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{"created":"2022-01-31T13:55:51.300090+00:00","id":"lit18899","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Krimberg, R.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 56: 417-424","fulltext":[{"file":"p0417.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstofe der Muskeln.\n\u00dcber die Beziehung des Oblitins zum Garnitin.\nVon\nR. Krimberg.\n(Der Redaktion zugegangen am 19. Juni 1908.) -\nMit dem Namen \u00abOblitin\u00bb hat Kutscher1) eine organische Base bezeichnet, welche von ihm neben einer gr\u00f6\u00dferen Anzahl anderer basischer K\u00f6rper aus Liebigs Fleischextrakt isoliert worden ist. Unter diesen K\u00f6rpern nimmt aber das Oblitin insofern eine wichtige Stellung ein, als dasselbe bei der Bearbeitung des Fleischextraktes nach Kutscher stets in gr\u00f6\u00dferer Menge erhalten werden kann. Aus der Tatsache, da\u00df das Oblitin bei einigen Tieren auch nach subkutaner Einverleibung in erster Linie sehr heftige und andauernde Durchf\u00e4lle hervorruft, schlossen Kutscher und Lohmann,2) da\u00df die Base ein\u00e9ti sehr starken Erreger der Darmperistaltik darstellt, und kn\u00fcpften daran sogar, in der Voraussetzung, da\u00df das Oblitin im Organismus schon intra vitam vorkommt, weitl\u00e4ufige Betrachtungen dar\u00fcber, da\u00df im normalen Zustande des Organismus die Muskulatur infolge einer inneren Sekretion dem Blute Oblitin abgeben, welch letzteres dann als physiologischer Erreger der Darmperistaltik auftreten k\u00f6nnte. F\u00fcr das Chloroplatinat der Base hat Kutscher die Formel C18H40N205Cl#Pt und f\u00fcr das Chloroaurat die Formel Cj8H40N205C18Au2 berechnet.\nAuf Grund der Beobachtung, da\u00df bei der Einwirkung von Bakterien auf das Oblitin als einziges stickstoffhaltiges Spaltungsprodukt das Novain auftritt, hat schon Kutscher3) selbst die Vermutung ausgesprochen, da\u00df zwischen dem Oblitin und\n*) Zeitschrift f. Untersuch, d. Nahrungs- u. Genu\u00dfmittel, Bd. X, S. 534.\n*) Pfl\u00fcgers Archiv f. Physiologie, Bd. CXIV, S. 558.\n3) Diese Zeitschrift, Bd. XLVIII, S. 331, und Bd. XLIX, S. 49.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LVI.\t29","page":417},{"file":"p0418.txt","language":"de","ocr_de":"418\tR. Krimberg,\ndem Novain ein engerer Zusammenhang besteht, und da\u00df im Oblitin zwei miteinander verkuppelte Novainreste enthalten sein m\u00fcssen. Da nun aber das Novain, wie ich unl\u00e4ngst gezeigt habe,1) mit dem Carnitin identisch ist, so w\u00fcrde die \u00c4u\u00dferung Kutschers soviel bedeuten, da\u00df im Oblitinmolek\u00fcl zwei verkuppelte Carnitinreste enthalten sind. Bekanntlich stellt aber das Carnitin ein Y-Trimethyloxybutyrobetain\n/O \u2014\u2014\u2014 CO (CH,p<\t|\nXCH, - CH(OH) - CH,\ndar, 2) und will man sich also vorstellen, da\u00df in einem K\u00f6rper zwei Carnitinreste miteinander verbunden sind, so ist wohl die einfachste denkbare Bildungsart eines solchen K\u00f6rpers diejenige, bei welcher der Austritt von einem Molek\u00fcl Wasser aus den Hydroxylen zweier Carnitinmolek\u00fcle angenommen wird. Es w\u00fcrde sich in diesem Fall das \u00abDicarnitin\u00bb\n/O (CH,),n( 'CH,\t\t\u2014CO i t\n\t\u2014 CH i\t\u2014 CH,\n\t1 0 i\t\n/CH, (CHs)s.N/o\t1 \u2014 CH\t\u2014 CH,\n\t\t1 \u2014CO\nbilden, ganz \u00e4hnlich wie zwei Molek\u00fcle Glykols\u00e4ure durch Wasserausscheidung aus den alkoholischen Hydroxylen die Di-glykols\u00e4ure liefern. Denkt man sich nun aber weiter, da\u00df gleichzeitig mit der Bildung des Dicarnitins die Bedingungen zur Bildung eines \u00c4thylesters vorhanden sind, so k\u00f6nnte aus dem Carnitin zuletzt ein K\u00f6rper entstehen, welchen man als Di-carnitindi\u00e4thylester bezeichnen m\u00fc\u00dfte, und dessen Chlorhydrat die Konstitution\n/C1\nXCH, \u2022 CH CH, \u2022 COOC,H6\nI\n0\nI\n/CH, \u2022 CH \u2022 CH, \u2022 COOC,H6\n(CH,V\u00bb<C|\n\u2018) Diese Zeitschrift, \u00dfd. LV, S, 466.