Open Access
{"created":"2022-01-31T16:50:57.568038+00:00","id":"lit19153","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Popielsky, L.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 70: 250-252","fulltext":[{"file":"p0250.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Blutdruckwirkung des Cholins.\nVon\nProf. Dr. L. Popielski.\n(Aus dem Institut f\u00fcr experim. Pharmakologie der Universit\u00e4t Lemberg). (Der Deduktion zugegangen am 2. November 1910.)\nDie Schwierigkeit der physiologischen Untersuchung des Cholins ist auf die gro\u00dfe Schwierigkeit der Gewinnung von chemisch reinen Pr\u00e4paraten zur\u00fcckzuf\u00fchren. Reines Cholin erhielt Boehm, der zeigte, da\u00df dieses den Blutdruck nur vor\u00fcbergehend steigert. Die Untersuchung der Arbeiten sp\u00e4terer Autoren f\u00fchrt zum Schlu\u00df, da\u00df die von ihnen erhaltene Blutdrucksenkung eine sekund\u00e4re Erscheinung sei, abh\u00e4ngig von der Verlangsamung der Herzschl\u00e4ge und nicht prim\u00e4r, als Ausdruck der Cholinwirkung auf die entsprechenden vasomotorischen Apparate. Die Beseitigung der Herzverlangsamung mittels Atropin ruft immer Blutdruckerh\u00f6hung hervor, in Anbetracht welchen Umstandes es irrt\u00fcmlich war von einer Blutdrucksenkung als Wirkung des Cholins zu sprechen.\nNach gr\u00fcndlicher Durchsicht der entsprechenden Literatur beschlo\u00df ich, mich selbst von der Wirkung des Cholins zn \u00fcberzeugen. Das von nur aus Eidotter erhaltene nat\u00fcrliche Cholin gab nur Blutdruckerh\u00f6hung. Das von Merck bereitete gebr\u00e4uchliche Cholin ist entschieden verunreinigt (gelbe Farbe, Geruch nach Trimethylamin). Wir entschlossen uns, dieses Pr\u00e4parat zu reinigen. Modrakowski krystallisierte nach den Angaben von Gule witsch solange Cholinchlorplatinat um, bis er vollkommen gleichm\u00e4\u00dfige gro\u00dfe Krystalle erhielt. Das so erhaltene Cholin rief nur Blutdruckerh\u00f6hung hervor. Ein weiterer entscheidender Beweis dessen, da\u00df wir reines Cholin hatten, war der Umstand, da\u00df sowohl unser reines Cholin, als auch das von der Kahl b\u00e4um sehen Fabrik nach einer gewissen Zeit eben dieselben Erscheinungen gab, wie das k\u00e4ufliche Cholin Merck: Verlangsamung der Herzschl\u00e4ge, Blutdruckernied.rigung, Myosis, Darmperistaltik. Zuckungen der Beinei Sekretion von Speichel, Tr\u00e4nen und Pankreassaft. Die Ergebnisse von Modrakowskis Arbeit beschlossen unter anderen aueh Abderhalden und Fr. M\u00fcller1) zu untersuchen,\n*) Abderhalden und Fr. M\u00fcller, \u00abDie Blutdruckwirkung des reinen Cholins\u00bb. Diese Zeitschrift. Bd. LVI (1910) S. 420.","page":250},{"file":"p0251.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Blutdruekwirkung des Cholins. - '\t251\nbei Besprechung deren Arbeit ich nur kurz verweilen will. Die genannten Autoren bereiteten selbst Cholin, wobei sie jedoch die Methode Modrakowskis nicht ber\u00fccksichtigten. Zu ihren Untersuchungen verwendeten sie Cholin, welches sogar 8\u20149 Tage aufbewahrt wurde.\nDurch ihre Methode bekamen die Autoren ein physiologisch vollkommen unerprobtes Cholin. Die hernach von den Autoren durchgef\u00fchrten Versuche erwiesen, da\u00df die Methode der Autoren nur verunreinigtes Cholin liefert, denn das Cholin dieser Autoren gab: Pulsverlangsamung, Blutdrucksenkung, Pupillenverengung, erh\u00f6hte Dr\u00fcsent\u00e4tigkeit, Erscheinungen, die dem sicher verunreinigten Cholin von Merck eigen sind.