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{"created":"2022-01-31T14:09:33.623417+00:00","id":"lit18909","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Jolles, Adolf","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 57: 30-34","fulltext":[{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber eine neue Gailens\u00e4urenreaktion und \u00fcber den Nachweis\nder Galiens\u00e4uren im Harn.\nVon\nAdolf Jolies.\n(Aus dem chemisch-mikroskopischen Laboratorium von Dr. M. und Dr. Ad. Jolies\nin Wien.)\n(Der Redaktion zugegangen am 2. August 1908.)\nBekanntlich f\u00e4rbt sich die Chols\u00e4ure, mit Rohrzucker und Schwefels\u00e4ure erw\u00e4rmt, purpurrot, eine Reaktion, die von Pettenkofer zur Erkennung der Gallens\u00e4uren eingef\u00fchrt wurde und seit langer Zeit seinen Namen tr\u00e4gt. Mylius1) und v. U dr a n s zk y2) haben nachgewiesen, da\u00df die Pettenkofer sehe Gallens\u00e4urereaktion auf der Einwirkung des Furfurols beruht, weshalb statt des Zuckers auch Furfurol zu der Probe benutzt werden kann.\nDie sehr empfindliche Pettenkofer sehe Probe mi\u00dfgl\u00fcckt bekanntlich leicht, wenn die Temperatur bei der Reaktion etwa 80\u00b0 G. \u00fcberschreitet, indem dann die organischen Substanzen durch die Schwefels\u00e4ure zerst\u00f6rt werden und statt der roten \u2022eine schwarzbraune Verf\u00e4rbung des Gemisches resultiert.\nEin wesentlicher Nachteil der Reaktion besteht auch darin, da\u00df bekanntlich au\u00dfer Gallens\u00e4uren auch Eiwei\u00dfsubstanzen und noch eine gro\u00dfe Zahl anderer K\u00f6rper die Eigenschaft zeigen, .sich mit Schwefels\u00e4ure und Furfurol zu f\u00e4rben, wodurch der Nachweis der Gallens\u00e4uren in tierischen Fl\u00fcssigkeiten, besonders im Harn, erst nach einem komplizierten Trennungs- und Reinigungsverfahren der Gallens\u00e4uren \u00fcberhaupt erm\u00f6glicht wird.\nDie spektroskopische Untersuchung der roten Fl\u00fcssigkeit l\u00e4\u00dft zwar bei Gegenwart von Gallens\u00e4uren zwei Absorptionsstreifen, und zwar einen Streifen \u00fcber der Lime D und einen zweiten vor F erkennen; es ist aber zu ber\u00fccksichtigen, da\u00df\n*) Diese Zeitschrift, Bd. XI.\n2) Diese Zeitschrift, Bd. XII.","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber eine neue Gallens\u00e4urenreaktion usw.\n31\ndas Rot nicht immer denselben Farbenton besitzt, da es bald blutrot, bald purpurrot erscheint und bei l\u00e4ngerer Einwirkung der Reagentien zuletzt durch Violett in Blau \u00fcbergeht, wodurch das spektroskopische Bild nicht ganz einwandfrei ist.\nDie neue Reaktion, die ich mir in Vorschlag zu bringen gestatte, ist gegen\u00fcber der Pettenkoferschen Probe dadurch ausgezeichnet, da\u00df sie nach dem Ergebnisse meiner Versuche nur f\u00fcr Gallens\u00e4uren charakteristisch ist und in ihrer Ausf\u00fchrung keine besonderen Vorsichtsma\u00dfregeln beansprucht.