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{"created":"2022-01-31T13:56:24.366743+00:00","id":"lit18904","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Funk, Casimir","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 56: 507-511","fulltext":[{"file":"p0507.txt","language":"de","ocr_de":"Ober den Wert der zur Bestimmung des Harnzuckers verwendbaren Methoden.\nVon\nCasimir Funk.\n(Aus dem chem. Laborator, der inneren Abteilung des Stadt. Krankenhauses in Wiesbaden.) (Der Redaktion zugegangen am 12. Juli 1908.)\nBorchardthat neuerdings1) aus den gro\u00dfen oder weniger gro\u00dfen Unterschieden zwischen polarimetrisch und titrimetrisch bestimmten Werten des Harnzuckers in 26 F\u00e4llen von Diabetes den Schlu\u00df gezogen, da\u00df eine neue unbekannte linksdrehende Substanz in diesen Harnen vorhanden sein mu\u00df, da er die Anwesenheit der L\u00e4vulose ausschlie\u00dfen konnte. Bei Untersuchung von Harnen von 12 Zuckerkranken (23 Bestimmungen) mit Hilfe der in Frankreich vor 2 Jahren publizierten Methode von Bertrand2) konnte ich diese Unterschiede nicht finden.\nDie Bertrandsche Methode, die meines Wissens bis jetzt zur Harnzuckerbestimmung keine Verwendung fand und auch in Deutschland unbekannt zu sein scheint, soll hier kurz skizziert werden.\nBertrand l\u00e4\u00dft die zu untersuchende zuckerhaltige Fl\u00fcssigkeit mit einer Fehlingschen L\u00f6sung von bestimmtem Gehalt 3 Minuten lang kochen. Der Cu,0-Niederschlag wird auf einem Asbestfilter abfiltriert und mit hei\u00dfem Wasser nachge W\u00e4schen. Der im Erlenmeyer-Kolben zur\u00fcckgebliebene Cu,0-Niederschlag wie auch der auf dem Asbestfilter zur\u00fcckgebliebene werden in einer L\u00f6sung von Fe,(S04)s in H,S04 gel\u00f6st, Wobei sich die beiden Verbindungen nach folgender Formel umsetzen:\nCu,0 + Fea(S04)3 -f H,S04 == 2CuS04 -f H20 -f 2FeS04.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. LV, S. 241.\n*) Bul1- de la Soc. chim. de France,* Bd. XXXV, S. 1285, 1906.\n35*","page":507},{"file":"p0508.txt","language":"de","ocr_de":"508\nCasimir Funk,\nDas entstandene Ferrosalz wird mit einer auf Ammoniumoxalat eingestellten KMn04-L\u00f6sung titriert. Der Umschlag ist \u00e4u\u00dferst scharf. Der Bertrand sehen Arbeit sind Tabellen f\u00fcr die wichtigsten Zuckerarten beigegeben, nach welchen mau bequem den Zuckergehalt berechnen kann.\nMit Hilfe dieser Methode und gleichzeitigen polarimetrischen Bestimmungen unter Anwendung von Kieselguhr oder Bleiacetat als Kl\u00e4rungsmittel (ev. Enteiwei\u00dfen, wenn Eiwei\u00df vorhanden war) konnte ich nur Unterschiede zwischen 0,01 und 0,1 \u00b0/o beobachten, Unterschiede, die wahrscheinlich auf Ab-lesungsfehlern des Saccharimeters beruhen. (Siehe Tabelle.) In 2 Harnen von Diabetes mit Acidose zeigte sich, da\u00df die festgestellten gr\u00f6\u00dferen Unterschiede ann\u00e4hernd durch die Menge der gleichzeitig bestimmten \u00df-Oxybutters\u00e4ure begr\u00fcndet waren. Im Harne eines Kranken, der bis dahin immer \u00df-Oxybutters\u00e4ure enthalten hat, vermi\u00dfte ich eines Tages den bisher beobachteten Unterschied zwischen den 2 Werten; der Harn zeigte auch v\u00f6llige Abwesenheit der \u00df-Oxybutters\u00e4ure. Die \u00df-Oxybutters\u00e4ure wurde nach der Methode von Magnus-Levv mit Hilfe des Extraktionsapparates von Wagner und M\u00fcnz-M\u00fcnchen extrahiert und im Saccharimeter bestimmt (wobei kleine Ablesungsfehler nicht zu vermeiden sind).