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{"created":"2022-01-31T15:27:11.926922+00:00","id":"lit18960","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Schulze, E.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 66: 128-136","fulltext":[{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Kenntnis des Vereins.\nVon\n\u00a3. Schulze.\n(Aus dem a\u00e7riculturchemischen Laboratorium des Polytechnikums in Z\u00fcrich.) (Der Redaktion zugegangen am 1. April 1910.)\nVon den in den Pflanzen von mir entdeckten Stickstoffverbindungen ist das Vernin diejenige, welche am schwierigsten in einer zur eingehenden Untersuchung hinreichenden Quantit\u00e4t gewonnen werden konnte. Zwar fanden wir diesen Stoff in zehn verschiedenen Objekten, n\u00e4mlich in jungen gr\u00fcnen Pflanzen von Vicia sativa, Lupinus albus und Trifolium pra-tense, in etiolierten Keimpflanzen von Cucurbita Pepo, in reifen Samen von Lupinus luteus und Arachis hypogaea, in unreifen Samen von Pisum sativum, im Bl\u00fctenstaub von Corylus avel-lana und Pinus silvestris, sowie im Mutterkorn.1) Aber nicht nur war der Verningehalt dieser Objekte stets sehr gering, sondern es zeigte sich auch, da\u00df Materialien, die bei der ersten Verwendung Vernin lieferten, sp\u00e4ter versagten. Dies gilt z. B. f\u00fcr die jungen Pflanzen von Vicia sativa. Dieses Material, in welchem das Vernin entdeckt wurde, lieferte bei der ersten Untersuchung diese Stickstoffverbindung in nicht unbedeutender\n*) Diese Zeitschrift, Bd. X, S. 80 und 820, sowie Bd. XLI. S. 455; Landwirtschaftliche Versuchsstationen, Bd. XXXIII, S. 89. Aus einigen der obengenannten Objekte wurde das Vernin nur in sehr kleiner Menge erhalten. Wir haben stets konstatiert, da\u00df die von uns f\u00fcr Vernin erkl\u00e4rten Substanzen das recht charakteristische Aussehen dieser Stickstoffverbindung besa\u00dfen und in den Reaktionen mit ihr \u00fcbereinstimmten; auch wurde stets nachgewiesen, da\u00df diese Substanzen beim Erhitzen mit verd\u00fcnnten Minerals\u00e4uren Guanin lieferten. Nachdem festgestellt worden war, da\u00df das Vernin beim Erhitzen mit Phloroglucin und Salzs\u00e4ure die Pentosanreaklion gibt, haben wir mit allen von fr\u00fcher her noch in unserem Besitze befindlichen Verninpr\u00e4paraten diese Reaktion angestellt. Die Identit\u00e4t aller jener Pr\u00e4parate wurde also soweit sichergestellt, wie die Verh\u00e4ltnisse es gestatteten.","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Kenntnis des Yemins.\t129\nQuantit\u00e4t; wenigstens war die Ausbeute daran gr\u00f6\u00dfer als aus irgend einem anderen Material. Als wir aber sp\u00e4ter aus Pflanzen der gleichen Art, die in verschiedenen Vegetationsstadien verwendet wurden, Vernin zu gewinnen suchten, erhielten wir diesen Stoff entweder gar nicht oder doch nur in \u00e4u\u00dferst geringer Quantit\u00e4t. \u00c4hnlich war es bei den Samen von Lupinus luteus und beim Mutterkorn; wir erhielten Vernin nur aus je einem Muster dieser Materialien, aus den sp\u00e4ter untersuchten Mustern dagegen nicht. Es scheint also, da\u00df diese Stickstoffverbindung sich in den Pflanzen zwar h\u00e4ufig bildet, sp\u00e4ter aber wieder verbraucht wird und sich infolge davon nicht anh\u00e4uft.