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{"created":"2022-01-31T14:15:29.086437+00:00","id":"lit19011","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Schmidt, Ernst Willy","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 67: 412-432","fulltext":[{"file":"p0412.txt","language":"de","ocr_de":"Der baktericide Wert des Thymols.\nVon\nErnst Willy Schmidt.\n(Aus der chemischen Abteilung des physiolog. Instituts in Jena.) Der Redaktion zugegangen am 30. Juni 1910. i\nFibrinverdauungsversuche, die ich mit Trypsin und Papayotin angesetzt hatte, nahmen des \u00f6fteren einen anormalen Verlauf, trotzdem dem Verdauungsgemische reichliche Mengen pulverisierten Thymols als Desinficiens beigegeben waren. Einmal aufmerksam geworden, wurden von mir nicht nur die Verdauungsgemische, die schon rein \u00e4u\u00dferlich durch ihren heftigen F\u00e4ulnisgeruch auf eine Verunreinigung durch Bakterien hinwiesen, einer mikroskopischen Kontrolle unterzogen, sondern auch der Inhalt der Versuchsgef\u00e4\u00dfe auf Bakterien gepr\u00fcft, der seinem Aussehen und chemischen Verhalten nach scheinbar steril geblieben war. Es stellte sich dann heraus, da\u00df in allen Verdauungsgemischen mit Thymol, die schwach alkalische Reaktion zeigten, lebende Bakterien in wechselnder Anzahl vorhanden waren. Die darauf eingeleiteten Untersuchungen \u00fcber den baktericiden Wert des Thymols, mit besonderer Ber\u00fccksichtigung seiner Bedeutung als Desinficiens bei enzymologischen Arbeiten, f\u00fchrten zu dem \u00fcberraschenden Resultate, da\u00df das Thymol als ein vollkommen unzureichendes Desinficiens zu bezeichnen ist. Die im Verlauf dieser Arbeit mitgeteilten Tatsachen sollen die experimentelle Grundlage f\u00fcr obige Behauptung erbringen.\nDas Thymol wurde 1875 von Le win1) als \u00abein antiseptisches und antifermentatives Mittel\u00bb eingef\u00fchrt. Dieser ersten Mitteilung folgte die eigentliche experimentelle Begr\u00fcndung:2) -Das Thymol ein Antiseptieum und Antifermentativum. > \\ on dieser Zeit an erfreute sich das Thymol wachsender\nM Lewin, Zentralblatt f. die med. Wissenschaften 1875, S. 321.\nLewin, Virchows Archiv 1875, Bd. 65, S. 164.","page":412},{"file":"p0413.txt","language":"de","ocr_de":"Der baktericide Wert des Thymols.\n413\nBeliebtheit, seiner bequemen Verwendungsart wegen und seiner Vorz\u00fcge halber gegen\u00fcber dem Chloroform und dem Phenol, die neben dem Toluol und dem Fluornatrium wohl die g\u00e4ngigsten Antiseptica bei biochemischen Arbeiten vorstellen.1) Wenn man beginnt, in neuester Zeit die Anwendung des Thymols etwas einzuschr\u00e4nken, so hat das darin seinen Grund, da\u00df nach einigen Angaben2) das Thymol die Fermente in ihrer physiologischen Wertigkeit etwas herabsetzt, die Intensit\u00e4t ihrer Wirkungsweise abgeschw\u00e4cht wird.\nDie Art der Verwendung des Thymols3) zur Ausschaltung der Zellt\u00e4tigkeit ist nach den verschiedensten Angaben in Lehr-und Handb\u00fcchern4) immer die gleich einfache: \u00abDie Krystalle\n*) A. J. J. VandeveUle (Antiseptica bei Enzymuntersuchungen, Biochem. Zeitschr., 1907, Bd. Ill, S. 315) empfiehlt an Stelle der oben genannten Gifte eine Aufl\u00f6sung von 0.4 g Jodoform in Keton.\n*) Kaufmann, Einflu\u00df von Protoplasmagiften auf die Trypsinverdauung (Diese Zeitschrift, Bd. XXXIX, S. 434).\nOppenheimer, Die Fermente, 1910, Spezieller Teil, S. 197.\nEuler, Grundlagen und Ergebnisse der Pflanzenchemie, 1909, II. Teil, S. 78.\n3)\tEs handelt sich hier immer um w\u00e4sserige Thymoll\u00f6sungen. Die sehr befriedigend ausgefallenen Versuche, die desinfizierende Kraft des Thymols durch Aufschlie\u00dfen mittels Seifen zu erh\u00f6hen und so w\u00e4sserige L\u00f6sungen in beliebig konzentrierter Form zu erhalten, tangieren den Zweck dieser Arbeit nicht und kann deshalb hier nur darauf verwiesen werden. Es sei nur kurz erw\u00e4hnt, da\u00df es Laubenheimer gelang.mit w\u00e4sserigen L\u00f6sungen zu arbeiten, die einen Gehalt von l\u00b0/o Thymol aufwiesen. Als L\u00f6sungsmittel diente sulforicinsaures Natrium bezw. dioxystearin-saures Kalium (Kurt Laubenheimer, Phenol und seine Derivate als Desinfektionsmittel. Habilitationsschrift, Gie\u00dfen 190t), S. 98); W\u00e4hrend das Thymol nur in einem Verh\u00e4ltnis von 1 : 1200 bei 15\u00b0 C. Wasser l\u00f6slich ist, 1: 900 hei\u00df ges\u00e4ttigt. (Beilstein, Handb. d. organ. Chemie, 189\u00ab, Bd. II, S. 796.)\n4)\tLafar, Handbuch der lechn. Mykologie, 1904\u201407, Bd. I, 8. 54L\nHam mars ten, Lehrbuch der physiol. Chemie, 1907, S. 392.\nFuhrmann, Vorlesungen \u00fcber Bakterienenzyme, 1907, S. 20,\n23, 25, 28, 30, 33 usw.\nTigerstedt, Handbuch der physiolog. Methodik, 1908, Bd. II. S. 58.\nAbderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden, 1910. Bd. HI, 1. H\u00e4lfte, S. 14, 190.\nKunkel, Handbuch der Toxikologie. 1901, S. 538.","page":413},{"file":"p0414.txt","language":"de","ocr_de":"414\nKrnst Willy Schmidt.\nwerden in kleinen St\u00fcckchen oder pulverisiert in willk\u00fcrlichen Mengen in die zu desinfizierende Fl\u00fcssigkeit eingetragen. Manche Autoren verfahren genauer, indem die Verdauungsfl\u00fcssigkeit oder das N\u00e4hrsubstrat mit Thymol hei\u00df ges\u00e4ttigt und vom ungel\u00f6sten R\u00fcckstand abfiltriert wird. So basieren die Methoden zum Nachweise proteolytischer Enzyme von Fermi1) und S c h o u t e n2) auf der S\u00e4ttigung von Gelatine mit Thymol. Au\u00dferdem wird Thymol noch in alkoholischer L\u00f6sung angewandt. Bei dieser Anwendungsweise ist neben der Wirkung des Thymols auch die baktericide und fermentsch\u00e4digende Wirkung des Alkohols zu ber\u00fccksichtigen.\nNeben der grundlegenden Lewinschen Arbeit, auf die weiter unten n\u00e4her eingegangen werden soll, finden sich zerstreut in der Literatur noch einige experimentelle Daten, die auf die Wirkung dieses Giftes Bakterien und Hefen gegen\u00fcber Bezug haben. Koch*) gibt an, da\u00df Thymol noch in einer Verd\u00fcnnung von 1: 80000 das Wachstum der Milzbrandbazillen behindere. Nach E. Bernacki4) ist Thymol das st\u00e4rkste Hefegift unter den von ihm gepr\u00fcften Stoffen (Benzoes\u00e4ure, Salicyl-s\u00e4ure, Garbol, Resorcin, Pyrogallol, Chloralhydrat). W\u00e4hrend die schw\u00e4chste G\u00e4rung aufhebende Konzentration des Thymols 1: 3000 sein soll, ist die des Chloralhydrates 1:25. Fischer5) f\u00fchrt aus, da\u00df 0,3\u00b0/o Thymol6) in 3 Stunden sporenfreie Bakterienzellen t\u00f6te.