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{"created":"2022-01-31T14:03:41.000925+00:00","id":"lit19042","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Lippich, Fritz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 68: 277-292","fulltext":[{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Bildung der Uramidos\u00e4uren im Organismus.\nI. Mitteilung.\nVon\nPrivatdozent Dr. Fritz Lippicli.\n(Aus dem medizinisch-chemischen Institute der Prager deutschen Universit\u00e4t.) (Der Redaktion zugegangen am 10. August\nNachdem Schultzen1) im Jahre 1872 durch seine sp\u00e4ter viel umstrittene Arbeit \u00fcber die Entstehung von Methylhydantoin-s\u00fciire nach Verbitterung von Sarkosin zum erstenmal auf die F\u00e4higkeit des S\u00e4ugerorganismus, Uramidos\u00e4uren zu bilden, hin-gewies\u00e8n hatte, und die Existenz dieser F\u00e4higkeit bald darauf durch die Arbeiten Salkowskis2) zur unumst\u00f6\u00dflichen Tatsache wurde, da glaubte wohl jeder diesem Funde die gr\u00f6\u00dfte Wichtigkeit f\u00fcr die Aufkl\u00e4rung der Harnstotfbildung beilegen zu m\u00fcssen.\nIn der Tat verdankt ihm auch, wie bekannt, die sogenannte Gyans\u00e4uretheorie ihre Entstehung; Hoppe-Seyler war es, der diese Theorie seinerzeit popul\u00e4r machte; ihrer Anlage nach stammt sie wohl von Schultzen, der auch bereits die M\u00f6glichkeit der Uramidos\u00e4urebildung durch Anlagerung von Car-bamins\u00e4ure diskutierte.\nAls dann in der Folge die anderen Harnstoffbildungs-theorien aufgestellt wurden, geriet, wohl mehr auf Grund theoretischer Erw\u00e4gungen, als veranla\u00dft durch einige wenige, keineswegs unbedingt \u00fcberzeugende Experimente, die Cyan-^\u00e4uretheorie in Mi\u00dfkredit; im Zusammenhang damit untersch\u00e4tzte man auch die Bedeutung der Uramidos\u00e4urebildung, zumal, wie es eigentlich in der Natur der Sache liegt, jede der neuen HarnstofTbildungstheorien deren Entstehung in bc-tiiedigender Weise zu erkl\u00e4ren vermochte.\nAuf diese Untersch\u00e4tzung ist es wohl zur\u00fcckzuf\u00fchren,\n') Schnitzen, Rer. d. Deutsch, chem. Ges.. 1872. S. 578.\n*l Salkovvski, ebenda, Rd. VI, S. 74, 1873.","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"278\nFritz Lippich,\nda\u00df trotz der zahlreichen Arbeiten, die zugunsten der neuen Theorien am Lebenden ausgef\u00fchrt wurden, keine sich mit der Entstehungsweise der Uramidos\u00e4\u00fcren im experimentellen Sinne befa\u00dft, oder sie auch nur eingehender ber\u00fccksichtigt. Au\u00dfer einigen Versuchen Salkowskis1) liegen meines Wissens keine Publikationen \u00fcber diesen Gegenstand vor, abgesehen nat\u00fcrlich von jenen Arbeiten, die den teilweisen \u00dcbergang einer Aminos\u00e4ure in die entsprechende Uramidos\u00e4ure beim Durchgang durch den K\u00f6rper konstatieren.\nIn den rein chemischen Arbeiten Hofmeisters2) und seiner Sch\u00fcler,3) die mit R\u00fccksicht auf dessen Oxydationstheorie ausgef\u00fchrt wurden, finden wohl die Uramidos\u00e4\u00fcren hie und da Ber\u00fccksichtigung, jedoch nur erg\u00e4nzungsweise, und keineswegs wird irgend nachdr\u00fccklich auf ihre Bedeutung f\u00fcr die Tdieprie der HarnstofTbildung hingewiesen, so da\u00df schlie\u00dflich die Sachlage am besten mit den Worten Jakobys4) (1902) wiedergegeben erscheint, die wohl dem Eindruck entsprechen, den dieser Forscher aus der einschl\u00e4gigen Literatur empfangen hat: \u00ab.\u25a0. . geht also hervor, da\u00df diese interessante physiologische Synthese nicht zur Entscheidung der Frage herangezogen werden kann, auf welchem Wege im K\u00f6rper der Harnstoff entsteht\u00bb.\nAuch aus der Folgezeit ist mir keine Arbeit bekannt, die zu anderen Ansichten gef\u00fchrt h\u00e4tte.\n1906 und 1908 habe ich eine Reihe von Arbeiten5) \u00fcber Uramidos\u00e4\u00fcren ver\u00f6ffentlicht, wobei sich eine Anzahl physiologischer Hinweise und Anwendungen ergaben, die ich hervorzuheben nicht verabs\u00e4umte ; insbesondere gelang es mir, nachzuweisen, da\u00df die von den bisherigen Harnstoffbildungstheorien geforderten Harnstoffvorstufen mit Aminos\u00e4uren unter Bildung\n*) Salkowski, Diese Zeitschrift, \u00dfd. IV, 1880; Bd. VII, S. 93. 1882/83.\n*1 Hofmeister, Arch. f. exp. Path. u. Pharm., Bd. XXXVII, S. 426,1896.\n3) J. T. Halsey, Diese Zeitschrift, Bd. XXV, S.325,1898; Eppinger. Hofmeisters Beitr\u00e4ge, Bd. VI, S. 481, 1905.\n4i Jakoby, Ergebnisse der Physiologie, Bd. I. S. 544, 1902.\n:,i Berliner Berichte, Bd. XXXIX, S. 2953, 1906; Bd. XLI, S. 2953 und 2974. 1908.","page":278},{"file":"p0279.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Bildung der Uramidos\u00e4uren im Organismus. 1.