\nAm gleichm\u00e4\u00dfigsten war der Vemingehalt bei 2V2 bis 3 w\u00f6chentlichen etiolierten Keimpflanzen von Cucurbita Pepo.l) Aus diesem Material ist das Vernin dargestellt, das wir f\u00fcr die weiter unten beschriebenen Versuche verwendeten. Wir mu\u00dften aber eine sehr gro\u00dfe Anzahl von Kulturen solcher Keimpflanzen verarbeiten, um 1,8 g Vernin, die f\u00fcr jene Versuche uns zur Verf\u00fcgung stehende Quantit\u00e4t, zu gewinnen.\nDas f\u00fcr die erste, von E. Bosshard und mir* *) ausgef\u00fchrte Untersuchung verwendete Vernin war aus jungen Pflanzen von Vicia sativa dargestellt worden. Wir wiesen damals nach, da\u00df diese Stickstoffverbindung beim Erhitzen mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure Guanin liefert. Die uns zur Verf\u00fcgung stehende Ver-ninquantit\u00e4t war aber nicht gro\u00df genug, um feststellen zu k\u00f6nnen, was f\u00fcr ein Produkt neben Guanin aus dem Vernin entstand.3) Nachdem N. Castor0 und ich4) im Jahre 1904 aus den Samen von Lupinus luteus und Arachis hypogaea eine kleine Quantit\u00e4t von Vernin dargestellt hatten, suchten wir\n\u2018) Die Ausbeute war auch hier schwankend, doch lieferten alle Kuhuren solcher Keimpflanzen. Vernin.\n*) Diese Zeitschrift, Bd/X, S. 80.\n*) Die bei Zersetzung des Vernihs erhaltene Fl\u00fcssigkeit wurde damals auf Zucker gepr\u00fcft, doch mit negativem Erfolge. Der Grund f\u00fcr dieses negative Resultat liegt wahrscheinlich darin, da\u00df durch die ziemlich starke Salzs\u00e4ure, die wir in den ersten Versuchen auf das Vernin einwirken lie\u00dfen, die Pentose zersetzt worden war.\n4) Diese Zeitschrift, Bd. XLI, S. 455.\nHoppe-Seyler\u20198 Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXVI.\t9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\tE. Schulze.\ndiese L\u00fccke auszuf\u00fcllen. Wir fanden, da\u00df bei der Spaltung des Vernins durch verd\u00fcnnte Schwefels\u00e4ure eine Zuckerart entsteht. Da\u00df dies eine Pentose sei, konnten wir f\u00fcr sehr wahrscheinlich erkl\u00e4ren; denn das Vernin gibt beim Erhitzen mit Phloroglucin und verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure eine rein kirschrote Fl\u00fcssigkeit. Wir konnten aber die Pentose nicht n\u00e4her untersuchen, weil die damals zur Verf\u00fcgung stehende Verninquantit\u00e4t zu gering war. Die bez\u00fcglichen Versuche wurden wieder aufgenommen, nachdem ich aus Keimpflanzen von Curcurbita Pepo 1,8 g Vernin gewonnen hatte. Zun\u00e4chst wurde festgestellt, da\u00df beim Erhitzen des Vernins mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure Furfurol entsteht. Das. dabei erhaltene Destillat besa\u00df den Geruch des Furfurols und r\u00f6tete ein mit Anilinacetat befeuchtetes Papier: auch gab es mit Phloroglucin eine starke F\u00e4llung. Letztere war unl\u00f6slich in Alkohol, woraus hervorgeht, da\u00df kein Methyl-furfurol entstanden war. Das Gewicht des in einem Versuche mit ca. 0,1 g Vernin erhaltenen Phloroglucids entsprach der Annahme, da\u00df das Vernin