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{"created":"2022-01-31T14:05:28.722559+00:00","id":"lit19090","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Cohnheim, Otto","role":"author"},{"name":"Dimitri Pletnew","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 69: 96-101","fulltext":[{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"Der Gaswechsel der Muskulatur des D\u00fcnndarms.1)\nVon\nOtto Colinheim und Dimitri Pletnew.\n(Aus dom physiologischen Institut der Universit\u00e4t Heidelberg.)\n(Der Redaktion zugegangen am 4. August 1910.)\nMit dem in der vorigen Abhandlung beschriebenen Respirationsapparat l\u00e4\u00dft sich von allen Organen die Muskulatur des D\u00fcnndarms am leichtesten untersuchen. Ihre Kohlens\u00e4ureproduktion ist fr\u00fcher bereits von dem einen von uns bestimmt worden.-) die Methode bestand damals darin, da\u00df Katzen, die in voller Verdauung sich befanden, get\u00f6tet wurden, indem sie mit \u00c4ther bet\u00e4ubt und ihnen dann die Halsgef\u00e4\u00dfe durchschnitten wurden. Dann wurde die Bauchh\u00f6hle er\u00f6ffnet, der D\u00fcnndarm schnell der L\u00e4nge nach vom Mesenterium losgerissen und in Ringersche L\u00f6sung geworfen. Dann wurde er zweimal mit Ringerscher L\u00f6sung ausgesp\u00fclt und mit einer Sublimatl\u00f6sung von 0,17\u00b0/o gef\u00fcllt, an beiden Enden zugebunden, mit Ringer-schcr L\u00f6sung abgesp\u00fclt und kam in das Versuchsgef\u00e4\u00df. Wir bedienten uns derselben Methode. Die Katzen hatten vorher immer reichlich Milch gesoffen, der Darm wurde mit Sublimat soweit gef\u00fcllt, da\u00df er ziemlich prall aussah, dann sind die Bewegungen besser. Das Sublimat hat den Zweck, Bakterien-entwicklung im Darm w\u00e4hrend der Versuchsdauer zu verhindern und au\u00dferdem das Darmepithel abzut\u00f6ten. Die Muskulatur und das die Bewegungen beherrschende Nervensystem werden von dem eingespritzten Sublimat nicht gesch\u00e4digt ; da sie aber au\u00dferordentlich empfindlich gegen kleinste Sublimatmengen sind, die in die Ringersche L\u00f6sung hereingeraten, so beruht diese Unempfindlichkeit offenbar darauf, da\u00df das Sublimat an das Eiwei\u00df des Epithels gebunden wird und die Muskulatur gar nicht erreicht. Am Schlu\u00df des einst\u00fcndigen Versuchs ist das Epithel\n') Mit Unterst\u00fctzung der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (Stiftung Heinrich Lanz).\n2 0. Cohnheiin, Diese Zeitschrift. Bd. LIV, S. 461. 1908.","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"Der Gaswechsel der Muskulatur des D\u00fcnndarms.\t97\nimmer vollst\u00e4ndig von dem \u00fcbrigen Darm abgel\u00f6st und l\u00e4\u00dft sich leicht herausdr\u00fccken, soda\u00df man den Darm ohne Epithel und Inhalt wiegen kann; man wiegt dann Muskeln, Nerven und Serosa, wovon nat\u00fcrlich die Muskeln den Weitaus gr\u00f6\u00dften leil ausmachen, Die Ringersche L\u00f6sung enthielt im Liter o.\u00dfg NaHG03. 0,24 g CaCl2. 0,42 g KCl. 9,0 g NaCl.\nDer mit Sublimat gef\u00fcllte Darm kam in das Durchleitungs-gcf\u00e4\u00df des Apparates, das mit 500 ccm Ringerscher L\u00f6sung gef\u00fcllt war, und f\u00fchrte darin w\u00e4hrend der ganzen Versuchsdauer \u00e4u\u00dferst lebhafte Bewegungen aus. Haupts\u00e4chlich sieht man die sogenannten Pendelbewegungen, die vermutlich dem Fortiransport von Fl\u00fcssigkeit dienen, au\u00dferdem aber sieht man von Zeit zu Zeit peristaltische Einschn\u00fcrungen \u00fcber den Darm hinkriechen.1)\nDie Resultate der Sauerstoff- und Kohlens\u00e4urebestim-nmngen seien im folgenden zusammengefa\u00dft. Die Versuchsdauer hei r\u00fcg, wo nichts anderes angegeben ist. immer eine Stunde, die Temperatur etwa 39\u00b0.