\n') Fermi, Weitere Untersuchungen \u00fcber die tryptischen Enzyme der Mikroorganismen. (Archiv f. Hygiene 1892, Bd. XIV; zitiert nach Fuhrmann, I. c., S. 125.\n*) Schouten, Zittingsverlag koninkl. Akademie van Wetenschapen, Amsterdam, van 30. Mart 1900. Vgl. auch\nF. A. F. Went, \u00dcber den Einflu\u00df der Nahrung auf die Enzymbildung usw. (Jahrb. f. w. Bot., 1901, Bd. XXXVI, S. 656).\n3)\tR. Koch, Mitteilungen aus dem kaiserl. Gesundheitsamte, 1881, Bd. I, S. 271.\n4)\tE. Bernacki, \u00dcber die Eigenschaften der Antiseptica usw. (Arch. f. d. gcs. Phys., 1891. S. 128); vgl. aber dazu Ducleaux, Trait\u00e9 de Microbiologie, 1900, Tome III, S. 504\u2014507.\n6) A. Fischer, Vorlesungen \u00fcber Bakterien, 1903, S. 119.\n6) Wahrscheinlich wohl 0,3 V in Form einer alkoholischen Thymoll\u00f6sung. da Thymol in H,0 nur 1: 1200 l\u00f6slich ist. (Beilstein, 1. c.)","page":414},{"file":"p0415.txt","language":"de","ocr_de":"Der baktericide Wert des Thympls.\t415\nDiese Angaben haben zu der scheinbar berechtigten Meinung gef\u00fchrt, das Thymol sei ein absolut sicheres Desinficiens. Dagegen sind nur vereinzelt, und meist anhangsweise erw\u00e4hnt, Beobachtungen bekannt geworden, die zu einer gegenteiligen Ansicht h\u00e4tten f\u00fchren m\u00fcssen, Tatsachen, die aber anscheinend keine weitere Beachtung gefunden haben. So die Angaben bei Kaufmann, Vandevelde und Stra\u00dfburger.\nVandevelde \u2018) setzte zu 25 ccm Milch 0.1g Thymol in Pulverform, die Milch war nach sechs Tagen mit Bakterien infiziert. Stra\u00df-buiger ) \\ersuchte Thymol zur Darmdesinfektion heim Menschen zu benutzen, die Bakterienmengen in Faeces blieben jedoch unbeeinflu\u00dft. Kaufmann3) bemerkt, da\u00df gr\u00f6\u00dfere Mengen von Bakterien (in seinem lalle Bakterien aus dem Stuhl einer darmgesunden Patientin) durch Thymol (und auch Chloroform, Toluol und Fluornatrium !) wohl gesch\u00e4digt, aber binnen 24 Stunden nicht abget\u00f6tet waren. Kaufmann versetzte Bouillionkulturen mit Thymolwasser, brachte die Eprouvetten auf 24 Stunden in den Brutschrank und impfte nach dieser Zeit auf Agar \u00fcber, auf dem dann bald ein lebhaftes Wachstum der Bakterien vor sich ging. Die Bakteiien waren demnach am Leben geblieben w\u00e4hrend der 24st\u00fcndigen Einwirkung des Thymols; sie schienen nur gehemmt, da sie auf dem N\u00e4hragar, dem das Gift fehlte, sogleich anfingen zu wachsen.\nNach meinen sp\u00e4ter mitzjuteilenden Versuchen mu\u00df ich diesen Befund dahin erkl\u00e4ren, da\u00df die Hemmung nur eine scheinbare war. W\u00e4re einerseits dem N\u00e4hragar Thymol zugesetzt worden, anderseits der Versuch mit den Bouiilonthymolwasser-kulturen auf etwas l\u00e4ngere Zeit ausgedehnt worden, so h\u00e4tte sich nicht das Scheinresultat einer deutlichen Hemmung der Bakterien durch Thymolwasserzusatz ergeben.\nWenn nun das Thymol auch keinen T\u00f6tungswert f\u00fcr sporenfreie Bakterien besitzen sollte, so bliebe es, falls ihm ein ausgesprochener Hemmungswert tats\u00e4chlich zuk\u00e4me, dennoch recht brauchbar.\nAber schon aus der oben zitierten Vandeveldeschen Notiz (Wachstum von Bakterien in mit Thymol desinfizierter Milch nach 6 Tagen) geht hervor, da\u00df zum mindesten von einer dauernden Hemmung nicht zu sprechen ist.\n*) Vandevelde, I. c., S. 318.\n*) Stra\u00dfburger, zitiert nach Gehrhardt, Die Darmf\u00e4ulnis (Ergehn. der Physiolog., 1904, Bd. Ill, I. Abt., S. 153.)\n3) Kaufmann, 1. c., S. 453.","page":415},{"file":"p0416.txt","language":"de","ocr_de":"416\nErnst Willy Schmidt,\nNunmehr m\u00fcssen aber zun\u00e4chst die Le win sehen F\u00e4ulnisversuche diskutiert werden, die so bedeutsam geworden sind f\u00fcr die Auffassung des Thymols als antiseptisches Mittel. Im Anschlu\u00df daran werden dann die eigenen Untersuchungen ihre Darstellung finden.\nLewins Arbeit gliedert sich in die \u00abVersuche \u00fcberden Einflu\u00df des Thymols auf die G\u00e4hrung-, \u00ab\u00fcber den Einflu\u00df des Thymols auf die F\u00e4ulnis* und \u00ab\u00fcber die Wirkung des Thymols auf den Tierk\u00f6rperHier interessieren nur die Resultate aus den Versuchen \u00fcber den Einflu\u00df des Thymols auf die F\u00e4ulnis. Dip Versuchsanordnung war folgende : je 20 ccm mit Wasser ausgef\u00e4llten filtrierten H\u00fchnereiwei\u00dfes wurden versetzt mit A (20 ccm. H.,0) bezw. B (20 ccm Thymoll\u00f6sung (1 :1000) j. Die Fl\u00fcssigkeit in B erwies sich noch nach 10 Wochen langem Stehen in offenen Gef\u00e4\u00dfen als klar und roch nach Thymol, w\u00e4hrend dagegen in A \u00abder ganze Inhalt des Glases in eine dickfl\u00fcssige furchtbar stinkende Masse verwandelt war, die dasselbe mikroskopische Bild (Bakterien) wie am 8. Tage lieferte In weiteren Versuchen wurde dieselbe Anordnung gew\u00e4hlt, nur anstatt 20 ccm 60 ccm H\u00fchnereiwei\u00df. Schon nach 7 Tagen war die thymolfreie L\u00f6sung gefault, w\u00e4hrend wiederum in der mit Thymol versetzten Eiwei\u00dfl\u00f6sung erst nach 7 Wochen zahlreiche Bakterien nachgewiesen werden konnten.\nDann wurde der Dotter von je einem Ei in zwei offene Schalen gegossen und A 50 ccm H20, B 50 ccm Thymoll\u00f6sung hinzugef\u00fcgt. W\u00e4hrend nach 9 Tagen der Inhalt der Schale A eingetrocknet ist und einen widerlichen Geruch verbreitet, l\u00e4\u00dft die Thymolfl\u00fcssigkeit, ohne F\u00e4ulnisgeruch zu zeigen, viele Bakterien erkennen; \u00e4u\u00dferlich ist weiter keine Ver\u00e4nderung vor sich gegangen. Der Thymolgeruch ist nach 13 Tagen verschwunden. \u2014 Es folgen noch weitere Versuche, die alle im Prinzip das Gleiche aussagen: Die Thymoll\u00f6sung erwies sich in allen F\u00e4llen als ein au\u00dferordentlich intensiv wirkendes Hemmnis f\u00fcr das Aufkommen von Bakterien. Am auff\u00e4lligsten erscheint das Verhalten der Bakterien in den Eiwei\u00dfl\u00f6sungen. (Lewin experimentierte weiterhin noch mit putridem Eiter. Harn, Leim usw.)","page":416},{"file":"p0417.txt","language":"de","ocr_de":"417\nDer baktericide Wert des Thymols.