ungef\u00e4hr 50\u00b0/\u00abPentosan enth\u00e4lt. Diese Zahl kann aus verschiedenen Gr\u00fcnden nicht als genau bezeichnet werden ; sie f\u00fchrt aber zu der Schlu\u00dffolgerung, da\u00df ungef\u00e4hr die H\u00e4lfte der Produkte der Hydrolyse des Vernins aus Pentose besteht. Dies steht in \u00dcbereinstimmung mit der schon im Jahre 1904 von uns (loc. cit.) ausgesprochenen Annahme, da\u00df das Vernin ein nach der Formel C10H13N5O5 zusammengesetztes Guanin-Pentosid ist.\nZur Darstellung der Pentose verwendeten wir ein Quantum von 1,223 g Vernin. Wir erhitzten dasselbe eine Stunde lang mit ca. 150 ccm l\u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure am R\u00fcckflu\u00df-k\u00fchler. Aus der erkalteten Fl\u00fcssigkeit schied sich Guaninsulfat in d\u00fcnnen, zu Gruppen vereinigten Prismen aus. Entsprechend den \u00fcber sein Verhalten in den Handb\u00fcchern sich findenden Angaben verlor dieses Salz bei Behandlung mit hei\u00dfem Wasser die Schwefels\u00e4ure und verwandelte sich in Guanin. Die vom Guaninsulfat abgegossene L\u00f6sung wurde mit Baryumhydroxyd neutralisiert, der dabei entstandene Niederschlag, welcher noch Guanin einschlo\u00df, abfiltriert. Da das Filtrat noch etwas Guanin enthielt, so versetzten wir es mit reinem Silbersulfat. Das Fil-","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"131\nEin Beitrag zur Kenntnis des Vernins.\ntrat von dem durch dieses Reagens hervorgebrachten schwachen Niederschlage wurde durch Einleiten von Schwefelwasserstoff vom Silber befreit, dann schwach erw\u00e4rmt und nun mit Baryum-hydroxvd genau neutralisiert. Das Filtrat vom Baryumsulfat wurde in gelinder W\u00e4rme stark eingeengt. Es war anfangs ganz farblos, f\u00e4rbte sich aber schlie\u00dflich etwas gelb und wurde daher mit einer kleinen Menge von Tierkohle versetzt. Die von der Kohle abfiltrierte, farblose L\u00f6sung wurde auf ein Volumen von 10 ccm gebracht und sodann in einem Soleil-Ventzke-schen Polarisationsapparate untersucht. Sie erwies sich als linksdrehend, und zwar wurde eine Drehung von 5 5\u00b0 (bei 18 bis 19\u00b0 G.) beobachtet. Die L\u00f6sung wurde nun in e*.. i flachen Porzellansch\u00e4lchen eingedunstet, der Verdampfungsr\u00fcckstand im Vacuum-Exsikkator so vollst\u00e4ndig wie m\u00f6glich ausgetrocknet. Sein Gewicht betrug 0,533 g (nach der Berechnung konnte die f\u00fcr den Versuch verwendete Verninquantit\u00e4t 0,579 g Pentose liefern; die Differenz erkl\u00e4rt sich aus unvermeidlichen kleinen Verlusten). Unter der, ohne Zweifel nicht ganz genau zutreffenden Voraussetzung, da\u00df jener Verdampfungsr\u00fcckstand nach dem Trocknen kein Wasser mehr enthielt, berechnet sich f\u00fcr den darin enthaltenen Zucker ein spezifisches Drehungsverm\u00f6gen von \u2014 17,7\u00b0 (bei 18\u201419 \u00b0G.). Krystallisiert haben wir den Zucker bis jetzt nicht erhalten k\u00f6nnen. Selbstverst\u00e4ndlich kann die vorstehende Zahl nicht als ein genauer Ausdruck f\u00fcr das spezifische Drehungsverm\u00f6gen des im Sirup vorhandenen Zuckers hingestellt werden; denn dieser Sirup kann auch nach dem Austrocknen im Vacuumexsikkator kaum ganz wasserfrei gewesen sein. Wahrscheinlich liegt daher das Drehungsverm\u00f6gen jenes Zuckers etwas h\u00f6her.