\nVersetzt man 2 bis 3 ccm einer verd\u00fcnnnten (0,l\u00b0/oigen) L\u00f6sung von Taurocholat oder Glykocholat mit 1 bis 2 Tropfen einer 5\u00b0/oigen Rhamnosel\u00f6sung und f\u00fcgt hierauf das gleiche Volumen, also 2 bis 3 ccm konzentrierte Salzs\u00e4ure hinzu, so tritt beim schwachen Kochen zun\u00e4chst eine Rosaf\u00e4rbung auf, die bald verschwindet und nach kurzem Stehen in eine sehr sch\u00f6ne gr\u00fcne Fluorescenz \u00fcbergeht.\nWerden die gleichen Versuche mit lo/oigen L\u00f6sungen von Taurocholat und Glykocholat durchgef\u00fchrt, dann tritt beim schwachen Kochen zun\u00e4chst eine intensive Rotf\u00e4rbung auf und nach weiterem kurzen Kochen erscheint die Fl\u00fcssigkeit im durchfallenden Lichte br\u00e4unlich mit einem Stich ins R\u00f6tliche, im auffallenden Lichte prachtvoll malachitgr\u00fcn.\nDiese sch\u00f6nen Reaktionen geben weder Glykokoll noch Taurin, sondern nur die Cholals\u00e4ure. Werden 2 ccm einer 0,1 \u00b0/oigen alkoholischen L\u00f6sung von Acidum cholalicum (Merck) mit 2 Tropfen der 5 \u00b0/oigen Rhamnosel\u00f6sung und hierauf mit 2 ccm konzentrierter Salzs\u00e4ure versetzt, dann tritt zun\u00e4chst eine wei\u00dfe Tr\u00fcbung, von ausgeschiedener Cholals\u00e4ure herr\u00fchrend, auf ; wird das Gemisch erw\u00e4rmt, dann f\u00e4rbt sich die L\u00f6sung zun\u00e4chst rot und nach weiterem kurzen Kochen tritt im auffallenden Lichte eine prachtvolle gr\u00fcne Fluorescenz auf.\nEin nicht ganz gleiches Verhalten zeigt die Reaktion bei Anwendung von Schwefels\u00e4ure.\nSetzt man n\u00e4mlich zu ca. je 2 ccm der angef\u00fchrten L\u00f6sungen von Taurocholat, Glykocholat und Acidum cholalicum 1 bis 2 Tropfen der 5\u00b0/oigen Rhamnosel\u00f6sung und 1 bis 2 Tropfen konzentrierte Schwefels\u00e4ure hinzu und erw\u00e4rmt, dann","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32\nAdolf Jolies,\ntritt zun\u00e4chst noch keine Reaktion auf. Setzt man jedoch weitere ca. 1h his 1 ccm konzentrierte Schwefels\u00e4ure hinzu und erh\u00e4lt in schwachem Kochen, dann tritt vorerst Rotf\u00e4rbung auf, die l\u00e4nger bestehen bleibt als bei Zusatz der Salzs\u00e4ure, und in demselben Ma\u00dfe als die Rotf\u00e4rbung beim Stehen abnimmt, nimmt die fluorescierende Gr\u00fcnf\u00e4rbung im auffallenden Lichte zu, erreicht aber nicht denselben Grad, *wie dies bei der Salzs\u00e4ure der Fall ist. Die beschriebenen Reaktionen mit Salzs\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure bedingen somit zun\u00e4chst das Auftreten von Rotf\u00e4rbungen, welche bei der Schwefels\u00e4ure intensiver ist, jedoch bei der Salzs\u00e4ure schneller der gr\u00fcnen Fluorescenz Platz macht.\nDie Salzs\u00e4ure ist jedenfalls der Schwefels\u00e4ure vorzuziehen, weil einerseits die Reaktion mit letzterer langsamer verl\u00e4uft, anderseits die Schwefels\u00e4ure auch leicht st\u00f6rende Nebenwirkungen erzeugen kann.