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{"created":"2022-01-31T13:58:13.766521+00:00","id":"lit18892","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Rosenberger, Franz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 56: 373-377","fulltext":[{"file":"p0373.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Verfahren zum Nachweis von Inosit in tierischen Geweben\nund Fl\u00fcssigkeiten.\nVon\nFranz Rosenberger.\n(Aus der medizinischen Universit\u00e4tspoliklinik in Heidelberg.)\n(Der Redaktion zugegangen am ti. Juni iyo8\u201e)\nDas Verfahren, mit Hilfe dessen Scherer)1) den Inosit entdeckte und dessen sich die sp\u00e4teren Forscher zum Nachweis der Cyklose in tierischen Organen bedienten, beruhte auf Extraktion des zerkleinerten Organes mit Wasser und Behandlung der w\u00e4sserigen L\u00f6sung mit wenig differenten'F\u00e4llungsmitteln (Bleizucker oder Baryt oder Tanninl\u00f6sung, dann Bleiessig). Ich habe mich seiner bei der Verarbeitung von 3 ganzen Kaninchen auf einmal bedient und geringe Mengen der Cyklose erhalten. Dieser Arbeitsweise haften alle Fehler der Extraktionsmethoden an:\nI.\tWenn man auch noch so fein zerkleinert, ist man doch nicht sicher, da\u00df alle Substanz in das L\u00f6sungsmittel \u00fcbergeht.\nII.\tDas Wasser hebt die Fermentwirkung nicht auf, soda\u00df die M\u00f6glichkeit besteht, da\u00df w\u00e4hrend des Versuches die gesuchte Substanz teilweise zerst\u00f6rt wird oder eine fortgesetzte Bildung derselben erfolgt.\nIII.\tErfordert das Eindampfen der gro\u00dfen Wassermassen viel Zeit, Raum und Arbeit.\nDer Inosit wie der Seyllit haben nun mit dem Glykogen, von dem sie sich durch ihre gro\u00dfe Widerstandskraft\u2019 gegen S\u00e4uren unterscheiden, ihre Resistenz gegen Alkali gemeinsam;)\u00bb) deshalb kann man die zu untersuchenden K\u00f6rperteile mit Kalilauge in derselben Weise aufschlie\u00dfen wie bei der Bestimmung des Glykogens. Des ferneren aber gestattet es die Unempfindlichkeit der Ringzucker, selbst gegen Salpeters\u00e4ure von diesem\nm\u00e4chtigen Reagens zur Beseitigung st\u00f6render Verunreinigungen Gebrauch zu machen.","page":373},{"file":"p0374.txt","language":"de","ocr_de":"...3/4?\tFranz Rosenberger,\nDemgem\u00e4\u00df gestaltete sich das Verfahren zur Untersuchung ganzer Tiere folgenderma\u00dfen:\nDas Versuchstier wird gewogen, die dreifache Menge Wasser zum Kochen erhitzt, das Tier get\u00f6tet, sofort grob zerst\u00fcckelt, in das Wasser geworfen und dieses im Sieden erhalten. Unterdessen wird die der Hitze gebotene Oberfl\u00e4che durch Einschnitte in die Muskulatur vergr\u00f6\u00dfert. Nach 20\u201425 Minuten, je nach der Gr\u00f6\u00dfe des Untersuchungsgegenstandes, l\u00f6st man das Fleisch von den Knochen, zertr\u00fcmmert letztere im M\u00f6rser und schickt die Weichteile durch die Hackmaschine. Die etwas abgek\u00fchlte Kochbr\u00fche wird auf das urspr\u00fcngliche Volumen aufgef\u00fcllt und mit \u00c4tzkali bis zum gew\u00fcnschten Gehalt (2\u20145\u00b0/0) versetzt. Die Organe gibt man nun in einen ger\u00e4umigen Kolben, sp\u00fclt mir der Br\u00fche nach, erhitzt sie in derselben r\u00fcckflie\u00dfend zun\u00e4chst im Wasser- und, wenn das Sch\u00e4umen aufgeh\u00f6rt hat, im Parafflnbad bis zur L\u00f6sung. Die Br\u00fche, die nicht absolut klar zu sein braucht, wird dann in eine gro\u00dfe Schale gegossen, mit Salpeters\u00e4ure neutralisiert und dann soviel konzentrierte Salpeters\u00e4ure (spez. Gew. 1,5) zugesetzt, da\u00df ihr Gehalt 2,5 Volumprozent freier S\u00e4ure entspricht. Nun wird die unterdessen oft grau und grobflockig gewordene Fl\u00fcssigkeit wom\u00f6glich zun\u00e4chst auf freiem Feuer, sp\u00e4ter, wenn n\u00f6tig, auf dem Wasserbad auf 1 3 der urspr\u00fcnglich verwendeten Wassermenge unter h\u00e4ufigem R\u00fchren eingedampft; sie sch\u00e4umt in der Regel im Anfang stark und mu\u00df daher genau beaufsichtigt werden. Es steigt w\u00e4hrend des Eindampfens eine gelbbraune bis schwarze Masse als Rinde an die Oberfl\u00e4che, die teilweise in vielen F\u00e4llen noch ganz unverseiftes Fett enth\u00e4lt. Ist die L\u00f6sung auf das gew\u00fcnschte Quantum reduziert, so neutralisiert man sie mit hei\u00dfges\u00e4ttigter Barytlauge und f\u00fcgt dann noch einen \u00dcberschu\u00df von dieser hinzu.1) Die Farbe der L\u00f6sung wird dabei, wenn sie vorher, wie gew\u00f6hnlich, gelb war, rot bis graurot.