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{"created":"2022-01-31T14:02:43.623153+00:00","id":"lit18988","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Tollens, C.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 67: 138-154","fulltext":[{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Glukurons\u00e4ure und \u00c4therschwefels\u00e4uren im menschlichen\nUrine.\nVon\nDr. C. Tollen\u00bb.\n(Aus <lor st\u00e4dtischen Krankenanstalt in Kiel.\nDirigierender Arzt: Prof. Dr. Hoppe-Sey 1er.'\n(Der Redaktion zugegangen am 1. Juni 1910.)\nIm Anschlu\u00df an die Ver\u00f6ffentlichungen von mir in Bd. LXI, S, 95, von Stern und mir in Bd. LXIV, S. 39 dieser Zeitschrift m\u00f6chte ich einige weitere Untersuchungsergebnisse mit-teilen. Diese haben sowohl die unter verschiedenen Di\u00e4tformen und unter pathologischen Verh\u00e4ltnissen ausgeschiedene Menge der Glukurons\u00e4ure im menschlichen Urin zum Gegenst\u00e4nde, als sie sich auch besonders mit dem Mengenverh\u00e4ltnis der Glukurons\u00e4ure zu den gleichzeitig ausgeschiedenen \u00c4therschwefels\u00e4uren befassen. Weiter habe ich versucht, einen Einblick zu gewinnen in die Paarungsverh\u00e4ltnisse des reinen per os gegebenen Phenols und Indols zur Glukurons\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure. Da sich wohl dem Phenol die Kresole, dem Indoxyi das Scatoxyl analog verhalten, habe ich mit diesen Substanzen keine weiteren Versuche angestellt.\nDie Versuchsanordnung, die sich so von selbst ergab, war folgende : Bei M\u00e4nnern mit gesunden inneren Organen, die geringf\u00fcgiger \u00e4u\u00dferer Leiden wegen behandelt wurden, habe ich zun\u00e4chst bei gemischter Nahrung \u2014 einer derben Hausmannskost \u2014 die 24st\u00fcndige Menge der Glukurons\u00e4ure und der \u00c4therschwefels\u00e4uren des Urins bestimmt. Dann wurde mehrere Tage lang eine sehr reichliche Fett-Fleischdi\u00e4t gereicht, da hierdurch bekanntlich infolge vermehrter Eiwei\u00dff\u00e4ulnis und vermehrter Bildung aromatischer Produkte im Darme eine Steigerung, der Athcrschwefels\u00e4ureausscheidung bewirkt wird. Da","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Glukurons\u00e4ure und \u00c4therschwefels\u00e4uren usw. 139\nnun schon im normalen Urin an aromatische F\u00e4ulnisprodukte gebundene Glukurons\u00e4ure neben \u00c4thersehwefels\u00e4ure vorkommt, <o war es m\u00f6glich und auch wahrscheinlich, da\u00df sich auch die Glukurons\u00e4ure vermehrt, wenn infolge vermehrter Eiwei\u00dff\u00e4ulnis im Darm mehr aromatische Sto\u00dfe gebildet werden und in den Urin \u00fcbergehen. Umsomehr konnte man das erwarten, als \u00fcberhaupt nur ein Teil der aromatischen Substanzen in der Bindung an Schwefels\u00e4ure den K\u00f6rper verl\u00e4\u00dft, und als man, wie gesagt, neben der Bindung an GlykokoU und au\u00dfer dem Auftreten aromatischer Oxys\u00e4uren schon l\u00e4ngst die Verkuppelung aromatischer Substanzen mit der Glukurons\u00e4ure kennt. Bau-mann,1) der Entdecker der \u00c4therschwefels\u00e4ure, wies dabei der Glukurons\u00e4ure haupts\u00e4chlich die Aufgabe zu, erst bei Ersch\u00f6pfung der paarungsf\u00e4higen Schwefels\u00e4ure die Ent-, giftung aromatischer Zersetzungsprodukte resp. eingef\u00fchrter Gifte durch Paarung mit ihnen vorzunehmen. Sp\u00e4tere Untersuchungen von Falck2) und Salkowski3) wiesen aber auch eine gleichzeitige Paarung aromatischer Substanzen mit Glukurons\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure nach. Falck nimmt, gest\u00fctzt auf seine Experimente beim Hunde, an, da\u00df selbst dann, wenn recht kleine Mengen Phenol in das Blut und zu den Geweben gelangen, wie es schon normal infolge der Darmf\u00e4ulnis geschieht, stets ein Teil, bis \u00fcber 30\u00b0,o, in gepaarte Glukuron-s\u00e4uren umgewandelt wird. Salkowski betont gelegentlich seiner Untersuchungen \u00fcber den Stoffwechsel der Herbivoren die gleichzeitige, nebeneinander verlaufende Bildung von gepaarten Glukurons\u00e4uren und \u00c4therschwefels\u00e4uren.\nNachdem eine Reihe von Versuchen Klarheit in die Ausscheidungsverh\u00e4ltnisse dieser Substanzen bei Fleisch- und Fettkost geschaffen hatte, habe ich dann versucht, durch vorwiegende und auch durch reine Milchkost eine Beschr\u00e4nkung der F\u00e4ulnisprozesse im Darme und dementsprechend eine Herabsetzung der im Urin ausgeschiedenen \u00c4therschwefels\u00e4uren\n*) Baumann, u. a. s. Diese Zeitschrift, Bd. HI(1879). und Pfl\u00fcgers Archiv f. Physiol., Bd. XIII.\n*) Falck, M\u00fcnch, med. Wochertschr, 1002, S. 1489.\n3) E. Salkowski, Diese Zeitschrift, Bd. XL1I, S. 280 (11)01).\nTo*","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"1.40\nC. Tollens,\nherbeizuf\u00fchren, um zu sehen, ob diesem Absinken der \u00c4therschwefels\u00e4uren ein Absinken der Glukurons\u00e4uren parallel gehe.