\nWie war es nun m\u00f6glich, da\u00df in den Le winselten Versuchen das Eiwei\u00df bei dem Thymolzusatz so schwer faulte, w\u00e4hrend in meinen eingangs erw\u00e4hnten Kulturen mit Fibrin, also auch einem nativen Eiwei\u00dfk\u00f6rper, bei Anwesenheit von Thymol die F\u00e4ulnis so schnell von statten ging? Bakterien waren auch in den Le winselten Gef\u00e4\u00dfen gen\u00fcgend vorhanden, aber erst nach Wochen trat eine langsame Entwicklung ein. Dieser positive Ausfall der Versuche Le wins \u2014 positiv im Sinne einer bakterienhemmenden Wertigkeit des Thymols \u2014 d\u00fcrfte vor allem darin liegen, da\u00df die Versuche bei Zimmertemperatur angestellt zu sein scheinen. (L. macht keine Angaben dar\u00fcber.) In mehr optimaler Temperatur (ca. 25\u201430\u00b0 C. f\u00fcr die meisten F\u00e4ulnisbakterien) w\u00e4ren gewi\u00dflich die Ergebnisse etwas andere gewesen. Dann aber d\u00fcrfte in der Verwendung von nativem Eiwei\u00df, wie es in dem benutzten Ovalbumin vorlag, ein weiterer Grund zu suchen sein f\u00fcr die scheinbar f\u00e4ulnishemmende Wirkung des Thymols (besonders hei Temperaturen von 15\u201418\u00b0 C.). Da H\u00fchnereiwei\u00df schwer angreifbar ist f\u00fcr Bakterien, wird eine Schw\u00e4chung der Virulenz der Bakterien sich nat\u00fcrlich dem H\u00fchnerei'wei\u00df gegen\u00fcber besonders stark geltend machen. Das H\u00fchnereiwei\u00df wird durch die Bakterien erst dadurch eine gut ausnutzbare N\u00e4hrquelle, da\u00df absterbende Bakterien ihre Endoenzvme abgeben und das native Eiwei\u00df zu leicht verwertbaren Albumosen und Peptonen machen. Wird von vornherein durch Zusatz von Pepton f\u00fcr g\u00fcnstige Ern\u00e4hrungsverh\u00e4ltnisse der Bakterien gesorgt, so wird auch trotz Thymolzusatz das H\u00fchnereiwei\u00df angegriffen. '\nDie in Tabelle Ia und Ib zusammengestellten Versuche erl\u00e4utern das Gesagte.\nEs wurde demnach das Eiwei\u00df trotz S\u00e4ttigung mit Thymolwasser bei Peptonzusatz in allen F\u00e4llen angegriffen, leichter, wTenn mit der Erde oder den Erbsen eine Menge Bakterienkeime in die Fl\u00fcssigkeit eingebracht wurden, etwas langsamer, wenn nur Luftinfektion und Verunreinigung durch die nicht sterilen Kulturgef\u00e4\u00dfe, Fl\u00fcssigkeiten usw. in Betracht kamen. Aber auch s\u00e4mtliche Zylinderinhalte in den verschiedensten Modifikationen ohne Thymol faulten keineswegs schneller, sondern","page":417},{"file":"p0418.txt","language":"de","ocr_de":"418 \u2022\nErnst Willy Schmidt,\nTabelle la.\n20 ccm H\u00fchnereiwei\u00df -f 50 ccm ges\u00e4ttigten Thymolwassers. (Dauer des Versuches 48 Stunden.)\n\tLaboratoriums-\t\u2014\nArt der Zus\u00e4tze\ttemperatur: tags 18\u00b0 C.,\t' nachts 10\u201412\u00b0 C.\tBrutschrank. konstant 25\u00b0 (1.\nJe 2 Zylinder mit Erde, ohne Pepton\nJe 2 Zylinder mit Erbsen, ohne Pepton.\nJe 2 Zylinder mit Erde, mit Pepton\nJe 2 Zylinder mit Erbsen, mit Pepton\nJe 1 Zylinder, unge-impft, ohne Pepton\nJe 1 Zylinder, unge-impft, mit Pepton\nkeine Ver\u00e4nderung\nleicht getr\u00fcbt, keine Kahmhaut\ngetr\u00fcbt, keine Kahmhaut\nnach 24 Stunden noch vollkommen klar, nach 48Stun-den besonders im Erbsenzylinder schwache Tr\u00fcbung\nnach 24 Stunden schon Tr\u00fcbung, besonders im Erbsenzylinder, obwohl Thymolgeruch noch vorherrscht, teilweise F\u00e4ulnisgeruch. Nach 48 Stunden starke Kahmhaut in allen Zylindern, Erbsenzylinder zeigten typischen F\u00e4ulnisgeruch\nklar\nkeine Ver\u00e4nderung\ngetr\u00fcbt, Kahmhaut, Geruch |\tnach Thymol\nTabelle Ib.\nDasselbe, ohne Thymolzusatz.\nJe 2 Zylinder mit Erde,'\nohne Pepton\nJe 2 Zylinder mit Erbsen, ohne Pepton\nJe 2 Zylinder mit Erde, mit. Pepton\nJe 2 Zylinder mit Erbsen, mit Pepton\nJe l Zylinder, unge-impft, ohne Pepton\nJe 1 Zylinder, unge-impft. mit Pepton\nkeine Ver\u00e4nderung\nvon den thymolhaltigen Gef\u00e4\u00dfen nicht zu unterscheiden\nkeine Ver\u00e4nderung\nschwache Tr\u00fcbung, doch kein F\u00e4ulnisgeruch\nF\u00e4ulnis, besonders in den Erbsengef\u00e4\u00dfen\nkeine Ver\u00e4nderung\ntr\u00fcbe, leichter F\u00e4ulnisgeruch, Kahmhaut .","page":418},{"file":"p0419.txt","language":"de","ocr_de":"Der baktericidc Wert des Thymols.\t419\nwaren, w\u00e4ren sie nicht etikettiert gewesen, von den thvmol-haltigen Gef\u00e4\u00dfen (die sich' allerdings durch ihren Geruch noch kennzeichneten) nicht zu unterscheiden. Nach einer Woche wurden die im Brutschrank stehenden Kulturen wegen ihres intensiven t \u00e4ulnisgeruches entfernt, w\u00e4hrend die im relativ kalten Laboratoriumsraum aufbewahrten Gef\u00e4\u00dfe wenig Fortschritte in der F\u00e4ulnis gemacht hatten; immerhin wiesen jedoch die mit Pepton beschickten Gl\u00e4ser (mit und ohne Thymolzusatz) nunmehr F\u00e4ulnisgeruch auf, w\u00e4hrend in den anderen Gef\u00e4\u00dfen, obwohl \u00fcberall Bakterien vorhanden w\u2019aren, der Thymolgeruch vorherrschte. Das H\u00fchnereiwei\u00df in H20 ohne jeglichen Zusatz (kein Thymol, keine Erde oder Erbsen, kein Pepton) war wie das H\u00fchnereiwei\u00df mit Thymolwasser (keine Erde oder Erbsen, kein Pepton) schlie\u00dflich am wenigsten ver\u00e4ndert.\nDurch diese Versuche wird auch der scheinbare Widerspruch zwischen den Befunden Lewins und meinen Befunden aufgekl\u00e4rt. Thymol wirkt nur dann ausgesprochen hemmend auf die Entwicklung von Bakterien, wenn diese schlecht ern\u00e4hrt sind. Die nativen Eiwei\u00dfk\u00f6rper sind keine g\u00fcnstigen N\u00e4hrb\u00f6den f\u00fcr Bakterien. Wird durch gleichzeitig vorhandene Verdauungsfermente eine Umwandlung der nativen Eiwei\u00dfstoffe in Albumosen usw. herbeigef\u00fchrt, so entsteht \u00e9in guter N\u00e4hrboden und die hemmende Wirkung des Thymols kommt nicht mehr zur Geltung.\n.Nachdem so im allgemeinen festgestellt war, da\u00df bei g\u00fcnstigen Ern\u00e4hrungsbedingungen dem Thymol keine .st\u00e4rkere bakterienhemmende Wirkung zukommt, wurde das Verhalten der Bakterien gegen\u00fcber Thymol genauer studiert. Zun\u00e4chst wurden die dem Fibrin anhaftenden Bakterien untersucht. Das verwandte Fibrin war in der \u00fcblichen Weise unter Glycerin auf be wahrt. Die einzelnen zur Verwendung gelangenden Flocken wurden jedesmal gr\u00fcndlich ausgewaschen, um das Glycerin wieder zu entfernen. Das Fibrin als solches war asteril: auch der Aufenthalt in Glycerin vermochte, wie ja bekannt, anhaftende Bakterien nicht abzut\u00f6ten. Fibrin, das durch m\u00e4\u00dfiges Auspressen unter aseptischen Kautelen vom \u00fcbersch\u00fcssigen Glycerin befreit, in steriles Verdauungsalkali eingebracht wurde,","page":419},{"file":"p0420.txt","language":"de","ocr_de":"420\nErnst Willy Schmidt,\nwar nach 24 Stunden hei 30\u00b0 G. regelm\u00e4\u00dfig gel\u00f6st. Je \u00e4lter das Fibrin, d. h. je l\u00e4nger es in Glycerin gelegen hatte, je schneller ging der Aufl\u00f6sungsproze\u00df vor sich. Die mikroskopische Kontrolle ergab reichliche Bakterienanwesenheit. Nach 48 Stunden war meistens F\u00e4ulnis eingetreten. Dieses also schon von Bakterien infizierte Fibrin ward nun in Erlen-mever-Kolben mit schwacher Verdauungssalzs\u00e4ure (0,2\u00b0/o HCl) und schwachem Verdauungsalkali (0,15\u00b0/o Na2C03) gebracht; die Kolben erhielten einen gro\u00dfen \u00dcberschu\u00df von Thymol in Krystallform. (Tabelle II.)