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{"created":"2022-01-31T14:10:57.496699+00:00","id":"lit19151","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Zeynek, R. von","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 70: 224-229","fulltext":[{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"Nachtr\u00e4gliche Bemerkungen betreffend die Pyridinverbindung des H\u00e4mochromogens.\nVon\nR. von Zeynek.\nMit einer Abbildung im Text.\n(I)er Redaktion zugegangen am ti. November R*10.)\nHerr Prof. Kobert hat mich auf dem Heidelberger Physiologenkongre\u00df auf die Krystallbildung, welche Pyridin in H\u00e4moglobinl\u00f6sungen bewirkt, aufmerksam gemacht und mir freund-lichst mikroskopische Pr\u00e4parate zur Ansicht gesendet. Ich glaubte, auf Grund der im vorstehenden von Herrn Dr. Kalmus geschilderten Versuche die Vermutung aussprechen zu d\u00fcrfen, da\u00df die Krystalle der mir vorgelegten Pr\u00e4parate keine weitgehenden Abbauprodukte des H\u00e4moglobins darstellen. Seither bin ich, durch Publikationen auf dem Gebiete der gerichtlichen Medizin angeregt, zu einer anderen Auffassung gelangt, und unsere Erfahrungen linden sich in den beiden vorliegenden Mitteilungen. Ich bedaure sehr, da\u00df Herr P/of. Kobert ohne mein Wissen einen mehr als 2 Jahre alten, diese Frage betreffenden, an ihn gerichteten Brief teilweise von Herrn Dilling publizieren lie\u00df. Eine Verst\u00e4ndigung \u00fcber diese seine Absicht und ein Austausch unserer Erfahrungen h\u00e4tte zur rascheren und einfacheren Kl\u00e4rung besser beigetragen.\nAuf Grund der Dillingschen Arbeit habe ich k\u00fcrzlich folgende Versuche ausgef\u00fchrt, \u00fcber welche ich kurz berichten wijl, um mir ein weiteres Arbeiten auf diesem Gebiete, bei welchem jedoch die mikroskopischen Versuche f\u00fcr mich nicht sonderlich in Betracht kommen, zu erm\u00f6glichen.","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Pyridinverbindung des H\u00e4mochromogens. 225\nVor mehreren Jahren habe ich gezeigt, *) da\u00df Pyridin nicht imstande ist, H\u00e4matin zu H\u00e4mochromogen zu reduzieren. Es entsteht zwar bei der Pyridinwirkung ein dem H\u00e4mochromogen \u00e4hnliches, aber bei weitem nicht so intensives Spektrum, erst durch Zusatz eines Reduktionsmittels geht dieses Spektrum in das charakteristische H\u00e4mochromogonspektrum \u00fcber. Diese Versuche hat Dr. Kalmus vor etwa einem Jahre hier best\u00e4tigt.\nDie Versuche wurden in Eprouvetten an der Luft, z. T. mit vorher ausgekochten L\u00f6sungen angestellt.\nW. J. Dilling hat nun neuerlich unter seinen interessanten mikroskopischen Beobachtungen solche \u00fcber H\u00e4mo-chromogenkrystalle mitgeteilt, die . aus Schalfejew-H\u00e4matin durch Pyridinwirkung gewonnen waren; wenngleich die Krystalle ebenso wie das H\u00e4moehromogenspektrum erst nach verschieden langer Zeit auftraten (u. a. nach einer Woche), also jedenfalls keine glatte Reaktion vorliegt, so konnte doch an den Tatsachen nach den eingehenden Beschreibungen kaum gezweifelt werden.