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. LUI, S. 525.","page":418},{"file":"p0419.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln.\t419\nbes\u00e4\u00dfe. Das Chloroplatinat dieses K\u00f6rpers h\u00e4tte dann die Zusammensetzung C18H38N305Cl6Pt und w\u00fcrde sich also von der von Kutscher angegebenen Zusammensetzung des Oblitin-platinates nur durch den Mindergehalt von zwei Wasserstoff-atomen unterscheiden.\nBei der Bearbeitung des Fleischextraktes nach der Methode von Kutscher, n\u00e4mlich unmittelbar vor der Ausf\u00e4llung des Filtrates der Silberverbindungen *\u2022) mit ges\u00e4ttigter alkoholischer Sublimatl\u00f6sung, wird die alkalische Fl\u00fcssigkeit bis zur Sirupdicke eingeengt, der Sirup mit konzentrierter Salzs\u00e4ure stark anges\u00e4uert und mit absolutem Alkohol versetzt, bis sich dabei der aus anorganischen Salzen bestehende krystallinische Niederschlag noch vermehrt. Nach der Entfernung des Niederschlages wird nun das stark saure Filtrat samt dem Waschalkohol auf dem Wasserbade eingeengt, um mit alkoholischer Quecksilberchloridl\u00f6sung gef\u00e4llt zu werden. Es ist also auf Grund der oben angegebenen Konstitution des Carnitins die Vermutung zul\u00e4ssig, da\u00df vielleicht beim Einengen einer st\u00e4rk sauren alkoholischen Carnitinl\u00f6sung zuerst sich das Dicarnitin bilden wird, welches dann weiter in den Di\u00e4thylester \u00fcbergeht. Um diese M\u00f6glichkeit zu pr\u00fcfen, wurde versucht, aus dem Carnitin bei den soeben angef\u00fchrten Bedingungen das Oblitin zu gewinnen, was auch tats\u00e4chlich gelang.\n0,70 g analysenreines Carnitingoldchlorid.\nC7HlfiN03Cl \u2022 AuClj\nund 1,40 g ebensolches Carnitinquecksilberchlorid\nC7H15N03 2 HgCI2\nwurden mit Schwefelwasserstoff zersetzt, die beiden Filtrate samt den Waschw\u00e4ssern vereinigt, und die stark saure Fl\u00fcssigkeit in einer Schale auf dem Wasserbade stark eingeengt. Der R\u00fcckstand wurde mit verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig viel 96\u00b0/oigem Alkohol versetzt, und die alkoholische L\u00f6sung von neuem eingeengt. Das Eindampfen wurde noch zweimal mit frischem Alkohol und unter Hinzuf\u00fcgung einiger Tropfen konzentrierter Salzs\u00e4ure wiederholt. Der trockne R\u00fcckstand wurde in wenig\n\u2018) Zeitschrift f. Untersuch, d. Nahrungs- u. Genu\u00dfmittel, Bd. X, S. 532.\n29*","page":419},{"file":"p0420.txt","language":"de","ocr_de":"R. Krimberg,\nAlkohol gel\u00f6st, und die L\u00f6sung mit alkoholischer Platinchlor-wasserstoffs\u00e4ure ausgef\u00e4llt. Der Niederschlag wurde abgesaugt, mit Alkohol gewaschen und aus hei\u00dfem Wasser umkrystallisiert Die erhaltene Substanz war leicht l\u00f6slich in hei\u00dfem, dagegen schwer l\u00f6slich in kaltem Wasser. Bekanntlich entsprechen diese L\u00f6slichkeitsverh\u00e4ltnisse dem Chloroplatinate des Oblitins, >) w\u00e4hrend das Carnitinchloroplatinat sogar in kaltem Wasser \u00e4u\u00dferst leicht l\u00f6slich ist.