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{"created":"2022-01-31T14:05:16.695447+00:00","id":"lit19224","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Inghilleri, Giuseppe","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 71: 105-109","fulltext":[{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"Photochemische Synthese der Kohlenhydrate.\n1. Mitteilung.\nBildung von Sorbose.\nVon\nDr. Giuseppe Inghilleri.\nvL Assistent in \u00bblern ehern. Laboratorium an .1er Kgl. Universit\u00e4t Siena.'.\n(Der Redaktion zugegangen am \u2022**. November nun.)\nAus den bisherigen Untersuchungen \u00fcber die Bildung der Kohlenhydrate in den Pflanzen geht hervor, da\u00df Kohlens\u00e4ure. Wasser und der aus ihnen entstehende Formaldehyd diejenigen Grundstoffe sind, welche unter dem Einflu\u00df der Belichtung und mancher Katalysatoren durch Kondensation die Kohlenhydrate entstehen lassen.\nDie Pflanzen sind aber in gewissen Lebensperioden auch mi Oxals\u00e4ure, oder, besser gesagt, an oxalsauren Salzen sehr reich, die nach und nach verschwinden. Man darf nicht daran zweifeln, da\u00df auch die Oxals\u00e4ure ein f\u00fcr die Entstehung der genannten Kohlenhydrate sehr wichtiger Stoff ist, da die Beziehungen der Oxals\u00e4ure zur Ameisens\u00e4ure bekannt sind. Es liegt die Vermutung nahe, diese S\u00e4ure k\u00f6nne auch in der Pflanze nach der allgemein bekannten Reaktion in Kohlens\u00e4ure, Kohlenoxyd und Wasser zerfallen. Das so entstandene Kohlenoxyd w\u00e4re dann, gewisserma\u00dfen in naszierendem Zustande, <1 h. mit m\u00e4chtigen chemischen Eigenschaften ausgestattet.\nDabei scheint mir die folgende theoretische Betrachtung von Bedeutung zu sein. Die Bildung von Kohlenhydraten geschieht nur in L\u00f6sungen, wo Alkali- oder Erdalkalisalze vorhanden sind. Fischer und Tafel konnten a-Akrose in Barytwasserl\u00f6sung, Loew Formose aus Kalkmilch und Formaldehvd \u2022\u2022 \u2022\nerhalten. \u00c4hnliche Prozesse finden vielleicht in den Pflanzen\nHoppe-Seyler's Zeitschrift f. physiol. Chemie. I.XX.I.\tN","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"1 f)\tGiuseppe [n \"h il le ri.\nstatt, Die Vermutung kann dadurch verst\u00e4rkt werden, da\u00df die im Pflanzenleibe enthaltenen Kalksalze in den chlorophyllreichen, als Sitz der wichtigsten Lebenserscheinungen zu betrachtenden gr\u00fcnen 1\u00bbl\u00fctter sich sammeln. Endlich d\u00fcrfte man als wahrscheinlich annehmen, da\u00df das Absterben der in K-freiem Boden gez\u00fcchteten Pflanzen auf dem Fernbleiben der den K-Salzen zuzuschreibenden katalytischen Wirkungen beruhe.\nVon \u00e4hnlichen Betrachtungen ausgehend, unternahm ich eine Beihe von Studien \u00fcber diese Frage mit der Absicht, die experimentellen Bedingungen denjenigen der Natur m\u00f6glichst anzupassen: dazu brauchte ich nur Licht, einen Kohlens\u00e4ure abgebenden Stoff und einen Katalysator.\nIm folgenden teile ich vorl\u00e4ufig die bis jetzt erhaltenen Resultate mit. Andere Studien, die jetzt im Gange sind, werde ich sp\u00e4ter ver\u00f6ffentlichen.\nIm Februar 1909 wurden drei zylindrische, GO cm lange und 3,f> cm breite R\u00f6hren mit 200 ccm 40\u00ab/oiger Formoll\u00f6sung und 12 g reiner krystallisierter Oxals\u00e4ure gef\u00fcllt und zugeschmolzen. Vor der F\u00fcllung waren sie mit Wasser und Alkohol sorgf\u00e4ltig gewaschen und dann mit hei\u00dfer Luft und direkt auf dem Bunsenbrenner ausgetrocknet worden. Zwei derselben wurden in horizontaler Lage dem Sonnenlichte direkt ausgesetzt, die dritte blieb im Dunkel mit schwarzem Papier umh\u00fcllt und sollte zur Kontrolle dienen.