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{"created":"2022-01-31T14:07:08.742591+00:00","id":"lit19032","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Kossel, A.","role":"author"},{"name":"F. Weiss","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 68: 165-169","fulltext":[{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Einwirkung von Alkalien auf Proieinstofe.\nIII. Mitteilung.\nVon\nA. Kossel und F. Weiss.\n(Aus dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Heidelberg.)\nAus unseren fr\u00fcheren Untersuchungen geht hervor, da\u00df die Protamine unter der Einwirkung der Alkalien eine Ver\u00e4nderung erfahren k\u00f6nnen, welche die in ihrem Molek\u00fcl enthaltene Guanidingruppe betrifft und welche bewirkt, da\u00df bei nachfolgender S\u00e4urehydrolyse aus ihnen statt des Arginins Ornithin entsteht. Diese Umwandlung ist h\u00f6chstwahrscheinlich so zu erkl\u00e4ren, da\u00df schon bei gelinder Alkaliwirkung Harnstoff abgespalten wird, w\u00e4hrend die den Proteinstoffen eigenen Peptidbindungen zun\u00e4chst noch erhalten bleiben.\nDieses Verhalten stellt einen besonderen Fall der Desamidierung von Proteinstoffen dar, welcher auch f\u00fcr die Beurteilung des physiologischen Eiwei\u00dfabbaues ein erhebliches Interesse gewinnen kann.\nEhe man jedoch an diesen Befund weitere physiologische Betrachtungen kn\u00fcpft, hat man die Frage zu entscheiden, ob dieselbe Form der Desamidierung auch bei anderen Proteinen zu beobachten ist oder ob sie eine Eigent\u00fcmlichkeit der Protamine darstellt. Im ersteren Falle w\u00fcrde sie f\u00fcr die Beurteilung der physiologischen Harnstoffbildung von Bedeutung werden, im letzteren w\u00fcrde sie einen Unterschied in der Konstitution der Protamine und anderer Proteinstoffe dartun.\nAls Beispiel f\u00fcr einen h\u00f6heren Proteinstoff Haben wir zun\u00e4chst den Leim gew\u00e4hlt und das Verhalten desselben gegen\u00fcber Barytwasser und Natronhydrat mit dem des Clupeins verglichen. Dabei zeigte sich bei der von uns angewandten Art der Alkaliwirkung, da\u00df der Leim die erw\u00e4hnte Ver\u00e4nderung der Guanidingruppe nicht erkennen la\u00dft, da\u00df diese Gruppe somit im Leim mehr gesch\u00fctzt ist wie im Protamin.\nUnser Untersuchungsverfahren bestand darin, da\u00df wir zu entscheiden versuchten, ob durch die Einwirkung von Alkalien uns dem Leim peptonartige Spaltungsprodukte gebildet werden, w Gehe das Ornithin ohne die zugeh\u00f6rige Cyanamidgruppe","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"A. Kossel und F. Weiss.\n16\u00df\nin pcptidartiger Hindun? enthalten. Wir versuchten also aus dem durch Alkaliwirkung erhaltenen Heaktionsgemisch pepton-artige Stoffe zu isolieren, unterwarfen diese der S\u00e4urehydrolyse und pr\u00fcften die hierbei erhaltenen Spaltungsprodukte auf Ornithin.\nHierbei zeigte sich, da\u00df schon durch die Alkaliwirkun* allein neben den Leimpeptonen Ornithin gebildet wurde. Dies Ornithin konnte durch die Alkalihydrolyse aus prim\u00e4r abgespaltenem Arginin gebildet sein, kam also f\u00fcr unsere Fragestellung nicht in Betracht. Fnsere Aufmerksamkeit mu\u00dfte dahin gerichtet sein, die zu untersuchenden peptonartigen K\u00f6rper v\u00f6llig von diesem durch Alkaliwirkung unmittelbar gebildeten Ornithin zu befreien, um das peptidartig gebundene Ornithin von dem freien Ornithin zu unterscheiden. Wir erreichten dies durch F\u00e4llungsmittel, welche unter den von uns gew\u00e4hlten Bedingungen wohl peptonartige Stolle, aber kein Ornithin nieder-schlagen. Als solche verwendeten wir\n1.\tGerbs\u00e4ure mit wenig Kochsalz,\n2.\tGerbs\u00e4ure in einer mit Kochsalz ges\u00e4ttigten L\u00f6sung, \u00f6. das Silberbarytverfahren.\nL Jod wismutjod Wasserstoff.\nFntersuchungsmethoden.