\nWir bestimmten ferner die L\u00f6slichkeit des Vernins in Wasser. F\u00fcr die bez\u00fcglichen Versuche verwendeten wir zwei durch mehrfaches Umkrystallisieren gereinigte Verninproben. Sie wurden in hei\u00dfem Wasser gel\u00f6st; abgewogene Quantit\u00e4ten der nach 24 Stunden bei einer Temperatur von 17\u201418\u00b0 C. von den ausgeschiedenen Krystallen abfiltrierten L\u00f6sungen wurden in W\u00e4gegl\u00e4schen eingedunstet, die Verdampfungsr\u00fcckst\u00e4nde nach dem Trocknen gewogen. Wir erhielten folgende Zahlen :","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nE. Schulze,\na)\t13,0927 g L\u00f6sung gaben 0,0101 g R\u00fcckstand.\nb)\t13,0414 *\t\u00bb\t*\t0,0097 *\nAus diesen Zahlen ergibt sich, da\u00df ein Teil Vernin 1295 bis 1343 T., im Mittel 1320 T. Wasser von 17\u201418\u00b0 zur L\u00f6sung bedurfte. Das Vernin ist also in kaltem Wasser wenig l\u00f6slich: in kochendem Wasser l\u00f6st es sich dagegen in reichlicher Menge. Die gro\u00dfe Differenz zwischen der L\u00f6slichkeit in kaltem und in hei\u00dfem Wasser hat zur Folge, da\u00df aus einer in der Hitze bereiteten w\u00e4sserigen Veminl\u00f6sung schon w\u00e4hrend des ErkaltensKrystalle in reichlicher Menge sich abscheiden.\nBei Untersuchung einer 5\u00b0/oigen L\u00f6sung des Vernins in verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure im Soleil-Ventzkeschen Polarisationsapparat konnten wir eine Drehung nicht konstatieren: falls clie L\u00f6sung optische Aktivit\u00e4t besa\u00df, so war letztere doch ohne Zweifel sehr gering. Dagegen erwies sich eine L\u00f6sung des Vernins in 1 io-Normalnatronlauge als stark linksdrehend; f\u00fcr eine ca. 2\u00b0/oige L\u00f6sung wurde [a]D bei 20\u00b0 C. = \u2014 60\u00b0 gefunden.\nDie im vorigen beschriebenen Versuche wurden unter Mitwirkung von Dr. G. Trier von mir ausgef\u00fchrt.\nDie weiter unten n\u00e4her besprochene Tatsache, da\u00df au\u00dfer dem Vernin noch andere Pentoside des Guanins und verwandter Basen in den Organismen sich finden, veranla\u00dft mich, die bei der Identifizierung des Vernins in Betracht kommenden Eigenschaften dieses K\u00f6rpers hier kurz anzugeben. Aus einer L\u00f6sung in hei\u00dfem Wasser krystallisiert das Vernin schon w\u00e4hrend des Erkaltens in d\u00fcnnen Nadeln oder flachen Prismen; bringt man dieselben auf ein Filter, pre\u00dft letzteres zwischen Papier und trocknet es, so bilden die Krvstalle eine zusammenh\u00e4ngende atlasgl\u00e4nzende Masse, die sich wie ein Blatt vom Filter abl\u00f6st. Sie sind nach der Formel C10H13N505-f-2 H20 zusammengesetzt. In kaltem Wasser sind sie wenig l\u00f6slich (conf. die oben gemachten Angaben). Sie l\u00f6sen sich sowohl in Alkalien, wie in verd\u00fcnnten Minerals\u00e4uren. Doch becfarf es zur L\u00f6sung einer ziemlich gro\u00dfen Quantit\u00e4t stark verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure ; 20 T l\u00b0/\u00bbiger Schwefels\u00e4ure gen\u00fcgen nicht zur L\u00f6sung von 1 T. Vernin. In absolutem Alkohol l\u00f6sen sie sich nicht. Die w\u00e4sse-","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Kenntnis des Vernins.