\nDie R\u00f6hren enthielten somit die Stoffe, von denen die Kohleii-hydratbildung im Pflanzenleibe nach der bekannten Baeyersehen Hypothese ausgehen sollte, d. i. Formaldehvd, ferner das aus der Oxals\u00e4ure unter dem Einflu\u00df der Belichtung herstammende Kohlenoxyd und einen Katalysator. Als solcher konnte in unserem Falle das Glas der R\u00f6hre dienen, das eben Alkali- und Erdalkalimetalle (K und Ca) enth\u00e4lt.\n\\\\ \u00e4hrend der Zeit, wo die R\u00f6hren dem Lichte ausgesetzt wurden, schwankte die Temperatur zwischen \u20143\u00b0 und +20\u00b0 C. Eine der K\u00f6hren wurde Ende Mai ge\u00f6ffnet und ihr Inhalt untersucht: die zweite wird noch l\u00e4nger im Sonnenlichte liegen bleiben.\nDer Inhalt der R\u00f6hren wies w\u2019\u00e4hrend der Belichtungszeit fast keine Ver\u00e4nderungen auf. Die Oxals\u00e4ure l\u00f6ste sich all-","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"Photochemisdit* Synthese der Kohlenhvdraie. I.\nio:\nm\u00e4hlicli, und nur in der k\u00e4ltesten Zeit des Winters setzte die Fl\u00fcssigkeit kleine Krystalle ah, die, ihrer Form nach, als Oxal-s\u00e4ureki ystalle zu betrachten waren und wieder verschwanden, sobald die Temperatur stieg.\nBeim Offnen der R\u00f6hre erfolgte eine kleine Explosion und aus der Fl\u00fcssigkeit entwickelte sich Gas (wahrscheinlich CO,). Der Inhalt reagierte stark sauer und roch nach Ameisens\u00e4ure.\nDie Fl\u00fcssigkeit wurde einer fraktionierten Destillation unterworfen: bei 1010 fing eine farblose, stechend riechende Fl\u00fcssigkeit zu destillieren an, dann h\u00f6rte eine Zeitlang die Destillation auf und die Temperatur stieg auf 112\u00b0*\nMit der allm\u00e4hlichen Zunahme der Temperatur begann die fr\u00fcher wasserhelle Fl\u00fcssigkeit im Fraktionierkolben braun zu werden und verlor den scharfen Geruch vollst\u00e4ndig: daher wurde die Destillation unterlassen.\nDie gewonnene Fl\u00fcssigkeit setzte beim Erkalten eine Men*c Krystalle ab, die, in einem Glasr\u00f6hrchen erw\u00e4rmt, nach Karamel rochen und sich dunkelrot f\u00e4rbten. Sie waren in Wasser l\u00f6slich, weniger in Alkohol, haupts\u00e4chlich in der W\u00e4rme.\nEine konzentrierte w\u00e4sserige L\u00f6sung dieses K\u00f6rpers nimmt ein sirup\u00f6ses Aussehen an. Bei langsamer Verdunstung scheiden sich aus den verd\u00fcnnten L\u00f6sungen regelm\u00e4\u00dfige, orthorhom-bische Krystalle aus, von styptisehem Geschmack, die, gut getrocknet, bei 98\u00b0 schmelzen. Die geschmolzene Masse nimm! beim Erkalten eine gelblichrote Farbe an. Die Mutterlauge setzt noch kleinere Krystalle ab. welche ebenfalls bei 98\u00b0 schmelzen; sie reduzieren in der W\u00e4rme die Fehlingsehe L\u00f6sung und eine ammoniakalische Silbernitratl\u00f6sung und werden, mit Kali erw\u00e4rmt, braun. Mit einer essigsauren Phenylhydrazinl\u00f6sung erh\u00e4lt man im Wasserbad einen gelben, krystallinischen Niederschlag; eine alkoholische m-Dinitrobenzoll\u00f6sung wird nach zwei Minuten violett. O\t..\nAlle diese Reaktionen bezeugen, da\u00df es sich zweifelsohne um ein Kohlenhydrat handelt, was durch die sp\u00e4teren Analysen und Lntersuchungen best\u00e4tigt wurde.\n\u2018I C. r.. Md. OXLIII. 2(10 (lUOf\u00ee*","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"Guiseppe Inghilleri,\n108\nDie Elementaranalyse ergab folgendes:\nI.\t0.3842 g Substanz gaben : 0,2368 g Wasser und 0,5611 g Kohlens\u00e4ure:\nII.\t0,3032 g Substanz gaben : 0,1729 g Wasser und 0,4447 g Kohlens\u00e4ure.\nF\u00fcr CjHi8Ofi berechnet:\tgefunden:\nI ;\t- II \u25a0\nC = 40,00\u00b0/o\t39,82 \u00b0/o\t40,02\u00b0/o\nli = 6,66 \u00b0/o\t6,84 \u00b0/o\t6,57\u00b0/\u00ab\nEs war nicht ohne Interesse, das Osazon herzustellen. 