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{"created":"2022-01-31T13:58:12.162544+00:00","id":"lit18891","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Habermann, J.","role":"author"},{"name":"R. Ehrenfeld","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 56: 363-372","fulltext":[{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des, Zigarrenrauches.\nVon\nJ. Habermann und R. Ehrenfeld.\n(Mitteilung ans dem Laboratorium f\u00fcr allgemeine und analytische Chemie der k. k. technischen Hochschule in Br\u00fcnn.)\n(Der Redaktion zugegangen am 5. Juni 1908.)\nIn drei Mitteilungen in dieser Zeitschrift1) hat der erste von uns beiden \u00fcber seine Versuche zur Kenntnis des Zigarren-, Zigaretten- und Pfeifenrauches, sowie zur Kenntnis des Blaus\u00e4uregehaltes im Zigarrenrauche berichtet. Das Verrauchen eines jeden Tabakproduktes geschah mit Hilfe eines Aspirators, der ein intermittierendes Rauchen in m\u00f6glichster Nat\u00fcrlichkeit gestattete. Gegenstand dieser Arbeiten war die Ermittlung der Asche, der Feuchtigkeit und des Nicotins in den einzelnen Rauchsorten selbst, des Nicotins, des Kohlenmonoxydes, des Sauerstoffs und der Kohlens\u00e4ure im Rauche, und schlie\u00dflich die Bestimmung des Nicotins in den zur\u00fcckbleibenden Stumpfen. Im Mittelpunkte aller Ergebnisse der ausgedehnten Versuche stand der Nachweis, da\u00df beim intermittierenden Rauchen von Zigarren und Zigaretten nur ein verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig kleiner Teil des Nicotins aus dem verrauchten Tabak in den Rauch \u00fcbergeht. Es er\u00fcbrigt nunmehr, die damaligen Versuche dahin abschlie\u00dfend zu erg\u00e4nzen, da\u00df auch der Schwefelgehalt und das Ammoniak im Rauche bestimmt wird; und da es sich ferner hei allen bisherigen Rauchversuehen nur um \u00f6sterreichische Regiezigarren handelte, so m\u00f6ge schlie\u00dflich noch \u00fcber einige analoge Versuche mit \u00f6sterreichischen \u00abSpezialit\u00e4ten* berichtet werden, welche Sorten bekanntlich sehr teuer sind.\nIn der ersten der obzitierten Mitteilungen wurde (S. 88) das Resultat der qualitativen Pr\u00fcfung des Zigarrenrauches, so-\n') Bd. XXXIII, S. 55; Bd. XXXVII, S. 1; Bd. XL, S. 148.","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"J. Habermann und R. Ehrenfeld,\nweit es sich auf den Schwefelwasserstoff bezieht, in folgendem zusammen gefa\u00dft : \u00abDer Rauch aller untersuchten Zigarrensorten enth\u00e4lt Schwefelwasserstoff. Die Menge desselben ist bei den einzelnen Zigarrensorten allem Anscheine nach verschieden. Die gemachten Beobachtungen gestatten indessen nicht, allgemein zu sagen, da\u00df die billigen Zigarrensorten viel, die teuren wenig Schwefelwasserstoff entwickeln.\u00bb Im Anschl\u00fcsse an diese Bemerkung wurde hinzugef\u00fcgt, da\u00df unter den im ersten Kondensationsgef\u00e4\u00dfe sich ansammelnden Produkten stets relativ reichliche Mengen von kohlensaurem Ammon sich vorfinden, und da\u00df es daher keineswegs erwiesen sei, da\u00df der nachgewiesene Schwefelwasserstoff als solcher und nicht als Schwefelammonium im Zigarrenrauch enthalten ist, welch letztere Verbindung die bekannte \u00e4tzende Wirkung auf die Schleimh\u00e4ute der Mund- und der Rachenh\u00f6hle aus\u00fcbt. Die Bestimmung des Schwefels in dem Zigarrenrauche hat somit auf Schwefelwasserstoff wie auf Schwefelammonium Bedacht zu nehmen.