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{"created":"2022-01-31T14:08:31.975550+00:00","id":"lit19238","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Madelung, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 71: 204-237","fulltext":[{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Beziehungen der H\u00e4moglobinderivate und Peroxydasen zu anorganischen Katalysatoren.\nVon\nDr. W. Madelung, Heidelberg.\niDer Redaktion zugegangen am 1\u00ab. Februar 1911.)\nDie Frage nach den Beziehungen der in pflanzlichen und tierischen Organismen vorkornmenden Oxydationsfermente zu anorganischen Katalysatoren1) ist bisher meistens nur in Hypothesen allgemeinster Natur er\u00f6rtert worden. Da\u00df mancherlei \u00c4hnlichkeiten bei fermentativen und sonstigen katalytischen Vorg\u00e4ngen Vorkommen, ist seit den Untersuchungen von Berzelius und Sch\u00f6nbein schon vielen Forschern aufgefallen: in neuerer Zeit haben besonders kinetische Untersuchungen 0. Bredigs und seiner Sch\u00fcler \u00fcber \u00abanorganische Fermente* auf sehr auffallende Analogien aufmerksam gemacht, zu deren Erkl\u00e4rung haupts\u00e4chlich der \u00e4hnliche physikalische Zustand herangezogen wird. Der direkte Nachweis anorganischer Katalyse bei fermentativen Prozessen ist aber bisher nur in seltenen F\u00e4llen gelungen. Zwar konnte Bertrand2) die Wirksamkeit einzelner Pflanzenoxydasen auf ihren Mangangehalt zur\u00fcckfuhren und f\u00fcr Einzelf\u00e4lle hat sich auch durch Untersuchungen anderer Forscher3) best\u00e4tigt, da\u00df bei gewissen Oxydasen das wirksame \u00abEnzym\u00bb nichts anderes ist als Mangan-salz in Gegenwart von Alkali resp. tlrdalkalisalzen schwacher\n') Eber dio in vorstehender Abhandlung angewandte Nomenklatur vgl. Eng 1er und Herzog, Diese Zeitschrift. Bd. LIX, S. 327 (1909).\n*) Compt. rend., Bd. CXXIV, S. 1032 und 1355 (1897).\n\u25a0) T ri 11 a t, Compt. rend., Bd. CXXXVII, S. 922 (1903) : Bd. CXXXVItl. S. 91 und 271 (1901). \u2014 Dony Henault, Bull. Acad. Royale de Belg., 1908. Bd. CV. \u2014 Euler und Bolin, Diese Zeitschrift, Bd. LVII. S. 80(190\u00ab).","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber H\u00e4moglobinderivate und Peroxydasen.\t205\norganischer S\u00e4uren und kolloidalen, das Ausfallen von Manga\u2019n-superoxvhydrat verhindernden Stoffen. Eine Verallgemeinerung der Entdeckung Bertrands zur Erkl\u00e4rung anderer Oxydations-lermente hat sich jedoch nicht durchf\u00fchren lassen und speziell die indirekten Oxydasen, die als Peroxydasen (Linossier), auch Peroxydiastasen (Bertrand) bezeichneten, auf Peroxvde ak-tivierend wirkenden Enzyme d\u00fcrften wohl wenig mit Mangan zu tun haben.\nEs ist nun wohl h\u00e4ufig die Vermutung ausgesprochen worden, es k\u00f6nnte der des \u00f6fteren festgestellte Eisengehalt f\u00fcr die Wirksamkeit der Oxydasen verantwortlich gemacht werden. Da nach der Theorie von Bach und 0 hod a t!) Oxydasen sich zusammensetzen aus Oxygenasen. d. h. durch Sauerstoffaufnahme Peroxyde bildenden Stoffen, und Peroxydasen, m\u00fc\u00dfte das auch f\u00fcr letztere gelten. Indessen sind solche Vermutungen wieder zweifelhaft geworden, einmal dadurch, da\u00df sich nach den Untersuchungen mehrerer Forscherl 2) wirksame Peroxydasepr\u00e4parate gewinnen lassen sollen, die nicht nur v\u00f6llig mangan-, sondern auch eisenfrei sind, dann aber wohl auch deshalb, weil unter den Bedingungen, die f\u00fcr die Wirksamkeit der Peroxydasen ma\u00dfgebend sind, es nicht gelingt, mit den gew\u00f6hnlichen Eisenverbindungen die f\u00fcr Peroxydasen typischen Reaktionen zu erhalten.\nSeit Sch\u00f6nbeins3) Untersuchungen wissen wir, da\u00df Ferro-salze Peroxyden z. B. Wasserstoffperoxyd au\u00dferordentlich stark oxydierende Eigenschaften zu \u00fcbertragen verm\u00f6gen. Gibt man z. B. zu einer L\u00f6sung von Wasserstoffperoxyd bei Gegenwart eines geeigneten Acceptors ein wenig Ferrosalz, so wird unter gleichzeitiger \u00dcberf\u00fchrung des Eisens in die Ferriform ejne gewisse Menge des als Acceptor bezeichneten Stoffes oxydiert.\nl) Bor. d. Deutsch, ehern. Ges., Bd. XXXVI. 8. 607 (1903C\n*) Rosenfeld. Diss. Petersburg 1906. zit. nach Sammelreferat von A. Bach, Biochem. Zentralbl., 1909. \u2014 E. de Stoecklin, Th\u00e8se Gen\u00e8ve, zit. nach dem gleichen Referat. \u2014 Bach und Tscherniak, Ber.. der Deutsch, ehern. Ges.. Bd. XLI. S. 2345 (1908).\n\u00b0) Verhandl. der naturwiss. Ges. in Basel. Journ. f. prakt. Chem.. Bd. LXXIX, S. 65 (I860).","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\tW. Madelung,\nIm Gegensatz zu dem Verhalten bei Gegenwart von Peroxydasen lindet der Vorgang sehr rasch statt und ist in neutraler L\u00f6sung binnen kurzer Zeit beendet. In der Tat haben Manchot und'Wilhelms1) gezeigt, da\u00df es sich bei der Aktivierung des Wasserstoffperoxyds durch Ferrosalze in neutraler L\u00f6sung gar nicht um eine eigentliche katalytische Reaktion handelt; der Vorgang findet vielmehr nach kurzer Zeit mit der Oxydation einer bestimmten Menge des Acceptors, im von ihnen untersuchten Kalle Jodkalium, sein Ende. Die Reaktion bei der Aktivierung durch Ferrosalze ist also grundverschieden ven dem Verhalten der grade in neutraler L\u00f6sung katalytisch wirkenden Peroxydasen, und das wird noch einleuchtender, wenn man die Menge des in letzteren bestenfalls enthaltenen Eisens in Betracht zieht. Die geringen in Peroxydasen eventuell enthaltenen Eisenmengen sind sicher nicht bef\u00e4higt, in Form einfacher Salze derartig weitgehende Oxydationen zu vermitteln. Wenn das Eisen in den Peroxydasen das wirksame Prinzip ist, so m\u00fcssen seine Eigenschaften in dieser \u00aborganischen\u00bb Bindung wesentlich verschieden sein von seinem Verhalten in gew\u00f6hnlichen Eisensalzen.\nJ. Wolff2) ist es nun tats\u00e4chlich gelungen, eine k\u00fcnstliche Peroxydase zu erhalten, die Eisen als wirksames Prinzip enth\u00e4lt. Er konnte zeigen, da\u00df frisch dargestelltes, in kolloidaler L\u00f6sung befindliches Berlinerblau, d. h. das Ferricyanid des kolloidalen Eisens mit den Peroxydasen gro\u00dfe \u00c4hnlichkeit besitzt, sowohl in der Art des Verlaufs der Reaktion mit verschiedenen Stoffen, als auch hinsichtlich der Menge des sich bei der katalytischen Oxydation von Pyrogallol bildenden Purpurogallins. \u00c4hnliche Eigenschaften wies E. de Stoecklin3) bei dem Ferri-tannat nach. Wolff betont die Analogie, die in dem kolloidalen Zustand seines k\u00fcnstlichen Fermentes mit dem der nat\u00fcrlichen Fermente liegt. Man hat wohl auch sonst Spekulationen angestellt, wonach der kolloidale Zustand f\u00fcr die Wirksamkeit y \u00f9 ; e mente von ausschlaggebender Bedeutung sei.\nJedenfalls wird man, wenn schon feststeht, da\u00df k\u00fcnstliche\n\u2018j her. (I. Deutsch, ehern. Ges., Bd. XXXIV, S. 247!) (11)01).\n*) Compt. rend.. Bd. CXLVl. S. 781, 1217 und 1415 (1908).\n:i) Compt. rend.. Bd. CXLVII, S. 1489 (1908).","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber H\u00e4moglobinderivate und Peroxvdasen.\t207\n-\t4\nEisenverbindungen peroxydasenarlige Eigenschaften besitzen k\u00f6nnen, es als mindestens wahrscheinlich ansehen m\u00fcssen, da\u00df ein Naturstoff, das H\u00e4moglobin, seine F\u00e4higkeit. Peroxyde nach Art der Peroxydasen zu aktivieren, wirklich seinem Eisengehalt verdankt. Es ist bekannt, da\u00df das H\u00e4moglobin ebenso wie alle eisenhaltigen Blutfarbstoffderivate die F\u00e4higkeit li\u00e2t, mit Wasserstoffperoxyd bezw. peroxydhaltigen Stoffen, wie altem Terpentin\u00f6l, die Reaktion mit Guajak zu geben, d. h. dessen Oxydation zu Gua jakblau zu vermitteln. Die eisenfreien Derivate haben aber diese F\u00e4higkeit nicht mehr. So gibt z. B. H\u00e4min die Reaktion mit Guajak, H\u00e4matoporphyrin nicht.\nCarlson1) hat in einem Versuche, die Ursache der Gua-jakblauf\u00e4rbung mit Blut aufzukl\u00e4ren, diese Umst\u00e4nde auch in Betracht gezogen. Sein Schlu\u00df, da\u00df das im Blut enthaltene Eisen nicht f\u00fcr die Blauf\u00e4rbung ma\u00dfgebend sei, weil er nach der Zerst\u00f6rung des Blutfarbstoffes mit dem daraus entstandenen Eisenchlorid bei entsprechenden Verd\u00fcnnungen keine Reaktion erhalten habe, kann nach dem vorher Gesagten nicht als stichhaltig angesehen werden. Die Frage, die man sich vorlegen mu\u00df, lautet vielmehr:\nWelchen Ursachen ist es zuzuschreiben, da\u00df eine Eisenverbindung wie das H\u00e4moglobin sich bei der z. B. durch Bildung von Guajakblau kenntlich gemachten Aktivierung von Peroxyden anders verh\u00e4lt als gew\u00f6hnliche Eisensalze?\n\u2018) Diese Zeitschrift, Bd. XLVIII, S. 69 (1906) und Bd. LV, S.260 (1908).