Open Access
{"created":"2022-01-31T14:04:19.050006+00:00","id":"lit18985","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Jager, L. de","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 67: 105-114","fulltext":[{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Einflu\u00df des Harnstoffs auf die Bestimmung des Aminos\u00e4urengehalts nach der Formolmethode.\nVon\nDr. L. de Jager zu Stiens (Niederland).\n(Der Redaktion zugegangen am 19. Mai 1910.)\nIn einer fr\u00fcheren Mitteilung1) habe ich gezeigt, da\u00df bei gleichzeitiger Anwesenheit von Aminos\u00e4ure und Ammoniak die Titrierung mittels der Formolmethode einen niedrigeren Wert ergibt, als die Summe der Acidit\u00e4tszunahmen entspricht, wenn beide f\u00fcr sich nach dieser Methode untersucht werden. Nach llenriques und S\u00f6rensen2) soll diese Erscheinung durch die Bildung von Methylenimin verursacht werden. In einer weiteren Mitteilung3) habe ich daraufhingewiesen, da\u00df auch durch Zusatz von Hexamethylentetramin zu einer Mischung von Glykokoll und Salmiak nach Formalinzusatz eine zu geringe Acidit\u00e4tszunahme gefunden wird, w\u00e4hrend Urotropin ohne Einflu\u00df auf die beiden K\u00f6rper ist, wenn dieselben gesondert untersucht werden. Neuerdings fand ich,4) da\u00df die f\u00fcr Phenolphthalein saure Reaktion einer Salmiakl\u00f6sung in eine neutrale verwandelt wird, wenn Kaliumsulfat im \u00dcberschu\u00df hinzuges\u00e9tzt wird, wie es Folin5) f\u00fcr Kaliumoxalat gefunden hat.\nEs schien mir m\u00f6glich, da\u00df es gelingen k\u00f6nnte, einen K\u00f6rper ausfindig zu machen, welcher einen solchen Einflu\u00df auf die Ionisation auszu\u00fcben imstande ist, da\u00df dadurch die gegenseitige Einwirkung der durch Formaldehyd aus Ammoniak und Aminos\u00e4uren gebildeten K\u00f6rper aufgehoben wird. Kaliumsulfat und Kaliumoxalat erwiesen sich als wirkungslos sowohl auf L\u00f6sungen von Salmiak oder Glykokoll als auf eine Mischung dieser beiden K\u00f6rper.\nAnders erwies sich der Einflu\u00df des Harnstoffs. Nach Mal-latti6) soll Harnstoff von Formaldehyd nicht beeinflu\u00dft werden.\n\u25a0) Diese Zeitschrift, Bd. LXII,\ns'i Diese Zeitschrift, Bd. LXIV.\n3) Diese Zeitschrift, Bd. LXV.\n*) Diese Zeitschrift, Bd. LXVII, S. 1.\n6) Americ. Journal of Physiology, Bd. IX. Nr. V.\n*} Zeitschrift f. analyt. Chemie, Bd. XLVII.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXVII.\t8","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\nL. de Jager,\nIch habe fr\u00fcher diese Angabe best\u00e4tigen k\u00f6nnen. Dasselbe gilt aber nur f\u00fcr geringe Mengen Harnstoff. Eine L\u00f6sung von 600 mg Harnstoff in 30 ccm Wasser, also in einer Menge, wie dieser K\u00f6rper im Harn anwesend ist, zeigte nach Formalinzusatz eine Acidit\u00e4tszunahme, entsprechend 0,4 ccm n/io-NaOH.\nIch versetzte L\u00f6sungen von Glykokoll, von Salmiak und Mischungen beider Verbindungen mit 600 mg Harnstoff und f\u00fchrte sodann die Formoltitrierung aus. Der Erfolg ist folgender:\n\tVerbrauchte n/\tio-Natronlauge\n\t\tnach Zusatz von 600 mg Harnstoff\n50 mg Salmiak . . .\t9,6\t10,1\n60 > Glykokoll . . .