\nJe eine Schwefelbestimmung wurde im Rauch von zehn Zigarren vorgenommen. Der Apparat, mit dem die Zigarren intermittierend verraucht wurden, ist in der obzitierten ersten Abhandlung auf S. 87 abgebildet, dazu der Aspirator auf S. 71. Durch Vorschalten passender Absorptionsfl\u00fcssigkeiten in den Gef\u00e4\u00dfen des Rauchapparates konnte mit jeder Schwefelbestimmung eine Ammoniakbestimmung kombiniert werden. In den Ansaugekolben wurde eine kleine Menge an ^lo-n-Salzs\u00e4ure gebracht, so da\u00df das Rohr, welches die Zigarre tr\u00e4gt, nur an seinem unteren Ende benetzt wird und nicht in die Fl\u00fcssigkeit eintaucht. An den Ansaugekolben schlie\u00dfen sich zwei Waschflaschen mit1 /io-n-Salzs\u00e4ure beschickt, darauf zwei Waschflaschen mit 5-n-Kalilauge (sulfatfrei), der etwas Natriumarsenitl\u00f6sung vorsichtshalber hinzugef\u00fcgt wird, um Verlusten an Schwefelwasserstoff durch die gro\u00dfen Mengen der durchgehenden Kohlens\u00e4ure vorzubeugen. Nach dem Verrauchen der zehn Zigarren werden die Absorptionsfl\u00fcssigkeiten s\u00e4mtlich in den Scheidetrichter gebracht und das stark alkalisch reagierende braune Fl\u00fcssigkeitsgemisch mit \u00c4ther gesch\u00fcttelt, der beim dritten Aufgie\u00dfen g\u00e4nzlich farblos ist. Die nicotinfreie Fl\u00fcssigkeit wird","page":364},{"file":"p0365.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Zigarrenrauches.\t365\nabdestilliert und das entbundene Ammoniak durch Zur\u00fccktitrieren der vorgeschlagenen S\u00e4ure ermittelt. Die von der Destillation Testierende Fl\u00fcssigkeit wird mit Salpeters\u00e4ure \u00fcbers\u00e4ttigt, Salzs\u00e4ure hinzugef\u00fcgt und zur Trockene eingedampft. Nach dem nochmaligen Abdampfen mit Wasser wird die entstandene Schwefels\u00e4ure mit Chlorbaryuml\u00f6sung gef\u00e4llt und das Baryumsulfat gravimetrisch behandelt. Die nachfolgende Tabelle gibt eine \u00dcbersicht \u00fcber die erhaltenen Resultate:\nSorte\tg verraucht\t\u00bb/. s\t\u25a0 \u00b0/0 NH.\t: .. - \u25a0 \u25a0 ..\nKurze\t(\t39,01\t0.009\t0,02\t\ni\t37,62\t0,009\t0,02\t\n(\t31.19\t0,03\t0,72\t\nPortorico l\t29,41\t0,01\t0,12\tDie Prozent-\nl\t13,76\t\u2014\t0,01\t\n(\t52,58\t0,02\t0,49\tzahlen\nKuba\t{\t45,67\t0,01\t0,09\t1\nl\t24,51\t\u2014 \u25a0\t0,07\tf\u00fcrS und NH3\n\\\t42,63\t0,01\t0,07\t\nHavanna {\t39,34\t0,01\t0,009\tsind\nl\t19,17\t\t.\t0,006\t\n\t\t\t\tauf 100 g\nf\t44,65\t0,009\t0,13\t\nOperas ?\t42,88\t0,009\t0,02\tverrauchten\n1\t20,51\t\t0,00\t\nr\t35,13\t0,01\t0,01\tTabaks\nTrabuco {\t35,53\t0,01\t0,10\t\nl\t17,16\t\u2014\t0,01\tberechnet.\nf\t50,90\t0,01\t0,03\t\nBritannica !