\t279\nvon Uramidos\u00e4uren reagieren. Diese Tatsachen gaben mir die Grundlage, zum ersten Male wieder nachdr\u00fccklich auf die Bedeutung der Uramidos\u00e4uren f\u00fcr die Erforschung der Harnstolf-bildung hinzuw'eisen, was in der folgenden Bemerkung1) zum Ausdrucke kommt:\n< Es mu\u00df nun Sache des Experimentes am Lebenden sein, zu entscheiden, welche von den angef\u00fchrten Uramidos\u00e4ure-bildungsweisen f\u00fcr den Tierk\u00f6rper in Betracht kommt; gelingt dies, dann ist auf diesem Wege auch eine Aufkl\u00e4rung \u00fcber die Verh\u00e4ltnisse der HarnstolTbildung zu erwarten.\u00bb\nDemgem\u00e4\u00df legte ich mir einen Plan zurecht, um in einer Keihe physiologischer Experimente der Entscheidung dieser Frage n\u00e4herzutreten.\nZun\u00e4chst f\u00e4llt bei Betrachtung der \u00fcber die Uramidos\u00e4ure-bildung im Organismus bekannten Tatsachen besonders auf, da\u00df fast nur k\u00f6rperfremde Aminos\u00e4uren diese Synthese ein-gehen und auch bei diesen keineswegs ein quantitativer \u00dcbergang erfolgt; immer treten daneben andere Umwandlungsprodukte oder unver\u00e4nderte Aminos\u00e4ure auf. Entweder also die l ramidos\u00e4urebildung geht den anderen Umwandlungen voraus und die gefundene Menge ist der \u00fcbrig bleibende Best, oder aber die Synthese ist das letzte Mittel, dessen sich der Organismus zur Unsch\u00e4dlichmachung der eingef\u00fchrten Substanz bedient, wenn die anderen Umwandlungen nicht mehr ausreichen.\nInsbesondere erwecken diesen Eindruck jene beiden bekannt gewordenen F\u00e4lle von Uramidos\u00e4urebildung bei k\u00f6rpereigenen Aminos\u00e4uren, dem Tyrosin2) und dem Phenylalanin,3;\n') 1. c. S. 2978.\n*) Blendermann, Diese Zeitschrift, Bd. VI, S. 234, 18K2; ich habe schon einmal (1. c. S. 2924) darauf hingewiesen, da\u00df das Tyrosinhydantoin Blondermanns h\u00f6chstwahrscheinlich ein Kunstprodukt gewesen ist, weil Blendermann den zu untersuchenden Harn mit S\u00e4uren erhitzt (Destillation) und die Tyrosinhydantoins\u00e4ure schon bei Gegenwart von relativ wenig Minerals\u00e4ure anhydrisiert wird; es wird dies um so wahrscheinlicher. als Dakin nach Vcrf\u00fctterung von Phenylalanin, dessen Uramido-s\u00e4ure sich ebenso leicht wie jene des Tyrosins anhydrisieren l\u00e4\u00dft, nicht (las Anhydrid, sondern die Uramidos\u00e4ure erhielt.\n3) Dakin. Journ. of biolog. Chem., Bd. VI, S. 235, 1909.","page":279},{"file":"p0280.txt","language":"de","ocr_de":"280\nFritz Lippich\nbei welchen diese erst dann neben anderen Umwandlungen und relativ in geringem Umfange beobachtet wird, wenn sehr gro\u00dfe Dosen verabreicht, also der K\u00f6rper f\u00f6rmlich damit \u00fcberschwemmt wird.\nDa\u00df bei anderen k\u00f6rpereigenen Aminos\u00e4uren diese Synthese nicht beobachtet wurde,1) mag entweder daran liegen, da\u00df \u00fcberhaupt nicht nach Uramidos\u00e4uren gesucht wurde, oder aber da\u00df sie bei jedenfalls relativ geringer Menge \u00fcbersehen wurden, was um so eher m\u00f6glich ist, als sie mit Naphthalin-sulf<\u00bbChlorid nicht reagieren. Nach dieser Auffassung w\u00fcrde zwischen Uramidos\u00e4urebildung bei k\u00f6rperfremden und k\u00f6rpereigenen Aminos\u00e4uren nur insofern ein Unterschied bestehen, als letztere in viel gr\u00f6\u00dferer Menge zugegen sein m\u00fcssen, um als Ballast empfunden zu werden.\nDie Tatsache der Uramidos\u00e4urebildung l\u00e4\u00dft sich, wie ich schon fr\u00fcher2) ausgef\u00fchrt habe, von verschiedenen Gesichtspunkten aus aulfassen.\nWie ich gezeigt habe, reagieren Aminos\u00e4uren mit Guanidin unter Bildung von Uramidos\u00e4uren; diese Bildung erfolgt relativ etwas schwieriger als andere Uramidos\u00e4uresynthesen ; der K\u00f6rper verf\u00fcgt nur \u00fcber eine beschr\u00e4nkte Menge von Guanidin, welches au\u00dferdem erst aus dem Arginin abgespalten werden mu\u00df \u2014 es w\u00fcrde sich auf Grund einer solchen BildungswTeise der nur teilweise und relativ schwierige \u00dcbergang einer Aminos\u00e4ure in die entsprechende Uramidos\u00e4ure auch f\u00fcr den Organismus ganz befriedigend erkl\u00e4ren lassen.\nIch konnte ferner feststellen, da\u00df Aminos\u00e4ure auch direkt mit Harnstoff unter Bildung von Uramidos\u00e4ure reagiert, was auf eine Verschiebung des Gleichgewichtszustandes zwischen Harnstoff und cyansaurem Ammon zur\u00fcckzuf\u00fchren ist.\nEine solche Uramidos\u00e4urebildungsweise w\u00e4re, wie ich schon anderw\u00e4rts,{) ausgef\u00fchrt habe, auch f\u00fcr den Organismus denkbar. Versuche in vitro bei K\u00f6rpertemperatur haben zwar\n' * ^as Taurin ist seinem Verhalten nach eigentlich zu den k\u00f6rperfremden Aminos\u00e4uren zu rechnen.","page":280},{"file":"p0281.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Bildung der Uramidos\u00e4uren im Organismus. 1.