch Malfatti *) fand meine Probe nicht brauchbar, da er \u00abkeinen normalen zuckerfreien Harn gefunden, der nicht bei Anstellung der Reaktion an den Essig\u00e4ther einen roten bis blauen Farbstoff abgegeben h\u00e4tte*.\nEine Blauf\u00e4rbung des Essig\u00e4therextrakts habe ich in 3 F\u00e4llen bei indikanreichen Urinen gesehen. Diese F\u00e4lle wurden oben nicht mitgez\u00e4hlt.\nIm Gegensatz zu Voit und Malfatti habe ich niemals bei Extraktion mit Essig\u00e4ther einen rosaroten oder roten Farbstoff erhalten, es sei denn, da\u00df der Urin einen nach Ans\u00e4uern durch Amylalkohol extrahierbaren roten Farbstoff enthielt (UroroseinV). Was mein Vorgehen in diesem Falle anbeirifft, so ist dasselbe leider von Voit v\u00f6llig mi\u00dfverstanden worden. Ich habe in allen derartigen F\u00e4llen in der von mir angegebenen Weise vor Anstellung der L\u00e4vuloseprobe mit Amylalkohol ausgesch\u00fcttelt, aber nur die negativen Resultate gelten lassen, da \u2014 wie ich damals ausf\u00fchrte \u2014 der Amylalkohol Verunreinigungen enthalten kann, durch die eine positive L\u00e4vuloseprobe vorget\u00e4uscht Werden k\u00f6nnte. Dieses Ereignis scheint allerdings seltener einzutreten, als ich urspr\u00fcnglich annahm. In 31 F\u00e4llen, in denen ich vor Anstellung der L\u00e4vuloseprobe mit Amylalkohol aussch\u00fcttelte, bekam ich nur dreimal ein positives Resultat, das also dann nicht verwertet wurde.\nAber auch wenn man annimmt, da\u00df in allen F\u00e4llen, in denen'Voit und Malfatti ein rotes Essig\u00e4lherextrakt erhielten, .Urorosein vorhanden war, bestehen zwischen meinen Resultaten und den Befunden dieser Autoren so weitgehende Widerspr\u00fcche, da\u00df sie nur durch, weitere Verschiedenheiten in der Versuchsanordnung bedingt sein k\u00f6nnen.\nNach meinen Erfahrungen liegt die HauptSchwierigkeit zur Vermeidung von Fehlern darin, die Einwirkung h\u00f6herer Temperaturen bei Anstellung der Probe so kurze Zeit wie m\u00f6glich zu gestatten. Wie auch Malfatti richtig hervorhebt, kann bei l\u00e4ngerem Kochen, ja schon beim langsameren Erhitzen (Spiritusflamme!) eine positive Reaktion entstehen.\nDiese Zeitschrift, Bd. LVIII, 1909, S. 544.","page":413},{"file":"p0414.txt","language":"de","ocr_de":"L Borchardt, \u00dcber diabetische L\u00e4vulosure. II.\nSchon aus diesem Grunde scheint mir die von Malfatti vorgeschla^ene Modifikation. 1 Minute im kochenden Wasserbade zu erhitzen.'\u2019unzweckm\u00e4\u00dfig.\nMeine oben mit geteilten Resultate wurden nach Erhitzen \u00fcber einer starken Bunsenflamme erzielt. Es ist aber offenbar von Wichtigkeit daft nur eben ganz kurz aufgekocht und dann sofort unter einem breiten Wasserstrahl abgek\u00fchlt wird. Ich habe wiederholt beobachtet da\u00df der Essig\u00e4ther einen rosaroten oder bla\u00df gelblich-roten Farbstoff aufnahm, wenn ich zwischen Auf kochen und Abk\u00fchlen 7* Minute oder l\u00e4nger ver-streirhen lie\u00df, oder wenn ich vor dem Abk\u00fchlen l\u00e4ngere Zeit im Kochen erhielt. Da\u00df ein Teil der positiven Resultate (der Rotf\u00e4rbung des Essig-\u00e4therextrakls) auf Nichtbeachtung dieser Vorschrift beruht, ist mir wahrscheinlich.\nWeiterhin scheint es mir bedenklich, wenn Voit jeden Urin vor Anstellung der Essig\u00e4therprobe 1 Minute lang mit Essigs\u00e4ure kocht. Aus zuckerreichen Harnen kann bei Anwesenheit von nicht zu wenig Essigs\u00e4ure gewi\u00df durch dieses Vorgehen L\u00e4vulose gebildet werden. Die Notwendigkeit eines solchen Vorgehens wegen gleichzeitiger Anwesenheit von Nitrilen und Indikan ist auch so selten gegeben, da\u00df es sich gewi\u00df empfiehlt, die Probe nach Ans\u00e4uern und Kochen in den F\u00e4llen, wo sie positiv ausf\u00e4llt, zu wiederholen.\nSchlie\u00dflich mu\u00df ich noch erw\u00e4hnen, da\u00df die Voraussetzungen, die Voit als Ursache der Differenzen zwischen seinen und meinen Resultaten annimint, nicht zul reffen. Ich habe die Mehrzahl der von mir untersuchten Diabetikerharne wiederholt untersuchen k\u00f6nnen und habe alle L\u00e4vulose proben auch dann zu Ende gef\u00fchrt, wenn nach dem Kochen keine ausgesprochene Rolf\u00e4rbung eintrat.\nIch mu\u00df deshalb annehmen, da\u00df sowohl seine wie Malfat t is Untersuchungen mit meiner L\u00e4vuloseprobe fehlerhaft angestellt wurden, und glaube, da\u00df die Gr\u00fcnde f\u00fcr die fehlerhafte Anstellung der Probe wohl in zu langem Kochen zu suchen sind.\nJedenfalls mu\u00df ich auf Grund des mir vorliegenden Materials von neuem betonen, da\u00df f\u00fcr die Annahme einer diabetischen L\u00e4vu-losurie nicht der geringste Grund vorliegt. Vielmehr spricht sowohl das Verhalten der Polarisations- und Titr\u00e2t ionswert e wie der konstant negative Ausfall der L\u00e4vuloseprobe daf\u00fcr, da\u00df neben Traubenzucker in der Regel keine anderen Zucker im Diabetikerurin auftreten.","page":414}],"identifier":"lit18854","issued":"1909","language":"de","pages":"411-414","startpages":"411","title":"\u00dcber die diabetische L\u00e4vulosurie und den quantitativen Nachweis der L\u00e4vulose im Harn. II. Mitteilung","type":"Journal Article","volume":"60"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:58:42.475009+00:00"}