\nCarlsons Versuch, die Guajakreaktion aufzukl\u00e4ren, indem er sie mit allen m\u00f6glichen Hydroxylgruppen enthaltenden oder bildenden Stoffen in Beziehung setzt, d\u00fcrfte als vollkommen verungl\u00fcckt bezeichnet werden. Bei einer Nachpr\u00fcfung seiner Angaben konnte die Guajakreaktion bei Abwesenheit von Peroxyden mn- in solchen F\u00e4llen beobachtet werden, in denen Stoffe angewandt wurden, deren oxydierende Eigenschaften schon bekannt sind \u2014 Quecksilberoxyd, Silberoxyd, Kobaltsuperoxyd, salpetrige S\u00e4ure. Die Beobachtung, da\u00df die Neutralisation von Natronlauge ein Oxydationsvorgang sei, w\u00e4re ja sehr interessant, konnte aber leider auch mit Hilfe der Guajakreaktion nicht best\u00e4tigt werden. Die Angabe Carlsons, da\u00df bei der Elektrolyse einer Magnesiumsulfatl\u00f6sung die Guajakreaktion an der Kathode auftrete, kann nur durch eine Verwechslung von Anode und Kathode ihre Erkl\u00e4rung finden.\t\u2022","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"20\u00ab\nW. Madelung.\nEine Beantwortung dieser Frage, im weiteren Sinne eine m\u00f6gliche Erkl\u00e4rung der Peroxydasenwirkung \u00fcberhaupt, wird sich ergeben aus der qualitativen und quantitativen Untersuchung folgender Teilfragen:\nt. Wie und unter welchen Umst\u00e4nden wirken Eisensalze f\u00fcr sich auf oxydierbare Stoffe, im speziellen Chromogene?\n2.\tWie verhalten sie sich bei gleichzeitiger Anwesenheit von oxydierbaren Stoffen und Peroxyden?\n3.\tWodurch unterscheidet sich unter den angegebenen Bedingungen die Wirkung der Blutfarbstoffe und der Eisensalze?\n1. In welchem Verh\u00e4ltnis stehen die verschiedenen Blut-larbsto\u00dfderivate zu einander hinsichtlich ihrer Aktivierungsf\u00e4higkeit?\n\u2022')\u2022 \\on welchen Bedingungen ist die katalytische Aktivierung von Peroxyden bei rein anorganischen F\u00e4llen abh\u00e4ngig und werden dieselben bei der Reaktion derselben mit Blutfarbstoffen erf\u00fcllt?\nDa ich mich bei der Untersuchung dieser Fragen einer bisher unbekannten Methode bedient habe, soll im folgenden das Prinzip meiner Untersuchungsmethode behandelt werden.\nDie Benzidinreaktion und ihre Verwendung zur Bestimmung der\nAktivierung von Peroxyden.\nBei der Untersuchung der Oxydationsfermente haben von .jeher die Chromogene, d. h. Stoffe, die bei ihrer Oxydation in stark gef\u00e4rbte Verbindungen \u00fcbergehen, eine betr\u00e4chtliche Bolle gespielt. Unter ihnen hat das von Sch\u00f6nbein zuerst angewandte Guajakharz wTohl haupts\u00e4chlich aus Tradition bei weitem die verbreitetste Anwendung gefunden. Um f\u00fcr die Wirksamkeit des katalysierenden Stoffes ein Ma\u00df zu haben, benutzten viele Untersucher bisher nur die ganz rohe Methode der Verd\u00fcnnung und stellten fest, bei welchem Grade der Verd\u00fcnnung noch eine deutliche Reaktion sichtbar ist. Eine wesentlich exaktere Methode scheint die kolorimetrische zu sein, die auch von verschiedenen Forschern benutzt worden ist. Sie hat den Vorteil f\u00fcr sich, da\u00df sie erlaubt, den Verlauf der Reaktion ann\u00e4hernd zu verfolgen. Die Reaktion verl\u00e4uft nun in","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"209\ni ber H\u00e4moglobinderivate und Peroxydasen.\nder Regel in der Weise, da\u00df die als Ma\u00df der Reaktion dienende F\u00e4rbung sich bis zu einem Maximum vertieft, um dann wieder abzublassen. Es erkl\u00e4rt sich das einfach dadurch, da\u00df der gebildete Farbstoff durch dasselbe oxydierende Agens, dem er seine Bildung verdankt, unter Entf\u00e4rbung zerst\u00f6rt wird. Der Vorgang der Zerst\u00f6rung des Farbstoffes setzt nun nat\u00fcrlich von dem Momente seiner Bildung ein. und es folgt daraus, da\u00df die jeweilige Intensit\u00e4t der Farbe abh\u00e4ngig ist von der Geschwindigkeit einerseits der Bildung, anderseits der Zerst\u00f6rung des Farbstoffes. Im Falle des \u00dcberschusses von Chromogen wird die Menge des in der Zeiteinheit gebildeten Farbstoffes \u00fcberwiegen gegen\u00fcber dem in derselben Zeit zerst\u00f6rten. Im Ma\u00dfe der Zunahme des Farbstoffes wird die zweite Reaktion der Farbstoffzerst\u00f6rung \u00fcberwiegen. Da man nun nicht wissen kann, von welchen Faktoren die nebeneinander verlaufenden Reaktionen abh\u00e4ngig sind, mu\u00df man der kolorimetrischen Methode wohl in den meisten F\u00e4llen nur einen beschr\u00e4nkten Wert zuschreiben.\nF\u00fcr eine einfache Wertbestimmung von Oxydationsfermenten verdienen ganz allgemein gesprochen diejenigen Reaktionen den Vorzug, bei denen das als Ma\u00df f\u00fcr die Wirksamkeit dienende Produkt, ohne selber den weiteren Verlauf der Reaktion zu beeinflussen, seinerseits der weiteren Einwirkung oxydierender Agenzien entzogen wird. Diesen Forderungen k\u00f6nnen, genau genommen, auch nicht die sonst vielfach angewandten Reaktionen gen\u00fcgen, die mit einer \u00c4nderung des Gehaltes der L\u00f6sung an H-Ionen verbunden sind, wie die Oxydation von Aldehvden zu S\u00e4uren und von Jodwasserstoff unter\nw\nBildung von Jod; letzteres besonders dann, wenn, wie esgefade beim Blut der Fall ist, das Jod selber auf die die Reaktion einleitende Substanz einwirkt. Es erscheint \u00fcberhaupt im hohen Grade w\u00fcnschenswert, bei der Bestimmung des Wirkungswertes von Fermenten die M\u00f6glichkeit dauernd neutraler Reaktion in der Hand zu haben.\nEine diesen Anforderungen entsprechende Reaktion haben\nBach und Chodat1) in der Oxydation des Pyrrogallols zu\n\u2022\n*) Her. d. Deutsch, chem. Ges., Bd. XXXVII. S. 1342 (1904).\nHoppe-Seyler's Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXXI,\t!\u2022\u2019>","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"Purpurogallin gefunden. Das sich bildende Purpurogallin scheidet sich als sehr schwach l\u00f6sliches Produkt ab und kann seiner Menge nach auf gewogenem Filter bestimmt werden. Der Verlauf der Reaktion l\u00e4\u00dft sich bei der besonders im Anfang sehr gro\u00dfen Reaktionsgeschwindigkeit nicht feststellen; die unter gleichen Umst\u00e4nden erhaltenen Werte scheinen aber eine gro\u00dfe Verl\u00e4\u00dflichkeit zu haben. Bach und Chodat fanden nach dieser Methode, da\u00df bei \u00dcberschu\u00df von Wasserstoffsuperoxyd die Menge des sich bildenden Purpurogallins proportional der Menge der Peroxydase ist, bei \u00dcberschu\u00df von Peroxydase proportional der Menge des Wasserstoffperoxyds, w\u00e4hrend die Menge des Pyrrogallols ohne Einflu\u00df auf die Reaktion ist.\nDie Reaktion von Bach und Chodat d\u00fcrfte theoretisch einwandfrei sein. Sie hat nur den Nachteil, da\u00df gewichtsanalytische Bestimmungen auf gewogenem Filter immer zeitraubend und unbequem sind; auch scheint die Ausscheidung des Purpurogallins nicht so vollst\u00e4ndig zu erfolgen, da\u00df nicht ein, wenn auch vielleicht nur kleiner Teil einer weit ergehenden Oxydation anheimfiele. Es ist mir nun gelungen, eine Methode zur Wertbestimmung von Peroxydasen auszuarbeiten, die das gleiche Prinzip der Ausscheidung eines unl\u00f6slichen Reaktionsproduktes zugrunde hat, sich aber dadurch unterscheidet, da\u00df die gewichtsanalytische Bestimmung durch ein einfaches jodo-metrisches Verfahren ersetzt wird.\nDas Verfahren ist eine weitere Ausgestaltung einer Reaktion, die in letzter Zeit vielfach Anwendung zur qualitativen Bestimmung von Blut und Peroxydasen gefunden hat, n\u00e4mlich der zuerst von 0. und R. Adler1) angegebenen Benzidinreaktion. Diese Reaktion hat vor anderen Reaktionen, z. B. gerade der sonst in den meisten Beziehungen ganz analogen Guajakreak-tion, das voraus, da\u00df es sich bei Ausgangs- und Endprodukten um relativ einfache, in ihrer Konstitution bestimmbare Stoffe handelt, wodurch uns das Verst\u00e4ndnis der Bedingungen der Reaktion sehr erleichtert wird. Die blaue, bei der Benzidinreaktion auftretende Farbe ist n\u00e4mlich Verbindungen zuzuschreiben, die sich unter geeigneten Umst\u00e4nden bei Einwirkung\n') Diese Zeitschrift. Bd. XLI. S. 50 (IHOl).","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber H\u00e4moglobinderivale und Peroxydasen.