\t8,2\t8,6\nMischung . . ....\t16,1\t17,8\nEs mu\u00df von den Zahlen in dem letzten Stab 0,4 abgezogen werden, weil Harnstoff f\u00fcr sich diese Aeidit\u00e4tszunahme gibt. Die Mischung von Salmiak und Glykokoll zeigt jetzt eine Acidit\u00e4tszunahme von 17,8 \u2014 0,4 = 17,4 ccm n/io-NaOH, also fast dieselbe wie beide K\u00f6rper zusammen: 9,6 -j- 8,2 = 17.s Ich wiederholte diesen Versuch mit wechselnder Menge Harnstoff. In jedem Versuch sind 50 mg NH4C1 und 30 mg Glykokoll anwesend. Die Harnstoffacidit\u00e4t ist in Abzug gebracht\nSumme der beiden Bestimmungen . 13,60 ccm\nOhne Zusatz......... 12,50 \u00bb\nMit 100 mg Harnstoff.......12,63 \u00bb\n\u00bb\t200\t\u00bb\t\u00bb\t......\t12,76\t*\n\u00bb\t300\t>\t\u00bb\t......\t12,90\t\u00bb\n*\t400\t\u00bb\t\u00bb\t. . . . . .\t13,03\t,\n* 600 \u00bb \u00bb ................13.30 \u00bb\nMit einer gr\u00f6\u00dferen Menge Harnstoff blieb die Acidit\u00e4tszunahme dieselbe; wie mir schien, wurde dieser Wert selbst etwas kleiner.\nDurch Zusatz von Harnstoff wird also die gegenseitige Einwirkung der beiden Umwandlungsprodukte aufgehoben. Nacli-heriger Zusatz von Harnstoff ist ohne Einflu\u00df.\nAuf die gesonderten Bestimmungen ist der Harnstoff ohne Einflu\u00df.","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Einflu\u00df des Harnstoffs nach der Forinolmethode. 107\nEs w\u00e4re nun immerhin m\u00f6glich, da\u00df der Harnstoff nicht auf die gegenseitige Einwirkung von Salmiak und Glykokoll Einflu\u00df \u00fcbt, sondern da\u00df die Zunahme zuf\u00e4llig mit der theoretischen Acidit\u00e4tszunahme von Glykokoll und Salmiak stimmt. Zur Untersuchung dieser Frage stellte ich folgende Versuche an. Ich titrierte L\u00f6sungen von Glykokoll und Salmiak, setzte danach die andere Verbindung hinzu und titrierte weiter. Dann wiederholte ich diesen Versuch, setzte aber zu jeder Probe (iOO mg Harnstoff hinzu, ln einer dritten Versuchsreihe setzte ich den Harnstoff nach der ersten Titrierung hinzu. Jede Probe wird auf 30 ccm angef\u00fcllt. Ich erhielt (in den Versuchen mit Harnstoff nach Abzug von 0,4 ccm) folgende Zahlen:\nEs verbrauchten nach Formofeusatz :\nGlykokoll\u00f6sung\t3,8 ccm. \u201c/\u2019lo-Nafronlauge\nSalmiakl\u00f6sung\t8,9\t\u00bb\t\u00bb\nSumme beider Bestimmungen\t12,7\t\u00bb\t\u00bb\nMischung beider L\u00f6sungen\t11,2\t\u00bb\t\u00bb\nMischung mit 600 mg Harnstoff\t12,4\t\u00bb\t\u00bb\nIn der folgenden Tabelle ist im ersten Stab die nach Formolzusatz erforderliche Menge n/io-Natronlauge angegeben. Im zweiten Stab ist die Menge nlio-Natronlauge angegeben, welche im ganzen verbraucht wurde, nachdem zu der im ersten Stab angegebenen L\u00f6sung der im zweiten Stab angegebene Zusatz hinzugegeben war.\nVerbrauchte n/io-Natronlauge\nim ganzen nach Zusatz von Salmiak\t11,1\nGlykokoll\t11,9\nSalmiak\t12,8\nGlykokoll\t12,7\nSalmiak Harnstoff 12,7 Glykokoll-{-Harnstoff 12,7\nHieraus ergibt sich folgendes: Durch den Zusatz von Harnstoff zu einer Mischung wird fast die Summe beider Bestimmungen erreicht. Wenn entweder Salmiak oder Glykokoll f\u00fcr sich titriert wird, so wird nach Zusatz des anderen K\u00f6rpers der richtige Wert gefunden, sofern Harnstoff anwesend ist, mag dieser vor oder nach der ersten Titrierung zugesetzt sein.