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{"created":"2022-01-31T15:00:15.092947+00:00","id":"lit19223","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"K\u00fcster, William","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 71: 100-104","fulltext":[{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Wertigkeit des Eisens im Blutfarbstoff.\nVon\nWilliam K\u00fcster.\nfAii' tient i henti\u00e4cheii Institut der tier\u00e4rztlichen Hochschule zu Stuttgart.) iDer Redaktion zugegangen am 1\u00bb. Januar 1911.)\nW. Manchot1) h\u00e4lt auf Grund seiner Untersuchungen die Ansicht aufrecht, das H\u00e4moglobin des Blutes m\u00fcsse das Eisen in der Ferristufe enthalten. Diese Annahme gr\u00fcndet sich auf die experimentell aufgefundenen Tatsachen, da\u00df das Aufnahmeverm\u00f6gen des Blutes bei passender Verd\u00fcnnung f\u00fcr Sauerstoff, Kohlenoxyd und Stickoxyd auf das vorhandene Eisen berechnet zwei Molekeln der Gase f\u00fcr ein Atom Eisen entspricht oder wenigstens nahekomrat, und da\u00df Ferrisalze di** gleiche Menge von Stickoxyd f\u00fcr ein Atom Eisen zu binden imstande sind, w\u00e4hrend ein Molek\u00fcl Ferrosulfat nur ein** Molekel Stickoxyd im besten Fall aufnehmen kann.\nGegen jede einzelne dieser Versuchsreihen ist. abgesehen davon, da\u00df eine Best\u00e4tigung der am Blut gewonnenen Resultate durch Versuche mit reinem H\u00e4moglobin erw\u00fcnscht w\u00e4re, kein Ein wand zu erheben. Und doch geht Manchot meine-Erachtens zu weit, wenn er aus seinen, unsere Kenntnisse \u00fcber den Blutfarbstoff und sein Aufnahmeverm\u00f6gen f\u00fcr Gase namentlich in quantitativer Hinsicht wesentlich erweiternden, sch\u00f6nen Versuchen Folgerungen zieht, welche die Wertigkeit des Eisens im H\u00e4moglobin betreffen. Denn einmal zieht Manchot nicht in Betracht, da\u00df die Versuche mit Stickoxyd unter ganz verschiedenen Bedingungen ausgef\u00fchrt werden mu\u00dften, die sich aus der chemischen Natur der zu untersuchenden K\u00f6rper ergaben. So wurde das Absorptionsverm\u00f6gen des Blutes in w\u00e4sseriger L\u00f6sung untersucht, das gleiche L\u00f6sungsmittel\n') Diese Zeitschrift, Hd. bXX. S. 280 (1910).","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"LbtM tiie Wertigkeit des Eisens ini Blutlarbstoft\t101\nkonnte beim Ferrosulfat benutzt werden, w\u00e4hrend Ferrisulfal in konzentrierter Schwefels\u00e4ure gel\u00f6st sein mu\u00dfte, um i\u00ef Molekeln Stickoxyd zu addieren. Ein geringer Zusatz von Wasser war hier schon hinreichend, um die Verbindung (Fe2(S04)34N0) zu zersetzen. Da nun nach Manchot der Dissoziationsgrad der Gasverbindungen unges\u00e4ttigter Metallsalze 'i- \u00bb\u2022' auch von der Natur des L\u00f6sungsmittels abh\u00e4ngt, sollte .in und dasselbe L\u00f6sungsmittel verwendet werden, falls man *wei solche Verbindungen miteinander vergleichen will.\nDann aber hat Manchot vollst\u00e4ndig unber\u00fccksichtigt ge-u.-sen, da\u00df seine Versuche einen Vergleich zwischen Blut lnd Eisenverbindungen nur in bezug auf das Stickoxyd zulassen. Wenn Manchot nun f\u00fcr das Eisen des H\u00e4moglobins die Dreiwertigkeit fordert, so vergi\u00dft er, da\u00df alsdann 1er Vergleich der Ferriverbindungen mit dem Blutfarbstoff nicht auf das Stickoxyd beschr\u00e4nkt bleiben darf, sondern auch auf die anderen Gase, speziell auf den Sauerstoff, ausgedehnt werden mu\u00df. Hier aber entbehren die beim Stickoxyd so sorgf\u00e4ltig ermittelten quantitativen Beziehungen der qualitativen (irund-jge, weil sich wohl das H\u00e4moglobin, nicht aber Ferns\u00e4tze mit dem atmosph\u00e4rischen Sauerstoff vereinigen k\u00f6nnen, wohl aber nehmen bekanntlich Ferrosalze Sauerstoff aus der Luft auf. und wir verdanken gerade Manchot Versuche, aus denen