\t.133\nrige L\u00f6sung gibt mit Phosphorwolframs\u00e4ure unter Zusatz von Salzs\u00e4ure oder Schwefels\u00e4ure eine F\u00e4llung. Silbernitrat bringt darin einen durchsichtigen, gallertartigen Niederschlag hervor, der in Ammoniakfl\u00fcssigkeit sich l\u00f6st; auch Mercurinitrat gibt eine F\u00e4llung. Versetzt man eine w\u00e4sserige Verninl\u00f6sung mit Pikrins\u00e4ure, so scheidet sich nach kurzer Zeit ein Pikrat in kleinen Krystallaggregaten aus ; unter dem Mikroskop erscheinen die Krystalle als feine,* zu B\u00fcscheln oder Sternen vereinigte Nadeln (ihr Schmelzpunkt wurde bei ca. 190\u00b0 gefunden). \u00dcber das spezifische Drehungsverm\u00f6gen des Vernins habe ich schon oben Angaben gemacht. Beim Erhitzen mit Phloroglucin und Salzs\u00e4ure gibt das Vernin eine kirschrote Fl\u00fcssigkeit. Durch Minerals\u00e4uren wird es leicht hydrolysiert: schon einst\u00fcndiges Erhitzen mit l\u00b0/oiger Schwefels\u00e4ure gen\u00fcgt, um es zu spalten Das dabei entstehende Guanin l\u00e4\u00dft sich leicht isolieren .und an seinen Reaktionen erkennen.\nIn den letzten Jahren sind mehrere Verbindungen von Alloxurbasen mit Pentosen beschrieben worden; es ist von Interesse, sie mit dem Vernin zu vergleichen. Ich nenne hier zun\u00e4chst das von K. Andrlik1) aus Melasse und Melasseabfalllauge durch Erhitzen mit Kupfersulfat und Natron zur Abscheidung gebrachte Guaninpentosid. Bei der Hydrolyse, liefert es neben Guanin eine linksdrehende Pentose, f\u00fcr welche [a|\u00fc = \u2014 16,7\u00b0 gefunden wurde. Andrlik erkl\u00e4rt diesen K\u00f6rper f\u00fcr verschieden vom Vernin; in der Tat differieren die beiden Stoffe nach den vorliegenden Angaben in ihren Eigen- \u2022 sch\u00e4ften in bezug auf mehrere Punkte so bedeutend, da\u00df sie nicht identisch sein k\u00f6nnen. Es ist nun darauf aufmerksam zu machen, da\u00df 0. E. v. Lippmann8) aus Melasse einen Stoff isoliert hat, den er f\u00fcr identisch mit Vernin erkl\u00e4ren konnte. Es scheint also, da\u00df Zuckerr\u00fcben verschiedener Provenienz zwei von einander verschiedene Guaninpentoside enthalten.\n*) Chemiker-Zeitung. 1909, S. 637 : Referat nach einem -auf dem 3 internationalen Kongre\u00df f\u00fcr angewandte Chemie in London im Jahre 1909 gehaltenen Vortrage.\n*) Ber. d. Deutsch, ehern. Ges.. Bd. XXIX, S. 2653.","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\tE. Schulze,\nSehr \u00e4hnlich dem Vernin ist das von Levene und Jacobs1) durch Spaltung von Nucleins\u00e4ure dargestellte Guanosin, ^i\u00abHnN5\u00d65 + 2 H20. Bei der Hydrolyse liefert dieser K\u00f6rper Guanin und eine Pentose, f\u00fcr welche [a]D = \u2014 19\u00b0 gefunden wurde. Das Guanosin ist in alkalischer L\u00f6sung stark linksdrehend, und zwar wurde [o]D = \u2014 60\u00b0 gefunden. Es sind uns zurzeit keine Tatsachen bekannt, die im Widerspruch mit der Annahme stehen, da\u00df Guanosin und Vernin identisch sind ; wir werden uns aber bem\u00fchen, diese Frage durch neue Versuche mit v\u00f6lliger Sicherheit zu entscheiden.