\t50,49\t0,007\t0,06\t\n1\t25,78\t\u2014\t0,02\t\nHierzu sei bemerkt, da\u00df die Zigarren nach 5\u20146 t\u00e4gigem kagern an trockenem, staubfreiemOrte bis auf Hundertel Gramme eingewogen wurden; genau in der gleichen Art erfolgte die R\u00fcckw\u00e4gung der unverrauchten Stumpfe. Wie die Tabelle lehrt, sind die Prozentzahlen f\u00fcr den Schwefel von so ziemlich befriedigender \u00dcbereinstimmung. Sie schwanken bei den ver-","page":365},{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"366\tJ. Habermann und R. Ehrenfeld,\nschiedenen Sorten in den Grenzen von 0,007\u20140,03 \u00b0/o, wobei bemerkenswerterweise die \u00abKurzen*, die billigste Sorte, einen sehr geringen Schwefelgehalt im angesaugten Rauche aufweisen. Wenn auch die obzitierte Voraussage auf Grund qualitativer Beobachtungen von der Verschiedenheit der Schwefelmenge im Rauche der verschiedenen Zigarrensorten somit auf dem Boden quantitativer Beobachtungen sich erf\u00fcllt hat, so ist doch diese Verschiedenheit von Sorte zu Sorte viel zu wenig weitgehend, als da\u00df der Schwefelgehalt im Rauche einen Ma\u00dfstab f\u00fcr die G\u00fcte der einzelnen Sorten, namentlich in hygienischer Beziehung bilden k\u00f6nnte. Man wird vielmehr von der Wirklichkeit nicht allzu weit abweichen, wenn man annimmt, da\u00df der Schwefelgehalt des Rauches s\u00e4mtlicherZigarrensorten nur wenig um 0,02\u00b0/o schwankt. Im Gegens\u00e4tze hierzu sind die Abweichungen in den Prozentzahlen f\u00fcr das Ammoniak so durchgreifende, da\u00df von einem einheitlichen Bilde \u00fcber den Gehalt des Rauches an Ammoniak1) nicht mehr die Rede sein kann. So weist beispielsweise der Rauch von f\u00fcnf Operas das eine Mal kein Ammoniak auf, das andere Mal enth\u00e4lt der Rauch von zehn Operas 0,13\u00b0/o Ammoniak. Oder es liefert der Rauch von f\u00fcnf Portoricos das eine Mal 0,01 \u00b0/o Ammoniak, das andere Mal sind in dem Rauche von zehn Portoricos 0,72n * Ammoniak enthalten. Als Produkt der trockenen Destillation im Laufe der langsamen Verbrennung der Zigarren schwankt das Ammoniak in seinem prozentuellen Anteile innerhalb so weiter Grenzen, da\u00df alle Bem\u00fchungen, den Rauchproze\u00df im Apparate von Sorte zu Sorte durch Vorschalten gleicher Fl\u00fcssigkeitsmengen, Regulieren des Abtropfhahnes am Aspirator, sogleichm\u00e4\u00dfig als m\u00f6glich zu gestalten, hierin keinen Wandel schufen. Da nun alle anderen wesentlichen Bestandteile im Rauche wie in den Tabaksorten selbst mit ziemlicher Regelm\u00e4\u00dfigkeit zu bestimmen sind, so kann, mit weiterer Bedacht-nahme auf die Exaktheit der Ammoniakbestimmungsmethode, diese so weitgehende Unregelm\u00e4\u00dfigkeit in den Prozentzahlen\nI) Wie aus der Rubrik \u00abg verraucht* ersichtlich, wurden je zwei Ammoniakbestimmungen mit zehn, je eine mit f\u00fcnf Zigarren vorgenommen.","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Zigarrenrauches.\t367\nf\u00fcr Ammoniak innerhalb der einzelnen Sorten nur der Verschiedenheit des Rauch- und Abschwelprozesses in der einzelnen Zigarre zugeschrieben werden.