\nDie .Versuche wurden in folgender Weise ausgef\u00fchrt \u00f6OO g Leim wurden mit 5 1 ^a-Normal-Natronlauge 7\u201419 Tage im Brutofen digeriert, mit Salzs\u00e4ure neutralisiert, mit Essigs\u00e4ure unges\u00e4uert und mit Gerbs\u00e4uremischung1) v\u00f6llig ausgef\u00e4llt (Niederschlag I). Das Filtrat dieses Niederschlags wurde mil Kochsalz ges\u00e4ttigt; es entstand ein neuer Niederschlag, welcher ebenfalls abfiltriert wurde (Niederschlag II). Das Filtrat wurde zur Entfernung des Kochsalzes mit Phosphorwolframs\u00e4ure gef\u00e4llt, der Niederschlag nach kurzem Stehen abfiltriert. gut ausgewaschen und durch Baryt zerlegt. Nach Entfernung des \u00fcbersch\u00fcssigen Baryts erhielten wir eine Fl\u00fcssigkeit, welche reich an peptonartigen Stoffen war und starke Biuretreaktion zeigte. Dieselbe wurde zun\u00e4chst mit dem von A. Kossel ange-\nb 70 g Gerbs\u00e4ure. 100 g Kochsalz, \u00e4O ccm Eisessig in Wassei gel\u00fcst, mit Wasser bis zum Liter aufgef\u00fcllt (Hedin).","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"i ber die Einwirkung von Alkalien auf Proteinstoflfe. III. 167\ngebenen1 ) Silbernitratbarytverfahren ausgef\u00e4llt (Niederschlag III). Das Filtrat dieses Niederschlages wurde nach Entfernung des >ilber\u00bb einer nochmaligen F\u00e4llung mit Phosphor wolframs\u00e4ure untci worlen, die gef\u00e4llte von Ph\u00f6sphorwolfrains\u00e4ure befreite Substanz mit .lodwasserstol\u00ee neutralisiert und bei Gegenwart von O.-o0 o Jodwasserstoff mit Jodwismut-Jodnatrium2) gef\u00e4llt (Niederschlag IV).\nIn den Niederschl\u00e4gen mu\u00dften verschiedene Fraktionen von Peptonen und Peptiden frei von bereits gebildetem Ornithin vorhanden sein.\nRe vor diese Niederschl\u00e4ge der Hydrolyse unterworfen winden, mu\u00dften sie von dem mit ihnen in Verbindung belind-1 i< 11<*ii h \u00e4ilungsmittel befreit werden. Es wurde dies dadurch erm\u00f6glicht, da\u00df sowohl Gerbs\u00e4ure- wie Phosphonvolframs\u00fcure-verbindungen von peptonartigen Spaltungsprodukten der Protein-slolTe in w\u00e4sserigem Aceton l\u00f6slich sind. 5) Der Gerbs\u00e4ure-nlederschlag (I) erlangte unter Eisk\u00fchlung eine pulverige Konsistenz, soda\u00df er in der Reibschale verrieben und gut mit Wasser ausgewaschen werden konnte. Er wurde sodann in einer Mischung von 800 ccm Aceton und 650 ccm Wasser\u201c gel\u00f6st. Die L\u00f6sung ging bei gew\u00f6hnlicher Temperatur bei-'21 st\u00e4ndigem Stehen vollkommen vor sich. Aus der L\u00f6sung wurde die Gerbs\u00e4ure mit einer L\u00f6sung von 200 g Rleiacetat m etwa 600 ccm Wasser ausgef\u00e4llt, der Niederschlag mit\n') Diese Zeitschrift. Bd. XXV. S. 177.\nD Das Reagens wird bereitet aus \u00f6O g Jodnatrium, HK) g Jodwismut und 100 ccm 0,5\u00b0/oige Jodwasserstoffs\u00e4ure in Wasser.\n) Die L\u00f6slichkeit der Phosphorwolframs\u00e4ureniedersehl\u00e4ge in Aceton-wasscr bietet ein sehr bequemes Hilfsmittel bei der Umsetzung derselben mit Baryt, welches sich seit mehreren Jahren im hiesigen Laboratorium \"ut ,HAVahrt hat- ,n manchen F\u00e4llen gen\u00fcgt der Zusatz von Aceton zu li,:m in Wasser aufgeschwemmten Niederschlag, um eine vollst\u00e4ndige h sung zu ei zielen, aus welcher \u2014 n\u00f6tigenfalls nach vorhergehender Fil-lra,mn \u2014 t,ie Phospliorwolframs\u00e4ure mit ges\u00e4ttigtem Baryhyasscr aus-<illt wird. In anderen F\u00e4llen, z. B. bei Gegenwart von peplon- oder alhumoseartigen Substanzen, ist es erforderlich, das Pliosphorwolframat in \u2022 in,T gro\u00dfen Beihschale mit einer Mischung von 3 Vol. Aceton und 1 Vol. Busser zu verreiben und die L\u00f6sung dann mit gepulvertem '\u00c4tzbaryt in d' t Beihschale zu mischen.","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"UiS\nA. Kossel und F. Weiss,\nhei\u00dfem Wasser m\u00f6glichst vollst\u00e4ndig ausgewaschen und die unter Zusatz von Tierkohle eingedampften Filtrate und Waschw\u00e4sser durch Schwefelwasserstoff vom Blei befreit.\nDie Fmsetzung des Niederschlages II mit Bleiacetat gelang ohne Anwendung von x\\ceton, da der Niederschlag sich beim Erw\u00e4rmen in Wasser leicht aull\u00f6ste. Die gef\u00e4llte Substanz wurde vor der Hydrolyse durch nochmalige F\u00e4llung mit Phosphorwolframs\u00e4ure gereinigt.