\t281\nnur einmal zu einem positiven Resultat gef\u00fchrt, doch ist dies insofern nicht ma\u00dfgebend, als im K\u00f6rper die Gleichgewichtsverh\u00e4ltnisse durch die Gegenwart von Kolloiden sehr beeinflu\u00dft werden k\u00f6nnen.\nFa\u00dft man die Entstehung der Uramidos\u00e4uren als einen der Harnstoffbildung zugeordneten resp. analogen Proze\u00df auf, dann, k\u00e4me das cyansaure Ammon (resp. die Cvans\u00e4ure) im Sinne der alten Theorie als Harnstoffvorstufe in Betracht. Dasselbe gilt auch vom carbaminsauren Ammon resp. der Carb-amins\u00e4ure, die. wie meine Versuche gezeigt haben (Kochen von Aminos\u00e4ure mit Harnstoff und Barytwasser, mit Urethan und Bantwasser), nicht weniger leicht als das cyansaure Ammon reagieren.\nDa nun freie Aminos\u00e4uren oder wenigstens freie Aminogruppen im Organismus als stets verf\u00fcgbar anzunehmen sind, so k\u00f6nnte man auf Grund der Leichtigkeit jener Bildungsweisen zur Auffassung gelangen, die Uramidos\u00e4urebildung als der Harn-stoffbildung vorangehend anzunehmen, d. h. die Uramidos\u00e4uren . als Harnstoffvorstufen zu betrachten ; allerdings mu\u00df dann die weitere Annahme gemacht werden, da\u00df die Ur\u00e4midos\u00e4ure direkt zu Harnstoff abgebaut wird, oder da\u00df analog der Desamidierung eine Desureierung erfolgt.\nNach dieser Annahme w\u00e4re es erkl\u00e4rlich, da\u00df nach Verbitterung k\u00f6rpereigener Aminos\u00e4uren1) unter gew\u00f6hnlichen Umst\u00e4nden Uramidos\u00e4uren vermi\u00dft wurden.\nFreilich lie\u00dfen sich anderseits dagegen manche theore-tisdie Bedenken erheben und au\u00dferdem liegt ein, wenn auch vereinzelter F\u00fctterungsversuch Salkowskis2) vor, wonach Hv-dantoins\u00e4ure den K\u00f6rper unver\u00e4ndert passiert.\nM\u00f6glicherweise ist aber gerade diese S\u00e4ure zu solchen Versuchen weniger geeignet; denn die zahlreichen Arbeiten, welche sich mit dem Nachweis von Glykokoll im normalen\nUnd wie aus den Arbeiten Friedmanns. Hofmeisters Beitrage, Bd. XI, S. 151 u. ff., 1908, hervorzugehen scheint, \u00fcberhaupt solcher Aminos\u00e4uren, welche der Organismus leicht und in gr\u00f6\u00dferem,Umfange abzubauen vermag.\n\u201c) Diese Zeitschrift. Bd. IV. 1880.","page":281},{"file":"p0282.txt","language":"de","ocr_de":"282\nFritz Lippich,\nHarn mittels der Naphthalinsulfochloridmethode in der Modifikation von Embden1) befassen, lassen es nicht ausgeschlossen erscheinen, da\u00df Urein\u00e4thans\u00e4ure ein Bestandteil des normalen Harnes ist; Embden selbst und auch andere haben schon dieser M\u00f6glichkeit gedacht ; meine eigenen Versuche, Urein\u00e4thans\u00e4ure im normalen Menschenharn nachzuweisen, haben bisher zu einem positiven Ergebnis nicht gef\u00fchrt, doch bin ich noch keineswegs zu einem definitiven Abschlu\u00df gelangt.\nBetrachtet man die Uramidos\u00e4urebildung als der Harn-stolfbildung analog, dann ist es fast selbstverst\u00e4ndlich, die Leber als deren Sitz anzunehmen, obzwar bisher ein zwingender Beweis daf\u00fcr nicht vorliegt.\nJedenfalls werden sich Versuche \u00fcber unsere Frage zun\u00e4chst mit diesem Organ zu befassen haben.\nAus diesen Er\u00f6rterungen ergeben sich, glaube ich, mit gen\u00fcgender Klarheit die einzelnen Fragestellungen meines oben erw\u00e4hnten Arbeitsplanes; hinzuzuf\u00fcgen w\u00e4re noch/ da\u00df sich auch Beziehungen der Uramidos\u00e4uren zur Harns\u00e4urebildung, besonders bei den V\u00f6geln ergeben, wenn man die letztere als Synthese aus Harnstoff und einer stickstofffreien Komponente aulfa\u00dft.\nIm folgenden seien nun einige Versuche mitgeteilt, welche sich mit der Leber als angenommenen Sitz der Uramidos\u00e4ure-synthese befassen, um die pr\u00e4sumptiven Beziehungen der Leberzellen zu dieser Synthese aufzukl\u00e4ren ; dazu war zun\u00e4chst notwendig, das Verhalten der Leberzellen zu bereits fertigen Uramidos\u00e4uren zu pr\u00fcfen, besonders auch mit R\u00fccksicht auf etwa vorhandene zerst\u00f6rende Fermente.\nI)a ein einigerma\u00dfen sicheres Urteil bez\u00fcglich einer etwa erfolgten Zersetzung nur auf quantitativem Wege zu erwarten war, so wurde als Versuchssubstanz die infolge ihrer Schwerl\u00f6slichkeit hierzu besonders geeignete Isobutylhydantoins\u00e4ure gew\u00e4hlt.\nEine gr\u00f6\u00dfere Menge derselben wurde aus 50\u00b0/oigem Alkohol umkrystallisiert, und von der so gereinigten, exsikkator-\n') Embden u. Reese, Hofmeisters Beitr\u00e4ge, Bd.VII, S.411,190.!.","page":282},{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Bildung der l\u2019ramidos\u00e4uren im Organismus. I. 283\ntrockenen Substanz eine etwa 1 \u00b0/0 ige L\u00f6sung hergestellt ; d. h. eine abgewogene Substanzmenge wurde in der entsprechenden Menge Wasser suspendiert, durch einen geringen \u00dcberschu\u00df von Normalnatronlauge in L\u00f6sung gebracht und die L\u00f6sung mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure neutralisiert. Durch Stickstoffbestimmung wurde der genaue Gehalt der L\u00f6sung zu 0,942\u00b0;\u00ab ermittelt.