\n8*\nbei der ersten Bestimmung\nGlykokoll\t3,8\nSalmiak\t8,9\nGlykokoll -f- Harnstoff\t3,9\nSalmiak -f- Harnstoff\t9,0\nGlykokoll\t3,8\nSalmiak\t8,9","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"L. de Jager,\n108\nWelche Wirkung wird nun vom Harnstoff ausge\u00fcbt? Aus obigen Versuchen geht, folgendes hervor: Das Umwandlungsprodukt des Glykokolls zeigt eine f\u00fcr Phenolphthalein saure Reaktion und erheischt zur Neutralisierung eine dem Stickstoffgehalt \u00e4quivalente Menge Lauge. Dieser K\u00f6rper CH2NCH2COOH oder nach S\u00e4ttigung GH2NCH2C00Na ist imstande, bei Anwesenheit von Verbindungen, welche NH2 enthalten, \u00fcberzugehen in die Verbindung\nCHINCH,\nCONHg.\nBei Anwesenheit von Salmiak k\u00f6nnte vielleicht folgende Umsetzung stattfinden\nCHjjNCH,\nI\nCOONa\nCH.NCH*\nCHgNCHg\nNH4C1 = I\t4- NaCl.\ncoonh4\nch2nch2 \u2014 H20 = 1\nc\u00f6onh4\tconh2.\nVielleicht entsteht die letztere Verbindung sogleich unter Austritt von Wasser.\nWenn obige Umsetzung stattfindet, verschwindet ein Teil des Salmiaks. Dieser Anteil gibt bei F\u00f6rmalinzusatz keine Acidit\u00e4tserh\u00f6hung.\nAuch an den unter Einflu\u00df des Formaldehyds aus dem Salmiak entstandenen Verbindungen wird NH2 gegen OH oder ONa ausgetauscht. Wenn, wie Henriques und S\u00f6rensen1) annehmen, sich Methylenimin bilde, so konnte etwa folgende Reaktion stattlinden\nCHjNCHg\tCHgNCIL\n|\t+ CH2NH = |\t4- HCOH.\nCOOH\tr.ONH,\nAuch in diesem Fall hat die saure Reaktion abgenommen.\nGeringer, aber noch deutlich wahrnehmbar ist die Einwirkung des Hexamethylentetramins. Wenn in dieser Verbindung (CH2)6N4, welche auch (CH2)2(Ntf2)4C4 geschrieben werden kann, ein oder mehrere NH2 gegen OH ausgetauscht werden, so entsteht ebenso wenig eine saure Verbindung.\n') Diese Zeitschrift, Bd. LXIV.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Einflu\u00df des Harnstoffs nach der Formolmethode. 109 .\nEs hat nun den Anschein, da\u00df das NH., am leichtesten den Ammoniakverbindungen entnommen wird und da\u00df diese Einsetzung um so schwerer zustande kommt, je weiter die Bildung von Hexamethylentetramin fortgeschritten ist, wie auch Henriques und S\u00f6rensen gezeigt haben.\nSetzt man zu einer nach Formolzusatz neutralisierten L\u00f6sung von Glvkokoll, welche also CH2NCH2COONa enth\u00e4lt, Salmiak hinzu, so w\u00fcrde eine dem Gehalt an Glykokoll entsprechende Menge Salmiak keine Acidit\u00e4tserh\u00f6hung zeigen, wenn kein \u00fcbersch\u00fcssiges Formol zugegen w\u00e4re. Durch die Anwesenheit des Formols wird aber zugleich ein Teil des Salmiaks dieser Wirkung entzogen.\nWird hingegen der Salmiak zuerst mit Formol behandelt und neutralisiert, so wird der Einflu\u00df des jetzt gebildeten K\u00f6rpers weniger gro\u00df sein, weil diese Verbindung nicht so leicht NH2 gegen OH auswechselt.