* 1)\nEinige wenige Versuche mit per os gegebenem reinen Indol und Phenol erwiesen sich dann noch als erforderlich zur Klarstellung der Frage, ob und wie sich diese K\u00f6rper vorzugsweise mit Gluk\u00fcrons\u00e4ure oder mit Schwefels\u00e4ure paarten.2 3 4 5 6 7 8 9)\nZun\u00e4chst lasse ich meine Untersuchungen in Tabellenform folgen :\nAus der Tabelle 1 geht zun\u00e4chst hervor, da\u00df bei dem Untersuchten das Verh\u00e4ltnis der Glukurons\u00e4ure zur \u00c4therschwefels\u00e4ure sich in der N\u00e4he von 2 : 1 h\u00e4lt. Nachdem in den oben mitgeteilten Arbeiten mit meiner Methode eine Tagesmenge von\n\u2018) \u00dcber den Einflu\u00df der Di\u00e4t auf die Darmf\u00e4ulnis und Ausscheidung ihrer aromatischen Produkte im Urin siehe unter anderen die Arbeiten:\n1.\tAlbu, Deutsche med. Wochenschr., 1887.\n2.\tRau mann, Diese Zeitschrift, Bd. X, S. 123 (1886).\n3.\tBienstock, Zeitschrift f. klin. Med., Bd. VIII.\n4.\tBiernacki, Arch. f. klin. Med. Bd. XL1X, 1892.\n5.\tBlumenthal, Virchows Archiv, Bd. CXLVI.\n0.\tHirschi er, Diese Zeitschrift, Bd. X, S. 306 (1886).\n7.\t(\u00bb. Hoppe-Seyler, Diese Zeitschrift, Bd. XII, S. 1 (1888).\n8.\tv. Moraczewski, Zentralbl. f. innere Med. (1909), Nr. 49.\nArchiv f. Verdauungskrankheiten, Bd. XIV, H. 4.\n9.\tFr. M\u00fcller, v. Leydens Handbuch der Ern\u00e4hrungstherapie.\n1903, 2. Aull.\n10.\tPoehl, Malys Jahresbericht, 1897.\n11.\tRovighi, Diese Zeitschrift, Bd.rXVI, S. 20 (1891).\n12.\tD. Gerhard, \u00dcber Darmf\u00e4ulnis, Sammelreferat, Ergebnisse der\nPhysiologie, 3. Jg., 1. Abt.\n13.\tv. Noorden, Handbuch der Pathologie des Stoffwechsels.\nVgl. dazu die Arbeiten :\n1.\tAustin, S a lkowski-Festschrift, Berlin 1904, S. 53.\n2.\tB\u00e9la v. Fenyvessy, Malys Jahresb. f. Tierchem., Bd. XXXV,\nS. 726 (1905).\n3.\tBlumenthal, Bio\u00e7h. Zeitschr., Bd. I, S. 135 (1906).\n4.\tFalck, s. o.\n5.\tP. Grosser, Diese Zeitschrift, Bd. XLIV.\n6.\tJaff\u00e9, Zentralbl. f. d. med. Wissensch., Bd. I, S. 2 (1872).\n7.\tK\u00fclz, Arch. f. d. ges. Physiologie, Bd. XXX, S. 485 (1883).\n8.\tMasson, Arch, de Physiol, norm, et path. (1874), Nr. 21, S. 760.\n9.\tE. Wang, Diese Zeitschrift, Bd. XXVIII, S. 557.","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Glukurons\u00e4ure und \u00c4therschwefels\u00e4uren usw. <\t14-1\nTabelle I. J. (Unterschenl^eigeschw\u00fcr).\nTag \u25a0\u25a0\t\u25a0; Glukuron- s\u00e4ure\t\u00c4ther- schwefel- s\u00e4ure\tVer- h\u00e4lt- nis\t\tDi\u00e4t\t\tDur Iilukuron- s\u00e4ure\tchschnitt \u00c4ther- schwefel- s\u00e4ure\tVer- h\u00e4lt- nis\n1\t0.2730\t0,162\t1.7:\t1\tGemischt\t\t!\t\t\n2\t0,5148\t0.233\t2,2:\ti\t\u00bb\t\t0,3939 (\t\u00ce\t0,198\t2:1\n3\t0,6336\t0,189\t3,4:\t1\tFleisch\u2014\t-Fett\t\t\t\n4\t0,5400\t0,252\t2,1:\t1,\t\u00bb\t9\tv>; \u25a0Av./'l\t\t\n5\t0,5996\t0,310\t2.0\t1\t\u2022 \u00bb\t\u00bb\t.\t\t\n6\t0,4236\t0.260\ti.\u00ab\t1\tJ>\t\u00bb\t0,5478\t0,277\t2:1\nn t\t0,6532\t0,260\t2.5\t1\t\u00bb\t\u00bb\tV\t: \u2022 \u2022 \u2022 \u2019 '\t\n8\t0,3888\t0,190\t2,0\t1\t*\t>\t\t\t\n9\t0,4368\t0,231\t1,9\t1\tMilch \u2014\tBrot\t\t\t\n10\t0,3948\t0.203\t2,0\t1\t\u00bb\t\u00bb\t\t\t\n11\t0,4050\t0,151\t2,7\t.1\t9\t\u00bb\t0,4792\t0.210\t2,3 :\n12\t0,4922\t0.192\t2,6\t1\t\t\u00bb\t\t- . \u2022 \u25a0 \u2022 \u2022\t\n13\t0,5670\t0,273\t2,1\t1\t\u00bb\t\u00bb\t\t; : / v :\u2022 / \u25a0\t\n0,3\u20140,4 g Glukurons\u00e4ure im menschlichen Harn als meist vorhanden festgestellt war, konnte man von vornherein bei den allgemein angenommenen Normalwerten von 0,12\u20140,25 g \u00c4therschwefels\u00e4uren im Tagesurin ein mittleres Verh\u00e4ltnis von etwa 2 : 1 erwarten. Das Untersuchungsresultat entspricht also der theoretischen Annahme; allerdings handelt es sich hier um Mittelzahlen aus den untereinander etwas schwankenden Tageswerten. Man wird sich \u00fcberhaupt \u00fcber ein starkes Schwanken dieses Verh\u00e4ltnisses nicht wundern d\u00fcrfen, weil der W.ert der \u00c4therschwefels\u00e4uren schon normalerweise recht schwankt, w\u00e4hrend der der Glukurons\u00e4ure im allgemeinen allerdings gleichm\u00e4\u00dfiger ist, aber doch auch Schwankungen unterliegt.\nBei der Fleisch-Fettdi\u00e4t, die etwa 250 g Eiwei\u00df, 240 g Fett enthielt, stiegen die Glukurons\u00e4ure und zugleich damit die \u00c4therschwefels\u00e4uren an. Bedeutend ist allerdings weder die Steigerung der Glukurons\u00e4ure, noch die der \u00c4therschwefels\u00e4uren, immerhin \u00fcbersteigen die Werte sowohl die Normalzahlen wie auch die bei gemischter Kost bei demselben Manne unmittelbar vorher erhaltenen merklich.","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nC. Tollens,\nFett-Fleischdi\u00e4t steigert also gleichzeitig sowohl die Gluk\u00fcrons\u00e4ure als auch die \u00c4therschwefels\u00e4uren des Urins. Ohne Zweifel ist die gemeinsame Ursache die Vermehrung der Darmf\u00e4ulnis, deren in den Kreislauf gelangende Produkte gleichzeitig Glukurons\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure zur Paarung heranziehen.