\nAnderseits wurde eine eben entnommene Hundeleber von der Gallenblase befreit und in der Fleichhackmaschine zerkleinert. 140 g des Leberbreies wurden mit 300 ccm einer Kochsalzl\u00f6sung von 0,8 \u00b0/o vier Stunden in der Maschine gesch\u00fcttelt und sodann koliert ; die Kolatur reagierte schwachsauer gegen Lackmus.\nVon dieser Kolatur wurden 75 ccm mit 50 ccm der obigen Natriumsalzl\u00f6sung gemischt (Probe Nr. 1); weitere 75 ccm Kolatur wurden 15 Minuten im kochenden Wasserbad gehalten und sodann gleichfalls mit 50 ccm der Natriumsalzl\u00f6sung versetzt (Probe Nr. 2); zur Kontrolle diente einerseits eine Mischung von 75 ccm Kolatur mit 50 ccm Wasser (Probe Nr. 3) und anderseits eine Mischung von 75 ccm Kochsalzl\u00f6sung von 0,8 \u00b0/o mit 50 ccm Natriumsalzl\u00f6sung (Probe Nr. 4).\nDen vier Proben wurde durch Zusatz weniger Tropfen n-Natronlauge eine gegen empfindliches Lackmus eben merkliche alkalische Reaktion erteilt, jede derselben mit 5 ccm Chloroform und 5 ccm Toluol versetzt und im Thermostaten bei 380 G. unter h\u00e4ufigem Umsch\u00fctteln durch 50 Stunden gehalten.\tI\nDarnach wurde jede der vier Proben auf 500 ccm aufgef\u00fcllt, mit soviel verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure anges\u00e4uert, da\u00df nach dem Aufkochen die Reaktion noch schwachsauer blieb, und filtriert; die Eiwei\u00dfkoagula der Proben Nr. 1, 2 und 3 wurden einmal ausgekocht; nach Vereinigung der Filtrate und Waschw\u00e4sser wurde neutralisiert und am Wasserbad bis auf einen kleinen Rest eingedampft ; nun wurde in einem Me\u00dfzylinder filtriert und mit den Waschw\u00e4ssern bis zur Marke 50 ccm aufgef\u00fcllt; die klaren bei Probe Nr. 1, 2 und 3 gelben Filtrate wurden sodann mit 10 ccm verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure (bis zur","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\nFritz Lippich,\nstarksauren Reaktion gegen Kongo) versetzt und nach gutem Umr\u00fchren l\u00e4ngere Zeit sich selbst \u00fcberlassen.\nIn Probe Nr. 4 entstand sofort ein reichlicher krystallini-scher Niederschlag; in den Proben Nr. 1 und Nr. 2 trat ein solcher allm\u00e4hlich auf, mit der Zeit an St\u00e4rke zunehmend: Probe Nr. 3 blieb auch nach langem Stehen klar.\nNach ca. 24st\u00fcndigem Stehen wurden die Niederschl\u00e4ge der Proben Nr. 1, 2 und 4 auf gewogenen Filtern gesammelt, an der S\u00e4ugpumpe mit Wasser gewaschen, das Wasser durch Alkohol, dieser durch \u00c4ther verdr\u00e4ngt ; schlie\u00dflich wurde \u00fcber Schwefels\u00e4ure bis zur Gewichtskonstanz getrocknet : die betreffenden Substanzgewichte betrugen: Probe Nr. 1 0,3078 g: Probe Nr. 2 (erhitzt) 0,3178 g: Probe Nr. 4 (Kontrollprobei 0,3095 g.\nDie \u00dcbereinstimmung der drei Gewichte zeigt schon zur Gen\u00fcge, da\u00df eine spezifische oder fermentative Spaltung in gr\u00f6\u00dferem Umfange nicht stattgef\u00fcnden haben kann: die ziemlich erhebliche Differenz gegen das Ausgangsgewicht von 0,471 g erkl\u00e4rt sich aus der Verwendung des Alkohols als Wasch-fl\u00fcssigkeit, in welchem die Isobutylhydantoins\u00e4ure relativ l\u00f6blich ist.\nUm ein Urteil zu gewinnen, einerseits \u00fcber den noch in L\u00f6sung befindlichen Anteil, anderseits \u00fcber eine etwa erfolgte Zersetzung und Leucinbildung, wurde das Filtrat samt Waschfl\u00fcssigkeiten vom Niederschlag der Probe Nr. 1 nacii Vertreibung des \u00c4thers auf 200 ccm aufgef\u00fcllt und halbiert. Beide H\u00e4lften wurden durch Zusatz konzentrierter Schwefels\u00e4ure auf einen Gehalt von ca. 5\u00b0/o an dieser S\u00e4ure gebracht: die eine H\u00e4lfte wurde sodann \u00fcber freier Flamme etwas eingeengt und darauf am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler ca. IM* Stunden gekocht: nach dem Abk\u00fchlen wurde viermal mit \u00c4ther ausgesch\u00fcttelt und der \u00c4therr\u00fcckstand gewogen; das Gewicht des so gewonnenen Isobutylhydantoins betrug 0,0597 g ; daraus berechnet sich f\u00fcr die noch in L\u00f6sung befindliche Isobutylhydantoins\u00e4ure eine Menge von 0,1332 g; dies ergibt zusammen mit der gewogenen Substanz 0,4410 g oder 93,63 \u00b0/o der zum Versuch verwendeten Menge.","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Bildung der Uramidos\u00e4uren im Organismus. I.