\t2t 1\nbeliebiger oxydierender Agenzien auf L\u00f6sungen des Benzidins bilden k\u00f6nnen. Willst\u00e4tter1) sprach zuerst die Ansicht aus, die dann auch von Sehlenk2) best\u00e4tigt wurde, da\u00df es sich bei diesen ersten Oxydationsprodukten des Benzidins um chinoide Stolle handele, die zu dem Benzidin in \u00e4hnlicher Beziehung stehen, wie das Chinhydron zum Hydrochinon, doch konnte ich. wie an anderer Stelle ausgef\u00fchrt wird,3) zeigen, da\u00df dieses erste Oxydationsprodukt bei Einwirkung gr\u00f6\u00dferer Mengen von Oxydationsmitteln in dem Chinon direkt entsprechende K\u00f6rper \u00fcbergeht, ohne sich von dem ersten Produkt anders als durch st\u00e4rkere Farbenintensit\u00e4t zu unterscheiden. Die blauen Substanzen sind indessen nicht die sehr unbest\u00e4ndige chinoide Base, das Diphenochinon-diimin, sondern es sind Farbsalze, Diphenoehinon-diimoniumsalze bezw. chinhydronartige Verbindungen derselben mit Benzidin. Wir wollen, da sich die verschiedenen Salze f\u00fcr den vorliegenden Zweck v\u00f6llig gleichartig verhalten, die blauen Verbindungen, um den unhandlichen Namen zu vermeiden, unter dem Sammelnamen Benzidinblau zusammenfassen. W\u00e4hrend nun die Salze organischer S\u00e4uren, z. B. der Essigs\u00e4ure, recht unbest\u00e4ndige L\u00f6sungen geben, scheiden sich im Gegensatz dazu die Salze von Minerals\u00e4uren als sehr schwerl\u00f6sliche, in Gegenwart von wenig Mineralsalz v\u00f6llig unl\u00f6sliche K\u00f6rper aus, die unter Einhaltung neutraler Reaktion bei Zimmertemperatur v\u00f6llig best\u00e4ndig sind. Bei Gegenwart von Minerals\u00e4uren zersetzen sie sich unter Zerfall in Benzidin und h\u00f6her oxydierte Verbindungen, z. B. in Gegenwart von Salzs\u00e4ure das von Schlenk beschriebene, Dichlorimid.\nDas im folgenden beschriebene Verfahren zur Bestimmung des Wirkungswertes von Peroxydase aktivierenden Substanzen beruht nun wesentlich darauf, da\u00df das chinoide Di-chlorimid des Benzidins, sowie analoge, durch S\u00e4urezugabe sich bildende Stoffe ebenso wie Ghinone ein hohes Oxydations-\n\u2019i Willst\u00e4tter und Kalb. Ber. d. Deutsch, ehern, fies.. Bd. XXXIX. S. BIT\u00ab (liHW), Willst\u00e4tter und Piccard. Ber. d. Deutsch, chem. Ges.,\nMd. XLI. S. B245 (1908).\n8i Annalen d. (\u2019hem. u. Pharm , Bd. CGCLXH1. S. Bid (1908).\n\u2022 Ber. d. Deusch. chem. Ges., Bd. XL1Y, H. 5 (1911;.\nl\u00e4*","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\nW. Madelung,\npotential besitzt und dementsprechend aus Jodwasserstoff Jod unter R\u00fcckbildung von Benzidin in Freiheit setzt.\n\\\\ enn man auf eihe neutrale w\u00e4sserige Benzidinl\u00f6sung ein Oxydationsmittel einwirken l\u00e4\u00dft, so f\u00e4llt bei Anwesenheit selbst geringer Mengen eines neutralen Mineralsalzes das Benzidinblau in Form mikroskopischer verfilzter N\u00fcdelchen v\u00f6llig unl\u00f6slich und in gut filtrierbarer Form aus der L\u00f6sung aus. Das Filtrat davon ist absolut farblos. Wenn man nun den gebildeten Farbstoff mit Salzs\u00e4ure \u00fcbergie\u00dft, so verschwindet die blaue Farbe sofort und es finden sich jetzt die braunen Flocken des Diehlorimids vor, das sich zum Teil mit gelber f\u00e4rbe l\u00f6st. Auf Zusatz von Jodkalium l\u00f6sen sich die Flocken; die L\u00f6sung bleibt jedoch gelbbraun durch in Freiheit gesetztes Jod. Das Jod kann dann in bekannter Weise durch Thiosulfat-l\u00f6sung unter Zusatz von St\u00e4rkel\u00f6sung titriert werden. Es kommt also im Endresultat auf dasselbe hinaus, wie wenn das Oxydationsmittel direkt auf den Jodwasserstoff eingewirkt h\u00e4tte. Am einfachsten l\u00e4\u00dft sich das zeigen, wenn als Oxydationsmittel zur Benzidinblaubildung eine w\u00e4sserige L\u00f6sung von Jodjodkalium angewandt wird. Man gebraucht, wie sich mir aus vielen Versuchen ergab, zur Titration bis zum Verschwinden der blauen Jodst\u00e4rkef\u00e4rbung genau gleiche Mengen Thiosulfat, gleichg\u00fcltig, ob man in saurer L\u00f6sung direkt titriert, oder erst in neutraler L\u00f6sung Benzidinblau niederschl\u00e4gt und dieses nach seiner Zersetzung titriert.\nDa das Benzidin nur eine ziemlich geringe L\u00f6slichkeit in \\\\ asser besitzt, empfiehlt es sich, ges\u00e4ttigte L\u00f6sung desselben anzuwenden, die ca. 0,04\u00b0/o enthalten. Man stellt sich leicht gr\u00f6\u00dfere Mengen ges\u00e4ttigten Benzidinwassers her, wenn man die hei\u00dfges\u00e4ttigte L\u00f6sung in ungef\u00e4hr die zehnfache Menge kalten W assers gie\u00dft und nach dem Erkalten durch ein gro\u00dfes Faltenfilter abfiltriert. Die Benutzung reinster Pr\u00e4parate ist f\u00fcr genaue Bestimmungen wesentlich. Um das Benzidinblau unl\u00f6slich zu machen, versetzte ich die L\u00f6sung in allen F\u00e4llen mit l \u00b0/o Kochsalz. Wie sp\u00e4ter ausgef\u00fchrt werden soll, ist es hei den Versuchen mit Blut und Peroxydasen unumg\u00e4nglich, immer L\u00f6sungen gleichen Salzgehaltes anzuwenden. Bei allen","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"\u00ee ber H\u00e4moglobinderivate und Peroxydasen.\t218\nVersuchen unter Verwendung der Benzidinblaureaktion ist es n\u00f6tig, einen hinreichenden \u00dcberschu\u00df von Benzidinl\u00f6sung anzuwenden. Man mu\u00df daher in dem Filtrat des Benzidinblaus pr\u00fcfen, ob aus demselben etwa durch Jodl\u00f6sung noch eine reichliche Menge Benzidinblau ausgef\u00e4llt wird. Als Anhaltspunkt sei erw\u00e4hnt, da\u00df f\u00fcr Vi'oo n-Jodl\u00f6sung oder andere Oxydationsmittel entsprechender Wirksamkeit mindestens die zehnfache Menge ges\u00e4ttigter Benzidinl\u00f6sung notwendig ist.\n\u00dcber die Oxydations- und Aktivierungsf\u00e4higkeit der Eisensalze. *)\nUntersucht wurde die Oxydations Wirkung von Salzen des zwei- und dreiwertigen Eisens unter Verwendung von Benzidinl\u00f6sung f\u00fcr sich und in Kombination mit Wasserstoffperoxyd.\nSalze des dreiwertigen Eisens k\u00f6nnen bekanntlich auch f\u00fcr sich oxydierende Eigenschaften besitzen. Sch lenk*) stellte, z. B. gerade die von ihm untersuchten Homologen des Benzidinblaues dar durch Einwirkung von Ferrichlorid auf die alkoholische L\u00f6sung der entsprechenden Basen.\nWenn man indessen versucht in w\u00e4sseriger L\u00f6sung Benzidin durch bestimmte Mengen eines Salzes des dreiwertigen Eisens zu oxydieren, so zeigt sich sogleich, da\u00df die gebildete Menge Benzidinblau auch nicht ann\u00e4hernd der Menge des Eisensalzes entspricht. Wenn man die verd\u00fcnnte L\u00f6sung eines dreiwertigen Eisensalzes einige Zeit stehen l\u00e4\u00dft, so besitzt sie gar keine oxydierenden Eigenschaften mehr, ebensowenig wenn man sie mit einem Salz einer organischen S\u00e4ure, z. B. Natrium-aoetat versetzt. So lange Ferrisalzl\u00f6sung f\u00fcr sich oxydierende Eigenschaften besitzt, wird ihre Oxydationsf\u00e4higkeit durch Zusatz von Wasserstoffperoxyd enorm verst\u00e4rkt. Es ist mir in diesem Falle nicht gelungen, die Oxydation des Benzidins auf der Stufe des Benzidinbiaus zu halten. Es entstanden vielmehr immer braunrote, vielleicht dem Dichlorimid entsprechende Produkte. Wenn man indessen der L\u00f6sung des Ferrisalzes durch Zusatz von Natriumacetat seine Oxydationsf\u00e4higkeit nimmt,\n\u2018) F\u00fcr die qualitative Untersuchung des Gegenstandes vgl. Ed.Sc li ae r. Arch. d. Pharm., Bd. \u00c7CXXXIX, S. 257, 340, 010 (1901) ; Annalen d. Chem, u. Pharm., Bd. CCCXXllI, S. 32 (1904).\n*) loc. eit.","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nW. Madelung,\nso bleibt ein Zusatz von Wasserstoffperoxyd ohne jeden Einflu\u00df.\nFerrosalze haben nat\u00fcrlich keine oxydierenden Eigenschaften, verm\u00f6gen aber, wie zuerst Sch\u00f6nbein1) gezeigt hat, \\\\ asserstoffperoxyd zu aktivieren. Die Aktivierungsf\u00e4higkeit der Ferrosalze auf Wasserstoffperoxyd ist in ihren quantitativen Beziehungen bisher fast nur hinsichtlich der Einwirkung dieser Stoffe auf Jodwasserstoff untersucht worden. Brode2) zeigte in einer wertvollen Untersuchung \u00fcber die Katalyse bei der Reaktion zwischen Wasserstoffperoxyd und Jodwasserstoff, da\u00df die Zersetzung des Jodwasserstoffs durch Wasserstoffperoxyd zwar an und f\u00fcr sich durch Vermehrung der H-Ionen beschleunigt wird, da\u00df dagegen die katalytische Beschleunigung dieser Zersetzung durch Ferrosalz bei Vermehrung der S\u00e4ure herabgesetzt wird. F\u00fcr diese Herabsetzung sind nicht die 11-lonen, sondern die Anionen verantwortlich zu machen, denn die gleiche Herabsetzung der katalytischen Beschleunigung durch Ferrosalze wird auch durch Neutralsalze bewirkt.\nManchot1) wies, wie schon angef\u00fchrt wurde, nach, da\u00df in neutraler L\u00f6sung Ferrosalze gar keine eigentlich katalvtische Wirkung auf L\u00f6sungen von Jodalkali und Wasserstoffperoxyd besitzen. Er fand, da\u00df das frei werdende Jod sich nach kurzer Zeit nicht mehr vermehrt und da\u00df dann ein Molek\u00fcl Ferro-salz unter \u00dcbergang in Ferrisalz zwischen ein und zwei Atomen Jod in Freiheit gesetzt hat. Manchot erkl\u00e4rt diesen Befund in der Weise, da\u00df er die Existenzf\u00e4higkeit f\u00fcnfwertigen Eisens annimmt, das sich zun\u00e4chst bilden soll und unter \u00dcbergang in dreiwertiges bis zu zwei Atomen Jod in Freiheit setzt.