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{"created":"2022-01-31T14:15:53.863179+00:00","id":"lit18946","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Hedin, S. G.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 57: 468-475","fulltext":[{"file":"p0468.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kinetik der Enzyme.\nVon\nS. G. Hedin.\n(Der Redaktion zagegangen am 16. September 1908.)\nDie Methoden zur Bestimmung der Wirkung der Enzyme sind in vielen F\u00e4llen noch sehr mangelhaft. Wo es sich um einfache Reaktionen handelt, z. B. bei der Zersetzung von Estern, oder von Wasserstoffsuperoxyd, l\u00e4\u00dft sich die Wirkung verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig leicht verfolgen, aber in F\u00e4llen, wo die Prozesse stufenweise verlaufen oder vielleicht mehrere Prozesse parallel stattfinden, was z. B. wahrscheinlich bei der Zerlegung des Eiwei\u00dfes zutrifft, da k\u00f6nnte es von vornherein aussichtslos scheinen, den Fortschritt der Reaktion genau verfolgen zu k\u00f6nnen. Was speziell die Zerlegung des Eiwei\u00dfes betrifft, wird wahrscheinlich die neue Methode von S\u00f6rensen viel mehr leisten als die fr\u00fcher angewandten. Diese geben alle falsche Resultate. Bestimmt man z. B. die w\u00e4hrend einer gewissen Zeit aufgel\u00f6ste Eiwei\u00dfmenge, so l\u00e4\u00dft man au\u00dfer Rechnung die Ver\u00e4nderungen, welche durch das Enzym w\u00e4hrend derselben Zeit auf bereits aufgel\u00f6stes Eiwei\u00df ausgef\u00fchrt wurden. Wird irgend welche F\u00e4llungsreaktion angewandt, um das unverdaute Eiwei\u00df zu bestimmen, z, B. F\u00e4llung unter Auf kochen mit Essigs\u00e4ure, F\u00e4llung mit Gerbs\u00e4ure oder Phosphorwolframs\u00e4ure, so vernachl\u00e4ssigt man die enzymatische Arbeit, welche auf die nicht f\u00e4llbaren Produkte verrichtet wurde. Es leuchtet sofort ein, da\u00df man in diesen F\u00e4llen zu falschen Resultaten gelangen w\u00fcrde, wollte man die nach verschiedenen Zeiten stattgehabte Enyzm-wirkung einfach der aufgel\u00f6sten und nicht mehr f\u00e4llbaren Eiwei\u00dfmenge proportional setzen. Ebenso unrichtig w\u00e4re es, wollte\nP Biochem. Zeitschrift, Bd. VII, S. 45 u. 407, 1907.","page":468},{"file":"p0469.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kinetik der Enzyme.\n469\nman die in einer gewissen Zeit mit verschiedenen Enzymmengen stattgefundenen Ver\u00e4nderungen in angedeuteter Weise messen. Nur in Ausnahmef\u00e4llen z. B. bei \u00dcberschu\u00df von Substrat kann dies zul\u00e4ssig sein.\nWie Duel aux hervorgehoben hat, ist es aussichtsvoller, anstatt die in gleichen Zeiten stattgehabten Ums\u00e4tze zu vergleichen, die Zeiten aufzusuchen, in welchen der gleiche Umsatz erhalten wird.*) Nun haben verschiedene Forscher f\u00fcr mehrere Enzyme ein sehr einfaches Verh\u00e4ltnis gefunden zwischen der Enzymmenge und der f\u00fcr einen gewissen Umsatz n\u00f6tigen Zeit der Einwirkung. Wenn man verschiedenen Proben, welche die gleiche Substratmenge enthalten, verschiedene Enzymmengen (p) zugibt, so wird der gleiche Umsatz erhalten, wenn die Zeit der Einwirkung (t) den zugegebenen Enzymmengen umgekehrt proportional variiert wird. Man kann auch sagen, da\u00df dem gleichen Werte f\u00fcr p \u2022 t die gleiche Wirkung entspricht, oder da\u00df der gleiche Umsatz erhalten wird nach dem Verlauf von den gleichen Enzym-Zeiteinheiten. Diese Regel wurde f\u00fcr folgende Enzyme g\u00fcltig gefunden: Invertin (O\u2019Sullivan und Tompson unter gewissen Bedingungen),2) Pepsin (Sj\u00f6qvist),3) Lab (Fuld),4) peptonspaltende Enzyme (Vernon),5) Fibrinfermente von Schlangengiften (Martin),6) Trypsin (Hedin),7) Pepsin, Lab, Trypsin, Pyocyaneusprotease (Madsen).8)\nWas bedeutet nun diese einfache Regel? Ich werde hier eine Betrachtungsweise anwenden, die schon vorher von Ostwald f\u00fcr katalytische Beschleunigung gebraucht worden ist.9) Da wir die Abh\u00e4ngigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit von der Substratkonzentration nicht kennen, wollen wir die Reaktions-\n4)\tTrait\u00e9 de microbiologie, S. 380.