\nIch habe die gleichen Versuche in gr\u00f6\u00dferem Ma\u00dfstabe durchgef\u00fchrt. In einem Kolben k, der einen seitlichen Ansatz b trug, wurde in diesen Ansatz H\u00e4matin resp. nach Schalfejew-K\u00fcster umkrystallisiertes H\u00e4min gegeben, in den Kolben selbst kam Pyridin (Merck pu-riss.). Der Kolben wurde hierauf bei a ausgezogen, mit einer Quecksilberpumpe unter gelindem Erw\u00e4rmen sorgsam evakuiert, dann bei a abgeschmolzen. Bei der L\u00f6sung des H\u00e4matins resp. H\u00e4mins trat keine H\u00e4mochro-mogenbildung ein, wohl aber beim Erw\u00e4rmen der L\u00f6sung auf etwa 50\u00b0. Diese Reaktion ging rascher bei den H\u00e4minproben als bei dem verwendeten H\u00e4matin, bei dem letzteren anscheinend nicht vollst\u00e4ndig vor sich. Nachdem der Kolben auf-\nDiese Zeitschrift, Bd. XXX, S. 133.","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"220\nR. von Zeynek,\ngesprengt worden war, verschwand an der Luft das H\u00e4mo-chromogenspektrum und konnte nicht wieder durch erneutes Auspumpen und Erw\u00e4rmen erhalten werden.\nWie diese Reduktion \u2014 denn zweifellos liegt eine solche vor \u2014 zu erkl\u00e4ren ist, wei\u00df ich nicht; vermutet k\u00f6nnte allerdings werden, da\u00df mit dem Pyridin geringe Mengen von reduzierenden Substanzen zugegeben waren, die durch die Reduktionswirkung zerst\u00f6rt worden sind. Ein Abbau des H\u00e4matins tritt anscheinend nicht ein; wird die Pyridinl\u00f6sung nach dem Luftzutritt mit einer entsprechenden Menge Hydrazinhydrat versetzt, so tritt prompt und rein das H\u00e4mochromogenspektrum auf.\nAnaloge Beobachtungen haben wir vor dem Erscheinen von Herrn Dillings Arbeit betreffend die Einwirkung von Piperidin auf Blutfarbstoff gemacht. Das durch Piperidin zuerst gebildete H\u00e4mochromogen wird auch bei betr\u00e4chtlichem \u00dcberschu\u00df von Piperidin durch den Luftsauerstoff oxydiert und beim ruhigen Stehen in verst\u00f6pselten Gef\u00e4\u00dfen trotz des Piperidin\u00fcberschusses nicht wieder zur\u00fcckgebildet. Hier geht aber die Reaktion weiter und f\u00fchrt zu einer Eisenabspaltung unter Bildung gelbbrauner Produkte.\nBekanntlich hat schon Gamgee die Ansicht ausgesprochen, da\u00df die Substanzen, welche durch Oxydation von H\u00e4mochromogen entstanden sind, nicht als H\u00e4matin anzusehen seien. Da keine Analysen vorliegen, die Darstellung der Substanzen in gr\u00f6\u00dferen Mengen mehr Schwierigkeiten bietet, als urspr\u00fcnglich vorauszusehen war, m\u00f6chte ich dazu gegenw\u00e4rtig nur bemerken, da\u00df wir aus den Mutterlaugen, die durch Oxydation von H\u00e4mochromogen durch Luftsauerstoff erhalten waren, mit Pyridin und Hydrazinhydrat den gr\u00f6\u00dften Teil des Oxydationsproduktes wieder als H\u00e4mochromogen krystallinisch ausf\u00e4llen konnten. Bei reinen H\u00e4matinl\u00f6sungen allerdings geht diese F\u00e4llung fast quantitativ, d. h. die \u00fcber den Krystallen befindliche Fl\u00fcssigkeit ist nur ganz minimal hellrot gef\u00e4rbt. Schwefelammon und frisch bereitetes Kaliumsulfid als Reduktionsmittel gaben eine nicht so weitgehende F\u00e4llung, auch hat der Niederschlag nicht die prachtvoll reinrote Farbe, sondern einen etwas br\u00e4unlichen Farbenton. Es besteht also auch in bezug auf die F\u00e4llbarkeit","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"227\n\u00dcber die Pyridinverbindung des H\u00e4mochromogens.