\nTabelle II. \u2022\nZusatz Fibrin aus\tNach 24 Stunden hei 25\u00b0 C.\nGlycerin\n0.f>\u00b0 \u00ab Thymol\nsalzsauer Fibrin stark gequollen, doch keine Verdauung alkalisch Fibrin gel\u00f6st, intensive Biuretreaktion, Kahmhaut\n1\nThymol\n; i, I\nsalzsauer\nalkalisch\ndasselbe wie bei 0,50 j Thymol\n\u00bb\t\u00bb\t\u00bb 0,5 \u00b0; o\t* \u2022\nLebende Bakterien waren auch in den sauer reagierenden Fl\u00fcssigkeiten nachzuweisen, doch schien hier die schwache S\u00e4ure schon zur Hemmung auszureichen.\nDer gleiche Versuch wurde wiederholt mit ganz frischem Fibrin (das vorher benutzte hatte etwa 4 Wochen in Glycerin gelegen): auch wurde die Verdauungsfl\u00fcssigkeit mit Thymol ges\u00e4ttigt, anstatt Beigabe von Krystallen. In diesem Versuche dauerte die L\u00f6sung der Fibrinflocke bei alkalischer Reaktion etwas l\u00e4nger. Immerhin war nach 36 Stunden Aufenthalt im Brutschrank das Fibrin ebenfalls gel\u00f6st, die Fl\u00fcssigkeit in einigen K\u00f6lbchen schmutzig gr\u00fcn gef\u00e4rbt. In schwach salzsaurer L\u00f6sung blieb das Fibrin, abgesehen von der stets eintretenden Quellung, unver\u00e4ndert. Die mikroskopische Untersuchung lie\u00df mindestens zwei verschiedene Bakterienarten deutlich erkennen. Auch in diesem Falle also hinderte das Thymol keineswegs die Entwicklung der Bakterien.","page":420},{"file":"p0421.txt","language":"de","ocr_de":"Der baktericide Wert des Thymols.\t421\nDes weiteren geht aus diesem Versuche hervor, da\u00df l\u00e4ngere Zeit in Glycerin auf bewahrtes Fibrin den Bakterien leichter zug\u00e4nglich ist, da anscheinend das Fibrin in dem Glycerin einem langsamen bakteriellen Spaltungsproze\u00df unterworfen ist, soda\u00df Spuren von Peptonen und Albumosen zur Vorern\u00e4hrung der Bakterien in den Verdauungsgemischen wohl schon vorhanden sind. Da\u00df auch ganz frisches Fibrin aus Glycerin ebenfalls angegriffen wird, steht in nur scheinbarem Gegensatz zu dem fr\u00fcher anl\u00e4\u00dflich der H\u00fchnereiwei\u00dfversuche Ausgef\u00fchrten. Denn es haftet, trotz sorgf\u00e4ltigen W\u00e4sserns, dem Fibrin immer noch etwas Glycerin an,- das f\u00fcr die meisten Bakterien gro\u00dfen N\u00e4hrwert besitzt.\nZur selben Zeit unternommene Verdauungsversuche mit Papayotin, die mit dem gleichen frischen Fibrin angestellt worden waren, ergaben trotz des Thymolzusatzes in der alkalisch gehaltenen Reihe lebhaftes Bakterienwachstum.\nIn einigen K\u00f6lbchen war die Spaltung des Fibrins bis zur Indol-und Skatolbildung vorgeschritten, wie an dem \u00ab\u00e4u\u00dferst intensiven F\u00e4ulnisgeruch schon ersichtlich war. Auch hier nahm der Inhalt einiger K\u00f6lbchen eine gr\u00fcnliche F\u00e4rbung an; in anderen Gef\u00e4\u00dfen wurde die Fl\u00fcssigkeit mehr rostrot. Die Bakterienentwicklung wareine au\u00dferordentlich starke; in einem Kolben entstand eine dicke schmutzigwei\u00dfe Kahmhaut, gebildet von einem gro\u00dfen, st\u00e4bchenf\u00f6rmigen Bakterium. Die Nitrosoindolreaktion war in den schon durch ihren Geruch gekennzeichneten Kolben- positiv.\nAuf Grund dieser Tatsachen wurde zun\u00e4chst erwogen, ob das Papayotin etwa die Bakterien vor dem Thymol sch\u00fctzt. Dieses ist jedoch keineswegs der Fall, wie der folgende Versuch besagt.\nFibrin in thymolges\u00e4ttigtem Verdauungsalkali.\ngleiches Resultat v in beiden starke Baklerienentwick-lung, nur war bei A. das Fibrin nat\u00fcrlich schneller gel\u00f6st.\nEin Teil der Reihe A war nach 36st\u00fcndigem Aufenthalt im Brutschrank (25\u00b0 C.) in ein fast schwarze Fl\u00fcssigkeit verwandelt mit heftigem F\u00e4ulnisgeruch. Die Schnelligkeit der F\u00e4ulnis des Fibrins in ges\u00e4ttigter Thymoll\u00f6sung bei Anwesenheit von Papayotin erinnert an das Ergebnis des I. Versuches, wo das Pepton gewisserma\u00dfen als kr\u00e4ftige Vorern\u00e4hrung zum Angriff , auf das Eiwei\u00df diente. Die Stelle des Peptons vertritt in diesem Falle das durch das Ferment abgebaute Eiwei\u00df.\nHoppe-Seyler's Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXVII.\t21)\nA.\tmit Papayotin\nB.\tohne \u25a0>","page":421},{"file":"p0422.txt","language":"de","ocr_de":"Ernst Willy Schmidt,\n422\nDa\u00df das Papayotin (Pr\u00e4parate von Merck, Schuchardt, K\u00f6nig), wie auch andere Enzympr\u00e4parate (Trypsin, Pankreatin. Pepsin) in H20 gel\u00fcst ohne Zusatz irgend eines N\u00e4hrstoffes, sehr wohl geeignet sind, lebhafte Bakterienentwicklung anzuregen, geht aus einem dieserhalb eingeleiteten Versuche hervor.\nTabelle HL\nEinflu\u00df von Bakterien auf Fermente in ges\u00e4ttigtem Thymohvasser nach 24 Stunden bei 25\u00b0 C.\nArt der Fermente\tGeimpft mit Bacillus fluorescens liq. *)\tGeimpft mit Erde\tReaktionen Ranciljus Erde\t\nPapayotin\tstarke Tr\u00fcbung, beginnende Gr\u00fcnf\u00e4rbung (nach 48 Stunden intensiv gef\u00e4rbt). Geruch deutlich nach Thymol\tFl\u00fcssigkeit leicht schaumig, tr\u00fcbe. Geruch nach Thymol (nach 48 Stunden F\u00e4ulnisgeruch)\tBiuret schwach Tryptophan\t\nTrypsin\tklar, Bodensatz (nach 48 Stunden ebenfalls gr\u00fcnlich gef\u00e4rbt, doch Entwicklung weit hinter Papayotin zur\u00fcck)\tklar, starke Kahmhaut (nach 48 Stunden beginnende F\u00e4ulnis)\tBiuret Tryptophan\t\nPankreatin\tgelbliche Tr\u00fcbung, Kahmhaut, Fruchtestergeruch (nach 48 Stunden riesige Bakterienentwicklung). Sp\u00e4ter F\u00e4ulnis\t\u00e4hnlich, doch keine Kahmhaut (nach 48 Stunden F\u00e4ulniserscheinungen, die sp\u00e4ter sehr intensiv wurden)\tBiuret Tryptophan\t\nPepsin\tschwache Tr\u00fcbung, Bodensatz\tkeine sichtbare Ver\u00e4nderung (nach 48 Stunden \u2018 beginnende Tr\u00fcbung)\tBiur Trypto- phan\tet\n\u2022) Der Bacillus fluorescens liquefaciens \u2014 weiter unten wird n\u00e4her darauf einzugehen sein \u2014 stammt aus einem der oben genannten gr\u00fcnlich gef\u00e4rbten K\u00f6lbchen ; er lag aber erst in Rohkultur vor, so da\u00df das Verfaulen des Pankreatins in dem letzten Versuche nicht auf die T\u00e4tigkeit dieser Bakterie zu setzen sein d\u00fcrfte.","page":422},{"file":"p0423.txt","language":"de","ocr_de":"423\nDer baktericide Wert des Thymols.