\nDie Verminderung der Glukurons\u00e4ure und der \u00c4therschwefels\u00e4uren durch Milch-Brotkost \u2014 1,5 1 s\u00fc\u00dfe Milch, 1 1 Sauermilch, 300 g Brot \u2014 gelang in diesem Falle nicht gut. Zwar sank die Menge der Glukurons\u00e4ure und der \u00c4therschwefel-s\u00e4uren wieder ab bis ann\u00e4hernd zur Norm. Weiter herunter lie\u00dfen sich aber die Werte durch die 5t\u00e4gige Milch-Brotnahrung nicht dr\u00fccken.\nTabelle II. G. (Unterschenkelgeschw\u00fcr). Indolversuch.\nTag ; :\u2022\tOlukuron- s\u00e4uro\t\u00c4ther- schwefel* s\u00e4uren\tVer- j h\u00e4lt-nis\tDi\u00e4t\tDurchschnitt Glukuron-I \u00c4ther-..\tschwefel- sa re , s\u00e4uren\t\tVer- h\u00e4lt- nis\n1\t0,5607\t0,277\t2,0:1 j Sehr reichlich\t\t\t\t\n2\t0.5880\t0,203\t2.8:1 Fleisch und Fett\t\t0,5905\t0,257\t2,3:1\n3\t0,8228\t0,291\t2.1:1\t> \u00bb >\t\t\t\n1\t0,5710\t0,352\t1.6 : Tdo. +0,2 Indol\t\t0,5746 !\t0,352 !\t1,6:1 !\n5\t0.5118\t0,232\t2,2:1\tFleisch \u2014 Fett\t0,5148\t0,232\t<yf\n0\t0,1370\t0.218\t2,0:1\tV* 1 Milch\t\t\tv ' \u2022\u2022\u2022\n\t\t\tFV*.t \u2022 J\t+ 2 Semmel\t0,4480\t0,233\t1,9:1\n7\t0,4590\t0.248\t1,9:1 j\t+ Gem\u00fcse\t\t...; ;\u2022\ti *. \u2018\t:\n8\t0,4272\t0.334\t1.3:1\tdo. + 0.2 Indol\t0,4272\t0,334\t1.3:1!\n9\t0,5130\t\t0,251\t.2,0 : ljGem\u00fcse+Milch\t\t0,5130\t0,251\t2.0:1 l .\nDie Versuchsanordnung erfuhr bei diesem Versuche gegen\u00fcber der von Versuch 1 eine wichtige Erweiterung, indem am 4. und 8. Tage je 0,2 g reinen Indols per os gegeben wurden. Diese Menge wird vom Menschen anstandslos ohne irgend welche krankhaften Erscheinungen vertragen und d\u00fcrfte, glaube ich, leicht auf 0,5 g erh\u00f6ht werden. Wang1) beobachtete bei einer\n'\u2022) Wang, s. oben.","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Uber Glukurons\u00e4ure und \u00c4therschwefeis\u00e4uren usw. 148\nH\u00fcndin von mittlerer Gr\u00f6\u00dfe erst bei 1 g Zeichen von Nierenreizung. Die Milch-Brotkost des ersten Versuches wurde hier durch eine eiwei\u00dfarme ersetzt \u2014 xh 1 Milch und gr\u00fcne Gem\u00fcse \u2014, um ein eventuell bestehendes, direktes Abh\u00e4ngigkeits-Verh\u00e4ltnis der Glukurons\u00e4ure im Urin vom Eiwrei\u00dfbestand der Nahrung erkennen zu k\u00f6nnen.\nMan sieht, da\u00df das durchschnittliche Verh\u00e4ltnis der Glukurons\u00e4ure zur \u00c4therschwefels\u00e4ure sich dem des vorigen Versuches n\u00e4hert. Wiederum l\u00e4\u00dft die reichliche Fleisch-Fettdi\u00e4t die Glukurons\u00e4ure und die \u00c4therschwefels\u00e4uren gleichzeitig an-steigen, wenn auch in geringem Ma\u00dfe. Unter der Wirkung einer eiwei\u00dfarmen Kost sinkt die Glukurons\u00e4ure ein wenig, die \u00c4therschwefels\u00e4ure nimmt kaum ab. Eine sehr wesentliche Verringerung der Darmf\u00e4ulnis l\u00e4\u00dft sich also auch hier nicht erzielen, soweit man aus der Glukurons\u00e4ure und \u00c4therschwefel-s\u00e4ure des Urins schlie\u00dfen darf. Ein Abh\u00e4ngigkeitsverh\u00e4ltnis der Glukurons\u00e4ure vom Eiwei\u00dfbestande der Nahrung scheint nicht zu bestehen, denn sonst m\u00fc\u00dfte sicher bei dem geringen Eiwei\u00dfgehalt der Nahrung von etwa 40 g t\u00e4glich der Glukurohs\u00e4ure-vvert weit tiefer gesunken sein. Damit ist nat\u00fcrlich ein Einblick in einen eventuell vorhandenen Zusammenhang der ausge-schiedenen Glukurons\u00e4uremenge zum Gesamteiwei\u00dfumsatz im K\u00f6rper nicht gewonnen. Ein Vergleich zwischen Stickstoffaus-scheidung und Glukurons\u00e4uremenge w\u00fcrde hier wohl ausschlaggebend sein.\nSehr bemerkenswert ist nun das Verhalten der 0,2 g Indol. Der in den n\u00e4chsten 24 Stunden ausgeschiedene Urin wies nat\u00fcrlich alle Merkmale des stark indoxylhaltigen Harns auf. Die Obermayersche Reaktion fiel sehr stark positiv aus. Die Schwefels\u00e4ureniederschl\u00e4ge waren direkt blaurot gef\u00e4rbt. Die \u00c4therschwefels\u00e4uren wareu nun auch, wie zu erwarten, auf die Indoleingabe stark vermehrt, bis auf 0,352 und 0,334 g. Dagegen stieg die Glukurons\u00e4uremenge nicht, d. h. das Itfdol paarte sich in \u00fcberwiegendem Ma\u00dfe mit der Schwefels\u00e4ure, nicht mit der Glukurons\u00e4ure. F\u00fcr diese kleinen, von mir verwendeten Indolmengen also hat die Baumannsche Ansicht recht, da\u00df in erster Linie die Schwefel-","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\tC. Tollens,\ns\u00e4ure zur Paarung mit den F\u00e4ulnisprodukten des Darms herangezogen werde.\nDie naheliegende Schlu\u00dffolgerung war anderseits, da\u00df die Glukurons\u00e4ure, da sie ja doch nach Tabelle 1 und 2 bei steigender Darmf\u00e4ulnis parallel den \u00c4therschwefels\u00e4uren im Urin ansteigt, wenn nicht vom Indol, ihrerseits nun vorzugsweise von Phenolen zur Paarung herangezogen werde. Zur Kl\u00e4rung dieser Frage gab ich im n\u00e4chsten Falle erst Phenol, dann Indol in Substanz.