\ndes H\u00e4mochromogens durch Pyridin ein Unterschied zwischen dem direkt aus Blutfarbstoff durch Lauge abgespaltenen und dem aus H\u00e4min dargestellten H\u00e4mochromogen.\nZweifellos ist es m\u00f6glich, wie Herr Hilling an mehreren Stellen seiner Arbeit betont, da\u00df durch die Reagenzienwirkung verschiedene Substanzen, die als H\u00e4mochromogenarten zu bezeichnen sind, entstehen. Es scheint aber diese Frage noch komplizierter zu sein, als die der Einheit, resp. Verschiedenheit der H\u00e4matine, denn durch verschiedene Reduktionsmittel m\u00f6gen aus jedem einzelnen H\u00e4matin optisch etwas differente H\u00e4mo-chromogene erhalten werden.\nEhe da nicht quantitative Bestimmungen vorliegen, wird es wohl besser sein, auf geringf\u00fcgige optische Differenzen keine weitgehenden Schl\u00fcsse aufzubauen. Bisher kommt ja zur Charakterisierung von H\u00e4mochromogen nur die ungef\u00e4hre Zusammensetzung, das auffallende optische Verhalten und die Oxydierbarkeit zu K\u00f6rpern von H\u00e4matinreaktionen, schlie\u00dflich die Krystallisierbarkeit der Pyridinverbindungen, wie der von Hilling studierten Verbindungen mit anderen organischen Basen in Betracht.\nAber auch aus den Krvstallformen weitere Schl\u00fcsse zu ziehen, erscheint verfr\u00fcht, da bei geringf\u00fcgigen \u00c4nderungen der Versuchsbedingungen in bezug auf Temperatur und Konzentration verschiedene Krystallformen entstehen, wie E. Kalmus im hiesigen Laboratorium sich oftmals \u00fcberzeugt hat.\nZur Darstellung gr\u00f6\u00dferer Mengen der kri stallisierten H\u00e4mo-chromogenpyridinverbindungen d\u00fcrfte die Eigenschaft des H\u00e4mochromogens wertvoll sein, aus w\u00e4sserigen Pyridinl\u00f6sungen durch hinreichenden Laugen- oder Salzzusatz mit dem Pyridin aus-gesalzen zu werden. \u00dcber die Reinheit dieser Pyridinl\u00f6sungen habe ich allerdings noch keine Erfahrungen.\nZur Orientierung \u00fcber die Mengenverh\u00e4ltnisse, in welchen Pyridin mit H\u00e4mochromogen zusammentrifft, habe ich folgenden Versuch ausgef\u00fchrt: Reines H\u00e4matin (nach Schalfejew) wurde in Pyridin gel\u00f6st, mit etwas Hydrazinhydrat versetzt, die L\u00f6sung wurde ausgepumpt, hierauf hei 50\u00b0 im Vakuum dor Quecksilberluftpumpe mehrere Stunden getrocknet. Nach dem Abk\u00fchlen wurde ahgeschmolzen, das Gef\u00e4\u00df gewogen, dann aufgesprengt und der Inhalt mit verd\u00fcnnter Lauge gel\u00f6st. Das leere","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nR. von Zcynek,\nGef\u00e4\u00df wurde wieder ausgepumpt und zur\u00fcckgewogen. Das Gewicht der Substanz betrug 0,6743 g. Nach dem \u00d6ffnen des Gef\u00e4\u00dfes war absolut kein Pyridingeruch vorhanden, der rote K\u00f6rper schien relativ best\u00e4ndig zu sein gegen\u00fcber der Luft. Nach dem L\u00f6sen in Lauge roch die L\u00f6sung deutlich nach Pyridin, sie wurde destilliert, das Destillat titriert. Die Titration gab auf Pyridin gerechnet 0,154 g. Der Destillationsr\u00fcckstand wurde zur Eisenbestimmung verascht, gefunden wurden 0,0678 g Eisenoxyd. woraus sich auf Grund der H\u00e4mochromogenformel CS4H34NFe()4 eine H\u00e4mochromogenmenge von 0,5253 g berechnet; die Differenz 0,1490 g als Pyridin gerechnet, entspricht etwa 2.2 Mol. Pyridin f\u00fcr 1 H\u00e4mochromogen.