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{"created":"2022-01-31T14:07:09.762666+00:00","id":"lit19044","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Abderhalden, Emil","role":"author"},{"name":"Eugen Steinbeck","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 68: 312-316","fulltext":[{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"Weitere Untersuchungen \u00fcber die Verwendbarkeit des Seidenpeptons zum Nachweis peptolytischer Fermente.\nVon\nEmil Abderhalden und Eugen Steinbeck.\n(Aus dem physiologischen Institute der tier\u00e4rztlichen Hochschule. Berlin.) (Der Itcdaktion zugegangen am 12. August 1910.)\nKs sind aus dem hiesigen Institute mehrere Arbeiten hervorgegangen, die zeigten, da\u00df das Seidenpepton in einfachster Weise gestattet, in Organen peptolytische Fermente festzustellen. Wir haben diese Versuche fortgesetzt und dabei beobachtet, da\u00df der Erfolg der Untersuchung ganz wesentlich von der Beschaffenheit des Seidenpeptons abh\u00e4ngt. Es sei deshalb nochmals kurz geschildert, in welcher Weise wir im hiesigen Institute das Seidenpepton gewinnen. Als Ausgangsmat erial verwenden wir Seidenabf\u00e4lle. Diese .werden, nachdem sie 4S Stunden bei 100\u00b0 getrocknet worden sind, in 70\u00b0/oige Schwefels\u00e4ure eingetragen. Gew\u00f6hnlich gehen wir von 1 kg Seidenabf\u00e4llen aus und verwenden die f\u00fcnffache Menge Schwefels\u00e4ure. In neuerer Zeit haben wir aber auch weniger angewandt. Bei Verwendung der dreifachen Menge waren die Resultate noch ganz gute, w\u00e4hrend die Anwendung der zweifachen Menge unbefriedigende Resultate ergab. Es traten dabei schwer l\u00f6sliche gallertige Produkte auf, die die weitere Verarbeitung sehr st\u00f6rten. Die schwefelsaure L\u00f6sung lie\u00dfen wir 4 Tage lang bei 25\u00b0 stehen. Dann wurde die L\u00f6sung mit der zehnfachen Menge Wasser verd\u00fcnnt, nachdem vorher das Gef\u00e4\u00df mit der Seidenpeptonl\u00f6sung in Eis gestellt worden war.\nNun entfernten wir die Schwefels\u00e4ure durch Zusatz der berechneten Menge an festem, feingepulvertem Baryumhydroxyd. Hierbei wird fortw\u00e4hrend umger\u00fchrt. Am besten turbiniert man das Gemisch. Nach etwa 12 st\u00e4ndigem Stehen wird dann das Baryumsulfat durch doppelte Faltenfilter filtriert oder durch mit Tierkohle getr\u00e4nkte, geh\u00e4rtete Filter abgenutscht. Der Barvum-sulfatniederschlag wird wiederholt in der Reibschale mit de-","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Verwendbarkeit des Seidenpeptons usw. 313\nstilliertem Wasser von 25\u00b0 zerrieben und wieder durch Filtration oder durch Dekantieren vom Waschwasser getrennt. Verfolgt man keine besonderen Zwecke, so kann man den Baryumsulfat-niederschlag auch mit Wasser auskochen. Fine Gefahr ist nur dann vorhanden, wenn die Neutralisation der Schwefels\u00e4ure mit Baryt keine gen\u00fcgende war, d. h. wenn noch ein \u00dcberschuh von Schwefels\u00e4ure oder von Baryt vorhanden ist. Durch das Kochen besteht dann die Gefahr eines weiteren Abbaues des Peptons bis zu Aminos\u00e4uren. Nachdem man sich nochmals \u00fcberzeugt hat, da\u00df die vereinigten Filtrate vom