\nV. r- SUCll\tGe- wicht tr \u00a9\tSauer- stoff mg\tKohlen- s\u00e4ure mg\tSauer-\u2019 Kohlen-stoff ! s\u00e4ure f\u00fcrltJOgu.lSld. mg\tmg\t\tResp.- Quot.\tBemerkungen\n1\t153\t23.4\t34.5\t37\t55\t1.07\t\n2\t/1\t\u2014\t50.1\t\t65\t\u2014\t\nu \u00bb) 4\t41\t24,1\t25,8\t59\t63\t0.78\tBewegungen schlecht. Tier war hungrig.\n\tTi\u00bb\t\u2014\t64,4\t\tHl\t\u2014\t\n5\ti>4\t38,6\t57\t60\t89\t1,07\t\n6\t47\t22.7\t36,9\t48\t78,5\t1,17\t\n/\t5t)\t\u2014\t50,1\t\t8/\t\u2014\t\ns\t4 M\t32\t57\t44,4\t79\t1,29\tDazu 11 mg Kohlens\u00e4ure aus d. R i n g e r sehen L\u00f6s. Versuchsdauer 90 Min.\n!\u00bb\t49\t\t56,2\t\t114\t\u2014\tBewegungen ungew\u00f6hnlich lebhaft.\n',) Vgl. 0. Cohnheim, Zeitschrift f. Biol., Bd. XXXVIII ( 1899). \u2014 MaSnus> Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. CII. CHI. CVIII, CIX \u00bb1904 u. 1905).","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"Otto Cohnheim und Dimitri Plctncw,\nDie Kohlens\u00e4urewerte liefen also durchweg h\u00f6lier, als sie in den fr\u00fcheren Versuchen von Cohn heim waren, sie sind etwa 2\u20143mal so hoch. Zum Teil k\u00f6nnte das daran liegen, dal\u00bb die Versuche damals meist zwei Stunden liefen, jetzt aber nur eine Stunde, und da\u00df in der zweiten Stunde ein Absinken des Gaswechsels eingetreten ist. Haupts\u00e4chlich kommt es aber, wie sp\u00e4tere Versuche beweisen, daher, da\u00df in den damaligen Versuchen der Sauerstoff, der aus der Bombe herausstr\u00f6mte, nur durch die Fl\u00fcssigkeit perlte, bei unseren jetzigen Versuchen aber ein sehr viel rascherer Strom durch die Ringer sehe L\u00f6-sung jagte, die Sauerstoffversorgung ist damals zweifellos ungen\u00fcgend gewesen. Wir waren aber auch jetzt zun\u00e4chst nicht sicher, da\u00df der Darm wirklich gen\u00fcgend Sauerstoff erhielt, unter physiologischen Verh\u00e4ltnissen erhalten die Muskeln den Sauerstoff ja von den Kapillaren her, in unseren Versuchen mu\u00df er durch die Darmwand hindurch diffundieren. Wir haben daher noch eine weitere Versuchsreihe angestellt, in der wir versuchten, den Sauerstoff direkt durch die Kapillaren str\u00f6men zu lassen. Da\u00df das bei einzelnen Organen m\u00f6glich ist, haben die Versuche von Magnus1) gezeigt, der Sauerstoff durch die Kranzgef\u00e4\u00dfe des Herzens str\u00f6men lie\u00df und das Herz dabei normale Bewegungen ausf\u00fchren sah. Wir haben die Versuche nun so angestellt, da\u00df wir bei einer gut gef\u00fctterten Katze in Athernarkose das Abdomen \u00f6ffneten, den D\u00fcnndarm am oberen und unteren Ende durchschnitten und ihn zweimal mit Ringerscher L\u00f6sung aussp\u00fclten. Alsdann wurden die Gef\u00e4\u00dfe, die zum Duodenum und zum Dickdarm gehen, unterbunden, weil Anasto-mosen zwischen den Gef\u00e4\u00dfen des D\u00fcnndarms einerseits und denen des Magens und des Dickdarms bestehen. Alsdann suchten wir die Arteria mesenterica superior auf, die bei der Katze leicht zu finden ist, und banden eine Kan\u00fcle in sie ein. Dann wurde der D\u00fcnndarm mit seinem Mesenterium und der in der Arterie befestigten Kan\u00fcle herausgenommen und in Ring ersehe L\u00f6sung gelegt. Die Venen des Mesenteriums werden bei der Herausnahme durchschnitten. Nun wurden von der Kan\u00fcle aus\n) R. Magnus, Archiv f. exper. Path. u. Pharm\u00e0k., Bd. XLVII. 