\nDer mit Jodwismutjodwasserstolf gef\u00e4llte Niederschlag i IV) wurde mit Schwefels\u00e4ure verrieben, mit Schwefel Wasserstoff zersetzt, zur Kntfernung des Jodwasserstoffs mit Phosphorwolframs\u00e4ure niedergeschlagen und das letztere F\u00e4llungsmittel vor der Hydrolyse entfernt\nIlvdrolvse der vier Fraktionen.\nDie vier Fraktionen gaben die Biuretreaktion und zeigten peptonartigen Charakter, zum Teil auch etwas Linksdrehung. Sie wurden durch 1 Tst\u00fcndiges Kochen mit der zehnfachen Menge\nsiert und jede f\u00fcr sich nach dem Verfahren, welches in der vorhergehenden Abhandlung1) beschrieben ist, auf Ornithin verarbeitet. Wie bereits erw\u00e4hnt, war kein Ornithin nachweisbar.\n(lelegentlich dieser Untersuchungen erhielten wir einige bereits bekannte Spaltungsprodukte des Leims, \u00fcber welche folgendes zu bemerken ist:\n1. In freiem Zustande waren unter den Spaltungsprodukten nachweisbar: Olykokoll, inaktives Ornithin und 1-Valin.\na)\tDas Ornithin wurde aus der Phosphorwolframs\u00e4urc-nachfiillung als Dipikrolonat isoliert und gab bei der Analen-die in der vorigen Abhandlung mitgeteilten Werte. Es konnte ferner als Platinchlorhydrat, Ornithurs\u00e4ure (F = 183\u201418 b\") und Pikrat nachgewiesen werden.\nb)\tDas 1-Valin wurde aus dem Filtrat des Phosphor-woiframs\u00e4urenicderschlags gewonnen. Dasselbe gab bei der Stickstoffbestimmung folgenden Wert:\nberechnet f\u00fcr C.,HllX02: N - 11,\u00bb%\nGefunden :\n11.7\u00b0,\n! ) cf. vorhergehende Mitteilung.","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die Einwirkung von Alkalien auf Proteinstofle. III. 109\n2. Unter den Produkten der S\u00e4urehydrolyse der durch Alkaliwirkung erhaltenen Peptone w\u00e4ren nachweisbar:\nInaktives Histidin (Menge gering), inaktives Arginin, Hechts-Lysin, inaktives Lysin und Prolin (Drehung nicht gepr\u00fcft).\nVon diesen Produkten wurde Lysin nachgewiesen unter den Spaltungsprodukten des Niederschlags I, II und IV und zwar wurde aus I und II Hechts-Lysin, neben geringeren Mengen inaktiven Lysins, aus den Spaltungsprodukten des Niederschlages IV nur inaktives Lysin erhalten.\nDas Histidin wurde an der Diazoreaktion, dem Pikro-lonat und dem krystallisierenden Dichlorid, das Arginin an dein charakteristischen Nitrat und dem Pikrat erkannt.\nDas Lysin wurde als Monopikrat isoliert ; dieses lieferte hei der Pikrins\u00e4urebestimmung folgende Werte:\nberechnet f\u00fcr C6HI4N20,* C,,H,N30;:\tGefunden:\nPikrins\u00e4ure 01,07\u00b0/\u00ab\t01,10\u00b0/\u00ab.\nDas Prolin wurde aus dem Alkoholextrakt der Phosphor-wolframs\u00e4urenachf\u00e4llung in krystallisiertem Zustand gewonnen und in das Phenylhydantoin \u00fcbergef\u00fchrt. Letzteres schmolz bei 112\u00b0 (unkorr.)1) und lieferte bei der Analyse folgende Zahlen:\nBerechnet f\u00fcr Cl2H18Nt02:\tGefunden:'.\nG 00,7\u00b0/\u00ab\t07,00\u00b0 \u00ab\nII 5,0 i\u00ab\tfuo\u00b0/c.\nSomit zeigten sich bei der Einwirkung der Alkalien auf Gelatine \u00e4hnliche Erscheinungen, wie wir sie bereits fr\u00fcher beim Ulupein beschrieben haben. Einzelne Hausteine der Protein-Stoffe sind der Hacemisierung leichter zug\u00e4nglich, solange sie noch \u00abintraprotein\u00bb gebunden sind. Unterwirft man die durch Alkali teilweise racemisierte Gelatine der nachtr\u00e4glichen S\u00e4ure-hydrolyse, so werden einzelne Bausteine des Proteinmolek\u00fcls in racemisiertem, andere in aktivem Zustande erhalten. ' Besonders schnell tritt die Hacemisierung bei der Ornithingruppe ein.\nDer Schmelzpunkt des i-Prolinphenylhydantoins liegt hei Um\u00ae.","page":169}],"identifier":"lit19032","issued":"1910","language":"de","pages":"165-169","startpages":"165","title":"\u00dcber die Einwirkung von Alkalien auf Proteinstoffe. III. Mitteilung","type":"Journal Article","volume":"68"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:07:08.742597+00:00"}