\n2) Journ. Chem. Soc. Trans., Bd. LVII, S. 926, 1890. s) Skand. Arch. f. Physiol., Bd. V, S. 358, 1895.\n4)\tBeitr. z. chem. Physiol, u. Pathol., Bd. II, S. 169, 1902.\n5)\tJourn. of Physiol., Bd. XXX, S. 334, 1903.\n6)\tIbid., Bd. XXXII, S. 207, 1905.\n7)\tIbid., Bd. XXXII, S. 468, 1905; Bd. XXX1Y, S. 370, 1906.\n8)\tArrhenius, Immunochemie, Leipzig 1907, S. 46ff.\n9)\tZeitschrift f. physik. Chemie, Bd. II, S. 1.34, 1888.","page":469},{"file":"p0470.txt","language":"de","ocr_de":"470\nS. G. Hedin,\ndC\ngeschwindigkeit als eine unbekannte Funktion von der Kon-\ndt\nzentration f (C) schreiben. Wir haben also\ndC\ndt\nk \u2022 f (G),\nwo k der von der Enzymmenge abh\u00e4ngige Geschwindigkeitskoeffizient bedeutet.\nDurch Integration zwischen den Zeiten o und t und den zugeh\u00f6rigen Konzentrationen C und Cj bekommen wir cp (G) \u2014 cp (Gj) = k \u2022 t.\nWenn nun bei einer anderen Enzymmenge der Gang der Zerlegung des Substrates der gleiche w\u00e4re, so w\u00fcrde\n\u2014\t= k1 f (G), wo nur der Geschwindigkeitskoeffizient ein\nanderer ist als vorher. Integrieren wir zwischen o und t1 und den Konzentrationen G und CJ, so bekommen wir cp (C) \u2014 cp (GJ) = k1 t1. W\u00e4hlen wir nun die Zeit t1 so, da\u00df C,=CJ, d. h., so da\u00df der Umsatz in beiden F\u00e4llen der gleiche bleibt, so ist\nk \u2022 t == k1 \u2022 t1 oder f- =\nk1 t\nAus diesen allgemeinen Betrachtungen geht also hervor, da\u00df, wenn mit verschiedenen Enzymmengen die Zerlegung des Substrates dem gleichen Weg folgt, die Zeiten gleichen Umsatzes den Geschwindigkeitskonstanten umgekehrt, proportional sind. Der Beweis, da\u00df der Reaktionsverlauf bei verschiedenen Enzymmengen von St\u00f6rungen und Nebenreaktionen in der gleichen Weise beeinflu\u00dft worden ist, mu\u00df f\u00fcr jeden Fall gef\u00fchrt werden. Da unter der genannten Bedingung die Geschwindigkeitskoeffizienten sich umgekehrt, wie die Zeiten gleichen Umsatzes verhalten, so kann der fragliche Beweis als geliefert angesehen werden, wenn es sich herausstellt, da\u00df die den verschiedenen Enzymmengen p und p1 entsprechenden Zeiten gleichen Umsatzes t und t1 auf verschiedene Stadien der Reaktion zu einander ein konstantes Verh\u00e4ltnis zeigen. Nun hat es sich bei der Einwirkung von Trypsin\n\u25a0\u00a31\tp\nauf Gasein gezeigt, da\u00df p . t = p1 \u2022 t1 oder \u2014 == -=j = konstant.\nt\tp\nDies gilt f\u00fcr verschiedene Stadien der Reaktion, d. h. bei ver-","page":470},{"file":"p0471.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kinetik der Enzyme.\n471\nschiedenen Werten f\u00fcr p \u2022 t. Als Beleg m\u00f6gen aus meiner zitierten Arbeit folgende Ziffern angef\u00fchrt werden. Die in die verschiedenen Kolumnen unter den Werten von p \u2022 t eingetragenen Ziffern sind die Anzahl Kubikzentimeter Uio-n-S\u00e4ure, welche zur Neutralisierung des aus gleichen Volumina des Gerbs\u00e4urefiltrates, nach Kjeldahl erhaltenen Ammoniaks erforderlich waren.