\nBei diesen gut \u00fcbereinstimmenden Bestimmungen lag es nahe, anzunehmen, da\u00df Borchardts anderslautende Resultate auf der Verwendung der Bangschen Zuckertitrationsmethode beruhen. Borchardt hat die Bangsche Titrationsmethode mit reinen Traubenzuckerl\u00f6sungen, aber nicht1) mit zuckerhaltigen diabetischen Harnen nachgepr\u00fcft.\nBei der Nachpr\u00fcfung der Bangschen Methode durch Heranziehung der mittels der Bertrandschen und der polarimetrisch erhaltenen Werte zeigte sich, da\u00df die Bangsche Methode bei der Titration von zuckerhaltigen Harnen regelm\u00e4\u00dfig h\u00f6here Werte gibt, wie die Bertrandsche, und zwar bis zu 0,7 o/o, und da\u00df die Werte auch die polarimetrisch bestimmten um ebenso viel \u00fcbertreten. Diese gro\u00dfen Differenzen\n*) Soweit in der Publikation zu ersehen ist.","page":508},{"file":"p0509.txt","language":"de","ocr_de":"509\n\u00dcber die Methoden zur Bestimmung des Harnzuckers.\nDatum\tFall\tZucker polari- metr.\tKl\u00e4rungs- mittel\tZucker nach Bertrand in 0 o\tZucker! \u00df-Oxy-nach |butter: Bang s\u00e4ure, in \u00b0/o j in \u00b0/o\t\tBemerkungen\n4./V.\tMar.\t2,0\tBleiacetat\t2,20\t_\ti 11 h ihi im\tAceton-Acet-\n7./V.'\t\u00bb\t1,3 f\t*\t1,4\t-\t_\tessigs\u00e4ure Dasselbe\n12 /VI.\tR.\t0,4\tKieselguhr\t0,47\t\u2014\t.\u2014\tSpur Aceton\n13./VI.\t>\t0,9\tBleiacetat\t0,98\t\t\t\nll./VI.\tSchw.\t0,5\t>\t0,58\t.\t\t\n5,/V.\tSch.\t3,2\t>\t3,3\t\t_ ..\t\n6./V.\t\u00bb\t4,4\t\u00bb\t4,5\t\u25a0 :\t\t\n12./VI.\tLipp\t3,2\tKieselguhr\t3,22\t\u2014\u2019 ;\t\u2022 --\t\n13./VI.\t\u00bb\t3,5\t>\t3,56\t_\t-\t\n24./VI\tE. G.\t3,1\t>\t3,15\t\u2014\t\u2022 \t\tSpur Eiwei\u00df\n25v/VI.\t\u00bb\t3,2\t\u00bb\t3,25\t3,76\t' _\t\n25./VI.\tMatur.\t0,2\t>\t0,25\t0,49\t\t\n27./VI.\t\u00bb\t0,1\t>\t0,17\t-\t\t\n25/VI.\tE.\t0,2\t\u00bb\t0,3\t0,71\t\u2022 .\t\n26./VI.\tN.\t2,6\t\u00bb\t2,66\t3,32\t\u2014.\t\u25a0\tSpur Eiwei\u00df\n27./VI.\t>\t3,15\t>\t3,21\t3,71\t- / .\t\u00bb >\n29./VI.\tG.\t0,8\t\u00bb\t0,88\t1,43\t,\t\u00bb \u00bb\n30./VI.\t>\t0,55\t>\t0,56\t0,93\t\t\u00bb >\n15./V.\tB. R. 2\t1,1\tBleiacetat\t1,25\t\u25a0.\u2014.\t0,2\tAceton-Acetes8ig8.\n12./VI.\t>\t0,9\t\u00bb\t0,92\t\t\tstark positiv Dasselbe\n13./VI.\t\u00bb\t1,0\tKieselguhr\t0,96\t\u25a0\t\t\n15./VI.\t\u00bb\t1,1\t\u00bb\t1,19\t\u25a0 __\t0\t\u00bb\n15./VI.\tSchl.\t1,9\t>\t2,41\t\u2014\t0,69\t>\nberuhen wohl nicht auf der ungen\u00fcgenden Sch\u00e4rfe der Endreaktion (die, wie Bang selbst zugibt, * *) im Harn schwer zu beurteilen ist), sondern auf dem Umstand, da\u00df die Bangsche Titrationsmethode die Gesamtreduktion des Harns bestimmt.2) Bei der\n*) Biochem. Zeitschr., Bd. II, S. 290.