\nMir die quantitative Bestimmung der Aktivierung des Wasserstoffperoxyds durch Ferrosalz in neutraler L\u00f6sung ist nun die Benzidinmethode vorz\u00fcglich geeignet. Man mu\u00df jedoch, um brauchbare Resultate zu erhalten, unter den n\u00f6tigen Vorsichtsma\u00dfregeln arbeiten. Diese bestehen darin, da\u00df man bei reichlichem \u00dcberschu\u00df von Benzidin arbeitet und es vermeidet, ') loc. cit.\n*) Zeitschrift f. physikal. Chem., Bd. XXXVII. S. 257 (1901).\n:i) loc. cit.","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber H\u00e4moglobinderivate und Peroxydasen.\t215\ngr\u00f6\u00dfere Mengen Wasserstoffperoxyd zuzusetzen, durch die das Benzidinblau weiter oxydiert werden kann, bevor es sich in unl\u00f6slichem Zustande ausgeschieden hat. Andernfalls bilden sich die braunen, vorher erw\u00e4hnten Produkte.\nZu einem reichlichen \u00dcberschu\u00df von Benzidinwasser wird eine abgemessene Menge einer \u2018/\u00bboo-n-Ferroammoniumsulfatl\u00f6sUng gegeben und unter gutem R\u00fchren eine sehr verd\u00fcnnte \u2018/tu\u2014 Vi\u00f6o*/\u00bbige L\u00f6sung von Wasserstoffperoxyd tropfenweise hinzugef\u00fcgt. Auf jeden Tropfen bildet sich sofort eine bestimmte Menge Benzidinblau, das nach seiner Ausscheidung durch weitere Mengen von Wasserstoffperoxyd nicht mehr ver\u00e4ndert wird. Der Niederschlag, der neben dem gebildeten Benzidinblau das gesamte Eisen enth\u00e4lt, wird vom \u00fcbersch\u00fcssigen Wasserstoffperoxyd filtriert und mit salzhaltigem Wasser gut gewaschen. Der Niederschlag wird vom Filter abgespritzt, ein wenig Jodkalium hinzugef\u00fcgt, mit Salzs\u00e4ure \u00fcbergossen und sofort mit '/loo-n-Thiosulfatl\u00f6sung unter Zusatz von St\u00e4rkel\u00f6sung titriert.\n10 ccm '/loo-n-Ferroammonsulfat setzen Jod in Freiheit entsprechend Kubikzentimer \u2018/loo-n-Thiosulfat :\nsofort im Verlauf einer */* Stunde\n9,6 ccm\t19,0\tccm\n9,8\t\u00bb\t.\t19,2\t->\n10,0\t\u00bb\t19,0\t\u00bb\nWie die Bestimmungen zeigen, wird bei der Bestimmung des Oxydationswertes des Niederschlags sofort eine der molekularen Menge angewandten Ferrosalzes entsprechende Menge .lod frei. Die L\u00f6sung bl\u00e4ut aber sofort wieder nach, und man mu\u00df noch etwa die gleiche Menge Thiosulfat zusetzen, bis kein .lod mehr frei wird. Bei leichtem Anw\u00e4rmen auf dem Wasserbad unter Luftabschlu\u00df scheidet sich noch ann\u00e4hernd die gleiche Menge Jod innerhalb einer halben Stunde ab. Das dem angewandten Molek\u00fcl Ferrosalz entsprechende, zuerst sich bildende Atom Jod ist auf das gebildete Benzidinblau, das zweite auf das gebildete Ferrisalz zu beziehen.\nDiese Befunde lassen die Deutung Manchots f\u00fcr seine Besultate sehr unwahrscheinlich erscheinen, denn es ist nicht Onzusehen, warum in diesem Falle sich nicht auch f\u00fcnfwertiges Bisen bilden soll. Die einfachste Erkl\u00e4rung scheint mir die zu sein, da\u00df, wie auch Brode in seiner Untersuchung an-deutet, ein Molek\u00fcl Wasserstoffperoxyd sich prim\u00e4r zu einer","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"211)\nW. Madelung.\nadditioneilen Verbindung an das Ferrosalz anlagert. Das erscheint um sd wahrscheinlicher, als ja die Ferrosalze \u00fcberhaupt zum Eingehen lockerer molekularer Verbindungen z. B. mit Stickoxyd, im ersten Stadium der Autoxydation sicher auch mit Sauerstoff, bef\u00e4higt sind, anderseits die Neigung des Wasser-stoffperoxyds, Molekularverbindungen einzugehen, in einer Reihe von F\u00e4llen nachgewiesen ist.1)\nEine wesentliche St\u00fctze dieser Auffassung findet sich in den Untersuchungen von Pe\u00eelini und Meneghini.2) Es gelang diesen b orschern, die ersten Einwirkungsprodukte des Wasserstoffperoxyds auf Eisenverbindungen aus alkoholischer L\u00f6sung bei sehr tiefer Temperatur als leicht zersetzliehe K\u00f6rper zu isolieren. Sie erhielten auf diese Weise aus Ferrohydroxyd. b erro- und Ferrichlorid K\u00f6rper von superoxydartigen Eigenschaften, deren Oxydationsstufe, gemessen an der Wirkung auf Jodwasserstoff, sich einer solchen vierwertigen Eisens bezw. einer Vereinigung der Fernverbindung mit einem Molek\u00fcl Wasserstoffperoxyd n\u00e4herte, sie jedenfalls nicht \u00fcbertraf. Ferri-hydroxvd blieb auch in den Versuchen ohne Einwirkung auf Wasserstoffperoxyd ; Ferrichlorid mu\u00df jedenfalls zun\u00e4chst zur Ferroform reduziert worden sein, also selber auf Wasserstoffperoxyd oxydierend wirken k\u00f6nnen.\nDas zun\u00e4chst nur molekulare Bindung an Nebenvalenzon etwa im V e rn er sehen:i) Sinne aufweisende Anlagerungsproduki zerf\u00e4llt, indem sich bei Anwesenheit von Benzidin unter Abgabe je eines Atomes Chlor Benzidinblau bildet.\n/CI\t' /d\n2 Fe ' CJ + Gi2H12N2 = 2 Fe\u2014on + C12H12N2C12\nHOCH Benzidin\t\\JH Benzidinblau!\nDas sich nach diesem Schema bildende basische Ferri-\n') Willst\u00e4t ter. Ber. d. Deutsch, chem. Ges.. Bd. XXXVI, S. 1828 (1903). \u2014 F. Wiede. Ber. d. Deutsch, ehern. Ges.. Bd. XXXI. S. 510 und Bd. XXXII, S. 378 (1898). \u2014 fanatar, Ber. d. .Deutsch, chem. Ges.. Bd. XXXII. S. 154t, und Zeitschrift f. anorg. Chem., Bd. XXVIII, S. 255 l!\u00bb0l). \u2014 W. Staedel, Zeitschrift f. angew. Chem., Bd. XV. S. 642 il902*.'\ns> Zeitschrift f\u00fcr anorg. Chem., Bd. XLII, S. 203.\nA. Werner, Neuere Anschauungen auf dem Gebiete der anorganischen Chemie. Braunschweig 1909. bei Viewer","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"t ber H\u00e4moglobinderivate und Peroxydasen.\t217\nchlorid kann nat\u00fcrlich noch weiter hydrolytisch zerfallen. Jedenfalls schaltet es wie anderes z. B. mit Natriumacetat versetztes und also hydrolytisch zerfallenes Ferrisalz f\u00fcr eine weitere Aktivierung von Wasserstoffperoxyd vollkommen aus. Bei dem Versuche Manchots bildet sich indessen unter Zerfall des ersten Anlagerungsproduktes Jod und basisches Ferrijodid. Letzteres zerf\u00e4llt nun weiter hydrolytisch unter Bildung von Jodwasserstoff. Da Jodwasserstoff aber auch ohne Mitwirkung von Eisen durch Wasserstoffperoxyd zersetzt wird, ist der Befund von mehr als einem Atom Jod auf das Molek\u00fcl Ferrosalz- weiter nicht \u00fcberraschend. Aus einer wirklich neutralen L\u00f6sung von Jodalkali wird durch Wasserstoffperoxyd Jod nur unwesentlich, vermutlich nur in dem Ma\u00dfe, als dieses selber saure Eigen-schaften besitzt, in Freiheit gesetzt werden k\u00f6nnen. In gleichem Ma\u00dfe wie Jod bildet sich n\u00e4mlich Alkalihydrat und daraus Hypojodit. Hypojodit reagiert aber mit Wasserstoffperoxyd gerade im umgekehrten Sinne nach dem Schema KJO + Hs0f = KJ + H20 + 02, eine Reaktion, die nach Rupp1) als die bequemste Methode zur quantitativen Bestimmung des Wasserstoffperoxyds dienen kann.\n\\\\ enn man jetzt nach dem Grunde fragt, warum in neutraler L\u00f6sung die Oxydation oxydierbarer Stoffe in Gegenwart des Systems Ferrosalz-Wasserstoffperoxyd als einfache induzierte Reaktion verl\u00e4uft, in saurer L\u00f6sung als katalytische Reaktion, so erkl\u00e4rt sich diese Tatsache dadurch, da\u00df in neutraler L\u00f6sung das Eisen mit dem \u00dcbergange zur Dreiwertigkeit als basisches Salz oder Hydroxyd aus der Reaktion ausscheidet. In saurer L\u00f6sung wird sich dagegen immer eine gewisse Menge nicht hydrolysierten Ferrisalzes bilden, das ja auch als solches oxydierende Eigenschaft hat.\nDa es durch seine oxydierende T\u00e4tigkeit wieder die Zweiwertigkeit zur\u00fcck erlangt, kann eine weitere Menge Wasserstoffperoxyd in Aktion treten. Die T\u00e4tigkeit jedes einzelnen Eisensalzmolek\u00fcls wird also gekennzeichnet sein als ein fortw\u00e4hrendes Pendeln zwischen direkter Oxydation und induzierter Oxydation.\nV) Archiv f. Pharm.. 1907. S. f>.","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"21ft\nW. Madelung,\nWenn man ein Salz des dreiwertigen Eisens z. B. Ferri-chlorid in \\\\ asser l\u00f6st, so enth\u00e4lt die L\u00f6sung ein sehr kompliziertes Gemisch, n\u00e4mlich erstens den in verschiedenen Graden hydrolytisch zerfallenden Anteil, dessen eisenhaltige Bestandteile als Hydroxyd und basisches Salz wohl nur kolloidal gel\u00f6st und zu keiner oxydierenden T\u00e4tigkeit bef\u00e4higt sind, zweitens den nicht hydrolysierten Anteil, der aber zum Teil in die Ionen des dreiwertigen Eisens und Chlorionen zerfallen kann. Damit nicht genug, mul> man auch noch das Vorhandensein zweiwertigen Eisens in der L\u00f6sung, sowie der anderen Komponente, des Chlors., in nicht ionisiertem Zustande annehmen. Es wird sich zwischen allen diesen Bestandteilen ein kompliziertes Gleichgewicht hersteilen, das man sich unter Vernachl\u00e4ssigung verschiedener Zwischenglieder etwa folgenderma\u00dfen schematisch darstellen kann:\n1.