\npt =\t1\t2\t2,5\t5\t7,5\t10\t15\t20\nt = 1\t5,80\t10,35\t12,95\t20,15\t24,5\t26,95\t31,0\t34,05\n2\t5,85\t10,75\t13,25\t20,40\t24,65\t27,8\t31,7\t\u2014\n3\t5,70\t10,85\t13,35\t20,30\t24,35\t27,0\t31,05\t33,75\n4\t6,10\t10,75\t13,15\t19,90\t23,80\t26,95\t30,75\t33,55\nWir haben also, wenn p und p1 zwei verschiedene Enzymmengen, k und k1 die entsprechenden Geschwindigkeitskoeffizienten und t und t1 zugeh\u00f6rige Zeiten gleichen Umsatzes bedeuten,\nnach den obigen Betrachtungen \u2014 = \u2014. Anderseits geht aus\nK\tL\nden Versuchen mit Trypsin direkt hervor, da\u00df p \u2022 t = p1 \u2022 t1\nry\t{1\tk\tD\noder = \u2014. Folglich ist: \u2014 = oder die Ge sch windig-p1\tt\tk1\tp1\t\u00ae\nkeitskoeffizienten sind den Enzymmengen proportional. *)\nF\u00fcr katalytische Reaktionen in einem homogenen Systemeist die Regel im allgemeinen g\u00fcltig, da\u00df der Geschwindigkeitskoeffizient der Menge des Katalysators proportional ist, und der Beweis, da\u00df eine Ionengattung bei einer Reaktion als Katalysator wirksam ist, wird in der Weise gef\u00fchrt, da\u00df k der Menge der Ionengattung proportional gefunden wird. F\u00fcr die durch Enzyme vermittelten Reaktionen ist dieser Beweis bisher nur in Ausnahmef\u00e4llen gef\u00fchrt worden. So fand Armstrong, da\u00df\nM _\nf\u00fcr kleine Mengen von Maltase (oder Uberschu\u00df von Milch-\nDer Geschwindigkeitskoeffizient gibt den in der Zeiteinheit stattgehabten Umsatz unter der Voraussetzung an, da\u00df die Konzentration des. Substrates w\u00e4hrend der Zeit konstant gehalten wird.","page":471},{"file":"p0472.txt","language":"de","ocr_de":"472\nS. G. Hedin,\nzucker) der Umsatz der Enzymmenge proportional war, *) und dasselbe habe ich f\u00fcr die Einwirkung von Trypsin auf einen \u00dcberschu\u00df von Casein nachweisen k\u00f6nnen.1 2) Die obige Herleitung des Gesetzes bezieht sich aber nicht nur auf solche F\u00e4lle, sondern ist innerhalb des Bereiches g\u00fcltig, wo der Umsatz f\u00fcr die gleiche Anzahl Enzym-Zeiteinheiten derselbe ist.\nEs wird nunmehr von den meisten Forschern angenommen, da\u00df die Enzyme vor ihrer chemischen Wirkung in irgend \u2022einer Weise mit dem Substrat sich verbinden. Die mit dem Substrat verbundene Enzymmenge ist also das wirksame Enzym oder die aktive Masse des Enzyms. W\u00e4re nur ein einziges Substrat vorhanden, so w\u00fcrde die Regel, da\u00df die Geschwindigkeitskonstante der zugesetzten Enzymmenge proportional ist, bedeuten, da\u00df die vom Substrate aufgenommene Enzymmenge der zugesetzten proportional ist. Nun sind aber gewisse Enzymreaktionen viel verwickelter. In einigen F\u00e4llen sind vom Anfang ab mehrere Substrate zugegen oder es bilden sich w\u00e4hrend der Wirkung des Enzymes mehrere verschiedene Substrate oder Substanzen, welche das Enzym aufnehmen k\u00f6nnen. Die verschiedenen Substrate werden mit ungleicher Geschwindigkeit umgesetzt. Die oben gefundene Regel, ' nach welcher die Reaktionsgeschwindigkeit der Enzymmenge proportional ist, mu\u00df also bedeuten, da\u00df bei gleichem Substratgemisch die von jedem Substrat aufgenommene Enzymmenge der zugesetzten Enzymmenge proportional ist, oder da\u00df die Verteilung des Enzyms zwischen den Substraten unabh\u00e4ngig von der zugesetzten Enzymmenge ist.\nNun ist aber das Substratgemisch nach der gleichen Anzahl von p \u2022 t das gleiche ; man kann also sagen, da\u00df die Verteilung des Enzyms bei gleichem Umsatz die gleiche ist unabh\u00e4ngig von der Enzymmenge. Dasselbe gilt bekanntlich f\u00fcr die Verteilung eines l\u00f6slichen Stoffes zwischen zwei oder mehreren L\u00f6sungsmitteln; die verschiedenen Substrate dienen gewisserma\u00dfen als L\u00f6sungsmittel f\u00fcr das Enzym.