\nEinige Portionen ihres Cholins gaben dennoch den Autoren Blutdrucksteigerung. Diese Erscheinung erkl\u00e4ren die Autoren folgenderma\u00dfen : \u00abUnsere Versuche zeigen also, da\u00df, wenn Cholin Blutdrucksteigerung hervorrief, diese entweder bei schwacher Narkose durch reflektorische oder vom R\u00fcckenmark ausgel\u00f6ste oder fibrill\u00e4re Zuckungen der quergesteiften Muskeln oder in tiefer Narkose oder nach Halsmarkdurchtrennung durch reflektorisch ausgel\u00f6ste Gef\u00e4\u00dfkontraktionen zu erkl\u00e4ren ist, d. h. durch aecessorische Momente*. Um die Ansichten der Autoren ins rechte Licht zu stellen, zitiere ich hier noch folgende Stelle aus der Arbeit obiger Aul\u00f6ren: \u00abWenn eine Steigerung (des Blutdruckes, Popielski) auftrat, wie in Fall 5 u. 2, so waren immer Unruhe des Tieres oder fibrill\u00e4re Muskelzuckungen in tiefer Narkose daran schuld. Bei Cholin tritt n\u00e4mlich ebenso wie bei Physostigmin, mit dem es in vieler Beziehung gro\u00dfe \u00c4hnlichkeit hat\u00bb.\nDie Behauptung Abderhaldens und Fr. M\u00fcllers, da\u00df in tiefer Narkose eintretende Blutdrucksteigerung von der \u00abUnruhe\u00bb des Tieres abh\u00e4nge, ist ein Irrtum, da wir doch eben zur Vermeidung dieser \u00abUnruhe\u00bb die Narkose und zumal tiefe anwenden. Ebenfalls irrt\u00fcmlich ist die Meinung der Autoren, da\u00df man in tiefer Narkose \u00abreflektorisch ausgel\u00f6ste Gef\u00e4\u00dfkontraktionen\u00bb erhalten k\u00f6nne. Das Charakteristische der tiefen Narkose ist ja gerade das vollkommene Erl\u00f6schen der Reflexe. Da die Autoren den fibrill\u00e4ren Zuckungen in der Frage der Blutdrucksteigerung eine gro\u00dfe Bedeutung beimessen, m\u00f6ge mir erlaubt sein, eine \u00e4u\u00dferst lehrreiche Beobachtung, die Dr. Modrakowski\u2018) ver\u00f6ffentlicht hat und die eben das Physostigmin betrifft, hier zu erw\u00e4hnen. W\u00e2hr\u00e7nd eines Versuches (S. 55\u201457) ist bei einem Hunde mit durchgeschnittenem verl\u00e4ngerten Marke, dem 0,00015 Physostigmin injiziert wurden, nach kurzer kleiner Blutdrucksteigerung, der Blutdruck von 160 bis auf 132 mm Hg\n\u2018) G. Modrakowski, \u00abBeitr\u00e4ge zu den antagonistischen Alkaloidwirkungen auf die Dr\u00fcsen. \u00dcber das gegenseitige Verh\u00e4ltnis der Wirkung von Atropin und Physostigmin auf das Pankreas\u00bb. Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. CXVIII (1907), S. 55-57.","page":251},{"file":"p0252.txt","language":"de","ocr_de":"252 L. Popielski, \u00dcber die Blutdruckwirkung des Cholins.\ngefallen, trotzdem ein \u00abstarkes Muskelzittem, das bald in deutliche Krampfanf\u00e4lle \u00fcbergegangen*, aufgetreten ist.\nDie Frage, ob Cholin im normalen Organismus sich befindet, mu\u00df verneinend beantwortet werden. Obwohl sich Cliolin im Organismus nicht befindet, l\u00e4\u00dft es sich dennoch bereiten mit Hilfe jener chemischen Operationen, denen Gulewitsch, Lohmann und Kinoschita verschiedene Organe unterworfen haben. In einem jeden Organ finden wir Lecithin, aus dem leicht Cholin dargestellt werden kann. Man kann somit doch Cholin erhalten, wo Lecithin vorhanden ist.\nSomit ruft reines Cholin nur vor\u00fcbergehende Blutdrucksteigerung hervor, was vollkommen der chemischen Konstitution dieses K\u00f6rpers als eines Ammoniumderivates entspricht.","page":252}],"identifier":"lit19153","issued":"1910-11","language":"de","pages":"250-252","startpages":"250","title":"\u00dcber die Blutdruckwirkung des Cholins","type":"Journal Article","volume":"70"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:50:57.568043+00:00"}