\nDasselbe Endergebnis, starke Bakterienentwicklung und teils (s\u00e4mtliche mit Erde geimpften Kulturen) F\u00e4ulnis, trat auch bei Laboratoriumstemperatur ein, nur betr\u00e4chtlich langsamer.\nInwieweit die Fermente infolge von F\u00e4ulnis durch Bakterien in ihrer Wirkungsweise geschw\u00e4cht oder ob sie gar ganz zerst\u00f6rt werden, das eingehender zu untersuchen, lag nicht in dem Rahmen dieser Arbeit.\nVom Pepsin wies Papasotiriou * *) nach, da\u00df es durch bakterielle Zersetzung zerst\u00f6rt wird. Vom Papayotin kann ich dieses auch aussagen. Papayotin (Schuchardt), das in 0.15\u00b0/o Na2C03 gel\u00f6st wurde und klar filtriert unter Thymolzusatz mit Bakterien eine Woche bei 25\u00b0 0. gefault war, hatte keine proteolytische Wirkung mehr auf Fibrinflocken, nachdem die Bakterien vermittelst Filtration unter Druck durch eine Berkefeld-lilterkerze entfernt waren. Dagegen war das \u00abPankreatinpr\u00e4parat\u00bb *) auch nach kr\u00e4ftiger Bakterieneinwirkung noch aktiv.\nEs erhob sich die Frage, ob sich das seltsame Verhalten der Bakterien zu Thymol nicht aus der Anwesenheit von Peptonen im \u00dcberschu\u00df in den Verdauungsgemischen usw. erkl\u00e4ren lie\u00dfe, etwa indem das kolloidal gel\u00f6ste Pepton die kry-stalloidal gel\u00f6sten Thymolmolekeln einh\u00fcllt, soda\u00df nunmehr das Thymolpeptongemisch physikalisch-chemisch ein scheinbar einheitliches Kolloidsystem darstellt, das physiologisch als. ungiftig f\u00fcr die Bakterien zu bezeichnen w\u00e4re.\nDie Herabsetzung der Wertigkeit von Metallgiften in Peptonl\u00f6sungen ist ja bekannt ; der L\u00f6sungszustand dieser Gifte wird durch das Pepton anscheinend ver\u00e4ndert. Der L\u00f6sungszustand des Thymols wird jedoch in Pepton in keiner Weise ver\u00e4ndert.\nDa\u00df ein Enzym, in unserem Falle Papayotin, keine \u00abSchutzwirkung\u00bb aus\u00fcbt, ergab der oben mitgeteilte Versuch. Immerhin befand sich das Papayotin nur in gro\u00dfer Verd\u00fcnnung in der L\u00f6sung, entsprechend den geringen Mengen zugesetzten Fermentes.\nUm mit einer typischen kolloidalen Emulsionsl\u00f6sung zu arbeiten, wurde Witte-Pepton, meist 10\u00b0/o, benutzt. In einer\n*) Papasotiriou, Einige Beobachtungen \u00fcber den Einflu\u00df von Bakterien auf Pepsin (Arch. f. Hyg., 1906, Bd. LVII, S. 269.)\n*) Vom Trypsin erw\u00e4hnt Fischer (Vorl. \u00fcber Bakt., h c., S. 123), da\u00df kr\u00e4ftige L\u00f6sungen, die nicht aseptisch gemacht sind, von.Bakterien \u00fcberwuchert werden.","page":423},{"file":"p0424.txt","language":"de","ocr_de":"m\nErnst Willy Schmidt,\nVergleichsreihe war der Peptonstickstolf durch Ammonstickstoff ersetzt. Die N\u00e4hrl\u00f6sungen hatten folgende Zusammensetzung:\n1000 ccm H20\n20 \u00bb Knopsehe N\u00e4hrl\u00f6sung 100 g Pepton\noder\n1000 ccm H20 10 g Ammoniumtartrat 5 \u00bb Traubenzucker\nbeide L\u00f6sungen hei\u00df ges\u00e4ttigt mit Thymol. Geimpft mit Erde.\nBeiden Reihen parallel lief ein Kontrollversuch ohne Thymol. Aus der Tabelle IV geht hervor, da\u00df das Pepton als Schutzstoir nicht in Frage kommt.\nTabelle IV.\nArt der L\u00f6sung\tResultat nach 24 Stunden bei 25\u00b0 C.\tResultat nach 48 Stunden bei 25\u00b0 C.\n' a) Peptomvasser mit\t. . Kahmhaut, leichte\tschw\u00e4rzlichgr\u00fcne Tr\u00fcbung,\nThymol >\t\u25a0/.; j:\\. ;\u25a0\t\u25a0 ' - , ;\u2022\tTr\u00fcbung, Geruch nach \u2018 Thymol\tF\u00e4ulnisgeruch\nb) Peptonwasser ohne Thymol\tdasselbe, die Kahrnhaut erscheint ein wenig st\u00e4rker\tdasselbe\nc) Ammoniumtartrat\tschwache Tr\u00fcbung,\tmilchige Tr\u00fcbung, \u00fcber der\nmit Thymol\tGeruch nach Thymol\tErde schw\u00e4rzliche Wolken. Fruchtestergeruch. Fl\u00fcssigkeit hat etwas gesch\u00e4umt\nd) Ammoniumtartrat ohne Thymol\tdasselbe : \u2022 \u25a0 \u2022 -\tapfelsinenfarbige Tr\u00fcbung, leicht schaumig, kein Geruch\nDie Kulturen a und b zeigten intensive Indolreaktion.\nDas gleiche Resultat ergab ein Versuch, bei dem anstatt mit Erde die N\u00e4hrl\u00f6sung mit Bacillus fluorescens liquaefaciens geimpft war.\nAuch diese Versuche wurden \u00fcbrigens sowohl wieder bei Zimmertemperatur als auch bei 25\u00b0 C. ausgef\u00fchrt.\nDer Ausfall war im Endresultat, F\u00e4ulnis der peptonhaltigen L\u00f6sungen. der gleiche, nur war nat\u00fcrlich eine zeitliche Differenz entsprechend den Temperaturunterschieden zu verzeichnen. W\u00e4hrend die Kulturen bei","page":424},{"file":"p0425.txt","language":"de","ocr_de":"Der baktericide Wert des Thymols.\n425\n2\u201d)\" C. nach sp\u00e4testens 48 Stunden F\u00e4ulniserscheinungen aufwiesen, wurde dieser Effekt bei Zimmertemperatur zumeist erst nach einer Woche erreicht. Entwicklung von Bakterien war jedoch in beiden Kulturreihen von Anfang an zu konstatieren, was schon makroskopisch in der fr\u00fchzeitigen mehr oder weniger starken Ausbildung einer Kahmhaut zum Ausdruck kam.\nDiese Versuche mit den Pepton- bezw. Ammoniumtartrat-l\u00f6sungen unter Thymolzusatz wurden noch einmal wiedelholt mit der Ab\u00e4nderung, da\u00df nach Beigabe der Erdpartikelehen das Ganze kurz aufgekocht wurde.\nAber auch in diesem Falle verfaulten regelm\u00e4\u00dfig die L\u00f6sungen von Pepton, und die Ammoniumtartratl\u00f6sungen zeigten intensives Baktcrien-wachstum. (Kahmhautbildung, Tr\u00fcbung.) Die mikroskopische Kontrolle wies auch hier wiederum, wie in allen anderen F\u00e4llen, verschiedene bewegliche Bakterienarten von h\u00f6chster vitaler Energie nach.\nAlso auch das Pepton h\u00e4ngt urs\u00e4chlich nicht mit der eigenartigen Resistenz der Bakterien gegen dieses Protoplasmagift zusammen, sondern es ist zur Evidenz erwiesen, da\u00df eben das Thymol als Gift im physiologischen Sinne f\u00fcr die hier benutzten Bakterienspezies nicht in Frage kommt, weder als Antisepticum (t\u00f6tend), noch als Des-inficiens (hemmend), wenn es, wie es in praxi stets der Fall ist, Medien keimfrei halten soll, die zugleich einen guten N\u00e4hrboden f\u00fcr Bakterien abgebeh.