Baryumsulfatniederschlag frei von Schwefels\u00e4ure und Baryt sind, wird unter vermindertem Druck bei einer 40\u00b0 des Wasserbades nicht \u00fcbersteigenden Temperatur eingeengt. Meistens verl\u00e4uft die Destillation ganz glatt, manchmal jedoch verhindert lebhaftes Sch\u00e4umen der Fl\u00fcssigkeit das Einengen. In diesem Fall kommt man am besten zum Ziel, wenn man die Seidenpeptonl\u00f6sung aus einem Scheidetrichter in den Destillationskolben w\u00e4hrend der Destillation eintropfen l\u00e4\u00dft. Hat man die Seidenpeptonl\u00f6sung auf ein kleines Volumen gebracht, dann pr\u00fcft man noch einmal auf Schwefels\u00e4ure und Baryt. Aus unbekannter Ursache entziehen sich oft ganz betr\u00e4chtliche Mengen von Baryt dem Nachweis. Es empfiehlt sich, auf alle F\u00e4lle eine Probe einzudampfen und zu veraschen. Ergibt sich ein Baryum enthaltender R\u00fcckstand, dann verd\u00fcnnt man am besten die Seidenpeptonl\u00f6sung und erw\u00e4rmt sie auf etwa \u00f60\u00b0 und f\u00fcgt nunmehr die ann\u00e4hernd berechnete Menge Schwefels\u00e4ure hinzu. Gew\u00f6hnlich gelingt es dann leicht, die letzten Reste von Baryt zu entfernen. Nunmehr engt man die Seidenpeptonl\u00f6sung noch weiter ein, bis sie dickfl\u00fcssig wird. Nun tr\u00e4gt man die gelbbraun gef\u00e4rbte L\u00f6sung unter best\u00e4ndigem R\u00fchren in absoluten Alkohol ein. Dabei f\u00e4llt das Seidenpepton in Form von hellgelb gef\u00e4rbten bis farblosen Flocken aus. Es ist von W ichtigkeit, das Zugie\u00dfen der Seidenpeptonl\u00f6sung zu einer bestimmten Menge Alkohol nur so lange fortzusetzen, als das Seidenpepton sich sofort in fester Form und m\u00f6glichst -farblos abscheidet. Sobald das Seidenpepton in Sirupform im Alkohol untersinkt, mu\u00df der Zusatz von Seidenpeptonl\u00f6sung abgebrochen werden, d. h. man nimmt eine neue Menge Alkohol und be-","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"314\nEmil Abderhalden und Eugen Steinbeck,\nobachtet hier dieselben Vorsichtsma\u00dfregeln wie vorher. Man kann so aus 1 kg Seidenabf\u00e4llen leicht 200\u2014300 g Seidenpepton erhalten. Dampft man die alkoholischen Filtrate nochmals ein, und wiederholt man den ganzen Proze\u00df, so kann man noch ganz betr\u00e4chtliche Mengen von brauchbarem Seidenpepton gewinnen.\nNoch reinere Pr\u00e4parate von Seidenpepton erhielten wir, wenn wir die w\u00e4sserige Seidenpeptonl\u00f6sung m\u00f6glichst stark eindampften und dann den R\u00fcckstand mit Methylalkohol auskochten. Die hei\u00dfe methylalkoholische L\u00f6sung trugen wir dann in absoluten \u00c4thylalkohol ein. Wir verwendeten zu allen unseren Versuchen nur Seidenpepton, das auf eine der genannten Weisen gewonnen war. Diese Pr\u00e4parate l\u00f6sen sich in Wasser sehr leicht und geben eine hellgelb gef\u00e4rbte L\u00f6sung. Die Reaktion der L\u00f6sung ist schwach sauer bis amphoter. Die Substanz ist nicht hygroskopisch. Noch reinere Pr\u00e4parate, die wir speziell f\u00fcr die optische Methode im hiesigen Institute verwenden, werden erhalten, wenn die w\u00e4sserige Seidenpeptonl\u00f6sung aus l'Voiger L\u00f6sung mit l()\u00b0/oiger Phosphorwolframs\u00e4urel\u00f6sung