*\t285\nDie andere auf einen Gehalt von ca. 5\u00b0/o Schwefels\u00e4ure gebrachte Filtrath\u00e4lfte wurde mit einer 20\u00b0,oigen Phosphor-wolframs\u00e4urel\u00f6sung ausgef\u00e4llt; das mit Baryumhydroxyd ges\u00e4ttigte Filtrat wurde abgesaugt, mit Kohlens\u00e4ure vom Baryt befreit, und bis auf einen kleinen Rest am Wasserbad verdunstet; dieser wurde mit m\u00f6glichst wenig Wasser aufgenommen, Harnstoff zugef\u00fcgt und ca. 21/* Stunden gekocht, nach dem Abk\u00fchlen konnte durch Ans\u00e4uren mit Schwefels\u00e4ure ein nennenswerter Niederschlag von Isobutylhydantoins\u00e4ure nicht erzielt werden.\nBei einem zweiten derartigen Versuch wurde die eben entnommene und in der Maschine zerkleinerte Hundeleber mit ausgegl\u00fchtem Kieselgur gut verrieben und sodann mit zirka dem gleichen Volumen reinen Wassers unter Zusatz von Chloroform und Toluol und unter zeitweiligem Sch\u00fctteln in der Maschine l\u00e4ngere Zeit in der K\u00e4lte extrahiert; schlie\u00dflich wurde zentrifugiert.\nWie beim ersten Versuch wurden vier Proben zusammengestellt.\nProbe Nr. 1 enthielt 50 ccm Zentrifugat und 50 ccm der \u00ab\u2022ben verwendeten Natriumsalzl\u00f6sung.\nProbe Nr. 2 ebenso nach viertelst\u00fcndigem Erhitzen der 50 ccm Zentrifugat im kochenden Wasserbad.\nProbe Nr. 3 und Nr. 4 bestanden aus je 50 ccm Wasser und 50 ccm Zentrifugat resp. 50 ccm Natriumsalzl\u00f6sung.\nDie Proben behielten in diesem Versuch ihre nat\u00fcrliche kaum merklich saure Reaktion; Lauge wurde nicht zugef\u00fcgt. Die Digestionsdauer im Thermostaten betrug 72 Stunden bei 37 \u00b0C.\nDie weitere Verarbeitung erfolgte genau wie im ersten Versuche, nur wurden vor dem Koagulieren den auf 400 ccm aulgef\u00fcllten Fl\u00fcssigkeiten je 2 ccm ges\u00e4ttigte Kochsalzl\u00f6sung zugef\u00fcgt.\nSchlie\u00dflich ergaben sich f\u00fcr die Proben Nr. 1, 2 und 4 die folgenden Substanzgewichte: 0,3050 g; 0,3058 g: 0,3036 g; also dasselbe Ergebnis wie im ersten Versuch.\nEin dritter Versuch mit Leberpre\u00dfsaft konnte mangels einer geeigneten hydraulischen Presse nicht ausgef\u00fchrt werden.\nHoppe-Seyler's Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXVIII.\tHl","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"Fritz Lippich,\n286\nDie gelblich gef\u00e4rbten Krystallisationen der Proben Nr. 1 und Nr. 2 beider Versuche wurden vereinigt unter Zusatz von etwas Tierkohle in hei\u00dfem Wasser gel\u00fcst, filtriert und in zwei Fraktionen krystallisieren gelassen. Die erste aus kleinen Nadeln bestehende Fraktion schmolz im geschlossenen Kapillarrohr rasch erhitzt bei 189\u00b0 und zeigte einen Stickstoffgehalt, nach Kjeldahl von 16,21 \u00b0/o ; die zweite aus langen Nadeln bestehende Fraktion schmolz ebenso bei 190\u00b0, ihr Stickstoffge-halt nach Kjeldahl betrug 16,017\u00b0/o [berechnet 16,091 %]: gr\u00f6bere Verunreinigungen der Niederschl\u00e4ge sind also wohl ausgeschlossen.\nNachdem diese Versuche die Unf\u00e4higkeit der auf dem beschriebenen Wege gewonnenen Leberextrakte, Isobutylhy-dantoins\u00e4ure abzubauen, ergeben hatten, konnte daran gegangen werden, ebensolche Extrakte in bezug auf ihre synthetisierenden F\u00e4higkeiten zu pr\u00fcfen.\nAm geeignetsten wegen der Leichtigkeit ihres Nachweises erschien wieder die Isobutylhydantoins\u00e4ure und es wurde daher Leucin zum Ausgangsmaterial einer etwaigen Synthese gew\u00e4hlt\nDie Versuche schlie\u00dfen sich an die von mir gefundenen Framidos\u00e4urebildungsweisen an.\nDemgem\u00e4\u00df wurde versucht, ob Leberextrakt imstande ist, direkt aus Aminos\u00e4ure und Harnstoff Uramidos\u00e4ure zu bilden.\nVon dem bei vorstehend beschriebenem 2. Zersetzungsversuch gewonnenen Zentrifugat aus Hundeleber wurden 75 ccm mit 0,5 g Leucin und 1,5 g Harnstoff versetzt, je 5 ccm Chloroform und Toluol hinzugef\u00fcgt und im Thermostaten bei 37\" durch 72 Stunden digeriert: die gleichzeitig angesetzte Kon-trollprobe bestand aus 75 ccm Wasser 0,5 g Leucin, 1,5 g Harnstoff und je 5 ccm Chloroform und Toluol.\nDas verwendete Leucin besa\u00df einen Stickstoffgehalt von 10,083 o/o.\nNach Unterbrechung des Versuches wurden beide Proben auf 375 ccm aufgef\u00fcllt, mit verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure schwach anges\u00e4uert und aufgekocht, nachdem vorher noch je 2 ccm ges\u00e4ttigte Kochsalzl\u00f6sung zugef\u00fcgt worden waren.\nDas Eiwei\u00dfkoagulum der Versuchsprobe wurde einmal","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Bildung der Uramidus\u00e4uren im Organismus. I. 287\nausgekocht und Filtrat und Waschw\u00e4sser derselben ebenso wie die Kontrollprobe im Vakuum abgedampft.\nDer so erhaltene krystallinische R\u00fcckstand der Kontrollprobe l\u00f6ste sich in wenig Wasser nur teilweise auf: auf Zusatz von etwas verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure trat sofortige klare L\u00f6sung ein; auch nach l\u00e4ngerem Stehen der sauren L\u00f6sung wurde eine Krystallisation nicht beobachtet.