\nIch habe zwei Versuche in dieser Richtung angestellt. Eine L\u00f6sung von Glykokoll, welche bei der Formoltitrierung zur Neutralisation 3,9 ccm n/io-Na\u00dcH erforderte, wurde neu-iralisiert, darauf wurde Ammoniak in \u00dcberschu\u00df hinzugef\u00fcgt und nach einiger Zeit neutralisiert. Es ergab sich, da\u00df die Verbindung CH2NCH2C00H auf nachtr\u00e4glich zugesetztes Salmiak keine Einwirkung mehr aus\u00fcbte. Das \u00fcbersch\u00fcssige Formol wird durch das NH3 zu (CH2)6N4 und es mu\u00df nach'Salmiak-zusatz aufs neue Formalin hinzugesetzt werden. Die Acidit\u00e4tszunahme war jetzt ebenso gro\u00df wie die der Salmiakl\u00f6sung f\u00fcr sich, n\u00e4mlich 9,2 ccm n/io-NaOH. Der Austausch der OH-Gruppe gegen NH2 war also ein vollst\u00e4ndiger gewesen.\nIn einem zweiten Versuch wurde die mit Formol behandelte neutralisierte Glykokoll\u00f6sung w\u00e4hrend einiger Zeit erhitzt, um den \u00fcbersch\u00fcssigen Forraaldehyd auszutreiben, was nur zum Teil gelang. Es hatten sich aber andere Umsetzungen vollzogen, denn die Reaktion war eine saure geworden.\nSetzt man nun zu einer mit Formol behandelten und neutralisierten Glykokoll\u00f6sung Harnstoff hinzu, so wird diesem K\u00f6rner NH2 entnommen. Es bestehen zwei M\u00f6glichkeiten. Entweder es verliert der Harnstoff 2 NH2onach folgender Gleichung","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110\tL. de Jager,\nCH.NCIL\tCHjNCHj\n2 |\t-f NH2CONH2 = 2 |\t+ Na/'.O,.\nCOONa\tCONHj\nDieses ist nicht der Fall, denn dann w\u00fcrde die Acidit\u00e4t abgenommen haben und zwar, wenn diese Umsetzung vollst\u00e4ndig w\u00e4re, genau um die H\u00e4lfte.\nEs kann aber auch nur ein NH2 in Anspruch genommen\nwerden nach der Gleichung\nCH.NCH,\tCH2NCH2\n|\t+ NH2C0NH# = |\t-f NH2COONa.\nCOONa\t\u2018\tCONH,\nIn diesem Fall entsteht Natriumcarbaminat, welches aber sofort zerf\u00e4llt zu Ammoniak und Carbonat unter Aufnahme von Wasser\nNH2COONa + H20 = NH3 + NaHC03.\nDas NH3 wird unter dem Einflu\u00df des Formols zu Hexamethylentetramin, w\u00e4hrend das Natriumhvdrocarbonat Phenolphthalein gegen\u00fcber dieselbe Reaktion zeigt wie das CH2NCH2COONa. Da\u00df diese Umsetzung stattfindet, habe ich folgenderma\u00dfen bewiesen. Eine Mischung von Harnstoff und Glvkokoll wird mit Formalin versetzt und mit Baryumhydrat neutralisiert. Anfangs bleibt die L\u00f6sung klar, nach und nach aber tr\u00fcbt sie sich und es scheidet sich Baryumcarbonat aus, welches unter Auf brausen in Salzs\u00e4ure gel\u00f6st werden kann.\nIch habe angenommen, da\u00df das NH2 auch dem Salmiak entnommen werden kann. Dieses braucht aber nicht der Fall zu sein. Es wird durch Zusatz von NaOH das Salmiak zer-zetzt und es wird NH3 abgespalten, das sich jetzt sofort unter Abspaltung des NaO mit dem aus dem Glykokoll hervorgegangenen K\u00f6rper verbinden kann.\nIch habe fr\u00fcher1) daraufhingewiesen, da\u00df Salmiak nicht ohne Mithilfe von Natronlauge von Formol zersetzt wird.