10 ccm einer 100/oigen L\u00f6sung der gewonnenen Krystalle wurden 100 ccm einer 2'Wigen w\u00e4sserigen Phenylhydrazinl\u00f6sung und 4 g Essigs\u00e4ure zugesetzt. Es entstand ein krystalliniseher Niederschlag, der sich im Wasserbade wieder l\u00f6ste. Aus dieser konzentrierten L\u00f6sung setzten sich sehr sch\u00f6ne, sternf\u00f6rmige, dunkelgelbe Krystalle ab, die, gut getrocknet, bei 164\u00b0 schmelzen. Die Elementaranalyse ergab folgende Resultate:\nai 0,2001 g Substanz gaben 14 ccm N (bei 16\u00b0 und 729 mm Hg);\nbi 0.1998 g Substanz gaben 28 ccm N (bei 16,7\" und 735 mm Hg).\nF\u00fcr eine empirische Formel: C1SH22N404 erh\u00e4lt man:\nBerechnet:\tGefunden:\n1\tII\nN = 15,61\u00bb o\t15,94\u00b0/o\t15,9\u00bb/\u00ab.\nNach diesen Resultaten zu schlie\u00dfen, ist es sehr wahrscheinlich, da\u00df es sich um eine Monose handelt; es bleibt zu entscheiden \u00fcbrig, ob es sich um eine Aldose oder eine Ketose handelt. Da die mit Methylphenylhydrazin gewonnenen Osazone dunkelgelb gef\u00e4rbt waren, liegt die Vermutung nahe, es handle sich um eine Ketose, da bekanntlich die Aldosen farblose ( Isazone geben.\nDie Strukturformel des gewonnenen Kohlehydrats ist daher folgende: CH,OH . (CH0H)3C\u00fc \u2022 CH2 \u2022 OH.\nDie des Osazons ist folgenderma\u00dfen anzunehmen:\nCH, \u2022 OH \u2022 (CH0H)3\u2014C\u2014CH = N-NH-C.H,\nN\u2014NH\u2014Cf)H5.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"Photorliemische Svnlhese dor K\u00bb\u00bbldonhvdiaU*. I\t10\u2018d\n\u2022 *\nEs ist leicht zu ersehen, da\u00df in dem geschlossenen, dem Licht ausgesetzten Rohre eine echte Synthese vor sich gegangen ist. Sechs Formaldehydmolek\u00fcle haben sich vereinigt und die oben beschriebene Monose gebildet. Man mu\u00df bemerken. da\u00df der synthetische Proze\u00df Hand in Hand mit einem Zersetzung*- und einem Oxydationsprozesse gegangen ist. d. h. Zersetzung der Oxals\u00e4ure und Oxydation des Formaldehyds\nKs bleibt nur \u00fcbrig, die Natur dieser Ketose genau festzustellen.\nWie alle synthetisch gewonnenen Verbindungen, besitzt unser Hydrat kein Drehungsverm\u00f6gen; es sind Versuche im Gange, um die zwei optisch aktiven Isomeren zu trennen. Mit Schwefels\u00e4ure behandelt, f\u00e4rben sich die Krystalle gelblichrot: mit Alkohol erw\u00e4rmt, f\u00e4rbt sich die L\u00f6sung auch von Spuren des Produktes gelb und riecht nach Karamel: die Krystalle sind in Kalk- und Barytwasser l\u00f6slich und bei geringer Erw\u00e4r-mung f\u00e4rbt sich die L\u00f6sung gelb; sie. f\u00e4llen eine ammoniakalische Bleiacetatl\u00f6sung, und mit Kochsalz behandelt, erzeugen sie sehr sch\u00f6ne kleine kubische Krystalle.\nAlle diese Reaktionen sind bekanntlich f\u00fcr die, der sp\u00e4rlicher vertretenen Familie der Ketosen angeh\u00fcrige Sorbose charakteristisch. Auch der bei 164\u00b0 gefundene Schmelzpunkt des Osazons spricht daf\u00fcr.\nEine Verwechselung w\u00e4re nur mit der Fruktose m\u00f6glich: unser K\u00f6rper ist aber schwerer krystallisierbar und l\u00f6slich und der Schmelzpunkt seines Osazons liegt ziemlich viel h\u00f6her.\nAm Ende sei erw\u00e4hnt, da\u00df die Kontrollr\u00f6hre noch Oxals\u00e4ure, Formaldehyd und Ameisens\u00e4ure enthielt. Der Zersetzungsproze\u00df hatte kaum begonnen, was von neuem die wichtige Rolle des Lichtes bei den in der Natur vorkommenden synthetischen Prozessen hervorhebt.\nDie Ergebnisse einer Reihe im Gange stehender Untersuchungen werde ich demn\u00e4chst ver\u00f6ffentlichen.","page":109}],"identifier":"lit19224","issued":"1911","language":"de","pages":"105-109","startpages":"105","title":"Photochemische Synthese der Kohlenhydrate. I. Mitteilung: Bildung von Sorbose","type":"Journal Article","volume":"71"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:05:16.695453+00:00"}