\tFeCLj + 3 H.20 \u00ab ^ Fe(OH)3 + 3 HCl,\n2.\tFeCL, + > Fe \" + 3 CI',\n3 2Fe*\u201c + 6CF + > 2Fe\u201c -f 2CF + Cl2.\nIn diesem komplizierten System kommt f\u00fcr die direkte wie f\u00fcr die induzierte Oxydation wesentlich die dritte Gleichung in Betracht: es ist aber klar, da\u00df irgend ein Faktor, der andere Bestandteile des Systems beeinflu\u00dft, auch auf diesen Teil von Einflu\u00df sein mu\u00df.\nEs wird also verst\u00e4ndlich, da\u00df nicht nur Abwesenheit \\on S\u00e4ure, bei der das Gleichgewicht in der ersten Gleichung nach der rechten Seite, sondern auch eine gr\u00f6\u00dfere Menge S\u00e4ure oder Salz, die das Gleichgewicht in der zweiten Gleichung nach links verschiebt, eine oxydierende T\u00e4tigkeit dreiwertiger Eisensalze \u00fcberhaupt, sowie auch bei Gegenwart von Wasserstoffperoxyd die Geschwindigkeit der Katalyse behindert. Die Geschwindigkeit der Katalyse selber mu\u00df, da die induzierte Oxydation mittels Wasserstoffperoxyd fa\u00dft momentan zu Ende gef\u00fchrt wird, au\u00dferdem wesentlich davon abh\u00e4ngen, mit welcher Geschwindigkeit der Reaktionsverlauf der dritten Gleichung von links nach rechts erfolgt. Aus der Zeit, die f\u00fcr vollst\u00e4ndige Zersetzung von Jodwasserstoff durch Eisenchlorid erforderlich ist, l\u00e4\u00dft sich nur aut m\u00e4\u00dfige Reaktionsgeschwindigkeit schlie\u00dfen.","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"I ber H\u00e4moglobirulerivate und Peroxydasen.\t219\nVon den bisherigen Ausf\u00fchrungen nicht ber\u00fchrt bleibt die schon von Sch\u00f6nbein1) beobachtete Tatsache, da\u00df schon \u00e4u\u00dferst geringe S\u00e4uremengen die Aktivierung des Wasserstoffperoxyds durch Ferrosalze enorm beeintr\u00e4chtigen. So wird die au\u00dferordentlich empfindliche Reaktion der Bl\u00e4uung von Guajak in Gegenwart von Ferrosalz und Spuren von Wasserstoffperoxyd durch sehr geringe S\u00e4uremengen unterdr\u00fcckt. Ferner ist nach Manchots Befund1) die Anfangsgeschwindigkeit der Katalyse des Jodwasserstoffs in Gegenwart von Wasserstoffperoxyd und S\u00e4ure, die mit Ferrosalz als Katalysator wohl erheblich gr\u00f6\u00dfer ist, als mit Ferrisalz, doch nicht ann\u00e4hernd so gro\u00df, wie die der fast momentan erfolgenden Zersetzung des Jodkaliums durch Wasserstoffperoxyd in Gegenwart von neutralem Ferrosalz: auch hat Manchot2) gefunden, da\u00df bei Anwesenheit von S\u00e4ure Ferrosalz sich noch minutenlang neben Wasserstoffper-oxvd nach weisen l\u00e4\u00dft.\nEs liegt nahe, diese Erscheinungen mit der hydrolytischen Komponente gel\u00f6ster Ferrosalze in Beziehung zu bringen und dieser eine gr\u00f6\u00dfere Reaktionsgeschwindigkeit mit Wasserstoffperoxyd zuzuschreiben als dem nicht hydrolytisch zerfallenen Ferrosalz. Eine solche Erkl\u00e4rung scheint aber im Widerspruch zu stehen mit den schon erw\u00e4hnten Resultaten von Pellini und Meneghini. Wenn man das erste Einwirkungsprodukt ries Wasserstoffperoxyds auf Ferrosalz als Molekularverbindung im Wernersehen Sinne auffa\u00dft, gewinnt eine andere Deutung sehr an Wahrscheinlichkeit. Bekanntlich sind gerade die S\u00e4uren bef\u00e4higt, mit vielen Salzen, die zur Komplexbildung \u00fcberhaupt bef\u00e4higt sind, auch zu Komplexverbindungen zusammen zu treten. Die Annahme eines Komplexes in der L\u00f6sung von Ferrosalz und S\u00e4ure ist zum mindesten nicht unwahrscheinlich.\nWenn also die Nebenvalenzen des Ferrosalzes durch S\u00e4ure-\n\u00ab\nmolek\u00fcle besetzt sind, wird f\u00fcr das Wasserstoffperoxyd kein Platz mehr vorhanden sein. Das letztere mu\u00df also, entsprechend der anwesenden Menge und der Affinit\u00e4t, sich mit der S\u00e4ure in das disponible Ferrosalz teilen. Diese Auffassung vom Ein-\n\u2018) loc. cit.\n*) loc. cit.","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nW, Madelung,\nHull der S\u00e4ure gewinnt an Wahrscheinlichkeit dadurch, da\u00df auch in F\u00e4llen, in denen sicher die Bildung von Molekularverbindungen erfolgt, diese durch S\u00e4ure hintangehalten oder beschr\u00e4nkt wird. So wird z. B. die Aufnahme von Kohlenoxyd oder \u00c4thylen durch Cuprosalz bei Anwesenheit von S\u00e4ure eingeschr\u00e4nkt, Beobachtungen Manchots,1) die dieser im gleichen Sinne erkl\u00e4rt. Die Verhinderung der Autoxydation von Ferro-salzen, die in erster Phase vermutlich \u00fcber ein Moloxvd f\u00fchrt,\nbei Gegenwart von Saure l\u00e4\u00dft sich vielleicht in \u00e4hnlicher Weise deuten.\nAndere Beispiele anorganischer Oxydationskatalyse.\nDie im Vorstehenden zur Darstellung gebrachten Anschauungen \u00fcber die Oxydationskatalyse linden ihre Best\u00e4tigung durch das Verhalten anderer auf Wasserstoffperoxyd aktivierend wirkender Stolfe. Die Kuplersalze stimmen in ihrem Verhalten mit den Eisensalzen insofern vollst\u00e4ndig \u00fcberein, als sie in zwei um eine Valenz verschiedenen Wertigkeiten Vorkommen. Wie \u00ablie Fcrrosalze sind ferner auch die Cuprosalze besonders zur Bildung molekularer Anlagerungsverbindungen bef\u00e4higt. Wie bei den Ferrisalzen mu\u00df man auch in der L\u00f6sung von Cupri-salzen ein Gleichgewicht zwischen undissoziiertem Cuprisalz bezw. dessen Ionen einerseits und Cuprosalz plus dessen entladenen Kationen anderseits annehmen.\nDagegen unterscheiden sich die Cuprisalze sehr wesentlich von den Eisensalzen dadurch, da\u00df sie keinen hydrolytischen /erlall erleiden, der zur Bildung nicht mehr oxvdierender Produkte f\u00fchrt. Im Gegenteil hat Scjiaer--)) gezeigt, da\u00df durch manche Stoffe alkalischer Natur \u2014 Ammoniak, Alkaloide -die'oxydierenden Eigenschaften der Kupfersalze wesentlich vermehrt werden. Man wird also schon von vornherein annehmen d\u00fcrfen, da\u00df eine Aktivierung von Wasserstoffperoxyd durch Kupfersalze auch in neutraler L\u00f6sung katalytisch verlaufen wird. Das ist in der Tat der Fall.\nU Annalen der Chem. und Pharm.. Bd. C.CCLIX, S; 100(l\u2018M*s): CCCLXX. S. 286 (1900).\n*\u00bb Arch. d. Pharm.. Bd. CCXXXIX, S. 610 11001h","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Il\u00e4moglobinderivate und Peroxydasen.\t22t\nAuch Cuprisalze wirken schon f\u00fcr sich auf Benzidin unter Benzidinblaubildung : die Geschwindigkeit und der Umfang der Oxdyation ist aber nat\u00fcrlich nicht nur von der Konzentration der Kupferionen, sondern mehr noch von der Natur der in L\u00f6sung befindlichen Anionen abh\u00e4ngig. W\u00e4hrend durch Kupfernitrat allein auch nach l\u00e4ngerer Zeit keine Benzidinblaubildung auftritt, wird nach Zugabe eines Chlorids etwa binnen einer Minute eine erhebliche Menge gebildet. Auf Zusatz eines Jodids, Cyanids oder Rhodanids f\u00e4llt fast momentan die Gesamtmenge des sich bildenden Benzidinblaues aus. Eine genaue Bestimmung des Benzidinblaues ist wegen des gleichzeitigen Ausfallens von Kupfersalz auf titrimetrischem Wege nicht m\u00f6glich: doch wird man wohl in letzterem Falle entsprechend dem fast vollst\u00e4ndigen Zerfall des Kupferjodids bezw. Cyanids auf Bildung ann\u00e4hernd molekularer Mengen Benzidinblau sehlieben k\u00f6nnen. Wenn man zu einer salzhaltigen L\u00f6sung von \u00fcbersch\u00fcssigem Benzidin und Wasserstoffperoxyd eine abgemessene Menge Kupfersalz gibt, so vermehrt sich dauernd die Menge des ausgeschiedenen Benzidinblaues und man findet nach einiger Zeit die vielfach molekulare Menge des angewandten Kupfers. So fand ich z. B. nach einst\u00fcndiger Einwirkung die 65 fach molekulare Menge des angewandten Kupferbromids an Benzidinblau. Wie bei den Eisensalzen als einfache induzierte Reaktion, wird die Oxvdation in diesem Falle als Katalvse durch sehr kleine\ny\tv\nS\u00e4urenmengen enorm behindert.\nEs gibt noch verschiedene andere anorganische Stoffe, die die F\u00e4higkeit haben, Wasserstoffperoxyd unter Benzidinblaubildung katalytisch zu aktivieren, so z. TL komplexe Cobalto-salze, sowie Chrom- und Molybd\u00e4ns\u00e4ure: sie haben alle die Eigenschaft, in mehreren Oxydationsstufen aufzutreten und in der h\u00f6heren auch f\u00fcr sich oxydierende Wirkung auszu\u00fcben.\nDas gleiche gilt auch nach den Untersuchungen von En gl er und W\u00fchler1) f\u00fcr fein verteiltes Platin und Palladium; nur wird man, ebenso wie diese Forscher, die Aktivierung des Sauerstoffs durch die prim\u00e4re Anlagerung dieses und 'Bildung eines Peroxvds oder Peroxvdhvdrats erkl\u00e4ren, f\u00fcr die Aktivie-\ny\ty\ty\n') Zeitschrift f. anorg. Chem.. Bel. XXIX. S. 1 (1902).","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nVV. Madelung.