1W2.","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"Der Gaswechsel der Muskulatur des D\u00fcnndarms.\n99\ndie Darmgef\u00e4\u00dfe zun\u00e4chst mit Ringerscher L\u00f6sung und dann mit Sauerstoff durchsp\u00fclt, dann wurde der Darm mit Sublimat gef\u00fcllt, zugebunden, gut abgesp\u00fclt und in das Versuehsgef\u00e4\u00df des Respirationsapparates gelegt. Die Kan\u00fcle wurde mit dem arteriellen Zuleitungsrohr des Apparates verbunden. Wenn mm der Apparat in Gang gesetzt wurde\u00bb, so lief der Sauerstoff zun\u00e4chst durch die Gef\u00e4\u00dfe des Darms und trat dann erst aus den Venen in die Ringersehe L\u00f6sung \u00fcber, von wo er in der \"ben geschilderten Weise zu den Absorptionsgef\u00e4\u00dfen ging.\nBei dieser Versuchsanordnung dauerte es gew\u00f6hnlich einige Minuten, bis die Bewegungen des Darms in Gang Hamen, dann aber erfolgten sie in genau derselben Weise, meist noch etwas lebhafter als bei den fr\u00fcheren Versuchen. Da der Apparat ili\\thinisch arbeitet, sieht man die Pulsation der Mesenterinl-rTef\u00e4\u00dfe wie an einem normahm Tiere mit er\u00fcffneter Bauchh\u00f6hle.\nDie experimentellen Schwierigkeiten bei diesen Versuchen mikI nicht allzugro\u00df, dagegen kann es im Laufe des Versuches zu einem Hindernis kommen, das dann nicht mehr zu \u00fcberwinden ist. Wenn der Darm sich in der Fl\u00fcssigkeit umherw\u00e4lzt, kann es geschehen, da\u00df bei den sehr lebhaften Bewegungen die Arterie verdreht wird, und damit ist die Pulsation des Sauerstoffs durch die Blutgef\u00e4\u00dfe nat\u00fcrlich unterbrochen. Da man der Sauerstoflfbestimmung wegen das Gef\u00e4\u00df nicht mehr \u2022 tfnen kann, l\u00e4\u00dft sich dem \u00dcbelstand nicht mehr abhelfen, die Gef\u00e4\u00dfe werden nach einiger Zeit undicht und damit ist die Sauerstoffbestimmung verloren. Daher erkl\u00e4ren sich zum Teil <li>- f\u00fcnf Versuche, in denen wir nur die Kohlens\u00e4ure haben bestimmen k\u00f6nnen. Was den Druck anlangt, mit dem der Sauerstoff durch die Gef\u00e4\u00dfe str\u00f6mt, so erwies es sich als zweckm\u00e4\u00dfig, ihn auf etwa 70 mm Quecksilber zu bemessen. Als wir einmal auf 90 mm stiegen, begann sich der Darm mit Sauer->toif zu f\u00fcllen, die Kapillaren waren undicht geworden. Bei geringerem Drucke ist der Widerstand zu gro\u00df.\nBei dieser Versuchsanordnung ist die Sauerstolfversorgung 'les Darms nun zweifellos hinreichend, da er unter h\u00f6herem Drucke durch die Kapillaren l\u00e4uft, als es im Leben der Fall ist. ^ ie die folgende Tabelle beweist, ist der Gaswechsel dabei","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nOtto Cohnheim und Dimitri Pletnew,\nim allgemeinen nicht h\u00f6her als bei den Versuchen mit einfacher SauerstolTdurchleitung durch die L\u00f6sung; auch bei diesen ist die Sauerstoffversorgung also gen\u00fcgend.\nVer- such\tGe- wicht ir r>\tSauer- stoff mg ;\tKohlen- s\u00e4ure mg\tSauer- stoff f\u00fcr100 mg\tKohlen- s\u00e4ure gu.lStd. mg\tResp.- Quot.