\nDer R\u00fcckstand der Kontrollprobe war gelblichwei\u00df, undeutlich krystallinisch ; auch er l\u00f6ste sich in wenig Wasser nur teilweise; die vom Uml\u00f6slichen abfiltrierte Fl\u00fcssigkeit gab nach dem Ans\u00e4uern mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure keine krystallinische F\u00e4llung, auch nicht nach l\u00e4ngerem Stehen.\nDer wei\u00dfliche Filterr\u00fcckstand wurde von Alkohol nicht aufgenommen, er l\u00f6ste sich in wenig Wasser sofort und vollst\u00e4ndig auf Zusatz von etwas S\u00e4ure: die saure L\u00f6sung setzte auch nach l\u00e4ngerer Zeit keine Krvstalle ab: wurden wenige Milligramme jenes R\u00fcckstandes mit einem \u00dcberschu\u00df von Harnstoff und 1\u20141,5 ccm Wasser in einer mit Steigrohr versehenen Eprouvette l\u00e4ngere Zeit gekocht (1\u20141 V> Stunden), so traten nach dem Abk\u00fchlen und Ans\u00e4uern mit Schwefels\u00e4ure die charakteristischen Krystalle der Isobutylhydantoins\u00e4ure auf.\nAugenscheinlich bestand also der R\u00fcckstand aus unver\u00e4ndertem Leucin, und es hatte sich kein Anhaltspunkt daf\u00fcr ergeben, da\u00df durch den verwendeten Leberextrakt eine irgend nachweisbare Menge Isobutylhydantoins\u00e4ure gebildet worden war.\nBei einem zweiten synthetischen Versuche wurden gem\u00e4\u00df meinen Beobachtungen auch das Guanidin und die Carbamin-s\u00e4ure in Betracht gezogen; es wurde wie folgt vorgegangen:\n\u00c4hnlich wie fr\u00fcher wurde aus Hundeleber durch Zerreiben mit Kieselgur, sofortiges Sch\u00fctteln in der Maschine mit zirka dem gleichen Volumen Wasser (4 St.) und Zentrifugieren ein w\u00e4sseriger Extrakt hergestellt; gleichzeitig war ein Teil derselben Hundeleber mit 0,8\u00b0/oiger Kochsalzl\u00f6sung gesch\u00fcttelt worden.\n100 ccm des w\u00e4sserigen Extraktes wurden mit 1 g Leucin 'Pr\u00e4parat wie im vorhergehenden Versuch) und 3 g Guanidin-earbonat versetzt ; da die urspr\u00fcnglich ganz schwach ajkalische","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nFritz Lippich,\nReaktion alsbald sehr bedeutend zunahm, wurde mit Essigs\u00e4ure anges\u00e4uert, mit n-Natronlauge neutralisiert, und sodann je 5 ccm Chloroform und Toluol zugesetzt. (Probe Nr. 1.)\nWeitere 100 ccm des w\u00e4sserigen Extraktes wurden mit 1 g Leucin und 2 g gut zerriebenen Amylurethan versetzt; als Desinfektionsmittel konnten, wegen der leichten L\u00f6slichkeit des Urethans in Chloroform und Toluol, letztere nicht in Betracht kommen; es wurden daher 0,5 g Fluorkalium zugesetzt und die daraufhin eintretende schwach saure Reaktion durch n-Natronlauge abgestumpft. (Probe Nr. 2.)\n100 ccm des kochsalzhaltigen Extraktes wurden mit 1 g Leucin, 3 g Harnstolf und je 5 ccm Chloroform und Toluol versetzt. (Probe Nr. 3.)\nJeder der drei Versuchsproben entsprach eine analog zusammengesetzte Kontrollprobe.\nKontrolle zu Probe Nr. 1: 50 ccm Wasser, 0,5 g Leucin, 1.5 g (iuanidincarbonat, mit Essigs\u00e4ure anges\u00e4uert, mit n-Natronlauge neutralisiert, je 5 ccm Chloroform und Toluol.\nKontrolle zu Probe Nr. 2 ; 50 ccm Wasser, 0,5 g Leucin, 1 g Amylurethan, 0,25 g Fluorkalium, Neutralisation wie oben.\nKontrolle zu Probe Nr. 3: 50 ccm Kochsalzl\u00f6sung von 0,8 \u00b0/o, 0,5 g Leucin, 1,5 g Harnstoff, je 5 ccm Chloroform und Toluol.\nS\u00e4mtliche 6 Proben verblieben 86 Stunden im Thermostaten bei 37\u00b0 C.\nDarnach wurde wie fr\u00fcher verd\u00fcnnt, bei schwach essigsaurer Reaktion (in den kochsalzfreien Proben unter Zuf\u00fcgen etwas ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung) aufgekocht, hei\u00df filtriert usw.\nS\u00e4mtliche Filtrate wurden im Vakuum zur Trockene verdampft.\nDie drei Kontrollproben hinterlie\u00dfen krystallinische wei\u00dfe R\u00fcckst\u00e4nde, die sich in wenig Wasser nur teilweise, auf Zusatz von etwas verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure aber sofort klar aufl\u00f6sten : in der zur Probe Nr. 3 geh\u00f6rigen Kontrollprobe trat nach einigem Stehen der sauren L\u00f6sung eine deutliche Krystallisation von Isobutylhydantoins\u00e4ure auf, die beiden anderen Kontrollproben blieben klar.","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Bildung der Uramidos\u00e4uren im Organismus. 1.\t2S9\nJede der drei Versuchsproben hinterlie\u00df einen gelblichen teilweise krystallinischen R\u00fcckstand; dieser wurde mit wenig Wasser behandelt, filtriert und das Filtrat mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uert; in keinem Falle wurde ein charakteristischer krystallinischer Niederschlag erhalten.\nDie getrockneten Filterr\u00fcckst\u00e4nde wurden mit \u00c4ther extrahiert; ein nennenswerter R\u00fcckstand wurde nur bei Probe Nr. 2 erhalten, dieser bestand jedoch aus etwas Amylurethan; Isobutylhydantoin war somit nicht in jenen R\u00fcckst\u00e4nden enthalten.