\nrun# des W asserstoffperoxyds eine prim\u00e4re Anlagerung des letzteren annehrnen k\u00f6nnen. In beiden F\u00e4llen m\u00fcssen die ersten Anlagerungsprodukte zerfallen unter Bildung niederer Oxyde, die aber f\u00fcr sieh auch noch oxydierende Eigenschaften besitzen.\nMangansalze sind in den k\u00fcnstlichen \u00dcxydasen von Trillat1 ) und Dony-Henaultl) und ebenso in der durch ihren Mangan-gehalt wirksamen Lakkase nur in schwach alkalischer L\u00f6sung wirksam. Alkalische Reaktion schlie\u00dft aber Benzidinblaubildung aus und man kann mit Sicherheit sagen, da\u00df, wann immer eine Oxydase oder Peroxydase Benzidinblaubildung verursacht, dies jedenfalls nicht durch einen allenfalls vorhandenen Mangan-gehalt erkl\u00e4rt werden kann.\n\u00dcber die Aktivierung des Wasserstoffperoxyds durch Blut- oder\nPeroxydasen.\nW ie schon in der Einleitung erw\u00e4hnt, ist es mir gelungen, die Benzidinblaureaktion zu einer einfachen Bestimmungsmethode der Aktivierungsf\u00e4higkeit von Peroxydasen und H\u00e4moglobin auszubilden. Die verschiedenen recht auff\u00e4lligen Erscheinungen bei der Bildung des Benzidinblaues, die ohne Kenntnis der Natur desselben nur schwer eine Deutung zulie\u00dfen, finden jetzt eine einfache Erkl\u00e4rung. W enn man zu einer w\u00e4sserigen Benzidinl\u00f6sung W asserstoffperoxyd und ein wenig Blutl\u00f6sung oder Peroxydase, z. B. Malzextrakt, gibt, so kann man unter Voraussetzung vollst\u00e4ndigen Fehlens von S\u00e4ure oder Salz auch nach l\u00e4ngerer Zeit keine Spur von Blauf\u00e4rbung beobachten. W enn man jetzt zu der L\u00f6sung eine Spur S\u00e4ure hinzuf\u00fcgt, so tritt je nach der Menge der zugesetzten Peroxydase die Blauf\u00e4rbung mit gr\u00f6\u00dferer oder geringerer Intensit\u00e4t auf und bla\u00dft nach Erreichung eines Maximums wieder ab. Di^notwendige S\u00e4uremenge ist \u00e4u\u00dferst minimal. Es gen\u00fcgtpGTnTropfen verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure: ja sogar Einleiten von Kohlens\u00e4ure gen\u00fcgt, um bei Anwesenheit hinreichender Menge Peroxydase intensive f \u00e4rbung hervorzurufen. Gr\u00f6\u00dfere Mengen S\u00e4ure dagegen, besonders Minerals\u00e4ure, verhindern die Reaktion.\nEs zeigte sich nun, da\u00df nicht nur S\u00e4ure, sondern auch\n*) tue. cit.","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"Cher H\u00e4moglobinderivatc und Peroxydasen.\t228\nNeutralsalze von Minerals\u00e4uren Bildung des Benzidinblaues veranlassen; aber in diesem Falle scheidet sich das Benzidinblau in Form mikroskopischer N\u00fcdelchen aus und der einmal ausgeschiedene K\u00f6rper wird nicht wieder zerst\u00f6rt. Fr kann jetzt vom \u00fcbersch\u00fcssigen Wasserstoffperoxyd getrennt und seine Menge jodometrisch bestimmt werden. Die quantitativen Bestimmungen zeigen nun, da\u00df bei hinreichendem, aber nicht notwendig gleichbleibendem \u00dcberschu\u00df von Benzidin und Wasserstoffperoxyd die in gleichen Zeiten gebildeten Mengen Benzidinblau genau proportional der Monge angewandten Blutes oder Peroxydase sind unter gleichen Bedingungen des Salz- oder S\u00e4uregehaltes, da\u00df dagegen die gleichzeitig in der L\u00f6sung enthaltene Menge Salz bezw. S\u00e4ure von starkem Einflu\u00df auf die Geschwindigkeit der Reaktion, sowie die Menge des sich bildenden Benzidinblaues ist. F\u00fcr die Untersuchung der Aktivierungsf\u00e4higkeit des H\u00e4moglobins wurden verschiedene Proben einprozentiger L\u00f6sungen von defibriniertem Kaninchenblut benutzt.1)\nDie Bestimmungen wurden, soweit nicht anders angegeben, alle in der Weise angestellt, da\u00df die Blutl\u00f6sung aus einer graduierten Pipette zu etwa einem halben Liter einer ein Prozent Kochsalz enthaltenden Benzidinl\u00f6sung gegeben und etwa 5 ccm, d. i. ein gro\u00dfer \u00dcberschu\u00df einer einprozentigen WasserstolV-peroxydl\u00f6sung hinzugef\u00fcgt wurde. Die Bildungsgesehwindigkeit des Benzidinblaues, die in den ersten Minuten recht erheblich ist, wird nach kurzer Zeit nur noch ziemlich geringf\u00fcgig, so da\u00df es nach etwa 10 Minuten nicht mehr sehr viel ausmacht, ob sofort die Bestimmung ausgef\u00fchrt wird, oder ein paar Minuten sp\u00e4ter. Der Grund daf\u00fcr ist darin zu suchen, da\u00df das\nM Man li\u00e2t Grund, in solchen L\u00f6sungen die aktivierenden Eigenschaften fast ausschlie\u00dflich dem darin enthaltenen H\u00e4moglobin zuzu-s< hreiben, da das .Serum v\u00fchig unwirksam ist. w\u00e4hrend die jedenfalls wirksamen, aber sehr sp\u00e4rlichen Leukoeyten ebenso- wie die Stromata der Erylhroeyten sich zu Boden senken, ohne da\u00df dadurch die Wirksamkeit merkbar beeintr\u00e4chtig! wird. In den Krythrocyten neben dem H\u00e4moglobin noch das Vorhandensein einer Peroxydase zu vermuten, liegt kein Anla\u00df vor. Von Interesse ist an dieser Stelle der k\u00fcrzlich von R. Fischei gerade mittels der Benzidinreaktion durchgef\u00fchrte Nachweis, da\u00df die Peroxydase der Leukoeyten in den Granulis lokalisiert ist. Wiener kfin. Wochenschrift, Bd. XXIII, S. 1557 (tHI\u00d6).","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"221\nW. Madelung,\nsich ausseheidende Benzidinblau die starke Neigung hat. die in der L\u00f6sung enthaltenen Kolloide zu adsorbieren. Man kann daher schon nach kurzer Zeit kein H\u00e4moglobin noch \u00fcberhaupt Eiwei\u00df mehr in der L\u00f6sung nachweisen.\nDas System, innerhalb dessen die Reaktion stattfindet, wird also schon nach kurzer Zeit ein wesentlich mehr heterogenes als zu Anfang, hs hat daher keinen Sinn, eine in diesem Falle doch nicht viel sagende Ordnung der Reaktion fest zustellen. Was man messen kann, sind eben nur die relativen Anfangsgeschwindigkeiten und ihre Beeinflussung durch weitere in das System gebrachte Zus\u00e4tze.\nNach etwa 10 Minuten wurde das sich anfangs sehr schnell ausscheidende Benzidinblau abfiltriert und in der oben ange-gebenenW'eise titrimetrisch bestimmt. Alle im folgenden beschriebenen Bestimmungen wurden gleichm\u00e4\u00dfig bei einer Temperatur von 20\u00b0 ausgef\u00fchrt. Es ist zu beachten, da\u00df nach beendeter Titration die Fl\u00fcssigkeit klar sein mu\u00df; doch zeigt sie wegen geringf\u00fcgiger Farbstoffbildung zuweilen ganz schwache Rosaf\u00e4rbung, die durch \u00fcbersch\u00fcssiges Thiosulfat nicht oder wenigstens nicht sofort verschwindet. Nicht hinreichende^'Auswaschen verursacht Naehhl\u00e4uung, doch l\u00e4\u00dft sich diese ganz vollst\u00e4ndig \u00fcberhaupt nicht vermeiden.\nVersuchsreihe 1.\nDi\u00ab* Wirksamkeit verschiedener Mengen der gleichen Blutl\u00f6sung wurde durch den I hiosulfatverbrauch f\u00fcr das ausgeschiedene Benzidin-blau bestimmt.\nI cm\u00bb Blutl\u00f6suug entspr. -L2 ccm '/loo-n-Thiosulfatl\u00fcsung\n\u00bb\nKs ergibt sieh daraus, wie zu erwarten. Proportionalit\u00e4t des in der gleichen Zeit gebildeten Benzidinblaues.\nVersuchsreihe 2.\n1 ccm Blutl\u00f6sung.............. . .\nt '\t-f- 5 ccm 1 lo-n-IICl .\n1 5 \u2014>) \u00bb ~ 1\n~p f g Natriumacetat\n. . entspr. 2,7 ccm\n10\n20","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber H\u00e4moglobinderivale und Peroxydasen.\t225\nDie Versuchsreihe zeigt, da\u00df schon geringe Mengen Minerals\u00e4ure die Bildung \\ on Benzidinblau \u00fcberhaupt verhindern, da\u00df dagegen, wenn die Konzentration der Wasserstoflfionen durch Zusatz von Natriumacetat hinreichend herabgedr\u00fcckt wird, die Menge des gebildeten Benzidinblaues bis zur doppelten Menge der ohne S\u00e4urezusatz gebildeten Menge steigen kann, dasselbe gilt, wenn in die L\u00f6sung Kohlens\u00e4ure eingeleitet wird.\nVersuchsreihe 3.\nAn verschiedenen Blutl\u00f6sungen wurde die Wirkung des Einleilens von Kohlens\u00e4ure bestimmt.\nJe 1 ccm Blutl\u00f6sung verursachte Benzidinblaubildung entspr. Kubikzentimeter \u2018/\u00bboo-n-Thiosulfatl\u00f6sung.\n\tOhne Einleiten von COt\tMit Einleiten v<\na)\t4,2 ccm\t8,4 ccm\nb)\t4.8\t\u00bb\t9,5\t\u00bb\nc)\t2.8 \u00bb.\t5,5\t\u00bb\nd)\t3,5\t\u00bb\t7,6\t.\ne)\t5.1\t10,2 \u00bb\nDie Versuchsreihe zeigt, da\u00df das unter Kohlens\u00e4ureeinleiten ausgef\u00e4llte Benzidinblau ziemlich genau die doppelte Menge dessen betr\u00fcgt, was ohne Kohlens\u00e4ureeinleiten ausf\u00e4llt. Wenn der K\u00f6rper ohne Einleiten von Kohlens\u00e4ure schon ausgefallen ist, so erh\u00e4lt man bei nachtr\u00e4glichem Einleiten ebenfalls noch einmal die gleiche Menge. Da das Benzidinblau unter Kohlens\u00e4ureeinleiten meistens in besonders gut filtrierbarer Form ausfiel und unter sicherstem Einhalten gleicher Bedingungen bez\u00fcglich der Acidit\u00e4t der L\u00f6sung, wurden die weiteren Versuche immer unter K\u00fchlens\u00e4ureeinleiten ausgef\u00fchrt.\nVersuchsreihe 4.