*) Bei langsamem Erkalten der hei\u00dfen w\u00e4sserigen L\u00f6sung schieden sich orangerote teilweise zusammengewachsene Bl\u00e4ttchen resp. T\u00e4felchen und sehr feine N\u00e4delchen aus. Abgesaugt und mit Wasser gewaschen wog diese Kry-stallfraktion 0,47 g. Ein Teil der Krystalle wurde zerrieben, bei 110\u00b0 getrocknet und analysiert. Der Prozentgehalt der Substanz an Platin stimmte f\u00fcr das Oblitincbloroplatinat von der Zusammensetzung CuHjgNjOjClgPt.\n0,2492 g Substanz hinerlie\u00dfen nach dem Gl\u00fchen in einem Porzellan-tiegel 0,0621 g Platin.\nGefunden:\tBerechnet f\u00fcr C18Hs8N,06Cl6Pt:\nPt = 24,92 \u00b0/o.\tPt = 25,30 \u00b0/o.* * 3)\nDie Mutterlauge von der ersten Krystallfraktion wurde stark eingeengt, der ausgeschiedene feinkrystallinische Niederschlag abgesaugt und mit Wasser gewaschen. Noch einmal aus hei\u00dfem Wasser umkrystallisiert, stellte die erhaltene zweite Fraktion d\u00fcnne orangegelbe Bl\u00e4ttchen dar, welche bedeutend heller als die Krystalle der Hauptfraktion gef\u00e4rbt waren und 0,04 g wogen. Die zweite Fraktion wurde mit dem nach der Platinbestimmung hinterbliebenen Rest der ersten Fraktion vereinigt, die Substanz zerrieben, bei 110\u00b0 getrocknet und zur Bestimmung des Kohlenstoffs und Wasserstoffs verwandt. Die analysierte Substanz schmolz bei 220\u2014222\u00b0 unter Zersetzung.4)\n\u2018) Ebendas., S. 534.\n\u00ab) Diese Zeitschrift, Bd. XLV, S. 328.\n8) Das Carnitinchloroplatinat C14HJI8N,08Cl6Pt enth\u00e4lt 26,62 % Pt\n4) Ein von mir fr\u00fcher dargestelltes Pr\u00e4parat des Oblitinchloro-platinates (Diese Zeitschrift, Bd. LV, S. 472) zersetzte sich sogar schon bei 216\u2014217\u00b0, w\u00e4hrend nach Kutscher (Zeitschrift f. Untersuch, d. Nah-rungs- und Genu\u00dfmittel, Bd. X, S. 534) das Oblitinplatinat sich scharf bei 230\u00ae zersetzen soll. Da das Carnitinchloroplatinat ebenfalls bei 214\u2014218\u00b0","page":420},{"file":"p0421.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln.\t421\n0,2506 g Substanz, mit gepulvertem Bleichromat bedeckt und in einem Rohr, welches mit einer Mischung von Kupferoxyd und Bleichromat gef\u00fcllt war, mit vorgelegter Kupfer- und Silberspirale verbrannt, gaben 0.2530 g CO, und 0,1169 g H,0.\nO.\nGefunden:\tBerechnet f\u00fcr Ct9HttN,0,Cl,Pt:\nC = 27,53\u00bb/\u00ab\tC = 28,06 \u2022/.\nH = 5,22 \u2022/\u00ab.\tH = 4,98\u00bb,\u00ab. \u25a0)\nDie angef\u00fchrten Analysen sowohl wie die Schwerl\u00f6slichkeit des Platinsalzes der aus dem Carnitin erhaltenen Base in kaltem Wasser zeigen somit, da\u00df wir es hier mit dem von Kutscher beschriebenen Oblitin zu tun haben. Zieht man aber weiter auch das Verfahren, nach welchem die Base dargestellt worden ist, in Betracht, so ist wohl kaum zu bezweifeln, da\u00df das Oblitin ein Derivat des Camitins ist, indem es den Di\u00e4thyl-ester des Dicarnitins von der oben angegebenen Konstitution darstellt. Ich hofTe, da\u00df es mir dereinst gelingen wird, auch das Zwischenprodukt, das Dicarnitin selbst, zu isolieren und eingehend zu charakterisieren. Es mu\u00df aber endlich noch darauf hingewiesen werden, da\u00df auf Grund der Konstitutionsformel die richtige Zusammensetzung des Oblitinchloroplatinates CjsHjgNjOjCl, \u2022 PtCl,\nund die des Chloroaurates C18H3gNt04Clf \u2022 2AuCl, sein mu\u00df.