\nEs leuchtet sofort ein, da\u00df, wenn unter den gebildeten enzymatischen Produkten irgendwelches das Enzym aufnimmt,\n1)\tProc. Roy. Soc., Bd. LXXIII, S. 500, 1904.\n2)\tJourn. of Physiol., Bd. XXXU, S. 471, 1905.","page":472},{"file":"p0473.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kinetik der Enzyme.\n473\naber unter der Einwirkung des Enzyms keine Ver\u00e4nderung leidet, dieses die Enzymwirkung hemmt, aber da\u00df diese Hemmung auf gleiche Ums\u00e4tze die gleiche bleiben mu\u00df. Die G\u00fcltigkeit des Gesetzes, da\u00df der Umsatz nach Verlauf der gleichen Anzahl von p \u2022 t derselbe ist, wird durch eine solche Hemmung nicht ber\u00fchrt.\nAus dem Gesagten folgt auch, da\u00df, solange das fragliche Gesetz seine G\u00fcltigkeit besitzt, die Zerst\u00f6rung von Enzym, wenn eine solche \u00fcberhaupt stattfindet, nach dem Verlauf von der gleichen Anzahl von p . t der zugegebenen Enzymmenge proportional sein mu\u00df.\nOb etwas von dem Enzym in dem im Reaktionsgemisch vorhandenen Wasser bleibt, ohne von irgend welcher anderen Substanz aufgenommen zu werden, ist auch f\u00fcr die G\u00fcltigkeit des p \u2022 t-Gesetzes ohne Belang, wenn nur das Verteilungsgesetz auch f\u00fcr diesen Teil des Enzyms g\u00fcltig bleibt.\nNach meinen fr\u00fcheren Untersuchungen ist die Regel, da\u00df der Umsatz nach dem Verlauf der gleichen Anzahl von p \u2022 t derselbe ist, f\u00fcr die Einwirkung von Trypsin auf verschiedene Substrate g\u00fcltig, n\u00e4mlich Casein (inO,2\u00b0/o Na2C03 gel\u00f6st), mit etwas Na2C03 erhitztes und dann dialysiertes Serumalbumin, erhitztes und dialysiertes Eierklar, dialysiertes Wittes Pepton. Die Regel beh\u00e4lt ihre G\u00fcltigkeit auch bei sehr fortgeschrittener Verdauung. Wenn aber die Enzymmenge in einer der zu vergleichenden Proben so gro\u00df ist, da\u00df das Substrat mit Enzym v\u00f6llig ges\u00e4ttigt wird und au\u00dferdem noch etwas Enzym frei bleibt, dann kann die Verteilung des Enzyms nicht von deren Menge unabh\u00e4ngig geschehen. In solchen F\u00e4llen mu\u00df eine Probe mit viel Enzym einen geringeren Umsatz zeigen als eine Probe mit weniger Enzym und entsprechend l\u00e4ngere Zeit der Einwirkung. Dies stimmt auch v\u00f6llig mit der Erfahrung \u00fcberein.1)\nIn der letzten Zeit habe ich einige neue Versuche \u00fcber die G\u00fcltigkeit des oben behandelten Enzymzeitgesetzes angestellt. Es hat sich erwiesen, da\u00df die Regel f\u00fcr gewisse Substratmischungen nicht l\u00e4nger g\u00fcltig ist. Im folgenden Versuch wurden einerseits 50ccm 2,5\u00b0/oigeCaseinl\u00f6sung in 0,2\u00b0/oNa2C03 mit Trypsin verdaut, anderseits die gleiche Caseinmenge zu-\n0 Journ. of Physiol., Bd. XXXII, S. 483, 1905.","page":473},{"file":"p0474.txt","language":"de","ocr_de":"474\nS. G. He din,\nsammen mit 15 ccm dialysierter Eiklarl\u00f6sung. Nach beendeter Verdauung wurde der Umsatz durch N-Bestimmung in gleichen Volumina des Gerbs\u00e4urefiltrates ermittelt; die Anzahl Kubikzentimeter 1/io-n-S\u00e4ure, die zur Neutralisation des Ammoniaks erforderlich waren, sind in die Tabelle eingetragen. Unter A sind die mit Caseinl\u00f6sungen: 50 ccm Casein -f- 45 ccm (Trypsin H20) und wechselnden Trypsinmengen erhaltenen Werte aufgenommen; unter B die mit 50ccm Casein -(- 15 ccm Eierklar -f- 30 ccm (Trypsin -f- H20) erhaltenen :\nEnzymmenge ccm\tZeit Stunden\tA.\tB.