\nBei basischer Reaktion erhitzt man 10\u201415 Minuten lang, dann wird wieder mit Salpeters\u00e4ure schwach anges\u00e4uert, auf\n\u2019) Der Zeitersparnis halber vergleicht man das Volumen der Fl\u00fcssigkeit in der Schale mit abgemessenen Mengen warmen Wassers in einem ebenso geformten Beh\u00e4lter.","page":374},{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Nachweis von Inosit in tierischen Geweben usw. 375\nein m\u00f6glichst geringes Volumen (eventuell bis zum Sirup) eingedampft und nachher 7-8 Volumprozent der augenblicklichen Fl\u00fcssigkeitsmenge konzentrierter Salpeters\u00e4ure in der Hitze schullweise unter starkem R\u00fchren zugegeben. Man erhitzt noch einige Augenblicke, bis die Reaktion beendet ist, und alkalisiert wieder mit hei\u00dfges\u00e4ttigtem Barytwasser. Je nach der Menge und der Widerstandsf\u00e4higkeit des Ausgangsmaterials wird dieses abwechselnde Zugeben von S\u00e4ure und Lauge mehrmals wiederholt. Wenn die obenerw\u00e4hnte Rinde trocken und kr\u00fcmelig erscheint und ein pulveriger Niederschlag, untermischt mit Krystallen, am Boden der Schale sich ansammelt, wird die Fl\u00fcssigkeit bei ganz schwachsaurer Reaktion auf eine geringe Menge eingedampft. Man l\u00e4\u00dft erkalten, nutscht von dem Niederschlag ab, w\u00e4scht diesen in der Reibschale gr\u00fcndlich aus und vereinigt Waschwasser und urspr\u00fcngliche L\u00f6sung. Wenn man sehr viel Ausgangsmaterial hatte, ist es oft notwendig, den Niederschlag noch mehrmals gesondert mit Salpeters\u00e4ure und Barytwasser zu behandeln. Ich habe ihn nach derartigem Vorgehen dann stets frei von Cyklose gefunden.\nDas Filtrat und die Waschwasser werden dann mit Bleizuckerl\u00f6sung in \u00fcblicher Weise gef\u00e4llt; es empfiehlt sich, gut absetzen zu lassen, dann abzunutschen und in der Reibschale den Niederschlag sorgf\u00e4ltig mit verd\u00fcnnter Bleizuckerl\u00f6sung auszuwaschen, da dieser leicht Inosit zur\u00fcckh\u00e4lt. Das Filtrat und das Waschwasser von der Bleizuckerf\u00e4llung werden nun in der W\u00e4rme mit Bleiessig ausgef\u00e4llt, unter Zugabe von etwas Ammoniak 12\u201424 Stunden stehen gelassen, von dem Niederschlag abgenutscht und dieser mit Schwefelwasserstoff gespalten. Man soll ihn nicht auswaschen, da er leicht zersetzlich ist : vielmehr das Filtrat vom Schwefelblei eindampfen und entweder, wenn es nicht mehr stark gef\u00e4rbt ist, nochmals mit Bleiessig fallen oder bei Gegenwart von mehr Verunreinigungen wieder auf den Sirup Salpeters\u00e4ure und Barytwasser wie oben angegeben ein wirken lassen.\nDie zur Erkennung der Gyklose angegebenen Reaktionen(\u00bbj sind gewi\u00df charakteristisch, gelingen aber nur, wenn der Ringzucker sehr rein ist. Ein positiver Ausfall der Probe ist nach","page":375},{"file":"p0376.txt","language":"de","ocr_de":"Franz Rosenberger,\n376\nder Anwendung des vorstehenden Verfahrens f\u00fcr die Gegenwart von Inosit beweisend, ein negativer ist es ohne weiteres nicht. Ich habe mich mehrfach \u00fcberzeugt, da\u00df, wenn eine Probe des \u00fcbrigbleibenden Niederschlags zun\u00e4chst einen negativen Ausfall der lnositreaktion gab, derselbe deutlich positiv wurde, sobald das Untersuchungsobjekt noch mehr gereinigt war.