\tBemerkungen\nI\t75\t\u2014\t63,3\t\t\t192\t\u2014\t\n2\t40\t\u2014\t64,8\t\u2014\t162\t\u2014\t\n\u20221 *>\t55\t\u2014\t53,4\t\u2014\t98\t\u2014\t\n4\t4\u00ab\t\u2014\t68,0\t\u2014\t148\t\u2014\t\n5\t56\t\u2014\u25a0\u25a0\t4/,4\t\u2014\t85\t\u2014\t\n0\t52\t42.1\t62\t61\t89\t1,05\t80 Minuten, dazu 9 mjj\n\t\t\t\t\t\t\tKohlens\u00e4ure aus der\n\t\t\t\t\t.\t\tRinger-L\u00f6sung.\nr\u00bb /\tno\t43,2\t76,4\t\u202218\t85\t1,28\t\n8\t76\t37.1\t63,8\t49\t84\t1,24\t\n\u20181\t54\t37.2\t\u2014\t63\t\t\t\nIm Versuch 7 wurde der Sauerstoffverbrauch f\u00fcr die erste und zweite halbe Stunde getrennt bestimmt, er betrug 22,6 mg f\u00fcr die erste, 20,6 mg f\u00fcr die zweite Halbstunde, sinkt also nur ganz unerheblich, soda\u00df die erste Stunde als richtig angenommen werden kann. Ob ein st\u00e4rkeres Herabgehen in der zweiten Stunde stattfindet, haben wir nicht gepr\u00fcft, in den beiden Versuchen, die l\u00e4nger als eine Stunde dauerten, fand sich, da\u00df Kohlens\u00e4ure aus der Ringerschen L\u00f6sung ausgetrieben war, der Darm also S\u00e4ure abgegeben hatte, was f\u00fcr abnorme Verh\u00e4ltnisse spricht. Sonst war das niemals der Fall.\nBesprechung der Zahlen.\nWas nun zun\u00e4chst die absoluten Werte anlangt, so liegen sie bei beiden angewandten Methoden um 80\u201490 mg Kohlens\u00e4ure f\u00fcr 100 g Muskeln in einer Stunde. Nur wenige Zahlen liegen etwas ab. Die Sauerstoffwerte schwanken um 40\u201460 mg pro 100 g und 1 Stunde. Die Werte sind also 2\u20143 mal h\u00f6her als in den fr\u00fcheren Versuchen, immerhin aber von derselben unvergleichlich niedrigeren Gr\u00f6\u00dfenanordnung als die Werte f\u00fcr","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Der Gasweehsel der Muskulatur des D\u00fcnndarms. .\t101\nDr\u00fcsen und Skelettmuskeln, die 300\u20143000 mg f\u00fcr 100 g und Stunde betragen.1)\nDie respiratorischen Quotienten haben wir im ganzen nur in 8 F\u00e4llen bestimmen k\u00f6nnen, nur in einem Falle findet sich ein Quotient von 0,78. Dieser Versuch f\u00e4llt ohnehin aus dem K\u00e4hmen heraus, da das Tier hungrig war und der Darm sich ganz schlecht bewegte. In allen \u00fcbrigen F\u00e4llen liegen die respiratorischen Quotienten ein wenig \u00fcber 1,0; die Tiere waren immer reichlich mit Milch gef\u00fcttert, hatten also Milchzucker in ihrem Darm, soda\u00df ein respiratorischer Quotient von 1 zu erwarten war. Da\u00df die SauerstofTwerte ein wenig zu klein sind, ist in der vorigen Abhandlung ausgef\u00fchrt, dadurch mu\u00df der respiratorische Quotient ein wenig steigen. Ob der Darm etwaige Besonderheiten zeigt, ob es sich gegen Ende der Versuche um Spuren Kohlens\u00e4ure handelt, die mit dem beginnenden Absterben zu tun haben, das l\u00e4\u00dft sich einstweilen nicht sagen.\nZusammenfassung.\n1.\tDie Darmmuskulatur produziert 80\u201400 mg Kohlens\u00e4ure pro 100 g und Stunde und verbraucht eine entsprechende Menge Sauerstoff.\n2.\tEs gelingt, einen guten Gaswechsel herbeizuf\u00fchren, wenn man statt des Blutes Sauerstoff direkt durch die Kapillaren leitet.\nl) Vgl. 0. Cohnheim. 1. c.","page":101}],"identifier":"lit19090","issued":"1910","language":"de","pages":"96-101","startpages":"96","title":"Der Gaswechsel der Muskulatur des D\u00fcnndarms","type":"Journal Article","volume":"69"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:05:28.722565+00:00"}