\nTabelle III. D. (Hallux valgus \u2014 operiert).\nIndol- und Phenol versuch.\n\tGlu-\t\u00c4ther-\tVer-\t\tDurchschnitt\t\t\nTag\tkuron- s\u00e4ure\tSchwefel- s\u00e4uren\th\u00e4lt- nis\tDi\u00e4t\tGlukuron- s\u00e4ure\t\u00c4ther- schwefel- s\u00e4uren\tVer- h\u00e4lt- nis\n1\t0,8528\t0,155\t2,2:1\tGemischt\t0,3528\t0,155\t2.2: 1\n2\t0,3840\t0,135\t2,9:1\t21 Milch. Stuhl 0\t\t\t\n3 4\t0,3699 0,3000\t0,191 0,100\t1,9:1 3,0:1\t(j0i Seifeneinlauf und Ricinus-* \u00f6l. Stuhl fest\t0,3179 i\t0,142\t2,3:1\n5\t0,5000\t0,150\t3,3:1\t* -j-Phenol 0,25\t0,5000!\t0,150!\t3,3: 1\n\u00df\t0,3225\t0,281\t1,15:1\t\u00bb -f- Indol 0,25\t0.3225\t0,281\t1,15:1\ni\tt\ti\t\" t\nDie Untersuchung des Falles gl\u00fcckte insofern nicht gut. als bei D. die Milchkost eine sehr hartn\u00e4ckige Verstopfung nach sich zog, so da\u00df sich auch mit Hilfe energischer Pur-gantien und von Einl\u00e4ufen kein ausreichender und regelm\u00e4\u00dfiger Stuhl erzeugen lie\u00df.\nMan sieht aber doch wieder, wie der der gemischten Di\u00e4t entsprechende Normalwert von 0,35 g Glukurons\u00e4ure durch die Milchkost etwas herabgedr\u00fcckt wird. Gleichzeitig sinken, wrenn auch im Durchschnitt nicht viel, die \u00c4therschwrefels\u00e4uren ab. Bei beiden Di\u00e4tformen das \u00fcbliche Verh\u00e4ltnis von Glukurons\u00e4ure zu \u00c4therschwefels\u00e4uren von ungef\u00e4hr 2:1.\nAuf 0,25 g Phenol am 5. Tage erfolgt nun eine sehr deutliche Steigerung der Glukurons\u00e4ure von 0,3 auf 0,5 g neben einer verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig geringeren der \u00c4therschwefels\u00e4uren von 0,1 auf 0,15 g.","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Glukurons\u00e4ure und \u00c4therschwefels\u00e4uren usw. 145\n0,25 g Indol am n\u00e4chsten Tage bewirkte dagegen ganz analog dem Fall II ausschlie\u00dflich eine Steigerung der \u00c4therschwefels\u00e4uren mit entsprechender Verschiebung der Verh\u00e4ltniszahlen auf 1,15 : 1.\nD. h. also, in diesem Falle hat sich die eingef\u00fchrte kleine Phenolmenge vorzugsweise der Glukurons\u00e4ure, das Indol vorzugsweise der Schwefels\u00e4ure angelagert. Und ich glaube, da\u00df sich in dieser Form der Satz verallgemeinern l\u00e4\u00dft. Ich sage dabei absichtlich \u00abvorzugsweise\u00bb, nicht ausschlie\u00dflich, denn es gibt im Harn Indoxylglukurons\u00e4ure. Erstens ist von Hoppe-Seyler1) im Kaninchenharn nach Eingabe einer indoxyl-bildenden Substanz, \u2014 Orthonitrophenvlpropiols\u00e4ure \u2014 von Wang2) und anderen nach Gaben von reinem Indol im Hundeharn polarimetrisch das Auftreten eines linksdrehenden K\u00f6rpers festgestellt worden, der der Sachlage nach als Indoxylglukurons\u00e4ure angesprochen werden mu\u00dfte. Zweitens ist sie von P. Mayer und C. Neuberg3) aus dem menschlichen Urin isoliert und als solche identifiziert worden. Anderseits ist die Vermehrung der \u00c4therschwefels\u00e4uren, die auch bei meinen Versuchen zwar unbedeutend, aber doch vorhanden war, eine fesjgestellte Tatsache nach Phenoleingabe. In Vergiftungsf\u00e4llen kann sogar alle verf\u00fcgbare Schwefels\u00e4ure zur Bindung von Phenolen herangezogen werden, soda\u00df die Sulfatschwefels\u00e4ure aus dem Harne verschwindet.4)\nEin \u00dcberblick \u00fcber die drei Tabellen f\u00fchrt nun zu der Annahme, da\u00df bei den drei untersuchten Personen Phenol und Indol in ziemlich konstantem Verh\u00e4ltnis gebildet wurde. Denn so erkl\u00e4rt sich ungezwungen das gleichzeitige Steigen und Sinken von Glukurons\u00e4ure und \u00c4therschwefels\u00e4uren unter der obigen Voraussetzung, da\u00df Phenol sich vorzugsweise mit Glukurons\u00e4ure, Indol mit Schwefels\u00e4ure binde.\nDie Schwankungen in der Ausscheidung von Glukuron-\u201d\u201d\u201d * ' . \u2022\n\u2022) Hoppe-Seyler, Diese Zeitschrift, Bd. VII, S. 425 (1883).\n*) Wang, s. o.\n3)\tP. Mayer und C. Neuberg, Diese Zeitschrift, Bd. XXIX, S. 256\n(1900).\n4)\tWohlgemuth, Berl. klin. Wochenschr., 1906, Nr. 17, u\u2019 a. m.","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nC. Tollens,\ns\u00e4ure und von \u00c4therschwefels\u00e4ure, wie sie im normalen Zustand verkommen, erkl\u00e4ren sich dann wohl aus einer nicht ganz gleichm\u00e4\u00dfigen Zerlegung des Eiwei\u00dfes bald unter mehr Bildung von Phenol (aus Tyrosin), bald unter reichlicherer Bildung von Indol (aus Tryptophan).\nIch m\u00f6chte das Mengenverh\u00e4ltnis beider Substanzen zu einander, ungef\u00e4hr von 2:1, wie es in diesen F\u00e4llen war, als das h\u00e4ufigere, normale ansehen. Es gibt aber auch starke Abweichungen davon. Ich konnte n\u00e4mlich 2 F\u00e4lle untersuchen, bei denen das Verh\u00e4ltnis von Glukurons\u00e4ure zu \u00c4therschwefels\u00e4uren in ganz auff\u00e4lliger Weise zugunsten der Glukurons\u00e4ure abwich. Ich fand diese beiden F\u00e4lle beim Suchen nach Personen mit niedriger \u00c4therschwefels\u00e4ureausscheidung, die ich am schwachen oder negativen Ausfall der Indoxylreaktion nach Obermayer zu erkennen suchte. \u2022\nIch lasse die Tabellen der Untersuchungsresultate folgen.