\nFerner will ich hier noch erw\u00e4hnen, da\u00df das im Carnin enthaltene Inosin als ein Pentosid des Hypoxanthins erkannt worden ist.2)\nZum Schlu\u00df will ich noch einige Bemerkungen \u00fcber das zur Darstellung des Vernins von uns angewendete Verfahren machen.- W\u00e4sserige Extrakte aus den auf Vernin zu untersuchenden Objekten wurden, nachdem sie zuvor von den durch Bleiessig f\u00e4llbaren Substanzen befreit worden waren, mit einer Mercurinitratl\u00f6sung versetzt. Die durch dieses Reagens hervorgebrachten Niederschl\u00e4ge wurden abfiltriert, mit kaltem Wasser gewaschen, zwischen Flie\u00dfpapier abgepre\u00dft, dann mittels Schwefelwasserstoff zersetzt. Die Filtrate vom Schwefelquecksilber engten wir, nachdem sie neutralisiert worden waren, auf ein geringes Volumen ein; wir trugen Sorge daf\u00fcr, da\u00df w\u00e4hrend des Eindunstens die Reaktion der L\u00f6sungen neutral blieb. Aus den stark eingeengten Fl\u00fcssigkeiten schied sich nach dem Erkalten das Vernin aus, und zwar in vielen F\u00e4llen anfangs als Gallerte: letztere lieferte dann nach dem Wiederaufl\u00f6sen in Wasser Krystalle. Der Mercurinitratniederschlag kann neben Vernin noch manche andere Substanzen enthalten, z. B. Asparagin, Glutamin, Ar-ginin und Tyrosin. Wegen seiner Schwerl\u00f6slichkeit in Wasser l\u00e4\u00dft sich das Vernin leicht vom Asparagin, Glutamin und Ar-ginin trennen. Aber auch seine Trennung von dem Tyrosin, das sich speziell in den bei Verarbeitung von K\u00fcrbiskeimpflanzen\n'I Ber. d. Deutsch, chem. Ges., Bd XLII, S. 2102 und 3247 (1909).\n8! Monatshefte f\u00fcr Chemie, Bd. XXIX, S. 157 (1908): Bd. XXX, S. 147 und 377 (1909).","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Beitrag zur Kenntnis des Vernins.\t135\nerhaltenen Mercurinitratniederschl\u00e4gen in kleiner Menge vorfindet, bietet keine Schwierigkeit dar. Denn das Vernin scheidet sich aus den bei Zerlegung jener Niederschl\u00e4ge erhaltenen L\u00f6sungen meistens vor dem Tyrosin aus. Gesetzt aber, da\u00fc anfangs das Vernin durch etwas Tyrosin verunreingt ist, so kann man es davon befreien, indem man es in hei\u00dfem Wasser l\u00f6st und die beim Erkalten sich ausscheidenden Krystalle nach kurzer Zeit abfiltriert und zwischen Filtrierpapier abpre\u00dft; das Tyrosin geht dann in die Mutterlauge \u00fcber. Das in solcher Weise aus K\u00fcrbiskeimpflanzen dargestellte Vernin erwies sich nach mehrmaligem \u00fcmkrystallisieren aus Wasser als ganz frei von Tyrosin, wie aus seinem Verhalten gegen das Mill\u00f6nsche Reagens zu erkennen war.\nNach einem, mit einer sehr kleinen Verninmenge von mir ausgef\u00fchrten Versuche kann man diese Stickstoffverbindung auch durch Erhitzen mit Kupfersulfat und Natronlauge zur Abscheidung bringen. In dem Filtrat von dem durch diese Reagenzien erhaltenen Niederschlage konnte ich Vernin nicht mehr nachweisen. Als ich den Niederschlag mittels Schwefelwasserstoff zersetzte, die durch Filtration vom Schwefelkupfer getrennte Fl\u00fcssigkeit sodann mit Schwefels\u00e4ure erhitzte und hierauf mit Fehlingscher L\u00f6sung pr\u00fcfte, konnte die Anwesenheit eines diese L\u00f6sung reduzierenden Zuckers konstatiert werden,\nworaus man wohl schlie\u00dfen darf, da\u00df das Vernin in den Niederschlag eingegangen war. Dasselbe scheint also in dieser vBe-ziehung mit dem von Andrlik (loc. eit.) dargestellten Guanin-pentosid \u00fcbereinzustimmen.