\nDieser Versuch ist nat\u00fcrlich nur als Orientierungsversuch zu betrachten. Ich hoffe bald \u00fcber genauere Versuche berichten zu k\u00f6nnen.\nKino viel umstrittene Frage ist jene betreffend Hoppe-Seylers Beobachtung, da\u00df aus H\u00e4moglobin und Kohlenoxydh\u00e4moglobin krystallisiertes H\u00e4mochromogen resp. Kohlenoxyd-h\u00e4mochromogen erhalten werde. Ich habe die von Hoppe-Seyler beschriebene Versuchsanordnung mit Oxyh\u00e4moglobin-und Kohlenoxydh\u00e4moglobinl\u00f6sung, und zwar mit verd\u00fcnnten und konzentrierten (frisch filtrierten 1) Blutfarbstoffl\u00fcsungen und verschieden konzentrierten Laugenl\u00f6sungen (bis 14\u00b0/o Blutfarbstoff, bis 2f)\u00b0/o Kali- und Natronlauge) wiederholt, konnte aber, wenn nicht l\u00e4nger als zwei Stunden im Wasserbade erw\u00e4rmt wurde, keine Krystalle beobachten. In der Hitze wie in der K\u00e4lte waren die Fl\u00fcssigkeiten bis auf minimale Tr\u00fcbungen, die aber auch nur in einigen Proben auftraten, vollkommen klar und intensiv gef\u00e4rbt.\nAnders verhalten sich aber die Proben, wenn sie l\u00e4nger, ca. 6 Stunden und mehr, erw\u00e4rmt wurden. Da kommt es zur Ausscheidung von viel Farbstoff, aber gleichzeitig schieden sich immer reichliche Mengen flockiger,, weniger gef\u00e4rbter Niederschl\u00e4ge ab. Bei Verwendung konzentrierterer Blutfarbstoffl\u00f6sungen und konzentrierterer Laugen erstarrt schlie\u00dflich die ganze Fl\u00fcssigkeit zu einer Gallerte, welche, an der Wand des zugeschmolzenen Rohres heruntergesch\u00fcttelt, eine intensiv gef\u00e4rbte L\u00f6sung von den charakteristischen Spektralerscheinungen des H\u00e4mochromogens, resp. Kohlenoxydh\u00e4mochromogens zeigte.\nH\u00e4min mit 25\u00b0/oiger Lauge und etwas Hydrazinhydrat oder frisch bereitetem Schwefelkalium oder Schwefelammonium nach dem Auspumpen vor der Quecksilberluftpumpe oder im","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Pyridinverbindung des H\u00e4mochromogens. 229\nKohlenoxydstrome, auf dem Wasserbade erw\u00e4rmt, gab im Gegensatz zwar eine Ver\u00e4nderung seiner Farbe und die erwarteten charakteristischen Spektralerscheinungen, jedoch ging von dem Farbstoff nichts in L\u00f6sung.\nWahrscheinlich sind auch diese Erscheinungen auf die verschiedene Konstitution des direkt aus Blutfarbstoff abgespaltenen und des \u00fcber H\u00e4min resp. H\u00e4matin gewonnenen H\u00e4mochromogens zur\u00fcckzuf\u00fchren.l)\n\u2018) Vgl. R. von Zeynek, Verb, der deutschen Naturf. u. \u00c4rzte, 1910, Bd. II, 1, S. 83, Vortrag geh. in Salzburg: \u00dcber die Abspaltung der prosthet. Gruppe bei Chromoproteiden.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXX.\nlf>","page":229}],"identifier":"lit19151","issued":"1910-11","language":"de","pages":"224-229","startpages":"224","title":"Nachtr\u00e4gliche Bemerkungen betreffend die Pyridinverbindung des H\u00e4mochromogens","type":"Journal Article","volume":"70"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:10:57.496705+00:00"}