\nEs war die Annahme sehr naheliegend, da\u00df die beschriebene Gallens\u00e4ureprobe dadurch zustande kommt, da\u00df aus der Rhamnose durch die Salzs\u00e4ure bezw. Schwefels\u00e4ure \u00f6-Methyl-furfurol gebildet wird, welches bei Gegenwart von konzentrierter Salzs\u00e4ure die Fluorescenz bedingt. Ich habe in bekannter Weise Methylfurfurol durch Destillation von Rhamnose mit konzentrierter Schwefels\u00e4ure gewonnen und die Versuche mit Methylfurfurolwasser wiederholt. Versetzt man ca. 2 ccm einer 0,l\u00b0/oigen alkoholischen L\u00f6sung von Cholals\u00e4ure mit 1\u20142 Tropfen einer sehr verd\u00fcnnten (ca. 0,1 \u00b0/oigen) w\u00e4sserigen Methylfurfuroll\u00f6sung und ca. 2 ccm konzentrierter Salzs\u00e4ure, so tritt bei schwachem Kochen zun\u00e4chst eine Rosaf\u00e4rbung auf, die nach kurzer Zeit verschwindet und in eine prachtvolle gr\u00fcne Fluorescenz \u00fcbergeht. Die Anwendung des Methylfurfurols statt der Rhamnose bietet jedoch keine Vorteile, zumal die Methylfurfuroll\u00f6sungen etwas gef\u00e4rbt erscheinen und zum Nachweise minimaler Mengen von Gallens\u00e4uren die Fluoreseenzer-scheinung durch geringe Nebenf\u00e4rbungen beeintr\u00e4chtigt wird. Allerdings geben die Methylpentosen beim Erhitzen mit Minerals\u00e4uren eine charakteristische Gelbf\u00e4rbung. Nachdem jedoch zum Nachweis sehr geringer Gallens\u00e4uremengen der Zusatz","page":32},{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber eine neue Gallens\u00e4urenreaktion usw.\n33\neines Tropfens einer sehr verd\u00fcnnten \u2014 etwa O,l\u00b0/oigen \u2014 Rhamnose schon gen\u00fcgt, so wird dadurch die Wahrnehmung der gr\u00fcnen Fluorescenz nicht gest\u00f6rt.\nBei L\u00f6sungen ist die Helligkeit des Fluoreseenzlichtes abh\u00e4ngig von der Konzentration, und demzufolge ist bei sehr geringen Quantit\u00e4ten von Cholals\u00e4ure die Fluorescenz nat\u00fcrlich eine geringere. Nichtsdestoweniger ist die Reaktion noch eine empfindliche. Die geringste Menge von Cholals\u00e4ure, welche in 1 ccm Alkohol gel\u00f6st, mit 1 Tropfen einer 0,la/oigen Rham-nosel\u00f6sung und 1h ccm konzentrierter Salzs\u00e4ure das Auftreten der Fluorescenz noch deutlich erkennen l\u00e4\u00dft, schwankt zwischen 0,0005 und 0,0001 g. \u2014 Um die gr\u00fcne Fluorescenz sch\u00f6ner\nmm\nwahrnehmen zu k\u00f6nnen, hat sich der Zusatz von etwas \u00c4ther als sehr zweckm\u00e4\u00dfig erwiesen. Sobald nach dem Kochen mit Salzs\u00e4ure die gr\u00fcne Fluorescenz sichtbar wird, l\u00e4\u00dft man zu-n\u00e4chst erkalten, f\u00fcgt hierauf 1\u20142 ccm \u00c4ther hinzu und sch\u00fcttelt den Inhalt des Reagenzglases einmal um. Hierbei tritt die Fluorescenz in der w\u00e4sserigen L\u00f6sung erheblich intensiver hervor.\nVon Wichtigkeit ist die Tatsache, da\u00df Albuminl\u00f6sungen, Harnstoff, Kohlehydrate, h\u00f6here Kohlenwasserstoffe, S\u00e4uren der Fett- und Benzolreihe \u2014 die eine r\u00f6tliche F\u00e4rbung bei der Pettenkoferschen Reaktion veranlassen k\u00f6nnen \u2014 die beschriebene f\u00fcr Cholals\u00e4ure charakteristische Reaktion nicht liefern. Auch Cholesterin, welches mit konzentrierter Schwefels\u00e4ure und einer Spur Rhamnose eine himbeerfarbene F\u00e4rbung der Fl\u00fcssigkeit bedingt,1) gibt die Reaktion nicht. \u2014 Zum Nachweis der Gallens\u00e4uren im Harn werden dieselben bekanntlich nach verschiedenen Methoden isoliert, dann gereinigt und hierauf mittels der Pettenkoferschen Reaktion nachgewiesen. Zur Identifizierung der aus dem Harn dargestellten Gallens\u00e4uren kann nat\u00fcrlich auch die Fluorescenzprobe herangezogen werden. Ich gestatte mir, auf Grund zahlreicher Versuche ein einfacheres Verfahren zum Nachweis der Gallens\u00e4uren im Harn in Vorschlag zu bringen:\n*) Neuberg und Rauchwerger, Salkowski-Festschrift, S. 279,\n1884.