\nIn der bakteriologischen Literatur linden sich nun eine ganze Anzahl von Angaben \u00fcber die Anpassungsf\u00e4higkeit von Bakterien an Gifte, obzwar eine erbliche Fixierung der Giftigkeit von irgend einer Spezies nicht festgestellt ist. Immerhin k\u00f6nnte es sich in unserem Falle um eine in der Kultur neu erworbene Eigenschaft handeln, die mit der Entfernung des eigenschaft\u00e4ndernden Agens (des Thymols) dann wieder zum Verschwinden zu bringen sein m\u00fc\u00dfte. Diese Annahme best\u00e4tigte sich jedoch nicht.\nEs wurden zu verschiedenen Malen \u00abPassagekulturen\u00bb angelegt, indem reinkultivierte Bakterien (Bacillus fluorescens liquefaciens) aus thymolhaltigen Medien in thymolfreie N\u00e4hrl\u00f6sungen \u00fcbergeimpft und eine Zeitlang in diesen Substraten weiterkultiviert wurden, um erst dann wieder als Testobjekte f\u00fcr Thymolresistenz zu dienen. Aber auch in diesen F\u00e4llen erwiesen sich die Bakterien als thymolhart. \u00dcberdies begegnen ja schon die Kulturen mit Erde- und Erbsenzusatz (also mit","page":425},{"file":"p0426.txt","language":"de","ocr_de":"426\nErnst Willy Schmidt,\nMaterial, das nie mit Thymol in Ber\u00fchrung gekommen war) diesen Einwendungen.\nEin Versuch sei hierbei noch angef\u00fchrt: 300 ccm einer 5\u00b0/oigen Peptonl\u00f6sung, die zuvor hei\u00df mit Thymol ges\u00e4ttigt und nach dem Erkalten klar filtriert worden war, wurde mit Erdpartikelchen geimpft. Nach einer Woche (bei 25\u00b0 C.) hatte sich eine m\u00e4chtige Kahmhaut gebildet, die einen Durchmesser von ca. 12 cm und eine Dicke von ca. 0,5 mm aufwies. Die N\u00e4hrl\u00f6sung war getr\u00fcbt, Thymolgeruch herrschte noch vor.\nGerade die schon so oft verzeichnete Kahmhaut macht die Tatsache der Thymolresistenz noch r\u00e4tselhafter, denn nach Metcalf1) mu\u00df ein Stoff, der die Oberfl\u00e4chenspannung eines L\u00f6sungsmittels herabsetzt, sich an der Oberfl\u00e4che ansammeln. Da nun organische Stoffe die Oberfl\u00e4chenspannung zumeist erniedrigen, so m\u00fc\u00dfte man annehmen, da\u00df die Peptonl\u00f6sung an der Oberfl\u00e4che die gr\u00f6\u00dfte Thymolkonzentration habe. Gerade an der Oberfl\u00e4che aber haben die in diesen Versuchen benutzten Bakterien ihre gr\u00f6\u00dfte Vegetationsbreite.\nFerner lie\u00dfe sich noch argumentieren: Die vegetativen Bakterienformen, die in der zu den Impfzwecken verwendeten Erde enthalten sind, werden zun\u00e4chst von dem Thymol gehemmt, aber nicht get\u00f6tet. Nach einer Art kurzen Inkubationsstadiums ist ihr protoplasmatisches System auf das Gift eingestellt und die Entwicklung geht vor sich. W\u00fcrde jedoch das Gift diesen anfangs hemmenden Charakter haben, dann d\u00fcrften die in der Erde vorhandenen Spuren nicht zur Keimung gelangen (oder zum mindesten doch nicht so schnell). W\u00fcrde also unter dieser Annahme das N\u00e4hrl\u00f6sungsthymolgemisch mit der Erde zusammen gekocht, so w\u00fcrden die vegetativen St\u00e4bchen vernichtet, die sporogenen Formen aber blieben erhalten, doch ihr Auskeimen w\u00fcrde durch das Gift verhindert. Die L\u00f6sungen blieben also unver\u00e4ndert. Wie der schon angef\u00fchrte Versuch lehrte, ist dies nicht der Fall: die Sporen keimen sogleich aus und erregen normalerweise die F\u00e4ulnis.\nAlle Versuche wurden bisher in w\u00e4sserigen Medien angestellt; wie verh\u00e4lt sich nun Agar-Agar und Gelatine zu Thymol?\n--j\u2014-------\nM Zitiert nach Euler, 1. c., S. 38.","page":426},{"file":"p0427.txt","language":"de","ocr_de":"Der baktericide Wert des Thymols.\t427\nWerden diese organischen Hydrogele durch Thymol ausreichend vor Bakterienvegetation gesch\u00fctzt? Wie es nach den Resultaten der vorhergehenden Versuche nicht anders zu erwarten war: Auch Agar und Gelatine werden durch Thymolzusatz nicht desinfiziert.\nUm einen \u00dcberblick \u00fcber die verschiedenen Bakterienarten zu gewinnen, die in den Kulturen Vorlagen, wurden Thymolagar und Thymolgelatineplattenkulturen angelegt, wobei dann gleichzeitig das Verhalten der Bakterien in diesen Medien untersucht werden konnte.\nDie Zusammensetzung der Substrate war:\n10 o/o Gelatine bezw. 2\u00b0/o Agar-Agar -f-2\u00b0/o Pepton -f- 20\u00b0/o Knopsche N\u00e4hrl\u00f6sung -j- Thymol.\nDie Gelatine (bezw. Agar) ward in ges\u00e4ttigtem Thymolwasser aufgel\u00f6st, gekocht und klar filtriert. Als Vergleich wurden L\u00f6sungen ohne Thymol auf die gleiche Weise hergestellt. Die bei 30\u00fc C. fl\u00fcssig gehaltenen Agar- und Gelatinr\u00f6hrchen wurden je mit einem Tropfen (Platin\u00f6se) eines Bakteriengemisches aus Erde und Glycerinfibrin beschickt und zu Platten ausgezogen. Die Agarpetrischalen standen bei 250 C.j die Gelatineplatten bei Zimmertemperatur.\nEs konnte auf allen Platten (mit und ohne Thymol) ein gleichm\u00e4\u00dfiges Auswachsen der Bakterien zu Kolonien beobachtet werden. Bei Agar aber schlechter als bei Gelatine. Die Gelatinekulturen waren sehr dicht; in der thymolfreien wie in der thymolhaltigen Schale trat gleichm\u00e4\u00dfig Verfl\u00fcssigung ein.\nAuf den Platten war deutlich ersichtlich, da\u00df eine farbsloftbildende Bakterie weitaus vorherrschte, besonders auf Gelatine. Die Platten waren nach zwei Wochen (Zimmertemperatur) verfl\u00fcssigt und intensiv gr\u00fcn gef\u00e4rbt. Dieselbe F\u00e4rbung war auch mit der Zeit in den meisten der alten Fl\u00fcssigkeitskulturen die vorherrschende geworden.\nDie genauere Speziesdiagnose (so weit eine solche zurzeit \u00fcberhaupt durchf\u00fchrbar ist an asporogenen Formen) ergab dann, da\u00df es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Bacillus fluorescens liquefaciens Fl\u00fcgge handelt. *)\nDie Produktion eines tiefblauen Farbstoffes der untersuchten Bakterie auf Agar deutet ja mehr auf Bacillus pvocyaneus; aber auch Bacillus fluorescens liquefaciens bildet oft auf Agar einen mehr blauen\n\u2019) Migula, System der Bakterien, 1900, Bd. II, S. 8K6.\nMatzuschita, Bakteriologische Diagnostik, 1902, S. 132.","page":427},{"file":"p0428.txt","language":"de","ocr_de":"428\nErnst Willy Schmidt,\nFarbstoff, zu dem d\u00fcrfte eine sichere Trennung dieser beiden Bakterien-arlen (falls man sie als Arten gelten lassen will *) auf Grund ihrer Farbstoffbildung) schwer durchf\u00fchrbar sein.