\nDa das Oblitin sich \u00e4u\u00dferst leicht beim Eindampfen einer sauren \u00e4thylalkoholischen Carnitinl\u00f6sung auf dem Wasserbade bildet, und da bei der Bearbeitung des Fleischextraktes nach der Methode von Kutscher die Bedingungen zu solcher Oblitin-bildung aus dem Carnitin, wie schon oben angegeben, vorhanden sind, so liegt nat\u00fcrlich kein Grund vor, anzunehmen, da\u00df das Oblitin im Fleischextrakte als pr\u00e4formierter Bestandteil desselben enthalten ist. Es ist dagegen klar, da\u00df das Oblitin ein von Kutscher erhaltenes, aus dem Carnitin (resp. dem Novain) entstandenes k\u00fcnstliches Produkt darstellt. Dadurch\nunter Zersetzung schmilzt (Diese Zeitschrift, Bd. XLV, S. 328), so k\u00f6nnen die Zersetzungspunkte der Chloroplatinate zur Differenzierung des Oblitins vom Carnitin nat\u00fcrlich nicht herbeigezogen werden.\n*) Das Camitinchloroplatinat CuH\u201eNlO,Cl,Pt enth\u00e4lt 22,96\u00bb/\u00ab C und 4,40 \u00bb,. H.","page":421},{"file":"p0422.txt","language":"de","ocr_de":"R. K rim berg,\nerkl\u00e4rt sich auch, wenigstens zum Teil, die Tatsache, da\u00df die Ausbeute an Carnitin bei der Bearbeitung des Fleischextraktes nach Kutscher, wie ich schon vor kurzem hingewiesen habe,1] dem wirklichen Gehalt des Fleischextraktes an dieser Base bei weitem nicht entspricht. Es w\u00e4re aber im Gegenteil die M\u00f6glichkeit nicht ausgeschlossen, da\u00df im sauer reagierenden Fleischextrakte, wie es zum Beispiel das k\u00e4ufliche ist, das Dicarnitin vorkommt.\nIn meiner letzten Arbeit2) habe ich auf die Wahrscheinlichkeit hingewiesen, da\u00df das von Kutscher aufgefundene Neosin vielleicht weder in frischem Rindfleisch noch sogar in tadellosem Liebigs Fleischextrakt als pr\u00e4formierter Bestandteil vorhanden ist, und da\u00df es ein aus anderen im Fleischextrakte enthaltenen Substanzen durch Einwirkung von Salzs\u00e4ure entstandenes Produkt darstellen k\u00f6nnte. Durch den Nachweis einer leichten Umwandlung des Carnitins in Oblitin unter Ber\u00fccksichtigung der in der Methode von Kutscher vorgeschriebenen Bedingungen hat nun diese \u00c4u\u00dferung eine wichtige St\u00fctze erhalten. Aus dieser Beobachtung kann man aber jetzt noch weitere Konsequenzen ziehen. Es mu\u00df n\u00e4mlich darauf hingewiesen werden, da\u00df es augenblicklich f\u00fcr keinen der K\u00f6rper, welche bei der Bearbeitung des Fleischextraktes nach Kutscher aus dem Filtrate der Silberverbindungen*) isoliert worden sind, das Carnitin resp. das Novain nat\u00fcrlich ausgenommen, die absolute Garantie vorhanden ist, da\u00df diese K\u00f6rper in tadellosem Fleischextrakte als pr\u00e4formierte Bestandteile desselben Vorkommen, und da\u00df sie nicht k\u00fcnstliche, bei der Arbeit entstandene Produkte sind. Au\u00dfer dem Neosin sind es in erster Linie das Carnomuscarin, das Neurin und das Histidin diejenigen K\u00f6rper, deren Vorkommen im Fleischextrakte am meisten Zweifel zu erregen imstande ist.\nZum Schlu\u00df m\u00f6chte ich mir noch erlauben, einige Vermutungen auszusprechen, welche aber wohl erst dann eine sicherere \u2018Basis erhalten w\u00fcrden, wenn die \u00df-Stellung der Hydroxylgruppe\n*) Diese Zeitschrift, Bd. LV, S. 479.\n*> Ebendas., S. 480.\n3) Zeitschrift f. Untersuch, d. Nahrungs- u. Genu\u00dfmittel, Bd. X, S. 532.","page":422},{"file":"p0423.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln.\t423\nim Carnitinmolek\u00fcl au\u00dfer jedem Zweifel w\u00e4re. >) Es handelt sich n\u00e4mlich um die Frage \u00fcber die Entstehungsweise des Carnitins im Organismus und \u00fcber seine Bedeutung im Stoffwechsel sowohl bei normalen als bei pathologischen Zust\u00e4nden. Was zuerst die Bildung des Carnitins im Organismus anbelangt, so liegt der Gedanke am n\u00e4chsten, da\u00df dieselbe sich auf synthetischem Wege vollzieht, wobei der eine Baustein, wenn auch vielleicht kein direkter, die \u00df-Oxybutters\u00e4ure sein k\u00f6nnte. Nimmt man dieses an, so folgt daraus weiter, da\u00df der Organismus auch im normalen Zustande \u00df-Oxybutters\u00e4ure produziert, welche aber sofort fast g\u00e4nzlich zur Synthese des Carnitins verwandt wird. Das letztere k\u00f6nnte nun z. B. in der Form von \u00abDicarnitin\u00bb durch den Harn zur Ausscheidung gelangen, oder aber es k\u00f6nnte auch im Organismus Zur\u00fcckbleiben, um als Muttersubstanz zur Bildung des Cholins und dann weiter zum Aufbau der Lecithine zu dienen.2) Das Auftreten der \u00df-Oxybutters\u00e4ure und ihrer Oxydationsprodukte im Harn bei Diabetes und einigen anderen abnormen Zust\u00e4nden k\u00f6nnte man aber erkl\u00e4ren entweder dadurch, da\u00df in diesen F\u00e4llen dem Organismus die F\u00e4higkeit abhanden geht, bei fortdauerndem Oxydationsverm\u00f6gen der Gewebe die Synthese des\n0 Au\u00dfer der Tatsache, da\u00df gerade die \u00df-Oxybutters\u00e4ure im Organismus vorkommt, spricht f\u00fcr die Anwesenheit dieser Oxys\u00e4ure im Carnitinmolek\u00fcl resp. f\u00fcr die \u00df-Stellung des Hydroxyls in demselben noch der Umstand, da\u00df das Carnitin gleich der im Organismus aufgefundenen \u00df-Oxybutters\u00e4ure linksdrehend ist.\nu) In einer fr\u00fcheren Arbeit (Diese Zeitschrift, Bd. XLVIII, S. 417) habe ich angegeben, da\u00df das Carnitin in frischem Rindfleisch in solcher Quantit\u00e4t enthalten ist, da\u00df es daraus jedenfalls ohne gr\u00f6\u00dfere M\u00fche erhalten werden kann. Sp\u00e4tere Beobachtungen haben mich jedoch zu der \\ ermutung veranla\u00dft, da\u00df die Menge des in frischem Fleisch enthaltenen Carnitins eine viel bedeutendere sein mu\u00df und da\u00df die von mir damals erhaltene kleinere Ausbeute auf den Mangel an einer passenden Methode zur Isolierung und Reinigung des Carnitins, \u00fcber welche ich im Anfang noch nicht verf\u00fcgte, zur\u00fcckzuf\u00fchren ist. Da die Muskulatur das verbreitetste Gewebe des Organismus darstellt, so m\u00fc\u00dften die Mengen der im normalen Zustande produzierbaren \u00df-Oxybutters\u00e4ure, falls die letztere zum Aufbau des Carnitins verwertet wird, recht bedeutende sein. Au\u00dferdem w\u00e4re ja die M\u00f6glichkeit nicht ausgeschlossen, da\u00df auch einige andere Organe Carnitin enthalten.","page":423},{"file":"p0424.txt","language":"de","ocr_de":"424 R. Krimberg, Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln.\nCamitins zu realisieren, oder dadurch, da\u00df die Produktion der \u00df-Oxybutters\u00e4ure bei diesen Zust\u00e4nden in solchem Grade gesteigert ist, da\u00df die Quantit\u00e4t der basischen Komponente, welche der Organismus zur Carnitinbildung stellen kann, nicht ausreicht, um die produzierte S\u00e4ure zu binden. Ich hoffe, da\u00df es mir dereinst, nach Herbeischaffung von experimentellem Material gelingen wird, auf diese Fragen und speziell auf die Frage \u00fcber die vermutliche Rolle des Camitins bei der Acetonk\u00f6rperausscheidung eingehender zur\u00fcckzukommen.\nHeidelberg, im Juni 1908.","page":424}],"identifier":"lit18899","issued":"1908","language":"de","pages":"417-424","startpages":"417","title":"Zur Kenntnis der Extraktivstoffe der Muskeln: \u00dcber die Beziehung des Oblitins zum Carnitin","type":"Journal Article","volume":"56"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:55:51.300095+00:00"}