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LVII.\n3","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"34 Adolf Jolies, \u00dcber eine neue Gallens\u00e4urenreaktion usw.\nMan versetzt 50 ccm Ham mit 15 ccm einer 3\u00b0/oigen Gaseinl\u00f6sung,*) mischt gut durch und setzt hierauf tropfenweise von einer 10\u00b0/oigen Schwefels\u00e4ure unter fortlaufendem Umr\u00fchren so lange hinzu, bis das Casein vollst\u00e4ndig ausgef\u00e4llt ist.\nMan hat darauf zu achten, da\u00df nicht mehr Schwefels\u00e4ure zugef\u00fcgt wird, als zur Ausf\u00e4llung des Gaseins notwendig ist.\nIch habe bei meinen Versuchen in der Regel 0,6\u20140,8 ccm der 10 \u00b0/o igen Schwefels\u00e4ure verbraucht. Nunmehr wird filtriert\nDen auf' den Filter befindlichen Niederschlag bringt man in ein Bechergl\u00e4schen, setzt 10 ccm absoluten Alkohols hinzu und l\u00e4\u00dft bei gew\u00f6hnlicher Temperatur etwa 1 Stunde unter wiederholtem Digerieren stehen. Nunmehr wird filtriert und etwa 4\u20145 ccm des Filtrates in einem Reagenzglas mit 1 Tropfen einer 5\u00b0/oigen Rhamnosel\u00f6sung und 4\u20145 ccm konzentrierter Salzs\u00e4ure versetzt, zum Kochen erhitzt und etwa 1\u20142 Minuten in schwachem Kochen erhalten. Nach dem Erkalten der Probe f\u00fcgt man zu dem Inhalte des Reagenzglases ca. 2 ccm \u00c4ther hinzu und sch\u00fcttelt um. Bei Anwesenheit von Gallens\u00e4uren ist die charakteristische gr\u00fcne Fluorescenz sch\u00f6n wahrzunehmen.\nIch habe die Empfindlichkeit dieser Probe in der Weise gepr\u00fcft, da\u00df ich zu normalen Harnen abgewogene Mengen von Natrium taurocholicum hinzugesetzt und das beschriebene Verfahren durchgef\u00fchrt habe. Ich konnte hierbei noch 0,05 \u00b0/o Natrium taurocholicum nachweisen. In konzentrierten und namentlich in solchen Harnen, die reich an Indikan und an aromatischen Oxys\u00e4uren sind, ist die Probe weniger empfindlich, weil das alkoholische Filtrat nach dem Kochen mit Salzs\u00e4ure eine solche F\u00e4rbung annimmt, da\u00df die Wahrnehmung der Fluorescenz wesentlich erschwert wird. In solchen F\u00e4llen kann man die Reaktion viel empfindlicher gestalten, indem man das auffallende Licht durch eine Linse sammelt und auf die im Reagenzglase befindliche L\u00f6sung wirken l\u00e4\u00dft, eventuell einen Lichtkegel durch die L\u00f6sung schickt.\n*) 3 g wasserl\u00f6sliches Casein werden in 100 ccm destill. Wasser\ngel\u00f6st.","page":34}],"identifier":"lit18909","issued":"1908","language":"de","pages":"30-34","startpages":"30","title":"\u00dcber eine neue Gallens\u00e4urereaktion und \u00fcber den Nachweis der Gallens\u00e4ure im Harn","type":"Journal Article","volume":"57"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:09:33.623422+00:00"}