\nTabelle IV. 0. (Unterschenkelgesehw\u00fcr).\n' Glu-\t\u00c4ther-\tOber-\tVer-\t\tDurchschni!\tt\nkuron-\tschwcfel*\tmayersche\th\u00e4lt-\tDi\u00e4t\tGlu- I \u00c4ther-\tVer-\ns\u00e4ure !\ts\u00e4uren\tReaktion\tnis *:\t\tkuron-j'schwefel* s\u00e4ure \\ s\u00e4uren\th\u00e4lt- nis\n1\t0,5400\n2\tj 0,6120\n3\t10,4536\n4\t! 0.3276 0,4386 0,3950\n7\ti 0,4500\n8\tj 0,3600\n9\t! 0.5364 io ! \u00b0i507Bi\n0,131\n0,140\n0,206\n0,074\n0,102\n0,081\n0,172\n0,064\n0,054\n0,242\n+\n+ sehr schwach\n+v\nsehr\nschwach\n+\n+\n-{-schwach + >\n4,0: 4,4: 2,2 4,4: 4,3: 4,3 2,7 : 5,6 : 10,0: 2.1\nGemischt\n1 1 s\u00fc\u00dfe 1 1 saure Milch mit\nreichlich Zucker und Brot pro Tag\nGemischt\n0,5760 0,1350\n0,4077\n0,5220\n0,117\n0,148\n4,2:1\n3,5:1\n3,5:1\nVon vornherein zeichnet sich der Fall vor den drei angef\u00fchrten aus durch das \u00dcberwiegen der Glukurons\u00e4ure \u00fcber die \u00c4therschwefels\u00e4uren. Denn das Verh\u00e4ltnis betr\u00e4gt nicht wie bisher 2 1, sondern 4:1. Die Menge der \u00c4therschwefel-","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Glukurons\u00e4ure und \u00c4therschwefels\u00e4uren usw. 147\ns\u00e4ure ist dabei h\u00f6chstens eine mittlere. Die Glukurohs\u00e4ure-menge aber \u00fcbersteigt mit 0,54\u20140,60 g bei gemischter Di\u00e4t die mittlere von 0,35 g bedeutend. Dabei fielen die Indoxyl-reaktionen zum Teil sehr schwach, zum Teil negativ aus. Man wird also, wenn man nur die \u00c4therschwefels\u00e4uren ber\u00fccksichtigen wollte, geneigt sein, eine nur geringe Darmf\u00e4ulnis anzunehmen, w\u00e4hrend in Wirklichkeit wohl eine bedeutende vorhanden ist. Nur sind nicht Indoxyl und indoxvlbildende Substanzen die Hauptf\u00e4ulnisprodukte, sondern Phenole, die sich in erster Linie an die Glukurons\u00e4ure legen, so ihre Mehrausscheidung bewirkend. Eine zweite Deutung ist in diesem Falle allerdings auch noch m\u00f6glich mit Ber\u00fccksichtigung des Umstandes, da\u00df trotz der fiiulniswidrigen Milchdi\u00e4t der Glukurons\u00e4urewert immer relativ hoch bleibt. Man kann daran denken, da\u00df die Glukurons\u00e4ure in diesem Falle zum Teil an andere Substanzen gebunden ist, die mit der Darmf\u00e4ulnis nichts zu tun haben und sonst irgendwo im Stoffwechsel entstehen, vielleicht auch, da\u00df eine unvollkommene Zuckerverbrennung im Sinne P. Mayers1) vorliegt. Aliment\u00e4re Glukosurie lie\u00df sich bei dem Manne nicht erzeugen.\nDas starke \u00dcberwiegen der Glukurons\u00e4ure wird hier auch beibehalten, wenn unter Milch-Brotdi\u00e4t die gewohnte leichte Verminderung der Glukurons\u00e4ure und die auch hier noch etwas unbedeutendere Herabsetzung der \u00c4therschwefels\u00e4uren eintritt. Da\u00df die Milchdi\u00e4t die Verminderung verursacht, geht wohl sicher aus dem Wiederanstieg von \u00c4therschwefels\u00e4ure und Glukurons\u00e4ure am 9. und 10. Tage hervor, wo gemischte, fleisch- und fetthaltige Nahrung gereicht wurde. Auch hier stellte sich \u00fcbrigens als Folge der Milch-Brotdi\u00e4t eine \u00e4u\u00dferst unangenehme, st\u00f6rende Verstopfung ein.\nIch lasse nun noch einen zweiten, ganz analogen Fall folgen, der als Erweiterung des Versuches, so wie Fall 3, Indol und Phenol per os bekam. Au\u00dferdem ist er der einzige, bei dem es gelang, durch Milchdi\u00e4t ein ausgesprochenes Absinken der Glukurons\u00e4ure, dagegen nicht der \u00c4therschwefels\u00e4uren zu erzielen.\n*) P. Mayer, Deutsch, med. Wissensch., 1\u2018JOl, Nr. I\u00df u. 17.","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nH. Toi lens.\nTabelle V. K. (Knieverletzung). Indol- und Phenolversuch.\n\tGlu-\tA liier-\tOber-! ver-\t\tDurchschnitt\t\t\nTag ' V \u2022\u2022\tkuron-\tSchwefel-\tmayor-; sehe h\u00e4lt-\tDi\u00e4t\tGlu-\t\u00c4ther-\tVer-\n\t\t- ' s\u00e4uren\tRe- 1\t\tkuron-\tSchwefel-\th\u00e4lt-\n\ts\u00e4ure\t\taktion 1]is\t\ts\u00e4ure\ts\u00e4uren\tnis\n1\t.0,6720\t0.178\t- j3,8:1\tGemischt\t0,7401\t0,150\t4,7:1\n2\t0,8082\t0,140\t%\u2022 5,8:1\t\u00bb\t\t\t\n3\t0,4200\t0,100\t- '2.0:1\t11 s\u00fc\u00dfe, 11 saure\t0,3402\t0,100\t2,1:1\n\u25a0\t\t\t'\t\t\t\t\n4\t0,2<\u00bb04\t0.105\t- '.6^\tMilch\t\t\t\n5\t0,3000\t0,331\t1+4* + 1,2:1\tdo.+0,25 Indol\t0,3000\t0.331\t1.2:1\n6\t0.0510\t0,204\t1 +\t3,2:1 r.\t1 .\tdo.-f-0,25 Phenol\t0,0510\t0,204\t3 2 \u2022 1 1\nAuch bei diesem Falle mu\u00df der Indoxylgehalt des Harns nach dem negativen Ausfall der Oberm a versehen Reaktion sehr gering sein. Dabei erreicht die Tagesmenge der Glukurons\u00e4ure au\u00dferordentlich hohe Werte, die mit 0,7 und 0,8 g bei gemischter Di\u00e4t das Doppelte des Normalen erreichen, w\u00e4hrend die \u00c4therschwefels\u00e4uremenge knapp eine mittlere ist.