\n*) Andere Vorteile und Nachteile der Methode w\u00fcrden schon von","page":509},{"file":"p0510.txt","language":"de","ocr_de":"Casimir Funk,\nBertrandschen Methode dagegen reduzieren die im Harne befindlichen reduzierenden Substanzen (Kreatinin, Harns\u00e4ure, Urobilin) die Fehlingsche L\u00f6sung, aber der von diesen Substanzen entstandene Kupferoxydulniederschlag scheint bei gewissen Bedingungen in L\u00f6sung zu bleiben,l) soda\u00df er f\u00fcr das Endresultat nicht in Betracht kommt. Nach Bertrand bestimmt, zeigt ein normaler Harn von gut ern\u00e4hrten Personen, der eine Spur von Reduktion mit Nylander aufwies, eine Reduktion von 0,08 o/o auf Traubenzucker berechnet, w\u00e4hrend nach Bang auf Grund der Bestimmungen von Di lg2) und meiner eigenen der normale Harn 0,2\u20140,4 \u00b0/o angibt.\nEs scheinen also f\u00fcr die Bestimmung des Harnzuckers die Methoden, die darauf ausgehen, mit dem gereinigten Kupferoxydulniederschlag zu arbeiten, besser geeignet zu sein. Besonders bei Diabetikern, wenn sie bei strenger Di\u00e4t konzentrierten Harn mit hohem Kreatiningehalt haben, kommen die gro\u00dfen Unterschiede zum Vorschein. Aber auch stark urobilinhaltige Fieberharne (Pneumonie, Typhus) gaben mit Bangscher Methode untersucht eine Reduktion von 0,6\u20140,8 \u00b0/o auf Glukose berechnet, ohne da\u00df sie Zucker enthielten. Auch nach Zusatz von reinen Traubenzuckerl\u00f6sungen zu Pneumonierharn ergab die Bestimmung mit Bangscher Methode regelm\u00e4\u00dfig h\u00f6here Werte wie mit der Bertrandschen.\nIch komme hiermit auf Grund meiner Bestimmungen zu folgenden Schlu\u00dffolgerungen.\nI. Allein auf Grund des Unterschiedes zwischen den polarimetrischen Werten und den nach Bang erhaltenen titri-metrischen darf auf das Vorhandensein einer neuen linksdrehenden unbekannten Substanz in Diabetikerharnen nicht geschlossen werden. Bei Anwendung der Bertrandschen Methode stimmen die Werte ausreichend \u00fcberein. In F\u00e4llen mit Acidose wird der Unterschied zwischen den 2 Werten durch den Gehalt an \u00df-Oxybutters\u00e4ure allein bedingt.\nanderer Seite erwogen. Jessen Hansen, Biochem. Zeitschr., Bd. X, 3, S. 249, und Dilg, M\u00fcnch. Med. Woch/, Bd. LV, Nr. 24, S. 1279.\n\u2018) Neubauer und Vogel, Analyse des Hams, S. 392 u. 323.\n\u2022) loc. cit. 1280.","page":510},{"file":"p0511.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Methoden zur Bestimmung des Harnzuckers. 511\nII.\tDie Bertrand sehe Zuckertitrationsraethode kann wegen\nihrer Genauigkeit und scharfen Umschlags (Dauer 15 Minuten bei einiger \u00dcbung) f\u00fcr Zuckerbestimmungen empfohlen werden, auch f\u00fcr Bestimmung des Harnzuckers.\nIII.\tDie Bangsche Methode, die, wie ich mich \u00fcberzeugen konnte, f\u00fcr reine Zuckerl\u00f6sungen von ausreichender Genauigkeit ist, kann f\u00fcr exakte Harnzuckeranalysen aus den oben genannten Gr\u00fcnden keine Anwendung finden.","page":511}],"identifier":"lit18904","issued":"1908","language":"de","pages":"507-511","startpages":"507","title":"\u00dcber den Wert der zur Bestimmung des Harnzuckers verwendbaren Methoden","type":"Journal Article","volume":"56"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:56:24.366748+00:00"}