\nDie nun folgende Extraktion mit Alkohol ergab etwas bemerkenswertere R\u00fcckst\u00e4nde, dieselben bestanden zum Teil aus etwas in L\u00f6sung gegangenem Leucin, freie Isobutylhydantoin-s\u00fcure war jedoch nicht nachweisbar.\nW urden die R\u00fcckst\u00e4nde endlich unter Erw\u00e4rmen in wenig Wasser gel\u00f6st und von den wenigen ungel\u00f6st gebliebenen Flocken abfiltriert, so trat nach dem Erkalten keine Krystallisation auf und ebensowenig wurde eine solche nach dem Ans\u00e4uern erhalten.\nWurde schlie\u00dflich eine solche w\u00e4sserige L\u00f6sung mit \u00fcbersch\u00fcssigem Harnstoff versetzt und l\u00e4ngere Zeit (2\u20143 St.) gekocht, so fielen nach dem Ans\u00e4uern reichlich Isobutylhydantoin-s\u00e4urekrystalle aus.\nDieselben wurden (Probe Nr. 3) abfiltriert, gewaschen, aus hei\u00dfem Wasser umkrystallisiert und ergaben einen Schmelzpunkt im geschlossenen Kapillarrohr von 190\u00b0 und einen Stickstoffgehalt von 16,10\u00b0/o.\nAus den Versuchen scheint also hervorzugehen, da\u00df Hundeleberextrakt unter den mitgeteilten Bedingungen zur Uramido-s\u00e4uresvnthese nicht bef\u00e4higt ist.\nOhne mich hier auf eine ausf\u00fchrlichere Diskussion der obigen Versuche einzulassen, m\u00f6chte ich nur die Verwendung des Amvlurethans zu synthetischen Versuchen rechtfertigen. Enter den hier eingehaltenen Bedingungen w\u00e4re irgend ein carbaminsaures Salz kaum verwendbar gewesen ; ferner konnte man mit der bekannten esterspaltenden F\u00e4higkeit der Leber rechnen1; und so das Auftreten von Carbamins\u00e4ure in statu\nb In der Tat enthielt Probe Nr. 2 nur noch sehr geringe Mengen","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nFritz Lippich,\nnascendi erwarten; wenn nun auch Alkohole schon in geringen Konzentrationen hemmend auf fermentative Prozesse resp. auf organische Katalysatoren einwirken, so konnte ein solcher Effekt infolge der Schwerl\u00f6slichkeit des Amylalkohols in Wasser (falls derselbe nicht sofort weiter ver\u00e4ndert wird) kaum in gr\u00f6\u00dferem Umfange erwartet werden.\nWenn nun auch die vorliegenden Versuche nach allen Richtungen hin zu einem negativen Resultat gef\u00fchrt haben, so bin ich doch weit davon entfernt, dasselbe als f\u00fcr alle F\u00e4lle passend resp. als verallgemeinerungsf\u00e4hig anzusehen. Physiologische Experimente \u2014 das zeigt die neuere Literatur leider nur allzuoft \u2014 k\u00f6nnen nur dann zu einigerma\u00dfen sichern Schl\u00fcssen f\u00fchren, wenn sie nach allen m\u00f6glichen Richtungen hin, mit Beachtung der Art, Individualit\u00e4t, momentanen Umst\u00e4nde usw., aber auch der chemischen Faktoren variiert werden.\nDemgem\u00e4\u00df lag es nicht in meiner Absicht, die mitgeteilten Versuche schon jetzt f\u00fcr sich zu ver\u00f6ffentlichen, wenn mich nicht eine Publikation hierzu gezwungen h\u00e4tte, die j\u00fcngst aus dem Stra\u00dfburger physiologisch-chemischen Institute von Phi-losophow1) \u00fcber dasselbe Thema ver\u00f6ffentlicht wurde.\nDieselbe k\u00f6nnte n\u00e4mlich den Anschein erwecken, als ob die Idee, die Uramidos\u00e4urebildung im Organismus neuerdings wieder f\u00fcr die Theorie der Harnstoffbildung zu verwerten, aus jenem Institute hervorgegangen sei, und dies umsomehr, als meine Arbeiten mit keinem Worte erw\u00e4hnt werden.\nDa ich mir nun das bescheidene Verdienst zuschreiben darf, die chemischen Analogien resp. Grundlagen aufgefunden zu haben, welche es gestatten, die Uramidos\u00e4uren von anderen und viel weiteren Gesichtspunkten aus, als dies vorher m\u00f6glich war, zur Harnstoffbildung in Beziehung zu bringen \u2014 das Aufsuchen solcher Analogien bezeichnet Hofmeister2) als einen unerl\u00e4\u00dflichen Faktor, um auf dem schwierigen Gebiete der Harnstofforschung einen Fortschritt zu erzielen \u2014, so glaube\nvon Urethan, w\u00e4hrend in der zugeh\u00f6rigen Kontrollprobe trotz der halben Menge noch relativ viel vorhanden war.\n\u2018i Biochemische Zeitsehr., Bd. XXVI, S. 131. 1910.\n*) 1. e;","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Bildung der Uramidos\u00e4uren im Organismus. 1.\t201\nich einigma\u00dfen berechtigt zu sein, jenen Gegenstand f\u00fcr mich in Anspruch nehmen zu d\u00fcrfen.\nIch sehe mich daher keineswegs durch die Arbeit Phi-losophows zur Unterbrechung oder Ab\u00e4nderung meiner Versuche veranla\u00dft, um so weniger, als dieselbe bez\u00fcglich der Ur-amidos\u00e4urebildung zu dem entgegengesetzten Resultate f\u00fchrt.