\nNachschrift. Es sei hier erw\u00e4hnt, da\u00df die in F. Czapeks Riochemie der Pflanzen an drei Stellen sich findenden Angaben \u00fcber das Vernin meinen und meiner Mitarbeiter Anteil an den bez\u00fcglichen Untersuchungen nicht ganz im richtigen Lichte erscheinen lassen. Es hei\u00dft dort in Bd. II, auf S. 70: \u00abErw\u00e4hnenswert ist seine (des Guanins) Entstehung aus Vernin bei Behandlung mit Salzs\u00e4ure (Lippraann).\u00bb Da\u00df bei der Spaltung des Vernins Guanin entsteht, ist aber nicht von 0. E. v. Lipp-iiiann, sondern von mir entdeckt worden (eine Angabe dar\u00fcber ist au\u00dfer in der von mir in Verbindung mit E. Bosshard","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"E. Schulze, Ein Beitrag zur Kenntnis des Vernins.\npublizierten Abhandlung fr\u00fcher schon in dieser Zeitschrift, Bd. IX, S. 444 gemacht worden). Zweitens hei\u00dft es in dem oben genannten Werke auf S. 80 \u00abVernin ist im Mutterkorn aufgefunden worden (vgl. Fl\u00fcckiger, 1. c., S. 299).\u00bb Auch das Vorkommen von Vernin im Mutterkorn ist von uns (Diese Zeitschrift, Bd. X, S. 80) nachgewiesen worden. Drittens hei\u00dft es ebenda auf S. 179: \u00abEine beim Kochen mit Salzs\u00e4ure Guanin liefernde Verbindung ist das Vernin, dessen Konstitution noch unbekannt ist und welches in geringer Menge von Schulze und Bosshard recht verbreitet in Keimlingen aufgefunden worden ist\u00bb . ... ; (dann folgt eine Beschreibung der Eigenschaften des Vernins). Wer diese Angaben nacheinander liest, wird daraus nicht mit Sicherheit erkennen k\u00f6nnen, vbn wem das Vernin entdeckt und zuerst auf seine Spaltungsprodukte untersucht wurde. Es wird aber leicht sein, in einer neuen Auflage des oben genannten, gesch\u00e4tzten Werkes diese Angaben so zu erg\u00e4nzen, da\u00df in bezug auf jenen Punkt keine Unsicherheit bleibt. Zu der dritten Angabe bemerke ich noch, da\u00df es nicht Keimlinge, sondern junge gr\u00fcne Pflanzen von Vicia sativa und Trifolium pratense waren, aus denen E. Bosshard und ich Vernin darstellten; \u00fcber Herkunft und Beschaffenheit dieser Pflanzen sind in den Landwirtschaftlichen Versuchsstationen, Bd. XXXIII, S. 97 ff. n\u00e4here Angaben gemacht worden. Au\u00dferdem fand ich (Journal f\u00fcr praktische Chemie [2] Bd. XXXII, S. 447) Vernin in etiolierten Keimpflanzen von Cucurbita Pepo. Zur Vervollst\u00e4ndigung der auf das Vernin sich beziehenden Literaturangaben sei hier noch erw\u00e4hnt, da\u00df F. Ullik (Chemisches Zentrallblatt 1887, S. 828) im Gerstenmalz eine Substanz fand, die er f\u00fcr identisch mit Vernin erkl\u00e4ren konnte.","page":136}],"identifier":"lit18960","issued":"1910","language":"de","pages":"128-136","startpages":"128","title":"Ein Beitrag zur Kenntnis des Vernins","type":"Journal Article","volume":"66"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:27:11.926927+00:00"}