\nWeitere Schwefelbestimmungen werden nach der gleichen gravimetrischen Methode wie fr\u00fcher in dem Rauche der vier folgenden \u00f6sterreichischen \u00abSpezialit\u00e4ten\u00bb vorgenommen. Die Bestimmung des Ammoniaks wurde nicht mehr durchgef\u00fchrt, daf\u00fcr jedoch die Schwefelbestimmung mit der Bestimmung des Nicotins im angesauglen Rauche kombiniert. Die Waschfl\u00fcssigkeiten waren die gleichen wie in den bisherigen Versuchen. Sie wurden nach beendigtem Verrauchen von jedesmal f\u00fcnf Zigarren in den Scheidetrichter gesp\u00fclt, und aus dem resultierenden, stark alkalischen Fl\u00fcssigkeitsgemische das Nicotin durch Aussch\u00fctteln mittels \u00c4ther extrahiert. Nach dem vorsichtigen Abdestillieren des \u00c4thers wurde mit '/w-n-Natron-lauge versetzt und das Nicotin im Wasserdampfstrome abdestilliert. In je 100 ccm des Destillates wurde unter Verwendung von Methylorange eine Titration mit 'hom-S\u00e4ure vor-genommen, und dieser Vorgang so lange fortgesetzt, bis zum Farbenumschlage nur noch 0,1 ccm der S\u00e4ure erforderlich war Mit den zum Verrauchen bestimmten Zigarren wurde gleichzeitig die Feuchtigkeitsbestimmung durch Trocknen der Zigarren bei 1000 C., sowie die Aschenbestimmung durch sorgf\u00e4ltiges Sammeln der beim Rauchprozess resultierenden Asche durchgef\u00fchrt. In den Testierenden Stumpfen, sowie in einer gesonderten Partie Zigarren, wurde das Nicotin nach der Methode\n\\on Kissling1) bestimmt. Die nachfolgende Tabelle enth\u00e4lt die Resultate.\nWas zun\u00e4chst den Schwefelgehalt betrifft, so bewegt er sich auch bei den teuren \u00abSpezialit\u00e4tensorten\u00bb in \u00e4hnlichen Grenzen wie bei den in der vorigen Tabelle angef\u00fchrten gew\u00f6hnlichen Sorten \u00f6sterreichischer Regiezigarren. Man d\u00fcrfte 'on der Wirklichkeit nicht ab weichen, wenn man den Durchschnitt des Schwefelgehaltes im angesaugten \u00abSpezialit\u00e4ten\u00bb-hauche zu 0,015 \u00b0/o ansetzt, um den die Prozentzahlen in den\n\u2018) Zeitschrift f. analyt. Chem., Bd. XXI, S. <4, 1882.","page":367},{"file":"p0368.txt","language":"de","ocr_de":"368\nJ. Habermann und R. Ehrenfeld,\n\t\t! ' ' \u2022' ! ' \u2022 if vor-\t\u25a0\u00b0/o Ni-\t\u00b0/o S\t\u20221 |\u00b0/o Nicotin\t1 \u00b0/o Nicotin\tj >/o\t\u25a0 ! \u00b0 \"\nSorte\t\to vtr raucht\tco tin im\tim\t| in den\tin den\tjFeuch-j tigkeit\ti Asche\n\t\t\tRauch\tRauch\t; Stumpfen\tZigarren !\tim I Mittel1)\ti im Mittel*)\nConchas\t{\t15,45\t0,10\t0,01\t\u2022t,20\t1,05\t\t\u25a0 22,20 I\n\t\t15,68\t0,12\t0,01\t4,63\t1,02\t5,78\t\nRegalia chica\tij\t16,54 16.76 j\t0,10 ' 0,15 1\t0,01 0,01\t3,46 3,22\t1,53 1,52\t6,16\t. 1 23,48\nPerfectos\tl V\t1 24,41\t! 0,05 |\t0,01\t4,42\t|\t1,12\t6,48 1\t20,91\n\t1 ;\t23,18 ;\t0,09\t0,02\t3,58\t1,22\t\t\nPredilectos\t1 / \u00fc , 1\t19,68 j\t0,00 J\t0,01\t4,42\t1,0!)\ti \u25a0\u25a0 7,65 j\t22,10\n\t\t20,641 ; .1\t0,00(7) 0,01 : ' \u25a0 1\t\t4,71\t1\t1,07\t\t\neinzelnen F\u00e4llen um geringes schwanken. Interessante Vergleiche ergeben sich bez\u00fcglich des Verh\u00e4ltnisses zwischen Nicotin im angesaugten Rauche einerseits und Nicotin in den Zigarren und in den Stumpfen anderseits, ferner wenn die he treffenden Nicotinwerte mit den korrespondierenden Werten fur die gew\u00f6hnlichen Sorten der \u00f6sterreichischen Regiezigarren verglichen werden. Der