\n30\t3\t27,5\t21,3\n15\t6\t27,6\t17,25\n10\t9\t27,5\t13,18\nF\u00fcr diejenigen F\u00e4lle, wo das Casein allein als Substrat diente, war also das Enzym-Zeitgesetz g\u00fcltig, was nach der obigen Betrachtungsweise bedeutet, da\u00df das Trypsin auf das Casein und dessen Spaltungsprodukte unabh\u00e4ngig von der Menge des Trypsins in gleicher Weise sich verteilt. F\u00fcr die Proben, welche au\u00dfer Casein noch Eierklar enthielten, war das Enzym-Zeitgesetz nicht g\u00fcltig. Das zugesetzte Eierklar w\u00fcrde allein mit den gebrauchten Trypsinmengen in den entsprechenden Zeiten keine nachweisbaren Ver\u00e4nderungen erlitten haben. Trotzdem wirkt es auf die Verdauung des Caseins hemmend. Dies geht einerseits aus den obigen Bestimmungen hervor, anderseits habe ich eine solche Hemmung in einer fr\u00fcheren Arbeit nachgewiesen.1) Das Eierklar nimmt also einen Teil des Trypsins an sich. Nun ist es ohne weiteres klar, da\u00df, wenn das Enzym Unabh\u00e4ngig von deren Menge zwischen dem Casein und dem Eierklar in gleicher Weise verteilt w\u00fcrde, das oben behandelte Enzym-Zeitgesetz auch f\u00fcr diejenigen Proben ihre G\u00fcltigkeit behalten w\u00fcrde, welche zur selben Zeit Casein und Eierklar erhalten. Dies war nicht der Fall. Der Versuch zeigt, da\u00df die Verdauung des Caseins eine kr\u00e4ftigere Hemmung erfuhr, je\n*) Diese Zeitschrift, Bd. LH, S. 412, 1907.","page":474},{"file":"p0475.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kinetik der Enzyme.\n475\nweniger Trypsin zugegen war. Dies bedeutet, da\u00df das Eierklar verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig mehr Trypsin an sich nimmt, je geringer die zugesetzte Trypsinmenge war. Die Verteilung geschieht also nicht wie zwischen zwei L\u00f6sungsmitteln, sondern mehr wie bei der Adsorption. Bei der Adsorption wird n\u00e4mlich von einer geringen Menge adsorbierbarer Substanz verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig mehr adsorbiert als von einer gr\u00f6\u00dferen. In diesem Falle w\u00e4re also das Eierklar der adsorbierende Stoff; das Casein w\u00e4re mit dem L\u00f6sungsmittel der zu adsorbierenden Substanz (des Trypsins) zu vergleichen. In Ermangelung genauer Messungen \u00fcber die Verteilung des Trypsins l\u00e4\u00dft sich aber keine Formel f\u00fcr die Verteilung aufstellen. Wie ich schon vorher hervorgehoben habe, nimmt das Eierklar das Trypsin in reversibler Weise auf und nicht wie das native Serumalbumin, das den gr\u00f6\u00dften Teil des aufgenommenen Trypins an sich verfestigt oder vielleicht zerlegt.*)\nZusammenfassung.\nBei der Verdauung des Caseins mit Trypsin hat es sich herausgestellt, da\u00df, wenn bei gleicher Substratmenge die Zeit der Einwirkung der zugesetzten Enzymmenge umgekehrt proportional variiert wird, der gleiche Umsatz erhalten wird. Dies bedeutet, da\u00df der Geschwindigkeitskoeffizient der Reaktion der Enzymmenge proportional ist, oder da\u00df das Verh\u00e4ltnis zwischen den von den verschiedenen Stoffen aufgenommenen Trypsin-mengen konstant bleibt unabh\u00e4ngig von der Menge des zugesetzten Trypsins.\nWenn aber Casein zusammen mit Eierklar der Trypsin-werdauung unterworfen wird, geschieht die Verteilung in anderer Weise. Das Eierklar nimmt n\u00e4mlich von einer geringen Trypsinmenge verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig mehr an sich als von einer gr\u00f6\u00dferen, etwa so wie es bei der Adsorption der Fall ist.\nUpsala, den 11. September 1908.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. LH, S. 412, 1907.","page":475}],"identifier":"lit18946","issued":"1908","language":"de","pages":"468-475","startpages":"468","title":"Zur Kinetik der Enzyme","type":"Journal Article","volume":"57"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:15:53.863185+00:00"}