gef\u00e4llt wird. Wird der Niederschlag in der \u00fcblichen Weise mit Baryt zerlegt, dann erh\u00e4lt man schneewei\u00dfes Seidenpepton, das vollst\u00e4ndig luftbest\u00e4ndig ist und absolut farblose L\u00f6sungen gibt. Wir hatten Gelegenheit, mit Pr\u00e4paraten zu arbeiten, die den von uns gestellten Anforderungen nicht entsprachen. Wir erhielten auch damit meistens positive Resultate, doch erst bei viel l\u00e4ngerer Versuchsdauer. Auch war die Ausscheidung des Tyrosins lange nicht so ausgiebig wie in Kontrollversuchen mit unseren reineren Pr\u00e4paraten.\nUnseren Versuchen lagen zwei Fragestellungen zugrunde:\n1. Wie l\u00e4\u00dft sich das Vorkommen von pepto-1 y tischen Fermenten in normalen und pathologisch ver\u00e4nderten Organen am besten demonstrieren?\nBei Verwendung von 25\u00b0/oiger Seidenpeptonl\u00f6sung l\u00e4\u00dft sich das Vorkommen von peptolytischen Fermenten in verschiedenartigen Geweben am sch\u00f6nsten in folgender Weise zur Anschauung bringen. Wir haben z. B. normale Nieren, ferner Stauungsnieren, Fettnieren usw. nach der Technik der pathologischen Anatomen in zwei H\u00e4lften geteilt und dann diese, nach-","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Verwendbarkeit des Seidenpeptons usw. 315\ndem sie vorher mit physiologischer Kochsalzl\u00f6sung m\u00f6glichst vollst\u00e4ndig blutfrei gewaschen worden waren, in 25\u00b0/oige Seidenpeptonl\u00f6sung geh\u00e4ngt und zwar so, da\u00df das Gewebe von allen Seiten von der L\u00f6sung umsp\u00fclt war. Die L\u00f6sung \u00fcberschichteten wir mit etwas Toluol und brachten sie dann in den Brutschrank. Bei einem Versuche hatten wir Gelegenheit, eine Fehlerquelle zu beobachten. Das Organst\u00fcck tauchte mit einem Teil in die Toluoll\u00f6sung hinein und zeigte auf diesem ganzen Teil eine regellose Tyrosinabscheidung. Es war fraglich, ob von den Stellen aus, an denen das Tyrosin zur Abscheidung gelangte, auch die Spaltung des Seidenpeptons herbeigef\u00fchrt worden war. Es war die M\u00f6glichkeit vorhanden, da\u00df das Toluol als F\u00e4llungsmittel gewirkt hatte. Bei richtiger Anstellung des Versuches beobachtet man oft schon nach 3 bis 5 Stunden Abscheidung von Tyrosin auf der Schnittfl\u00e4che des Organs. Nach 12 Stunden ist das Bild schon ein viel deutlicheres. Hat man die Kapsel der Niere abgezogen, dann findet man auch die Au\u00dfenfl\u00e4che von Tyrosinkrystallen besetzt. Auf der Schnittfl\u00e4che sind die Tyrosinkrystalle im Wesentlichen nur in der Rindenschicht der Niere zu beobachten, die Markschicht dagegen ist meist ganz frei von Abscheidungen. Die Krystalle haften so gut am Organ, da\u00df man es mit Leichtigkeit durch Waschen von Seidenpepton befreien und dann h\u00e4rten kann. Bis jetzt haben wir hierzu nur Alkohol benutzt. Es k\u00f6nnen jedoch auch nach anderen Methoden Dauerpr\u00e4parate gewonnen werden. Es d\u00fcrfte zu Vorlesungsversuchen kaum eine bessere Methode geben zur Demonstration des Vorkommens von pepto-lytischen Fermenten in den Geweben. Wir haben, wie schon erw\u00e4hnt, auch pathologisch ver\u00e4nderte Nieren untersucht. Bei der Fettniere war die