\nBei der geringen Zahl der vorliegenden Experimente h\u00e4tte cs keinen Sinn, sich auf eine ausf\u00fchrliche Polemik einzulassen, es sei jedoch hervorgehoben: da\u00df die Durchstr\u00f6mung einer Fleischfresserleber mit Ptlanzenfresserblut bei so grundlegenden Versuchen Bedenken erregen darf ; ferner vermi\u00dft man \u2014 wenigstens sind sie nicht angegeben \u2014 die unerl\u00e4\u00dflichen Kontroll-versuche, welche pr\u00fcfen, ob Rinderblut nicht f\u00fcr sich aus Taurin und Glykokoll Taurocarbamins\u00e4ure zu bilden vermag, und, was besonders wichtig ist, ob ein R\u00fcckstand aus einem mit Glykokoll versetzten und durch \u00fcberlebende Leber geleiteten Blut nicht f\u00fcr sich Kohlens\u00e4ure und Ammoniak im Rohr abspaltet ; denn in der zahlreichen Literatur \u00fcber die Harnstolfbildung aus Aminos\u00e4uren in der Leber finden sich Angaben \u00fcber die Entstehung von alkoholl\u00f6slichen Ammoniak und m\u00f6glicherweise auch Kohlens\u00e4ure abspaltenden K\u00f6rpern, die mit Harnstoff nicht identifiziert werden konnten;1) \u00fcbrigens kann die Abspaltung von Kohlen-s\u00e4ure und Ammoniak aus einem nicht krvstallisierenden Sirup wohl nur dann mit einiger Sicherheit auf die Gegenwart von Framidos\u00e4ure bezogen werden, wenn die beiden K\u00f6rper in einem bestimmten Verh\u00e4ltnisse zu einander stehen.2)\nEndlich w\u00e4re noch bez\u00fcglich der Verwendung des Gly-kokolls zu bemerken, da\u00df, falls auch in seiner Gegenwart Ur-amidos\u00e4urebildung zustande kommt, damit f\u00fcr die Erkenntnis der Harnstoffbildung wenig gewonnen ist, weil erst der \u00dcber-\n*) Vgl. Chassevant u. Richet, Compt. rend, de la soc. de biologie, bs,.'7. Gottlieb, Arch. f. exp. Path. u. Pharm., Bd. XLI1, 189!\u00bb; Schwarz, ebenda. Bd. XL1, 1898; Salaskin, Diese Zeitschrift, Bd. XXV, S. 449, MW; Loevi, ebenda, Bd. XXV, S. 511, 1898; derselbe, Arch. f. exp. Path. u. Pharm.. Bd. XLV, 1901; Jakoby, Diese Zeitschrift, Bd. XXX, 1900.\n*) Die Gegenwart von Taurin im Alkoholextrakt spricht nicht unbe-\u2022iingt gegen dieses Argument, weil die Gegenwart alkoholl\u00f6slicher Substanzen die L\u00f6slichkeit des Taurins in Alkohol erh\u00f6hen kann.","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"202\nFritz Lippich, \u00dcber Uramidos\u00e4uren. I.\ngang des Glykokolls in Harnstoff erkl\u00e4rt werden mu\u00df, was uns eigentlich auf den fr\u00fcheren Stand zur\u00fcckf\u00fchrt; demgem\u00e4\u00df mu\u00df auch Philosophow schlie\u00dflich bemerken, da\u00df zwar die von ihm angenommene Uramidos\u00e4urebildung aus Glykokoll und Taurin am besten nach der Hofmeisterschen Oxydationstheorie zu erkl\u00e4ren sei, da\u00df sie aber auch mit anderen Vorstellungen (worunter wohl die anderen Harnstofftheorien gemeint sind) vereinbar sei.\nZum Schl\u00fcsse m\u00f6chte ich noch eine Angabe Philo-sophows bez\u00fcglich des Schmelzpunktes der Taurocarbamin-s\u00e4ure berichtigen, insofern er n\u00e4mlich angibt, da\u00df diese S\u00e4ure scharf bei 182\u00b0 ohne Zersetzung schmilzt ; nun ist es aber gerade ein Charakteristikum der Uramidos\u00e4uren, da\u00df sie im Momente des Schmelzens sich anhvdrisieren. Durch das dadurch bedingte Aufsch\u00e4umen wird der Schmelzpunkt in allen F\u00e4llen mehr oder weniger unscharf: am allerwenigsten gestattet dies aber (wie Philosophow f\u00fcr die Taurocarbamin-s\u00e4ure angibt), die Schmelzpunktsbestimmung an einer und derselben Portion zu wiederholen. Von diesem Verhalten macht auch die Taurocarbamins\u00e4ure keine Ausnahme. Man kann das Aufsch\u00e4umen gleichm\u00e4\u00dfiger d. h. den Schmelzpunkt sch\u00e4rfer gestalten. wenn man die Bestimmung unter erh\u00f6htem Druck d. h im geschlossenen Kapillarrohr ausf\u00fchrt; bei der Taurocarbamins\u00e4ure versagt aber dieses Mittel, weil das Aufsch\u00e4umen zu langsam erfolgt : ich konnte daher auch f\u00fcr diese S\u00e4ure einen scharfen Schmelzpunkt nicht angeben ;l) f\u00fcr das offene Kapillarrohr ist dies nat\u00fcrlich um so weniger m\u00f6glich. Hier beginnt die S\u00e4ure, nachdem sie gesintert ist, bei 182\u00b0 allm\u00e4hlich aufzusch\u00e4umen, und dieses Aufsch\u00e4umen erstreckt sich nun, ohne da\u00df es zur deutlichen Meniscusbildung kommt, \u00fcber ein gr\u00f6\u00dferes Temperaturintervall.\nNach all dem erscheinen mir die Versuche Philoso-phows keineswegs voll \u00fcberzeugend und es wird wohl, ganz abgesehen von dem n\u00e4heren Modus der Uramidos\u00e4urebildung. auch der Beweis f\u00fcr die Entstehung der Uramidos\u00e4uren in der Leber erst mit Sicherheit zu erbringen sein.\n') 1. c. S. 2969.","page":292}],"identifier":"lit19042","issued":"1910","language":"de","pages":"277-292","startpages":"277","title":"\u00dcber die Bildung der Uramidos\u00e4uren im Organismus. I. Mitteilung","type":"Journal Article","volume":"68"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:03:41.000931+00:00"}