\nDie Versuchsreihe bezieht sich auf Bestimmungen verschiedener Mengen der gleichen Blutl\u00f6sung unter Ehleiten von Kohlens\u00e4ure.\n0,5 ccm Blutl\u00f6sung entspr. 3,2 ccm */* oo-n-Thiosulfatl\u00f6sung 0,5\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t3,2\t*\t\u00bb\nI\t*\t*\t\u00bb\t6,4\t\u00bb\t*\t.\n1\t\u201c\t\u00bb\t\u00bb\t6,3\t>\t>\n2\t\u00bb \u00bb 12,6 \u00bb\nVersuchsreihe 5.\nDer Einflu\u00df des Salzgehaltes der L\u00f6sung wurde bestimmt bei Anwendung von 1 ccm Blutl\u00f6sung.\nNaGl-Gehalt der Benzidinl\u00f6sung\n1 \u00b0/o NaCl\n1 \u00b0/o\t\u00bb\n2\u00b0/\u00ab \u00bb\nAnn\u00e4hernd ges\u00e4ttigt\nentspr. 7.6 ccm l/*00*n-ThiosulfatlusUng *\t7,5\t\u00bb\t\u00bb\n\u00bb\t5,1\t*\t\u00bb\tt\n\u00bb\t2,9\t*\nHoppe-Seylers Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXXI.\n16","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nW. Madelung,\nDie Versuchsreihe zeigt, da\u00df f\u00fcr die Geschwindigkeit der Benzidin-hlauhildung ein Optimum des Salzgehaltes besteht, das bei einem Gehalt von einem Prozent vermutlich schon \u00fcberschritten ist. Diese Konzen-iration wurde f\u00fcr alle Versuche beibehalten, weil sie geeignet ist. die L\u00f6slichkeit des Benzidinblaues v\u00f6llig zu unterdr\u00fccken, wenigstens bei Abwesenheit gr\u00f6\u00dferer Mengen kolloidaler Substanz, durch welche die Abscheidung in krystallinischer, unl\u00f6slicher Form behindert wird.\nVersuchsreihe 6.\nBenzidinblaubildung in verschiedenen Zeiten durch je 1 ccm mehrerer Blutl\u00f6sungen.\nBlutl\u00f6sung a)\t\tnach\t10 Min.\tentspr. 8,3\tccm\t\u2018/\u00aboo-n-Thiosulfatl\u00f6sung\n\ts>\t\t20 \u00bb\t\u00bb 0,2\t\u00bb\t\u00bb\nX\t\t\u00bb\t6 Std.\t* 11,0\t>\t>\n\t\u00bb\t\t22 >\t- 18,2\t\u00bb\t*\ni\t\u00bb\t\t48 \u00bb\t\u00bb 18,4\t\u00bb\t!\u25a0\n>\tbi\tr;.\t10 Min.\t\u00bb\t5,5\t\u00bb\t\u00bb\n' p .\t>\t\t24 Std.\t\u00bb 15,4\t\u00bb\t*\nV\tC|\t\u00bb\t10 Min.\t*\t4,5\t\u00bb\tI\n\t7>\t\u00bb\tJO\t\u00bb\t4,6\t\u00bb\t*\n*\t\u00bb\t\t20 Std.\t- 12.7\t\u00bb\tl\n*\t\ta\t20 \u00bb\t* 12,5\t\t*\n\u00bb \u2022\t\u00bb\t*\t20 \u00bb\t\u00bb 13.0\tT>\t\u00bb\nDie Versuche zeigen, da\u00df noch w\u00e4hrend\t\t\t\t\t\teiner Reihe von Stund\u00bb\ndie Menge des ausgeschiedenen Benzidinblaues sich vermehrt, nach Stunden aber anscheinend keine weitere Verrnehrnng stattfindet. In den ersten Minuten findet die Ausscheidung von etwas \u00fcber einem Drittel des \u00fcberhaupt sich bildenden Benzidinblaues statt. Die Verh\u00e4ltnisse verschieben sich bei Anwesenheit von etwas freier S\u00e4ure in der L\u00f6sung. Die Bildung des K\u00f6rpers ist in diesem Falle anfangs langsam, doch scheiden sich beim Stehen gr\u00f6\u00dfere Mengen aus. Gleichzeitig zeigt aber die dunkle Farbe der Mutterlauge, da\u00df auch andersartige Oxydationen stattgefunden haben.\nInteressant ist in diesem Zusammenh\u00e4nge eine Berechnung, welche Menge aktivierten Wasserstoffperoxyds ann\u00e4hernd auf ein Atom Eisen im Blut f\u00e4llt. Nach Analysen Abderhaldens und anderer kann man Blut hinsichtlich seines Eisengehaltes als ann\u00e4hernd \u2018/too-normal an-sehen. Da das Blut in 1\u00b0/oiger L\u00f6sung angewandt wurde, war es also f\u00fcr Eisen ca. '/\u00bboooo-normal. 1 ccm dieser L\u00f6sung entsprachen ca. 18 ccm '/ioo-n-Thiosulfat = ca. 9 ccm \u2018/too-n-Wasserstoffperoxyd, d. h. also, es kann unter den angegebenen Bedingungen mehr als die neunhundertfache. rund die tausendfach molekulare Menge des im Blut enthaltenen Eisens an Wasserstoffperoxyd aktiviert werden.\nWenn man bedenkt, da\u00df stark gef\u00e4rbte L\u00f6sung von Benzidinblau","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"227\n\u00dcber H\u00e4moglobinderivate und Peroxydasen.\nbeim Ausf\u00e4llen durch Salz kaum messbare Mengen des festen K\u00f6rpers geben, kann, man daraus ferner auf die enorme Empfindlichkeit der henzidinblauieaktion als (jualitativcr Reaktion schlie\u00dfen.\nVersuchsreihe 7.\nEinflu\u00df der Einwirkung von Kohlenoxyd.\nJe 1 ccm Blutl\u00f6sung entspr. Kubikzentimeter \u2018/loo-n-Thiosulfatl\u00f6sung.\nNach Einleiten von CO\na) \u25a0\t5,5 ccm\t7,0 ccm\nb)\t8,4\t\u00bb\t9,5 \u00bb\nc)\t6.0 \u00bb\t6,0 \u00bb\nd)\t4,6\t\u00bb\t4,5\ne)\to,4 \u00bb\t6,1 >.\nNach diesen Versuchen scheint Kohlenoxydblut in einzelnen F\u00e4llen < twas st\u00e4rkere Wirkung zu haben als das entsprechende kohlenoxvd-Ireie Blut.\nVersuchsreihe 8.\nVergleich der Wirksamkeit mit dem H\u00e4moglobingehalt.\nJe 1 ccm Blutl\u00f6sung entspr. Kubikzentimeter \u00bb/\u00bb oo-n-Thiosulfatl\u00f6sung.\n\tThiosulfatl\u00f6sung\tHb-Zahl nach Haldane\na)\t9,0 ccm\t88\nb)\t9.0\t,\t87\nc)\t7.1\t\u00bb\t75\nd)\t5,0 >\t65\nIn dieser Versuchsreihe wurde versucht, die Benzidinmethode praktisch f\u00fcr die Bestimmung des H\u00e4moglobingehaltes verschiedener Blutproben zu verwenden, deren Gehalt .zur Kontrolle kolorimetrisch nach der Haidaneschen \u2019) Methode bestimmt war. Die Versuche zeigen weitgehenden Parallelismus, wenn auch vielleicht kein v\u00f6lliges Zusammenfallen des Aktivierungsverm\u00f6gens mit dem kolorimetrisch bestimmten H\u00e4moglobingehalt.\nVersuchsreihe 9.\nEinflu\u00df der Zersetzung des H\u00e4moglobins auf das Aktivierungsverm\u00f6gen desselben.\n1 ccm der gleichen Blutl\u00f6sung entspr. Kubikzentimeter Vioo-n-Thio-Hilfatl\u00f6sung :\nAm\t1.\tTag\t6,4\tccm\n\u00bb\t3.\t>\t5,5\t\u00bb\n*\t4.\t\u00bb\t5,3\t\u00bb\n\u00bb\t6.\t*\t5,5\t\u00bb\n*\t8.\t\u00bb\t5.4\t\u00bb\n\u00bb\t10.\t*\t5,7\t=\u00bb\n\u25a0) Journ. of physiol., Bd. XXVI, S. 497.\n16*","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nW. Madelung,\nDiese Reihe bezieht sieh auf eine Untersuchung, in welcher Weise das Aktivierungsverm\u00fcgen des Blutes durch Selbstverdauung und Zersetzung beeinflu\u00dft wird. Die Versuche zeigen, da\u00df das Aktivierungsverm\u00fcgen auch durch ziemlich weitgehende Zersetzung \u2014 Farbenumschfag und F\u00e4ulnis \u2014 nicht wesentlich beeinflu\u00dft wird. Die relativ starke Abnahme am ersten Tage scheint auf einem Versehen zu beruhen, da in anderen F\u00e4llen unter gleichen Bedingungen keine Abnahme konstatiert wurde.\nVersuchsreihe 10.\nEinwirkung \u00fcbersch\u00fcssiger Blutl\u00f6sung auf Wasserstoffperoxyd.\nDie Benzidinl\u00fcsung wurde mit 10 ccm Blutl\u00f6sung und Wasserstoffperoxyd entspr. 8 ccm \u2018/m-n-Jodl\u00f6sung versetzt. Das ausgeschiedene Benzidinblau entspr. Kubikzentimeter 710\u00b0'n'Thiosulfatl\u00f6sung:\nNach 10 Minuten 1,4 ccm \u00bb\t10\t\u00bb\t4,3\t\u00bb\n*\t10\t\u00bb\t2,6\t\u00bb\tohne\tCO^Einleiten\n>\t4\tStunden\t7,0\t\u00bb\n\u00bb\t20\t\u00bb\t6,9\t\u00bb\n\u00bb\t20\t\u00bb\t3,9\t>'\tohne\tC04-Einleiten.\nDie Bestimmungen bezweckten eine Untersuchung \u00fcber die Frage, ein wie gro\u00dfer Teil des Wasserstoffperoxyds bei \u00dcberschu\u00df von Blut im Sinne der Oxydation des Benzidins wirksam ist. Die Versuche zeigen, da\u00df '/h des anwesenden Wasserstoffperoxyds in diesem Sinne ausgen\u00fctzt sind, also h\u00f6chstens \u2018/* durch Katalasewirkung zersetzt sein kann. Bei Abwesenheit von Kohlens\u00e4ure kann nur die H\u00e4lfte des Wasserstoffperoxyds aktiviert werden.\nVersuchsreihe 11.\nBeeinflussung der Wirksamkeit von Blutl\u00f6sung durch vorhergehende Einwirkung von Wasserstoffperoxyd.\nJe 1 ccm Blutl\u00f6sung entspr. nach Vorbehandlung mit 1 ccm l\u00bb/\u00bbiger Wasserstoffperoxydl\u00f6sung Kubikzentimeter \u2018/\u00aboo-n-Thiosulfatl\u00f6sung.\nDauer der Einwirkung des Wasserstoffperoxyds:\n0\tMin.\t5,7\tccm\n5\t*\t4,0\t\u00bb\n10\t\u00bb.\t6,7\t\u00bb\nl\u00f6\t\u00bb\t8,0\t\u00bb\nDa durch l\u00e4ngere Einwirkung von Wasserstoffperoxyd die Aktivierungsf\u00e4higkeit vom Blut ganz aufgehoben wird, k\u00f6nnte man annehmen, da\u00df das schlie\u00dflich\u00ab Erlahmen der Katalyse auf die Einwirkung des Wasserstoffperoxydes selber zur\u00fcckzuf\u00fchren sei. Die Versuche zeigen, da\u00df, wenn diese Vermutung vielleicht auch richtig ist, die Einwirkung von Wasserstoffperoxyd doch keine kontinuierlich abschw\u00e4chende sein kann, das Aktivierungsverm\u00f6gen von Blut sogar unter der Einwirkung von Wasserstoffperoxyd gesteigert werden kann.","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"\u00ee'ber H\u00e4moglobinderivate und Peroxydasen.\t229\nTheorie der Oxydationskatalyse durch H\u00e4moglobin;\nDie theoretische Deutung der im Vorstehenden beschriebenen Resultate wird einerseits bedingt durch die bekannten Eigenschaften des Benzidinblaus, anderseits durch die Eigenschaften des H\u00e4moglobins und seiner Umwandlungs- und Spaltungsprodukte, \u00fcber die wir in letzter Zeit durch die Untersuchungen Willst\u00e4tters, K\u00fcsters und anderer Forscher doch ziemlich klare Vorstellungen bekommen haben, sowie schlie\u00dflich durch die Kenntnisse und Anschauungen, die wir \u00fcber die anorganische Oxydationskatalyse gewonnen haben.