Nicotingehalt liegt in den vier untersuchten \u00abSpezialit\u00e4ten \u00bb-Sorten zwischen 1,03 \u00b0/\u00bb und 1,52' \u25a0> im Mittel. Nach labelleHV (S. 81) der ersten von den eingangs zitierten Abhandlungen weist die Britannicazigarre den niedrigsten Nicotingehalt mit 1,29 \"/n auf, die Virginier den h\u00f6chsten mit 3,9!) \u00bb/o, w\u00e4hrend die Nicotingehalte aller anderen gew\u00f6hnlichen Zigarrensorten zwischen diesen beiden Werten liegen. Von dem Nicotingehalt der \u00abSpezialit\u00e4ten\u00bb-Sorten findet sich nun in dem angesaugten Rauch der Predilectos so gut wie nichts vor, w\u00e4hrend bei den \u00fcbrigen drei Sorten der Nicotingehalt im angesaugten Rauche im Mittel zwischen 0,07\u00bb o und 0,12\u00b0/o liegt.\nVon dem gesamten Nicotingehalt der \u00ab Spezialit\u00e4ten-Zigarren gehen somitt bei den drei in Betracht kommenden\n\u2018) Aus je drei Bestimmungen.\n) Aus dem Aschengehalt von je f\u00fcnf Cigarren berechnet.","page":368},{"file":"p0369.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Zigarrenrauches,\t369\nSorten 6,7\u20147,8\u00b0/o, oder Vis\u20141 is in den angesaugten Rauch \u00fcber. Es ist nun h\u00f6chst bemerkenswert, da\u00df nach der Zusammenstellung auf S. 114 der ersten von den eingangs zitierten Mitteilungen bei den gew\u00f6hnlichen Zigarrensorten \u2014 abgesehen von der Brasil-Virginier, die 67 Vo oder Vs ihres mittleren Nicotingehaltes in den angesaugten Rauch entsendet \u2014 17 Vo bis 33\u00b0/\u00ab, oder Ve\u2014V\u00ab des mittleren Nicotingehaltes in den angesaugten Rauch \u00fcbergehen. Im Maximum gehen bei den \u00abSpezialit\u00e4ten\u00bb-Sorten Vis, bei den gew\u00f6hnlichen Sorten (die Brasil-Virginier ausgenommen) aber Vis des Nicotins der Zigarre in den angesaugten Rauch \u00fcber. Unter allen toxikologisch in Betracht kommenden Stoffen des Tabakrauches ist das Nicotin der wichtigste, gegen welchen Kohlenoxyd, Schwefelwasserstoff, Blaus\u00e4ure und Pyridin g\u00e4nzlich zur\u00fccktreten. Die Symptome der akuten Tabakrauchvergiftung decken sich im allgemeinen mit denen der akuten Nicotinvergiftung, auch die ermittelten Absorptionsgr\u00fclSen des Nicotins aus dem Rauch passen sehr gut zu d\u00ebm, was vom Standpunkte der Toxikologie aus zu erwarten war.1) Alle Bedingungen, welche die in der Zeiteinheit absorbierte Nicotinmenge vergr\u00f6\u00dfern, lassen das Rauchgut giftiger erscheinen. Angesichts dieser Tatsachen erscheint nun die Predilectos als geradezu ideale Zigarre, welcher von den \u00fcbrigen drei \u00abSpezialit\u00e4ten \u00bb-Sorten die Perfectos am n\u00e4chsten kommt. Hierbei ist es nun von gro\u00dfem Interesse, da\u00df die \u00abSpezialit\u00e4ten.-Sorten im allgemeinen als sehr \u00abschwere\u00bb Zigarren gelten, die dem Ungewohnten den Geschmack der st\u00e4rksten der \u00d6sterreichischen Regie-Zigarren, der \u00abVirginier\u00bb einfl\u00f6\u00dfen. Namentlich ist der brennende Geschmack, den die Spezialit\u00e4ten-Sorten in der Mundh\u00f6hle hervorrufen, ganz charakteristisch. Es ist ja im \u00fcbrigen eine mit den praktischen Ra\u00fccherfahrungen im besten Einkl\u00e4nge stehende Tatsache, da\u00df Zigarren von gleichem Nicotingehalt verschieden \u00abschwer\u00bb empfunden werden, da\u00df nicotinreiche Zigarren \u00f6fters \u00ableichter\u00bb empfunden werden als nieotin\u00e4rmere.