\nDaneben konnte sehr oft Bacillus vulgaris (Hauser) Mi-gula2) (Bacillus proteus vulgaris Hauser) nachgevviesen werden. Er herrschte besonders in den mit Erde und Erbsen infizierten Kulturen vielfach vor. Au\u00dferordentlich kr\u00e4ftige und sch\u00f6ne Formen traten in faulendem \u00abPankreatin\u00bb auf. Inden verschiedenen Thymolkulturen konnten in keiner Zeit irgend welche Erscheinungen von Involution festgestellt werden. (Die Kulturen standen zum Teil 6 Wochen.) Stets war das mikroskopische Bild das gleiche : Doppelst\u00e4bchen bewegten sich mit gro\u00dfer Geschwindigkeit zappelnd durch das Gesichtsfeld; in allen zur Beobachtung gelangenden F\u00e4llen konnte die f\u00fcr diese Bakterienform so charakteristische au\u00dferordentliche Lebhaftigkeit und Mannigfaltigkeit der Bewegungen festgestellt werden.\nAu\u00dfer den Plattenkulturen wurden noch Reagenzrohrstichkulturen angelegt. Es wurde sowohl mit Reinkulturen ge-ai beitet,, als auch aus s\u00e4mtlichen angesetzten Versuchen in Thymolgelatiner\u00f6hrchen \u00fcbergeimpft.\nAllo Kuliuren wurden am Nordfenster des Laboratoriums aufge-stellL Schon nach 2 Tagen zeigte sich in der \u00fcberwiegenden Mehrzahl der Kulturen ein Auswachsen des Stichkanals: nach weiteren zwei Tagen war in allen H\u00fchrchen ein Wachstum zu erkennen. Als der Versuch sistiert wurde (nach 2 Wochen), war ein gro\u00dfer Teil der R\u00f6hrchen verfl\u00fcssigt, die verfl\u00fcssigten Kulturen waren \u00fcberwiegend gr\u00fcn gef\u00e4rbt. Die zur Kontrolle angesteilten Kulturen ohne Thymol ergaben dasselbe Bild. Besonders hervorzuheben isl bei diesem Versuch, da\u00df auch die Bakterien in den \u00e4ltesten Kulturen (ca. <X Wochen) bei Thymolzusatz ni( ht abgestorben waren, sondern sofort, auf Thymolgelatine \u00fcbergeinipft, weiter wuchsen.\nNeben den mit Thymol ges\u00e4ttigter Gelatine wmrden Versuche mit der \u00dcbersehichtung von Thymolkrystallen durch Gelatine und der Herstellung von Thymolsuspensionen in Gelatine gemacht.3)\n') Vgl. HandbuMi der technischen Mykologie. 1904, Bd. Ill, S. 92 und Lehmann u. Neumann, Bakteriologische Diagnostik, 1904, S. 315.\n*) Migula, 1. c.. S. 707.\nMatzuschita, 1. c. S. 72.\n'> Hierbei traten eigenartige Erscheinungen auf. Da Thymol seinen Schmelzpunkt bei .>1,5'' G. hat, so gelingt es, Suspensionen in hei\u00dfer","page":428},{"file":"p0429.txt","language":"de","ocr_de":"Der baktericide Wert dos Thymols.\n429\nEs wuchsen nun in Suspensionen von Thymol wie in den dem Thymol \u00fcberschichteten Gelatine Bakterien. Audi in Agarthvmolsuspensionen wuchsen die Bakterien. Eine Gelatinestichkultur, \u00fcber einem gro\u00dfen Thymolkrystall angelegt, wirkt \u00e4u\u00dferst demonstrativ : Der von oben bis unten gut bewachsene Stichkanal steht direkt auf dem Krystall, von oben, wo schon Verfl\u00fcssigung eingetreten ist, nach unten trichterf\u00f6rmig spitz zulaufend.\nDie Keihe der Versuche zur Feststellung des bakterieiden \\\\ ertes des Thymols beschlossen mikroskopische Beobachtungen von Bakterien nebst einigen anderen zum Vergleiche herangezogenen Mikroorganismen.\nSo wurden Paramaecien untersucht.\nEinem paramaecienhaltigen Fl\u00fcssigkeitstropfen wurde Thymolwasser zugesetzt. Nach 3 Minuten traten Zerllie\u00dfungs-erscheinungen auf, die auch besonders sch\u00f6n hei Vorticella\nGelatine herzustellen, weit \u00fcber der sonstigen L\u00f6slichkeit des Thymols (1 : 1200t. Werden in ein Reagenzglas etwa auf 70-*'C.-erhitzte Gelatine (10>) Thymolkrystalle gebracht, so schmelzen diese in kurzer Zeit. Durch kr\u00e4ftiges Sch\u00fctteln w\u00e4hrend des Schmelzprozesses erh\u00e4lt man eine sehr feine Verteilung kleinster Thymoltr\u00f6pfchen, die dann in der unter, scharfem Wasserstrahl schnell zum Erstarren gebrachten Gelatine fixiert sind. Die Gelatine sieht darnach wie St\u00e4rkekleister aus: eine diffus weift erscheinende starre Masse. \u00dcberl\u00e4ftt man jetzt diese Gelatinethvinolmasse sich seihst, so krystallisiert mit der Zeit das suspendierte Thymol wieder aus. Es bilden sich innerhalb der Gelatine verschiedene Krystallisationskerne, an denen sich immer neues Thymol krystallisiert, bis das in der; Gelatine nicht gel\u00f6ste Thymol wieder kryslallinisch geworden ist. Hand in Hand mit dieser Erscheinung tritt die milchige Tr\u00fcbung der Gelatine mehr und mehr zur\u00fcck, die durch die Unzahl feinster Thymoltr\u00f6pfcheA bewirkt wurde, bis schlie\u00dflich die Gelatine wieder vollst\u00e4ndig klar geworden ist. Nur eine Anzahl sch\u00f6ner gro\u00dfer Krystalle innerhalb der Gelatine erinnert an den fr\u00fcheren Zustand. Dasselbe ist auch in Petrischalen zu beobachten; die Krystalle bleiben hier aber durchweg betr\u00e4chtlich kleiner. Es gelingt auch, fl\u00fcssige Gelatine \u00fcber Thymolkrystalle zu schichten, ohne da\u00df die Krystalle zum Schmelzen kommen. Man braucht nur noch eben fl\u00fcssige Gelatine (25\u201428\u00b0 C.) zu benutzen und schnell erstarren lassen. Auf dem Grunde derart hergestellter Gelatiner\u00f6hrchen liegen dann die Thymolkrystalle unver\u00e4ndert. Durch Diffusion erst gelangt nach und'nach der entsprechende l\u00f6sliche Anteil von Thymol in die Gelatine.\u201c","page":429},{"file":"p0430.txt","language":"de","ocr_de":"430\nErnst Willy Schmidt,\nnebulifera zu beobachten waren. Bei diesen war das Kontraktionsverm\u00f6gendes Stilmvoids schon nach 30 Sekunden aufgehoben ; Ersch\u00fctterungsreize gelangten nicht mehr zur Perzeption.\nEuglena viridis, Polytoma uvella, Chlamydomonaden, Euastrum, Colpidium, Beggiatoa alba und ein gro\u00dfes Sumpf-spirillum kamen des weiteren zur Beobachtung. Bei den Infusorien trat regelm\u00e4\u00dfig nach kurzer Zeit Zerflie\u00dfung ein.