\nZu dieser Reinigung ist besonders zu empfehlen ausgiebiger Gebrauch der Salpeters\u00e4ure, ganz besonders gut eignet sich aber die F\u00e4llung des schon ziemlich reinen Inosits mittels \u00c4tzbaryt in methylalkoholischer L\u00f6sung. (*) Dieser Niederschlag l\u00f6st sich leicht in Wasser, der Baryt l\u00e4\u00dft sich in der W\u00e4rme mit Kohlens\u00e4ure vom Inosit trennen, der dann in \u00fcblicher Weise durch wiederholtes Eindampfen, Aufnehmen in Wasser und Filtrieren vom Baryumearbonat befreit wird. Mit Vorteil bediente ich mich \u00f6fters zur Entfernung grober Verunreinigungen warmkonzentrierter Quecksilberchloridl\u00f6sung.\nUrspr\u00fcnglich versuchte ich, statt mit Baryt, mit Kalilauge zu neutralisieren ; die L\u00f6sung wird dabei meist sehr dunkel, sodall man den Punkt der Neutralisation nicht erkennen kann, sie wird aber auch au\u00dferordentlich hygroskopisch. Der Baryt hat vor dem Kali aber noch den Vorzug, da\u00df er Oxydationsprodukte krystatlinisch niedersehl\u00e4gt.\nDie Methode eignet sich auch zur Untersuchung von Blut. Milch, Ascitesfl\u00fcssigkeit und 'Eiter. F\u00fcr den Urin f\u00e4llt die Behandlung mit \u00c4tzkali weg, w\u00e4hrend sich mir auch hier das abwechselnde Erhitzen mit Salpeters\u00e4ure und Barytwasser zur Isolierung kleinster Mengen der Cyklose aus den Sirupen gro\u00dfer Harnmengen als sehr vorteilhaft erwies.\nMit Hilfe vorgezeichneten Verfahrens fand ich in den ganzen K\u00f6rpern von unmittelbar zuvor durch Nackenschlag get\u00f6teten Kaninchen keinen Inosit, dagegen gelang der Nachweis desselben noch in 5 g Rindfleisch, welches mehrere Tage lang \u00ababgeh\u00e4ngt\u00bb gewesen war. Selbst kleinste Mengen eigens zugesetzten Ringzuckers wurden aus Blut und Fleisch wiedergefunden.\nRindfleisch enth\u00e4lt unmittelbar nach der Schlachtung keinen Inosit ; in dem Ma\u00dfe, als man es unter Chloroformzusatz im Brutschrank stehen l\u00e4\u00dft, wird der Gehalt an solchem","page":376},{"file":"p0377.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Nachweis von Inosit in tierischen Geweben usw. 377\ngr\u00f6\u00dfer. Kaninchenk\u00f6rper, der Autolvse unterworfen, werden inosithaltig. \u2014 Es ist also in derartigen Organen zwar kein fertiger Ringzucker enthalten, sondern eine Vorstufe desselben, die ich als \u00abinositogene Substanz\u00bb bezeichnen m\u00f6chte. Keinen fertigen Inosit, wohl aber letztere, konnte ich in der Milch nach-weisen. Dagegen ist das undefibrinierte Rinderblut frei, sowohl von Ringzucker, als auch Inositogen. Fertigen Inosit neben seiner Muttersubstanz konnte ich in der menschlichen Placenta schon im sechsten F\u00fctalmonat nachweisen, desgleichen in frischen H\u00fchnereiern. Harn normaler Menschen und Hunde enth\u00e4lt die Cyklose in geringer Menge, Urin von Kaninchen, die mit Hafer und Kohl gef\u00fcttert wurden, dagegen nicht. Auch der Organismus von Kaninchen, die durch Inanition get\u00f6tet wurden, ist noch imstande, Inosit zu bilden.\nDie Ausarbeitung eines bequemen quantitativen Verfahrens zur Bestimmung der Cyklose erscheint im hohen Grade w\u00fcnschenswert, denn durch die Leichtigkeit, mit der man stets den in der Zeiteinheit im Untersuchungsobjekt vorhandenen Gehalt an inositogener Substanz dadurch feststellen kann, da\u00df man es nach der T\u00f6tung aseptischer Autolyse \u00fcberl\u00e4\u00dft und dann den gebildeten Inosit an einem festen Termin (z. B. nach 8 Tagen) bestimmt, erscheinen mir Abartungsversuche in dieser Richtung aussichtsreich.\nLiteratur.\n1.\tAusf\u00fchrlich bei Clo\u00ebtta, Liebigs Ann., 185fi, ltd. XCIX. S. 291.\n2.\tScherer, Liebigs Ann., 1850, Bd. LXXIII, S. 322.\nMaquenne, Ann. de chimie et physique, 1887 [VI], Bd. XII, S. 100.\n3.\tNeubauer und Vogel, Analyse des Hames, 10. Aufl., bearbeitet von Huppert, S. 174.\n4.\tGirard, Comptes rendus de l\u2019acad. des sciences, Bd. LX VII, S. 820.","page":377}],"identifier":"lit18892","issued":"1908","language":"de","pages":"373-377","startpages":"373","title":"Ein Verfahren zum Nachweis von Inosit in tierischen Geweben und Fl\u00fcssigkeiten","type":"Journal Article","volume":"56"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:58:13.766527+00:00"}