\nWenn zu einer L\u00f6sung von Salmiak wenig Formalin und nach einiger Zeit Harnstoff und Salzs\u00e4ure zugesetzl wird, so entsteht ein Niederschlag von Formolharnstoff, selbst in einer ges\u00e4ttigten L\u00f6sung von Salmiak oder Ammoniumsulfat. Daraus geht hervor, da\u00df der Formaldehyd nicht imstande ist, Ammoniumchlorid zu zersetzen, sondern auch dazu die Anwesenheit\n*) Diese Zeitschrift, Bd. LXIV, Heft 2, S. 114.","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Einflu\u00df des Harnstoffs nach der Formolmethode. Ill\nvon Lauge erforderlich ist.1) Durch sie wird NH3 abgespalten, welches sich darauf mit Formaldehyd verbindet. Nun ist es mir doch wahrscheinlicher, da\u00df dieses NH3 sich sofort mit dem \\\\. NCH2COOH verbindet, als da\u00df es erst Methylenimin bilden, und da\u00df diese Verbindung nachher wieder zersetzt werden soll. Wenn die Glykokoll\u00f6sung zuerst mit Formol behandelt und neutralisiert wird, so gibt der nachherige Zusatz von. Salmiak dieselbe Acidit\u00e4tserh\u00f6hung, als wenn beide K\u00f6rper von Anfang an anwesend w\u00e4ren. Es findet in diesem Fall die Verbindung CH2NCH2COOH sofort NH3 vor. Ist aber das Salmiak f\u00fcr sich vorbehandelt, so ist nur neben Hexamethylentetramin Methylenimin anwesend und es ist nicht einzusehen, wie der s\u00e9hr gro\u00dfe Unterschied dem vorigen Versuch gegen\u00fcber zu erkl\u00e4ren ist.\nDie Einwirkung des Formaldehyds auf Glykokoll findet statt ohne Mithilfe von Natronlauge. Eine Glykokoll\u00f6sung, welche nach Formalinzusatz einen Verbrauch von 5,1 ccm n!io-NaOH erforderte, wurde versetzt mit 0,5 g Formalin. Nach 10 Minuten wurden 400 mg Harnstoff und 1 ccm Salzs\u00e4ure von HS \u00b0/0 hinzugesetzt. Nach einer Stunde wurde die Salzs\u00e4ure neutralisiert, wieder Formalin zugegeben und titriert. Es war jetzt nur 0,4 ccm n;io-NaOH zur Neutralisation erforderlich. Wenn der Harnstoff sofort zugesetzt und bald anges\u00e4uert wurde, so betrug der Verbrauch 1,5 ccm n, io-NaOH. Es hat im letzteren Versuch der Harnstoff zwar einen Teil des Formaldehyds in Beschlag genommen, aber doch ist mehr als die H\u00e4lfte des Gly-kokolls umgesetzt. Je sp\u00e4ter die L\u00f6sung anges\u00e4uert wird, um so gr\u00f6\u00dfer ist die nachtr\u00e4gliche Acidit\u00e4tszunahme ; diese betrug, wenn Salzs\u00e4ure zugesetzt wurde, nach 10 Minuten ,2,3 ccm, nach 30 Minuten 2,9 ccm n,io-NaOH. Das Formaldehyd verbindet sich also sofort mit dem Glykokoll. Wenn Harnstoff anwesend ist, kann demselben NH2 entnommen werden, nicht aber dem Formolharnstoff, welcher sich ohne Einflu\u00df erwies. Hs hat nun den Anschein, als ob das nicht neutralisierte UH2NCH2COOH denselben Austausch mit dem Harnstoff eingeht, aber langsamer als nach Alkalizusatz.\n') Weitere Versuche ergaben, da\u00df durch Salzs\u00e4ure Hexamethylentetramin zersetzt wird unter Abspaltung von Formaldehyd.","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\nL. de Jager,\nSetzt man sofort Salzs\u00e4ure hinzu, so hat, nachdem sich FormolharnstolT gebildet hat, nachheriger Zusatz von Formalin keinen Einflu\u00df auf die Reaktion.\nNach und nach bildet sich carbaminsaures Natrium. Bei sofortigem Zusatz von Natronlauge ist dieses, wie oben gezeigt ist, ohne Einflu\u00df. Anders aber, wenn Salzs\u00e4ure hinzugesetzt wird. In diesem Fall wird das gebildete Ammoniak nicht zu Hexamethylentetramin, sondern es wird durch HCl abges\u00e4ttigt. Nachdem der Formaldehyd sich mit dem Harnstoff zu Formol-harnstoff verbunden hat, enth\u00e4lt jetzt die L\u00f6sung Salmiak, welches bei der Formoltitrierung eine Aeidit\u00e4tserh\u00f6hung verursacht. Dadurch erkl\u00e4rt sich, warum das Glykokoll sich vollst\u00e4ndig mit Formaldehyd verbunden zu haben scheint, wenn Harnstoff um! Salzs\u00e4ure zu gleicher Zeit zugesetzt werden, w\u00e4hrend die Umsetzung unvollst\u00e4ndig scheint, wenn die L\u00f6sung sp\u00e4ter anges\u00e4uert wird.