\nDie Flagellaten, soweit sie metabolisch waren, zogen sich klumpenf\u00f6rmig zusammen ; die Beggiatoa stellten ihre Oscil-lationen ein und die Bewegungen des Spirillums wurden langsamer und langsamer, bis sie schlie\u00dflich (nach 3\u20145 Minuten) ganz auf h\u00f6rten. Eine Anzahl .Spirillen streckten sich dabei, so da\u00df sie mit gro\u00dfen St\u00e4bchenbakterien h\u00e4tten verwechselt werden k\u00f6nnen. \u2014\nGanz anders verhielten sich dagegen Bacillus fluorescens liquefaciens und Bacillus vulgaris. Die Bakterien wurden in H\u00e4ngetropfen beobachtet. Sowohl in H\u00e4ngetropfen, die aus ges\u00e4ttigtem Thymolwasser bestanden, wie auch in Tropfen, denen Thymolkrystallpulver zugesetzt war, blieben beide Formen nicht nur lebendig, sondern ihre Beweglichkeit lie\u00df auch nichts zu w\u00fcnschen \u00fcbrig. Besonders war es wiederum Bacillus vulgaris, dessen gro\u00dfe Beweglichkeit auffiel. Die H\u00e4ngetropfen wurden vier Tage hindurch t\u00e4glich kontrolliert (sie standen in einer feuchten Kammer bei 16\u00b0 C.), eine Ver\u00e4nderung in der vitalen Energie der Bakterien war w\u00e4hrend dieser Zeit nicht zu konstatieren. Die Bakterien blieben also auch unter diesen denkbar, ung\u00fcnstigen Verh\u00e4ltnissen \u2014 destilliertes Wasser -f-Thymol \u2014, wo doch keinerlei N\u00e4hrstoff eine Kr\u00e4ftigung gegen die Giftwirkung erm\u00f6glichte, tagelang am Leben. Da liegt denn der Gedanke nicht allzufern, da\u00df das Thymol selbst angegriffen wird. Einige Tatsachen sprechen f\u00fcr diese M\u00f6glichkeit.\nTyrosinase aus Russula und aus Champignons vermag nach Cousin und H\u00e9 risse y *) Thymol in Dithymol \u00fcberzuf\u00fchren. Nach Fuhrmann*)\n'} Cousin und H\u00e9rissey, \u00dcber die Oxydation des Thymols durch das oxydierende Ferment der Champignons (Archiv der Pharmazie, 190H, Bd. CC.XLV1, S. 225).\n*\u00bb Fuhrmann. 1. c., S. 107.","page":430},{"file":"p0431.txt","language":"de","ocr_de":"Dor baktericide Wert des Thymols. \u25a0'\t431\nhaben Gessard bei Bacillus pyocyaneus und Lehmann bei. einigen anderen Bakterien eine Tyrosinase gefunden. Da Oxydasen (Phonolasen, Tyrosinasen) bei Mikroorganismen \u00fcberhaupt weit verbreitet zu sein scheinen (und Gessard gerade bei dem dem Bacillus lluorescens lique-faciens so \u00e4hnlichen Bacilltis pyocyaneus Tyrosinase nachgewiesen hat), so w\u00e4re es sehr wohl m\u00f6glich, da\u00df Bacillus lluorescens liquefaciens und auch Bacillus vulgaris mit Hilfe einer Phenolase eine Oxydation des Thymols zu Dithymol durchf\u00fchren. Da das Dithymol ungiftig ist. so w\u00e4re der entwicklungshemmende Faktor beseitigt.\nLeider waren, als diese Frage experimentell gepr\u00fcft werden sollte, nur noch relativ geringe Mengen von Kulturfl\u00fcssigkeit aus \u00e4lteren Kulturen vorhanden, bei denen die M\u00f6glichkeit bestand, Dithymol aufzufinden bezw, das Verschwinden des Thymols nachzuweisen.\nEs gelang nicht, durch Aussch\u00fctteln mit \u00c4ther wohlcharakterisierte Thymolkrystalle zu erhalten, die Mengen gel\u00f6sten Thymols in den Fl\u00fcssigkeiten waren zu geringe. Doch konnte der Thymolgeruch an dem durch Abdunstung des \u00c4thers erhaltenen feinen Krystallgemisch wahrgenommen werden. Auch die Thymolreaktion mit Eisessig und konzentrierter H,S04 \u2014 rotviolelte F\u00e4rbung \u2014 war sehr intensiv.\nEine zweite Fl\u00fcssigkeitsportion \u2014 Bacillus lluorescens liquefaciens-Kultur \u2014 wurde der Destillation unterworfen. Das Destillat wurde mit \u00c4ther ausgesch\u00fcttelt, der \u00c4ther durch Abdunsten entfernt. Der kry-stallinische R\u00fcckstand ergab wiederum die obige intensive Thymolreaktion.\nEs scheinen somit die Bakterien das Gift nicht durch einen enzymatischen Proze\u00df in eine ungiftige Form \u00fcbergef\u00fchrt zu haben, sondern es bleibt vorl\u00e4ufig*) die auff\u00e4llige Tatsache bestehen, da\u00df das Thymol f\u00fcr die gemeinsten F\u00e4ulnisbakterien ungiftig ist.\nZiehen wir kurz die Konsequenzen aus dem gesamten in dieser Arbeit niedergelegten Tatsachenmaterial, die sich speziell f\u00fcr verdauungsphysiologische Arbeiten ergeben. Wo tierisches und pflanzliches Eiwei\u00df der Einwirkung tryptischer Fermente bei Zusatz von Thymol unterworfen wird, ist das Resultat eines solchen Verdauungsversuches nicht als einwandsfrei zu betrachten. Denn die in den Verdauungsgemischen stets vorhandenen Bakterien greifen sowohl des Ferment an, wie sie auch das der Verdauung unterworfene Eiwei\u00df mit-\n\u2018) Ich hoffe in n\u00e4chster Zeit ein endg\u00fcltiges Resultat zu dieser Frage bringen zu k\u00f6nnen.","page":431},{"file":"p0432.txt","language":"de","ocr_de":"f'*\u201c Ernst Willy Schmidt, Der baktericide Wert des Thymols.\nabzubauen imstande sind. Die entstandenen Spaltungsprodukte k\u00f6nnen deshalb nicht allein aut Rechnung einer spezifischen Wirkung des beigegebenen tryptischen Enzymes gesetzt werden. Art der Spaltung, Verlauf und Schnelligkeit erleiden durch die Mitwirkung der Bakterien eine Modifikation, der ganze Versuch verliert seine ' Eindeutigkeit. Das Thymol ist um so gef\u00e4hrlicher, als sein intensiver, frisch aromatischer Geruch oft leicht Fruchtesterbildung von seiten der Bakterien verdeckt: denn nicht stets sind es kr\u00e4ftig das Eiwei\u00dfmolek\u00fcl zu Indol, Skatol, Methylmerkaptan und Schwefelwasserstoff spaltende Ktulnisbdkterien, die thymolhart sind und den Versuch chemisch beeinflussen. Um nur ein Beispiel aufzuf\u00fchren: Emmerling und Reiser1) wiesen nach, da\u00df ein tryptisches Ferment des Bacillus fluorescens liquefaciens in seiner Wirkung ganz dem des Fapayotins \u00e4hnelt. In meinen Papayotinverdauungsversuchen mit Thymolzusatz, die den Anla\u00df zu dieser Arbeit gegeben haben, trat nun gerade dieses Bakterium einige Male auf. W\u00e4re es \u00fcbersehen worden, so h\u00e4tte die tats\u00e4chlich bakterielle T\u00e4tigkeit eine Papayotinwirkung vorget\u00e4uscht, w\u00e4hrend das zu pr\u00fcfende Papayotin wom\u00f6glich unwirksam war._____\nInwieweit nun die Arbeiten \u00fcber tryptische Verdauung, die unter ausschlie\u00dflicher Verwendung von- Thymol unternommen wurden, etwa einer kritischen \u00dcberpr\u00fcfung zu unterziehen w\u00e4ren, ist nicht Sache dieser Untersuchung. So viel steht fest: Das Thymol darf f\u00fcr die Folgezeit, besonders f\u00fcr l\u00e4nger dauernde Verdauungsversuche bei alkalischer Reaktion, nicht mehr als Desinficiens verwendet werden., weil es als solches seinen Zweck nicht erf\u00fcllt.\nl)' Emmerling und Reiser, Zur Kenntnis eiwei\u00dfspaltender Bakterien (Chem. Ber. 1002, Bd. XXXV, S. 700,i.","page":432}],"identifier":"lit19011","issued":"1910","language":"de","pages":"412-432","startpages":"412","title":"Der bactericide Wert des Thymols","type":"Journal Article","volume":"67"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:15:29.086442+00:00"}