\nBesonders bemerkenswert ist nun hier, wie schon erw\u00e4hnt, da\u00df der Milchgenu\u00df ein betr\u00e4chtliches Absinken der Glukuron-s\u00e4ure von 0,8 auf 0,26 g nach sich zog. Dagegen sanken die \u00c4therschwefels\u00e4uren nicht ab, ein Verhalten, das eigent\u00fcmlich erscheint. Wahrscheinlich war hier der Paarling der \u00c4therschwefels\u00e4ure, nach dem negativen Ausfall der Obermay ersehen Reaktion, nur zum kleinsten Teile Indoxyl.\nGanz wie in den vorherigen. F\u00e4llen war hier die Indolverabreichung von einer betr\u00e4chtlichen Steigerung der \u00c4therschwefels\u00e4uren, die Phenolverabreichung von einer betr\u00e4chtlichen Steigerung der Glukurons\u00e4ure gefolgt. Die entsprechende Steigerung der \u00c4therschwefels\u00e4uren auf Phenol ist verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig gering, die der Glukurons\u00e4uren auf Indol ebenfalls und liegt sogar vielleicht noch im Rahmen des Zuf\u00e4lligen, also vom Indol unabh\u00e4ngigen.\nAn diese Neigung des Indols, sich vorzugsweise mit der Schwefels\u00e4ure zu verbinden und nicht mit der Glukurons\u00e4ure,","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Glukurons\u00e4ure und \u00c4therschwefels\u00e4uren usw. 149\nlie\u00df sich von vornherein aus folgender \u00dcberlegung heraus denken: Ich bestimme die mit Bleiessig und einigen Tropfen Ammoniak ausgef\u00e4llte Glukurons\u00e4ure. Es enthalten aber anscheinend im allgemeinen die Bleisalzf\u00e4llungen aus menschlichen Urinen sehr wenig oder kein Indoxyl. Jedenfalls gilt dies f\u00fcr die mit Bleiacetat aus saurem Urin gewonnenen Niederschl\u00e4ge. Denn bei verschiedenen quantitativen Bestimmungsmethoden \u2014 der von Wang,1) Obermayer,2) Ellinger3) \u2014 wird der Urin zuerst mit Bleiacetat gekl\u00e4rt, der Niederschlag aber nicht weiter ber\u00fccksichtigt, da er praktisch frei von Indoxyl ist. Dagegen lassen sich die Verbindungen der Glukurons\u00e4ure im Harne mit Bleisalzen ausf\u00e4llen. Porcher und Heryieux4) behaupten auch, da\u00df sich im Harne von Pflanzenfressern (z. B. beim Pferd) Indol nicht mit Glukurons\u00e4ure verbinde, da man kein Indol linde in der Bleisalzf\u00e4llung \u2014 P. u. H. verwandten Bleisubacetat! \u2014, die alle Glukurons\u00e4ure und jene Substanzen enthalten mu\u00df, die sich mit ihr gepaart haben.\nDemgegen\u00fcber fand Austin5) im Bleiniederschlage aus menschlichem Urine \u2014 mit Bleisubacetat -j- einigen Tropfen Ammoniak \u2014 etwas Indoxyl, das hier nur mit Glukurons\u00e4ure verbunden sein konnte. Austin kommt sogar zu der Ansicht, da\u00df die aromatischen Produkte der Darmf\u00e4ulnis eine gr\u00f6\u00dfere Verwandtschaft zur Glukurons\u00e4ure haben, als zur Schwefels\u00e4ure, und da\u00df sie durch Glukurons\u00e4ure eher ges\u00e4ttigt werden als durch Schwefels\u00e4ure.\nMit dieser k\u00fcnstlichen Beeinflussung der Ausscheidung von Glukurons\u00e4ure und \u00c4therschwefels\u00e4ure w\u00e4re nun die Ausscheidung beider Substanzen in pathologischen menschlichen Urinen zu vergleichen.\n\u00bb) Wang, Diese Zeitschrift, Bd. XXV, S. 406 (1898); Bd. XXVII, S. 135 (1899).\n*) Obermayer, Wien. kl. Rundschau, 1898, Nr. 34.\nDiese Zeitschrift, Bd. XXVI, S. 427 (1899).\n:\u2018) Ellinger. Diese Zeitschrift, Bd. XXXVIII, S. 178 (1903).\n4) P o r c h e r. u. H e rv i e u x, Diese Zeitschrift, Bd. XXXIX, S. 147 (1904).\n6) Salkowski- Festschrift, Berlin 1904, S. 53.","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\n(\u2019.. Tollens.\nMan findet fast regelm\u00e4\u00dfig eine sehr starke Indoxylreaktion in F\u00e4llen von Enteritis und Peritonitis tuberculosa. Nach dem vorhergehenden wird man sicher eine entsprechende Vermehrung der \u00c4therschwefels\u00e4uren zu erwarten haben. Ob eine Vermehrung der Glukurons\u00e4ure vorhanden ist, w\u00fcrde weniger vom Indoxyl als von anderen aromatischen Darmf\u00e4ulnisprodukten, Phenolen in erster Linie, abh\u00e4ngen. Ich untersuchte daraufhin den Harn eines solchen Kranken, der an sehr fortgeschrittenen tuberkul\u00f6sen Ver\u00e4nderungen litt. Der Urin f\u00e4rbte sich beim Stehen an der Luft von selbst schw\u00e4rzlich-gr\u00fcn und gab intensiv s\u00e4mtliche Indoxylreaktionen. Die erhaltenen Werte sind folgende:\nTag \u00c4therschwefels\u00e4ure Glukurons\u00e4ure\n1\t0.H055 g\t0,4-f\u00f62 g\n2\t0,3073 \u00bb\t0.7722 \u00bb\nBez\u00fcglich der \u00c4therschwefels\u00e4uren entspricht die Feststellung ihrer Vermehrung der Voraussetzung. Diejenigen aromatischen Stoffe der Darmf\u00e4ulnis dagegen, die die gr\u00f6\u00dfere Neigung zur Glukurons\u00e4urepaarung haben, scheinen hier in wechselnder Menge zu entstehen, weil die Glukurons\u00e4ure am ersten Tage der normalen, am zweiten einen weit h\u00f6heren Wert hat. Ihr Verhalten hier kann, wenn man aus einem Falle etwas ersehen darf, insofern auffallend erscheinen, als wir bisher in allen unseren diesbez\u00fcglichen Arbeiten beim gesunden Menschen eine gr\u00f6\u00dfere Gleichm\u00e4\u00dfigkeit der fortlaufenden Tagesmengen der Glukurons\u00e4uren fanden (vgl. auch S. 141). Im allgemeinen wird man ja eine gleichzeitige und gleichm\u00e4\u00dfige Vermehrung der \u00c4therschwefels\u00e4uren und der Glukurons\u00e4ure in F\u00e4llen pathologischer Darmf\u00e4ulnis erwarten.