\nDas Ammoniak kann sich auch mit Formaldehyd zu Hexamethylentetramin verbinden. Doch enth\u00e4lt die L\u00f6sung sehr wenig Formalin, so da\u00df dieses nicht zu geschehen braucht. Aber auch wenn diese Verbindung zustande kommt, bleibt die gegebene Erkl\u00e4rung richtig. Ich versetzte 20 ccm Harn mit 150 mg Urotropin und 1 ccm Salzs\u00e4ure. Nach einigen Stunden war FormolharnstolT niedergeschlagen. Der Harnstoff entzieht demnach unter Mithilfe der Salzs\u00e4ure dem Urotropin Formol, wodurch Ammoniak abgespalten wird, das sich nun mit Salzs\u00e4ure verbindet.1)\nWeiter setzte ich Ammonium zu 0,5 g Formalin hinzu, bis die Farbe stark rot war. Nach 3 oder 10 Minuten wurden 20 ccm Harn und HCl hinzugef\u00fcgt. Nach einigen Stunden hat sich FormolharnstolT abgesetzt. Auch hier ist die anfangs gebildete Verbindung von Ammonium und Formaldehyd in ihren Komponenten zersetzt und die L\u00f6sung enth\u00e4lt jetzt Salmiak.\nIm Harn ist neben Ammoniakverbindungen und Aminos\u00e4uren Harnstoff anwesend. Daher wird hier die nach Formalinzusatz gefundene Acidit\u00e4tszunahme wahrscheinlich die Summe\n*) Nach Neutralisation gibt Formolzusatz eine starke Acidit\u00e4ts- . Zunahme.\t1","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Einflu\u00df des Harnstoffs nach der Formolmethode. 113\nder Acidit\u00e4tszunahmen geben, welche Ammoniakverbindunge\u00bb und Aminos\u00e4uren jede f\u00fcr sich geben w\u00fcrden. Zwar ist diese Zahl etwas zu niedrig, aber weil der Harnstoff auch eine geringe Acidit\u00e4tszunahme aufweist, kann der gefundene Wert als der richtige angenommen werden.\nL\u00f6sungen von Glykokoll oder Salmiak zu Harn hinzugesetzt ergaben richtige Werte; auch wenn zuerst Glykokoll hinzugesetzt und darauf neutralisiert wurde, ergab eine Salmiakl\u00f6sung die richtige Zahl. Zusatz einer Mischung beider K\u00f6rper zeigte aber eine zu geringe Acidit\u00e4tszunahme.\nNach Abzug der Acidit\u00e4tszunahme, welche der Harn f\u00fcr sich ergab, fand ich folgende Werte nach Zusatz einer Gly-kokoll\u00f6sung, welche f\u00fcr sich 3,9 ccm, und einer Salmiakl\u00f6sung, welche 9,2 ccm n io-NaOH erheischten. Zu einer Mischung waren 11,5 ccm erforderlich, die Summe der beiden Acidit\u00e4ten betrug 13,1 ccm nTo-NaOH.\nZugesetzt wurde zu 20 ccm Harn\tDie \u00c0cidit\u00e2tzunahme betrug in ccm \u00bb/io-Na()H\nGlykokoll nach Titration des Harns ....\t3,8\nSalmiak\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t. . . . .\t9,0\nGlykokoll sofort zugesetzt\t\t\t3.9\nSalmiak\t\u00bb\t\u00bb\t\t\t8,9\nGlykokoll nach Neutralisation Salmiak . . .\t13,1\nGlykokoll und Salmiak nach Titration des Harns\t12.\u00f6\nGlykokoll und Salmiak sofort zugesetzt . . \u00bb\t12.0.