hervor-gelit. da\u00df die Anlagerung des Sauerstoffs zun\u00e4chst in Gestalt des Molek\u00fcls geschieht, gerade wie beim H\u00e4moglobin,. In erster Linie mu\u00df aber die qualitative M\u00f6glichkeit einer chemischen Reaktion, erst in zweiter m\u00fcssen die gewi\u00df nicht minder wichtigen quantitativen Verh\u00e4ltnisse Ber\u00fccksichtigung finden. Damil ist aber im gegebenen Falle bereits h\u00f6chst wahrscheinlich gemacht. da\u00df das H\u00e4moglobin kein Ferriaiom enthalten kann, weil ein solches gasf\u00f6rmigen Sauerstoff in w\u00e4sserigen Medien mcht zu binden vermag. Das Stickoxyd nimmt den Eisenverbindungen gegen\u00fcber eine ganz besondere Stellung ein, die m seiner chemischen Natur begr\u00fcndet sein mu\u00df. So verbindet es sich auch mit dem Meth\u00e4mogiobin und mit dein H\u00e4matin, w\u00e4hrend beide K\u00f6rper weder Sauerstoff noch Kohlenoxyd zu mnden verm\u00f6gen. Aus letzterem Grunde sind beide keine Ferro-","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nWilliam k \u00fc s I ** r.\nVerbindungen; f\u00fcr \u00ablas H\u00e4matin ist erwiesen, dal) es ein Ferri-ntorn enth\u00e4lt, und damit, h\u00e4ngt die Annahme, das H\u00e4matin sei \u00ablie Komponente des Meth\u00e4moglobins, M begr\u00fcndet zusammen. Das H\u00e4mochromogen dagegen addiert Sauerstoff und Kohlenoxyd, und nach seiner Bildungsweise aus dem H\u00e4matin ist es auch (\u00bbine Ferroverbindung, und da das H\u00e4moglobin ebenfalls das Verm\u00f6gen besitzt, die genannten Gase zu addieren, ist nichts nat\u00fcrlicher als die Annahme, das H\u00e4mochromogen sei \u00ablie Komponente des H\u00e4moglobins. Denn dar\u00fcber, da\u00df \u00ablm Anlagerung der Gase an die eisenhaltige Komponente und speziell an das Kisen erfolgt, sind wir uns ja einig.\nNach Manchot m\u00fc\u00dfte aber das H\u00e4matin die Komponente \u00ables H\u00e4moglobins sein und aus seiner Annahme w\u00fcrde\nfolgen, da\u00df reduziertes Blul zwar Stickoxyd, aber weder Kohlenoxyd noch Sauerstoff aufzunehmen imstande w\u00e4re, wenn er nicht \u00ablern H\u00e4matin den <'.harakter eines prim\u00e4ren Spaltproduktes absprechen will. Daf\u00fcr liegt aber kein Grund vor, bildet sich doch das H\u00e4matin auch durch einen so milden Kingriff, wie ihn die Verdauung des H\u00e4moglobins vorstellt. Und eine Ferriverbindung soll auch das hypothetische H\u00e4matin von Manchot s\u00ab\u00bbin' Trotzdem soll es die F\u00e4higkeit haben. ni\u00ab*lit nur Stick-nxyd, sondern auch Kohlenoxyd und Sauerstoff und zwar immer zwei Molekeln auf ein Atom Kisen zu binden. Das w\u00e4re also <\u00bbm Verhalten, das von dem der anorganischen Ferriverbindungen un\u00abl von dem des bekannten H\u00e4matins vollst\u00e4ndig abweicht und nur noch durch eine ganz eigenartige Bindung des hisens im hypothetischen H\u00e4matin\u00bb erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnte\nManchot hat auch versucht, das Ferroatom in eine komplex\u00ab\u00bb Bindung zu bringen: es ist ihm aber nicht gelungen, hierdurch Werte f\u00fcr die Aufnahme des Stickoxyds zu erhalten.\nwelche den Betrag von einer Molekel Stickoxyd f\u00fcr ein Atom Kisen \u00fcbersteigen. Wenn er nun hieraus folgert, das H\u00e4moglobin k\u00f6nne keine Ferroverbindung sein, weil das H\u00e4moglobin ja mehr wie ein Molek\u00fcl \u00ables Gases f\u00fcr ein Atom Kisen auf-\nuimmt. so kann ich auch diesem Schlu\u00df nicht zustimmen. Wenn\n' bi*\u00bbSr Zeikclirilt. IM. LXVI. S. 2H2 \u00abItMO\u00ab.","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcHM die Wertigkeit dtps KisHis im BUuiarb.stott * \\(YA\n*\nn\u00e4mlich in den Versuchen von Manchot und H\u00fcttner eine komplexe Bindung des K\u00e4sens \u00fcberhaupt zustande gekommen ist. so ist diese jedenfalls ganz anderer Art