\n') Lehmann, M\u00fcnchner medizin. Wochenschrift, Bd. LV. S 723\n(1908).\t.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LVt\t26","page":369},{"file":"p0370.txt","language":"de","ocr_de":"370\nJ. Habermann und R. Ehrenfeld,\n\\\\ i\u2018nn nun das Nicotin der praktisch einzig in Betracht kommende giftige Stoff des Tabakrauches sein soll, so w\u00e4re der Widerspruch zwischen Nicotingehalt und so verschiedenartiger \u00ab Schwere \u00bb der Zigarre unl\u00f6slich.1) Und es erscheint die M\u00f6glichkeit daher nicht ausgeschlossen, da\u00df sich das, was wir bisher als \u00abNicotin\u00bb aus dem Hauch isoliert haben, doch noch als ungleichm\u00e4\u00dfige Mischung mehrerer Stoffe herausstellt, die erst trennbar werden, wenn enorme Rauchmengen verarbeitet werden.\n.Parallel mit dem \u00dcbergang einer relativ so geringen Menge an Nicotin in den angesaugten Rauch verl\u00e4uft die starke, vermehrte Anh\u00e4ufung von Nicotin, respektive Stickstoffbasen in den Stumpfen. W\u00e4hrend nach den Untersuchungen in der ersten von den eingangs zitierten Abhandlungen (S. 113) die Zunahme der Stickstoff basen in den Stumpfen der gew\u00f6hnlichen Zigarrensorten zwischen 16\u2014llHo/o, bezogen auf den mittleren Nicotingehalt \u00f6er Zigarre, sich bewegt, vermehrt sich der Anteil der Stiekstoffbasen in den Stumpfen der \u00abSpezialit\u00e4ten\u00bb-Sorten, auf ihren mittleren Nicotingehalt berechnet, um 118\u2014325 \u00b0 o im Mittel und zwar :\nConchas\t325 o/o\nRegalia chica\t118 \u00bb\nPerfeetos\t241 \u00bb\nPredileetos\t323 \u00bb\nUnter den gew\u00f6hnlichen Zigarrensorten findet bei den Zigarren mit dem gr\u00f6\u00dften mittleren Nicotingehalte (Regalitas und Virginier) eine auffallend geringe Anh\u00e4ufung der Stickstoff basen in den Stumpfen statt, w\u00e4hrend sie bei den zwei nicotinarmen Sorten (Britannica und Brasil-Virginier) eine ganz bedeutende ist. Da nun Form und Bau von Regalitas und Virginier einerseits und Britannica und Brasil-Virginier anderseits durchwegs verschieden sind, so wurde der Schlu\u00df gezogen, da\u00df weder die Wickelung der Zigarre noch ihr Nicotingehalt, sondern ihr Gehalt an Eiwei\u00dfstoffen als Hauptfaktor die Anh\u00e4ufung von Stickstoffbasen in den Stumpfen beeinflusse. Dieser Schlu\u00df mu\u00df nun auch auf die \u00abSpezialit\u00e4ten\u00bb-Sorten \u00fcbertragen werden.\n*) Lehmann, a. a. 0.","page":370},{"file":"p0371.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Zigarrenrauches.