\nIn einigen Versuchen wurde der Zusatz dem Harn sofort zugegeben, in anderen F\u00e4llen wurde zuerst der Harn nach Formalinzusatz neutralisiert.\nEs ist in diesem Fall der Harnstoffgehalt relativ zu niedrig, soda\u00df, wenn beide K\u00f6rper zugleich hinzugesetzt werden, das Umsetzungsprodukt des Glykokolls nur zum Teil das NH, dem Harnstoff entzieht, zum Teil aber dem Salmiak.\nIn meiner ersten Mitteilung1) habe ich in Tabelle I Zahlen mitgeteilt, aus welchen hervorgeht, da\u00df die Acidit\u00e4tszunahme,\n1) Diese Zeitschrift, Bd. LXII.","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"in\nL. de Jager. \u00dcber den Einflu\u00df des Harnstoffs.\nwelche der Harn nach Formalinzusatz zeigt, nicht, wie zu erwarten war, niedriger, sondern h\u00f6her ist, als der Summe der gesondert bestimmten Ammoniak- und Aminos\u00e4ure entspricht. Damals schien es mir, da\u00df die von mir angegebene Methode zur Bestimmung des Ammoniaks zu hohe Zahlen gibt. Es ist mir nun deutlich geworden, da\u00df dasselbe nicht der Fall ist, sondern da\u00df der Harnstoff diese Differenz verursacht hat.\nDie genannte Methode ist tats\u00e4chlich nicht genau, weil es nicht ganz leicht ist, den Zeitpunkt, w*o alles NH3 zu Tripelphosphat gebunden ist, genau zu bestimmen. Den absoluten Zahlen ist daher nicht viel Wert beizulegen. Es war mir aber aufgefallen, da\u00df ich in einer sp\u00e4teren Versuchsperiode, w\u00e4hrend welcher ich t\u00e4glich 7,5 g Calciumsulfat einnahm, regelm\u00e4\u00dfig eine geringere Acidit\u00e4tszunahme des Harns nach Formalinzusatz fand, als die Summe von NH3 und Aminos\u00e4ure entsprach. Ich habe die Methode seither zur Seite gestellt. Doch ist auch dieses mir jetzt leicht erkl\u00e4rlich, weil an diesen Tagen der Ammoniakgehalt des Harnes stark zugenommen hatte.\nAus den mitgeteilten Versuchen geht hervor, da\u00df die von Henriques und S\u00f6rensen gegebene Erkl\u00e4rung, warum die Formolmethode bei Mischungen von Ammoniak und Aminos\u00e4uren zu niedrige Werte ergibt, die richtige ist. Nur m\u00f6chte ich hinzuf\u00fcgen, da\u00df wahrscheinlich nicht erst Methylenimin anwesend zu sein braucht, sondern da\u00df NH3 und vielleicht auch Ammoniakverbindungen denselben Einflu\u00df haben. Auch andere Aminoverbindungen sind imstande, NH2 gegen OH auszutauschen. Ob dadurch die Reaktion dieselbe bleibt oder eine andere wird, ist nur davon abh\u00e4ngig, wie die Reaktion der dadurch entstandenen Verbindung Phenolphthalein gegen\u00fcber sich erweist. Durch Zusatz von Harnstoff kann die gegenseitige Einwirkung von Ammoniakverbindungen und Aminos\u00e4uren aufgehoben werden. Wahrscheinlich gibt es noch andere K\u00f6rper, welche denselben Einflu\u00df auszu\u00fcben imstande sind.\nDas praktische Ergebnis ist, da\u00df die Methode, beim Harn angewandt, fast richtige Werte gibt.","page":114}],"identifier":"lit18985","issued":"1910","language":"de","pages":"105-114","startpages":"105","title":"\u00dcber den Einflu\u00df des Harnstoffs auf die Bestimmung des Aminos\u00e4uregehalts nach der Formolmethode","type":"Journal Article","volume":"67"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:04:19.050011+00:00"}