\nFerner geh\u00f6ren hierher zwei F\u00e4lle von Lysolvergiftung, deren einen ich selbst untersuchen konnte, w\u00e4hrend ich die Werte des zweiten Herrn Dr. Stern verdanke. Der Urin des ersten schweren Vergiftungsfalles konnte vom Augenblick der Vergiftung an aufgefangen werden. Der zweite Fall wurde erst 7 Stunden nach der Vergiftung eingeliefert; in der Blase befand sich bei der Aufnahme 1 1 Urin, es ist also die Wahrscheinlichkeit vorhanden, da\u00df nur wenig oder keiner verloren ging.\nIch lasse die beiden Tabellen folgen:","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Glukurons\u00e4ure und \u00c4therschwofeis\u00e4uren usw. 151\nI. Fall.\nTabelle VI. K. (Vergiftung mit etwa 50 g Lysol, entsprechend\n25 g Kresol.)\nTag\t. Glukurons\u00e4ure\t\u00c4ther- schwefels\u00e4uren\tSulfat - Schwefels\u00e4uren\n1\t8.5410\t1.0815\t0,2877\n2\t0,3816\t0,3000\t3.1017\n3\t0,2070\t0,17<K)\t3.7020\n4\t0,3648 .\t\ti '\nII. Fall.\nc\t\u2022\nTabelle VII. H. (Vergiftung mit etwa 10\u201412 g Lysol, entsprechend 5\u20146 g Kresol.)\nTag\tGlukurons\u00e4ure\t\u00c4ther- schwefels\u00e4uren\tSulfat- schwefels\u00e4uren\n1\t1,9500\t0.6392\t_ ;\n2\t0,3549\t0.4453\t\u25a0\u25a0\u25a0< -\u2014\nEs handelt sich also um einen schweren und einen leichten fall von Kresolvergiftung, die sich gegenseitig erg\u00e4nzen.\nIm schweren Falle (Tab. VI) ist fast die gesamte Schwefels\u00e4ure bis auf den geringen Rest von 0,2877 g zur Paarung herangezogen; fast wie im Falle Wohlgemuths,1) der im Urin , nur \u00c4therschwefels\u00e4uren, aber keine Sulfatschwefels\u00e4ure mehr fand.\tV\nIn viel ausgiebigerem Ma\u00dfe noch hat die Glukurons\u00e4ure ihre entgiftende Rolle spielen m\u00fcssen, indem sie in den ersten 24 Stunden nach der Vergiftung bis zu 8,5 g ansteigt. Um so wichtiger f\u00fcr den K\u00f6rper ist diese ausgedehnte M\u00f6glichkeit der Heranziehung der Glukurons\u00e4ure, als in der Regel bei der schweren Kresolvergiftung die Gesamtmenge der ausgeschiedenen Schwefels\u00e4ure, wie auch in meinem ersten Falle, gegen\u00fcber der Norm stark vermindert ist. Blumenthal2] hat besonders auf die damit gegebene Beschr\u00e4nkung der Entgiftung durch\n\u2014\t-- t\n') Wohlgemuth, s. o.\n*> Blumenthal. Biochom. Ztschr.. Bd. I. S. 135 <1900).","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nC. Tollens,\nSchwefels\u00e4ure und zugleich auf die au\u00dferordentlich gro\u00dfe Wichtigkeit der Glukurons\u00e4ure als entgiftenden Faktor hingewiesen.\nIm zweiten Falle stand am ersten Tage noch Sulfatschwefels\u00e4ure zur Entgiftung zur Verf\u00fcgung. Aber augenscheinlich ist die Bindung des Giftes durch Schwefels\u00e4ure und Glukurons\u00e4ure gemeinsam schon vollendet gewesen, ehe alle Schwefels\u00e4ure verbraucht war. Auffallend erscheint in beiden F\u00e4llen der Umstand, da\u00df am zweiten Tage die Glukurons\u00e4ure bereits wieder auf ihre normale Menge herabgesunken ist w\u00e4hrend die \u00c4therschwefels\u00e4uren noch relativ stark vermehrt sind.\nIch m\u00f6chte mich nun nach dem Untersuchungsergebnis dieser beiden F\u00e4lle der Ansicht Blumenthals und Salkowskis anschlie\u00dfen, da\u00df bei einer \u00dcberschwemmung des K\u00f6rpers mit Kresol beide Substanzen, sowohl Schwefels\u00e4ure als Glukurons\u00e4ure, in ganz ausgedehntem Ma\u00dfe zur entgiftenden Paarung herangezogen werden, und das gleichzeitig, und zwar zeigen die Kresole die gr\u00f6\u00dfere Neigung, sich mit der Glukurons\u00e4ure zu paaren, von der dem K\u00f6rper ein ungleich gr\u00f6\u00dferer Vorrat zur Verf\u00fcgung steht als von Schwefels\u00e4ure.\nIm wesentlichen ist die Entgiftung bereits nach 24 Stunden (wenn nicht schon viel eher) beendet. In leichten F\u00e4llen wird dabei nicht alle Schwefels\u00e4ure, die dem K\u00f6rper zur Verf\u00fcgung steht, herangezogen \u2014 so im Fall 2. In schweren F\u00e4llen dagegen kann die Paarung mit Schwefels\u00e4ure bis zum Verbrauch der gesamten vorhandenen Schwefels\u00e4ure gehen. Damit ist dann aber die weitere M\u00f6glichkeit der Paarung beendet, weil eben keine Schwefels\u00e4ure mehr da ist. Sehr hoch liegt diese Grenze beim Menschen nicht. Beim Kaninchen ist sie nach B\u00e9la v. Fenyvessy1) bereits nach Eingabe von 0,3 g\nPhenol erreicht und dann durch h\u00f6here Phenoldosen___0,5 g \u2014\nnicht mehr nach oben zu schieben. Erst Zufuhr von Na2S()4, also von schwefels\u00e4urebildender Substanz, vermag weitere Paarung und Ausscheidung von Schwefels\u00e4ure zu bewirken. Beim Hunde erreichte Blumenthal die Grenze, von der ab die \u00c4therschwefel-s\u00e4ure im Urin nicht mehr stieg,2) mit 1 g Lysol = 0,5 g Kresol.