Tyrosinabscheidung vermindert, ja gewisse Teile der Rinde waren vollst\u00e4ndig frei von Tyrosinkrystallen. Die Stauungsniere, die erst kurze Zeit bestanden hatte, wies vermehrte Tyrosinabscheidung in der Rinde auf. Bei chronischer Nephritis konnten die schon schwer ver\u00e4nderten Stellen daran erkannt werden, da\u00df die Tyrosinabscheidung fehlte. Diese Versuche sind alle mit Nieren von Hunden durchgef\u00fchrt worden. Sehr h\u00fcbsche Pr\u00e4parate erh\u00e4lt man auch bei","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"816 E. Abderhalden und E. Steinbeck, \u00dcber Seidenpepton usw.\nVerwendung von Leber, Ovarien, Hoden und auch von anderen Organen. Wir m\u00fcssen vorl\u00e4ufig die Frage noch offen lassen, ob die Tyrosinabscheidung gerade an den Stellen erfolgt, in denen auch das Ferment vorhanden ist, d. h., wir m\u00fcssen es unentschieden lassen, ob die beobachteten Bilder unmittelbar f\u00fcr eine Fermenttopographie in den Organen verwendbar sind. Von den Organen aus werden die Fermente auch an die Seidenpeptonl\u00f6sung abgegeben und bewirken dann au\u00dferhalb des Gewebes ebenfalls Spaltung. Es l\u00e4\u00dft sich dies leicht daran erkennen, da\u00df an den Gef\u00e4\u00dfw\u00e4nden nach einiger Zeit Tyrosinabscheidung erfolgt. Es w\u00e4re m\u00f6glich, da\u00df das auf den Geweben niedergeschlagene Tyrosin sekund\u00e4r an diese Stellen gelangt w\u00e4re. Hier m\u00fcssen weitere Versuche entscheiden. Wir verf\u00fcgen noch \u00fcber viele Beobachtungen an normalen und pathologisch ver\u00e4nderten Geweben, wir halten sie jedoch noch nicht f\u00fcr ausreichend zu bestimmten Schl\u00fcssen.\n2. Wann lassen sich bei Embryonen in verschiedenen Entwicklungsstadien zum erstenmal pepto-lytische Fermente nachweisen?\nWir haben bis jetzt die verschiedenen Entwicklungsstadien des H\u00fchnchens systematisch untersucht und ferner Schweineembryonen verschiedenen Alters gepr\u00fcft. Es ergab sich, da\u00df beim H\u00fchnchen zum erstenmal peptolytische Fermente in den Geweben am 7. bis 8. Tage nachweisbar sind. Schweineembryonen von 3,2 cm L\u00e4nge (Alter ca. 37 Tage) wdesen keine Spaltung in den Geweben auf. Ein Embryo von 3,3 cm L\u00e4nge zeigte in der Leber Spaltung und ein solcher von 4,8 cm in der Niere. Bei Embryonen von 2,8 und 2,2 cm war \u00fcberhaupt keine Spaltung erkennbar. Alle \u00fcbrigen Embryonen (5,9 cm, 6,9 cm, 9,3 cm, 9,5 cm, 10,6 cm, 7 cm, 11 cm, 13 cm, 14,6 cm, 15,5 cm, 18,9 cm) zeigten fast durchweg in allen untersuchten Organen (Herz, Leber, Lunge, Magen, D\u00fcnndarm, Pankreasdr\u00fcse, Niere, Geschlechtsorgane) Spaltung. Am ausgesprochensten war die Tyrosinausscheidung bei der Leber und der Niere. Wechselnde Resultate ergaben Herz, Magen und D\u00fcnndarm. Diese Untersuchungen werden im hiesigen Institute fortgesetzt.","page":316}],"identifier":"lit19044","issued":"1910","language":"de","pages":"312-316","startpages":"312","title":"Weitere Untersuchungen \u00fcber die Verwendbarkeit des Seidenpeptons zum Nachweis peptolytischer Fermente","type":"Journal Article","volume":"68"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:07:09.762672+00:00"}