gewesen als die Bindung des Eisens im H\u00e4moglobin bezw. H\u00e4matin oder H\u00e4mo-rhromogen. Hier ist das Eisen an den Stickstoff von Pvrroilmen direkt und komplex verankert, von einer gleichen oder ;iuch nur \u00e4hnlichen Bindung kann bei Manchots Versuchen l ieht die Bede sein.1)\nNach allem halte ich nach wie vor die Behauptung aufrecht, da\u00df das H\u00e4moglobin eine Ferro Verbindung ist, weil alle Beobachtungen mit dieser Eigenschaft \u00fcbereinstimmen. Sie \"ibl auch eine Erkl\u00e4rung f\u00fcr die Tatsache, da\u00df best\u00e4ndig ein I eil des \u00dflutfarbstolls tunkfionsunt\u00fcchtig wird und der Zer-\nsetzung innerhalb des K\u00f6rpers anheimf\u00e4llt. Dieses Tnt\u00fcehtig-u erden beruht eben daraut, da\u00df die best\u00e4ndige Ferriverbindung 'ich innerhalb der Blutbahn bildet: entsteht sie in gr\u00f6\u00dferer Menge, etwa durch eine Vergiftung z. B. mit Kaliumchlorat.\nkann sie nicht ihrer ganzen Menge nach im K\u00f6rper weiter /ersetzt, sondern mul\u00bb durch die Nieren uusgeschieden werden, und was alsdann in den meisten F\u00e4llen im Harn gefunden wurde, ist das Meth\u00e4moglobin, die Ferriverbindung.\nWenn also Manchot sagt, es lie\u00dfe sich schwer vergehen. wie der Mechanismus der Atmung mit einer Ferro-verbindung so glatt funktionieren sollte, ohne durch Umwandlung des Eisens in die Ferristufe h\u00e4ufig gest\u00f6rt zu werden *,\nh> kann ihm erwidert werden, da\u00df erstens diese St\u00f6rung in 1er Tat best\u00e4ndig vor sich geht, und zweitens, da\u00df es sich noch schwerer verstehen lie\u00dfe, wie der Mechanismus der Atmung mit einer Ferriverbindung bestritten wird, die sich ihrer\nuanzen Natur nach nicht als l hertr\u00e4ger des atmosph\u00e4rischen Sauerstoffs, sondern als selbst\u00e4ndiges Oxydationsmittel bet\u00e4tigen w\u00fcrde, also viel zu energisch wirken und dabei erst recht h\u00e4ufig 'lurch \u00dcbergang in die Ferrostufe gest\u00f6rt werden w\u00fcrde.\n*) Es handelt sich, abgesehen vom Pyridin, um stickstofffreie L\u00ab.--mg.smittel: aber auch beim Pyridin d\u00fcrfte es sich nur um eine un-dissoziierte) L\u00f6sung des Ferrochlorids handeln, nicht um eine komplexe \u00dfmdung des Eisens.","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"loi Will tain K\u00fcsltM. \u00ce bei \u00bblie Wertigkeit il*1* Kis\u00ab>ris mi BlutfavbsiuU\nZ us a mine nia s sung.\n1.\tManchots Schlu\u00df, das H\u00e4moglobin k\u00f6nne keine Fernverbindung sein, weil Ferrosulfat h\u00f6chstens eine Molekel Stickoxyd, das H\u00e4moglobin aber deren zwei zu binden imstande ist, verliert seine Beweiskraft dadurch, da\u00df sich das Eisen im H\u00e4moglobin in ganz anderer Bindung befindet als im Ferrosulfat und weil Manchots Versuche, das Eisen in solche komplexe Bindung zu bringen, mit Substanzen oder unter Bedingungen ausgef\u00fchrt worden sind, die eine \u00e4hnliche Verkettung zu leisten nicht geeignet waren.\n2.\tManchots Schlu\u00df, das H\u00e4moglobin sei eine Ferriverbindung, weil das Ferrisulfat ebenso wie das Blut f\u00fcr ein Atom Eisen zwei Molekeln Stickoxyd zu binden imstande ist. verliert seine Beweiskraft dadurch, da\u00df 1. H\u00e4moglobin und Ferrisulfat die gleiche Menge Stickoxyd nur unter ganz verschiedenen Bedingungen aufnehmen und 2. ein R\u00fcckschlu\u00df vom Stickoxyd auf den Sauerstoff, wie er gemacht werden mu\u00df, sich verbietet, da der Sauerstoff wohl vom Blut, nicht aber von Ferriverbindungen addiert wird.\nStuttgart, im Januar 1911.","page":104}],"identifier":"lit19223","issued":"1911","language":"de","pages":"100-104","startpages":"100","title":"\u00dcber die Wertigkeit des Eisens im Blutfarbstoff","type":"Journal Article","volume":"71"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:00:15.092952+00:00"}