\n$ B. v. Fenyv\u00ebssy, Malys Jahresb., Bd. XXXV, S. 726 (1905).\n*) Blumenthal, s. o.","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Glukurons\u00e4ure und \u00c4therschwefels\u00e4uren usw. 153\nFolgende kurze Berechnung gibt Aufschlu\u00df dar\u00fcber, welchen Phenolmengen im Urin jedesmal die .Summe der in meinen beiden F\u00e4llen gefundenen \u00c4therschwefels\u00e4uren und Glukurons\u00e4uren entspricht:\nFall I.\n8,5 g Glukurons\u00e4ure\tentsprechen zirka\t4,6 g Phenol\n1,08 \u00bb \u00c4therschwefels\u00e4ure\t\u00bb\t*\t1^0 \u00bb\t\u00bb\nDie Summe beider entspricht 5,6 g Phenol.\nDa im allgemeinen von einer verschluckten Kresolmenge im Urin 20\u201425 \u00b0/o wiedererscheinen, und zwar fast alles schon in den ersten 24 Stunden, mu\u00df der Urin von Fall 1 etwa 5\u20146 g Phenole enthalten haben, also eine der rechnerisch gefundenen entsprechende Menge. Nimmt man als Kresolmenge des Urins 5 g, so bleibt auch noch f\u00fcr sonstige Paarlinge gen\u00fcgend Glukurons\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure.\nFall II.\n1,95 g Glukurons\u00e4ure entsprechen\tzirka\t1,1 g\tPhenol^\n0,639 > \u00c4therschwefels\u00e4ure\t\u00bb\t^\t0,35 \u00bb\t\u00bb\nDie Summe beider entspricht 1,45 g Phenol.\nZur Resorption m\u00fcssen in diesem Falle etwa 5\u20146 g Kresol gekommen sein, das w\u00fcrde einer Ausscheidung'von 1,2\u20141,5 g von Phenolen im Urin entsprechen, eine Zahl, die der rechnerisch gefundenen wiederum gut entspricht.\nBlumenthal fand in seinen F\u00e4llen allerdings Glukuron-s\u00e4urewerte, welche viel hoher waren, als es den Phenolmengen des Urines entsprach. Er nimmt deshalb eine Glukurons\u00e4ure-bildung im \u00dcberschu\u00df an, indem der K\u00f6rper in seinen Heilbestrebungen \u00fcber das Ziel hinausschie\u00dft. Oder ist vielleicht diese gro\u00dfe Anschwemmung von Glukurons\u00e4ure als Ausdruck der durch das Kresol gest\u00f6rten Weiterverbrennung der Glukuron-\n\\ e s ') zu betrachten? Allerdings sind Blumenthals Werte polarimetrisch gewonnen, also ' mehr Sch\u00e4tzungswerte.\n*> P. Mayer, s. o.\nHoppe-Seyler's Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXV1I.\n11","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\tc. Toll ens, \u00dcber Glukurons\u00e4ure usw.\nDie im normalen Urin vorhandene Glukurons\u00e4uremenge von 0,4 g k\u00f6nnte binden 0,21 g an Phenolen, also einer Menge, die weit h\u00f6her ist als die wirklich vorhandene. Denn diese wird nur auf 5\u201430 mg t\u00e4glich angegeben. Ein Teil des \u00dcberschusses mag nun an Indol gebunden sein, den bei weitem gr\u00f6\u00dferen Rest aber m\u00fcssen andere Paarlinge mit Beschlag belegt haben, die, wie oben angegeben, vielleicht nichts mit Eiwei\u00dff\u00e4ulnis im Darm zu tun haben.\nAls Resultat meiner Arbeit ergibt sich folgendes:\n1.\tDer gesunde Mensch scheidet in der Regel mit 0,35 g t\u00e4glich doppelt soviel Glukurons\u00e4ure aus, als \u00c4therschwefels\u00e4uren mit 0,18 g im Mittel. Es kann aber auch sehr viel mehr Glukurons\u00e4ure t\u00e4glich ausgeschieden werden, ohne da\u00df dabei pathologische Verh\u00e4ltnisse vorliegen m\u00fc\u00dften, w\u00e4hrend die gleichzeitige \u00c4therschwefels\u00e4uremenge gering ist.\n2.\tPer os eingef\u00fchrtes Indol paart sich vorzugsweise mit Schwefels\u00e4ure, per os eingef\u00fchrtes Phenol vorzugsweise mit Glukurons\u00e4ure.\n3.\t\u00c4therschwefels\u00e4uren und Glukurons\u00e4ure sinken und steigen parallel mit dem durch Di\u00e4t beeinflu\u00dften Sinken und Steigen der Eiwei\u00dff\u00e4ulnis im Darme meist einander proportional, aber nicht immer ; vermutlich je nach dem Verh\u00e4ltnis, in dem bei der Darmf\u00e4ulnis Phenole und indoxylbildende Substanzen gebildet werden.\n4.\tPathologischen Steigerungen der \u00c4therschwefels\u00e4uren \u2014 bei Peritonitis und Enteritis tuberculosa \u2014 kann eine Steigerung der Glukurons\u00e4ure parallel gehen.\n5.\tBei Kresolvergiftungen werden Glukurons\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure in ausgedehntem Ma\u00dfe zur Entgiftung beide gleichzeitig herangezogen. Vorz\u00fcglich aber die Glukurons\u00e4ure, zu der die Phenole die gr\u00f6\u00dfere Verwandtschaft haben. Daher ist meist die Bindung der giftigen Substanzen schon erfolgt, ehe die gesamte Schwefels\u00e4ure verbraucht war. In sehr schweren F\u00e4llen kann neben gro\u00dfen Glukurons\u00e4uremengen die gesamte Schwefels\u00e4ure als \u00c4therschwefels\u00e4ure ausgeschieden werden bis zum Verschwinden der Sulfatschwefels\u00e4ure.","page":154}],"identifier":"lit18988","issued":"1910","language":"de","pages":"138-154","startpages":"138","title":"\u00dcber die Glukurons\u00e4ure und \u00c4therschwefels\u00e4uren im menschlichen Urine","type":"Journal Article","volume":"67"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:02:43.623159+00:00"}