\t371\nWenn auch Form und Bau dieser Zigarren nicht so weit verschieden ist wie bei den gew\u00f6hnlichen Sorten.' so ist doch ihr Nicotingehalt im gro\u00dfen und ganzen nicht allzu verschieden, w\u00e4hrend die Anh\u00e4ufung von Nicotin, respektive von Stickstoff-basen, nebst ihrer absoluten Gr\u00f6\u00dfe sehr weite Grenzen ein-iiiinmt. Es ist jedenfalls sehr beachtenswert, da\u00df die \u00abSpezial i t\u00e4ten \u00bb-Sorten mit der kr\u00e4ftig kondensierenden und absorbierenden Wirkung ihrer Stumpfen als \u00abscharf\u00bb empfunden werden, d.h. heftige Reizsymptome an Zunge, Rachen und Stimmb\u00e4ndern ausl\u00f6sen. Zum Schl\u00fcsse sei bemerkt, da\u00df die \u00abSpezialit\u00e4ten \u00bb-Sorten in bezug auf Asche und Feuchtigkeit den gew\u00f6hnlichen Sorten gegen\u00fcber keinen bemerkenswerten Unterschied darbieten. Der Aschengehalt bewegt sich bei den gew\u00f6hnlichen Sorten zwischen 5,64\u20147,27 \u00b0/o, bei den \u00abSpezialit\u00e4ten\u00bb-Sorten zwischen 5,78\u20147,65 \u00bb/o; der Aschengehalt ist f\u00fcr die ersteren Sorten 16,4\u201422,1 \u00bb/o, f\u00fcr die letzteren 20,9\u201423,4\u00b0. o.\nZusammenfassung.\n1.\tDer Schwefelgehalt im angesaugten Rauche der gew\u00f6hnlichen \u00f6sterreichischen Zigarrensorten betr\u00e4gt im Durchschnitt 0,02 \u00b0/o auf das Gewicht der lufttrockenen Zigarre berechnet. Bei den \u00f6sterreichischen \u00abSpezialit\u00e4ten\u00bb-Sorten sinkt dieser Durchschnittswert auf 0,015 \u00b0/o herab. Nach einer \u00e4lteren Arbeit von Vogel und Reischauer1) betr\u00e4gt der Schwefelwasserstoffgehalt im Tabakrauche 0,03 \u00bb/o (auf das Gewicht des \\errauchten Tabaks) bezogen. Dieser Schwefelgehalt ist von Sorte zu Sorte viel zu wenig verschieden, als da\u00df er einen Ma\u00dfstab f\u00fcr die G\u00fcte der Zigarre abgeben k\u00f6nnte.\n2.\tDer Ammoniakgehalt ist im angesaugten Rauche jeder einzelnen Zigarre viel zu schwankend, als da\u00df ein einheitlicher Durchschnittswert f\u00fcr den Ammoniakgehalt anzugeben w\u00e4re.\n3.\tMit R\u00fccksicht auf den Umstand, da\u00df das Nicotin der einzige toxikologisch in Betracht kommende Stoff im angesaugten Rauche ist, sind die \u00f6sterreichischen \u00abSpezialit\u00e4ten \u00bb-Sorten auf den ersten Blick zwar hygienisch fast ideale Zigarren,\n') Dinglers polytechn. Journ., 1858, Bd. CXLVHI, S. 231.\n26*","page":371},{"file":"p0372.txt","language":"de","ocr_de":"372 J. Habermann n. Ehrenfeld, Zur Kenntnis des Zigarrenrauches.\nsie werden jedoch als \u00abschwere\u00bb Sorten empfunden aus Ursachen, die sich vorl\u00e4ufig unserer Kenntnis noch entziehen.\n4. Sehr bemerkenswert ist die stark vermehrte Anh\u00e4ufung von StickstofTbasen in den unverrauchten Stumpfen der \u00abSpezialit\u00e4ten \u00bb-Sorten, eine Erscheinung, die mit dem Eiwei\u00dfgehalt der betreffenden Tabaksorte im engsten Zusammenh\u00e4nge stehen d\u00fcrfte. Im Perzentgehalt an Feuchtigkeit und Asche bieten die \u00abSpezialit\u00e4ten\u00bb-Sorten*) den gew\u00f6hnlichen Sorten \u00f6sterreichischer Regie-Zigarren gegen\u00fcber keinen bemerkenswerten Unterschied.\n') Der Preis der verrauchten \u00abSpezialit\u00e4ten.-Sorten bewegt sich zwischen 30 bis 60 Heller per St\u00fcck.","page":372}],"identifier":"lit18891","issued":"1908","language":"de","pages":"363-372","startpages":"363","title":"Zur Kenntnis des Zigarrenrauches","type":"Journal Article","volume":"56"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:58:12.162549+00:00"}