\nDie Eigenschaften des Benzidinblaus sind, soweit sie in Betracht kommen, haupts\u00e4chlich dadurch gegeben, da\u00df dieses.\n( \u00bbxydationsprodukt des Benzidins ein Salz ist. Die M\u00f6glichkeit 'einer Entstehung liegt daher nur bei Gegenwart eines Stoffes vor, der geeignet ist, die Anionen des zu bildenden Salzes zu liefern. Durch Blut und Wasserstoffperoxyd allein kann daher ohne Mithilfe eines solchen Stoffes Benzidin nicht in wahrnehmbaren Mengen zu Benzidinblau oxydiert werden.\nAls solche Stoffe kommen S\u00e4uren und Salze in Betracht, \u2018iir das unl\u00f6sliche Benzidinblau nur die Minerals\u00e4uren und ihre >alze. Bei Anwendung von S\u00e4ure verschwinden bei der Oxydation H-Ionen aus der L\u00f6sung, bei der von Salzen mu\u00df dementsprechend die Menge der OH-Ionen sich vermehren.\nVermehrung der OH-Ionen wirkt nun aber der Benzidinblaubildung gerade entgegen. Es wird also nur in dem Ma\u00dfe bei der Oxydation von Benzidin sich das blaue Farbsalz bilden k\u00f6nnen, als die Wirkung der OH-Ionen paralysiert werden kann, vermutlich durch das schwach saure Eigenschaften besitzende Wasserstoffperoxyd im Verein mit schon gebildetem Benzidin-butu. Durch Neutralisieren der freien OH-Ionen mu\u00df also die Menge des entstehenden Benzidinblaues vermehrt werden. Da aber auch freie S\u00e4ure sch\u00e4dlich wirkt, erh\u00e4lt man ein Optimum unter Bedingungen, die eine gr\u00f6\u00dfere Konzentration von H-Ionen ausschlie\u00dfen, also etwa bei Gegenwart von Essigs\u00e4ure und \u00fcbersch\u00fcssigem Natriumacetat, durch das die Menge der freien H-Ionen auf ein Minimum herabgedr\u00fcckt wird, oder auch durch ' eine an und f\u00fcr sich so schwache S\u00e4ure wie Kohlens\u00e4ure.","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\nW. Madelung.\nDer starke Einflu\u00df sehr geringer Mengen freier S\u00e4ure, die die Aktivierung des Wasserstoffperoxyds ausschlie\u00dfen unter Bedingungen, die f\u00fcr die Wirkung direkter Oxydationsmittel, z. B. .lodl\u00f6sung, ohne jeden Einflu\u00df sind, ebenso auch der Einflu\u00df der Salzkonzentration und andere Beobachtungen k\u00f6nnen nur aus der Natur der Oxydationskatalyse selber erkl\u00e4rt werden. Soweit f\u00fcr diese die Eigenschaften des Blutfarbstoffes in Betracht kommen, m\u00f6chte ich auf die Ausf\u00fchrungen K\u00fcsters1) \"Eher die Valenz des Eisens in den Komponenten des Blutfarbstoffes und die Beziehungen derselben zu den Modifikationen des H\u00e4moglobins\u00bb hin weisen, in denen die alle Frage nach den Beziehungen der H\u00e4moglobinderivate auf Grund eigener und fremder Arbeiten in den Hauptpunkten wohl ihre endg\u00fcltige Deutung findet.\nVom H\u00e4moglobin d\u00fcrfte feststehen, da\u00df es eine Verbindung des zweiwertigen Eisens ist,2) die als infolge der einen freien Valenz unges\u00e4ttigte Verbindung bef\u00e4higt ist, ebenso wie Ferro- und Cuproverbindungen sich mit ganzen Molek\u00fclen zu mehr oder minder lockeren, aber im Gegensatz zu analogen Verbindungen mit ges\u00e4ttigten Hauptvalenzen auch in w\u00e4sseriger L\u00f6sung existenzf\u00e4higen additionellen bezw. ,Molekularverbindungen zu vereinigen. Bekannt und leicht erkennbar ist dieses Verhalten hinsichtlich der Aufnahme von Gasen, wie Sauer-stofl, Kohlenoxyd, Cyan, Stickoxyd, \u00c4thylen und Acethylen, doch wird man ohne weiteres annehmen d\u00fcrfen, da\u00df auch andere Stolle, wie das Wasserstoffperoxyd, ebenso wie es bei anderen Ferro Verbindungen angenommen wurde, an das Eisen in eine engere Sph\u00e4re herangezogen werden k\u00f6nnen.\nMelh\u00e4moglobin, das bekanntlich auch durch Einwirkung von Wasserstoffperoxyd entstehendeOxydationsprodukt des H\u00e4moglobins, ist dagegen eine Verbindung des dreiwertigen Eisens, in dem die freie Valenz des H\u00e4moglobineisens durch eine Hy-\n') Diese Zeitschrift, Bd. LXVI, S. *32 (1910).\n*) Die von W. Manchot auf Grund seiner Untersuchungen \u00fcber' das Gasbindungsverm\u00fcgen von Salzl\u00f6sungen und Blut ausgesprochen\u00ab* Ansicht, das Eisen im H\u00e4moglobin sei als dreiwertig anzusprechen, glaube ich aut unrichtige Deutung seiner Resultate zur\u00fcckf\u00fchren zu k\u00f6nnen und werde eventuell an anderer Stelle darauf zur\u00fcckkommen.","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber H\u00e4moglobinderivate und Peroxydasen.\t231\ndroxylgruppe abges\u00e4ttigt ist, daf\u00fcr aber die F\u00e4higkeit zur Bildung von Molekularv\u00e7rbindungen verloren geht. Anderseits mu\u00df das Meth\u00e4moglobin oxydierende Eigenschaften besitzen, wie aus seiner leichten Reduzierbarkeit zu H\u00e4moglobin hervorgeht.\nDie entsprechenden eiwei\u00dffreien Spaltungsprodukte sind dann das H\u00e4mochromogen, das dem H\u00e4moglobin, und das a-H\u00fcmatin, das dem Meth\u00e4moglobin entspricht. H\u00e4min ist als salzsaures Salz des a-H\u00e4matins zu betrachten. Man wird also in der L\u00f6sung des H\u00e4mins auch einen teilweisen Zerfall in Ionen annehmen m\u00fcssen.\nHinsichtlich der Bindungsweise des Eisens erscheint die auch von K\u00fcster angenommene Vorstellung Willst\u00e4tters1) am wahrscheinlichsten. Nach Willst\u00e4tter ist im Blutfarbstoff das Eisen, wie im Chlorophyll das Magnesium, komplex, d. h. mit Haupt- und Nebenvalenzen an die stickstoffhaltigen Gruppen des Molek\u00fcls gebunden, \u00abin \u00dcbereinstimmung mit den Anschauungen von A. Werher2) \u00fcber die Konstitution Von komplexen Metallverbindungen und in Analogie mit den von H. Lev3) und von L. Tschugaeff*) erforschten Metallderivaten der S\u00e4ure-imide, des Biurets und des Dicyandiamidins. \u00bb Im Falle des Blutfarbstoffes kann es sich nur um die Imidgruppen von Pvrrol-gruppen handeln, aus denen sich nach den Untersuchungen von Piloty0) das ganze H\u00e4matinmolek\u00fcl zusammensetzt.\nF\u00fcr die hier in Betracht kommende Frage ist jedenfalls ma\u00dfgebend, da\u00df in den Modifikationen des H\u00e4moglobins und seiner ersten Zersetzungsprodukte das Eisenatom seine Wertigkeit wechseln kann, ohne da\u00df hinsichtlich seiner Bindungsverh\u00e4ltnisse f\u00fcr zwei Hauptvalenzen eine wesentliche \u00c4nderung eintritt. Das Meth\u00e4moglobin bezw. H\u00e4matin unterscheidet sich also sehr wesentlich vom Ferrihydroxyd dadurch, da\u00df es nicht oder wenigstens nicht so leicht wie dieses in neutraler L\u00f6sung sich polymerisiert und damit die oxydierenden Eigenschaften\n') Annalen der Chem. u. Pharm., Bd. \u00c7CCLXXI, S. 48 (190!*).\n*) loc. cit.\n3)\tBer. d. Deutsch, ehern. Ges., Bd. XL, S. 705 (1908),\n4)\tBer. d. Deutsch, chem. Ges., Bd. XL. S. 1973 (1908),\nAnnalen der Chem. u. Pharm., Bd. CCCLXV1. S. 237 (IW!*)","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"\u201c'^2\tW. Madelung,\ndes dreiwertigen Eisens einb\u00fc\u00dft. Bei Gegenwart von Chlorionen wird aus H\u00e4matin in w\u00e4sseriger L\u00f6sung sich immer zum Teil H\u00e4min bilden m\u00fcssen, das mit H\u00e4matin in einem Gleichgewichtszustand stehen mu\u00df. Ferner mu\u00df man, da im Blutfarbstoff die \u00dcberf\u00fchrung des zweiwertigen Eisens in dreiwertiges auch in neutraler L\u00f6sung reversibel ist, auch in einer neutralen Meth\u00e4moglobin- bezw. H\u00e4matinl\u00f6sung auf das Bestehen oder. Streben nach Erreichung eines Gleichgewichtszustandes zwischen zwei- und dreiwertigem Eisen bestehen. Wie man sieht, sind beim Blutfarbstoff alle schon besprochenen Bedingungen der anorganischen Oxydationskatalyse erf\u00fcllt, und zwar entsprechen diese mehr denjenigen, die man bei dem Kupfer, als denen, die man bei anorganischen Eisenverbindungen vorfindet.\nWenn wir die Momente ins Auge fassen, die hier auf die Katalyse von Einflu\u00df sind, so zeigt sich ebenfalls, da\u00df sie in allen F\u00e4llen im Prinzip v\u00f6llig die gleichen sind wie bei der anorganischen Oxydationskatalyse. Schon sehr kleine S\u00e4uremengen dr\u00fccken die Geschwindigkeit der Katalyse enorm herab bezw. verhindern sie vollst\u00e4ndig. \u00c4hnliche Wirkung, wenn auch dem Grade und der Ursache nach verschieden, haben auch die Neutralsalze. Die bei der Besprechung der oxydierenden Eigenschaften der Eisensalze und der anorganischen Oxydationskatalyse versuchte Deutung daf\u00fcr kann auch hier im vollen Ma\u00dfe ihre Anwendung linden. Da\u00df tats\u00e4chlich nur der eisenhaltige Bestandteil des H\u00e4moglobins f\u00fcr die Aktivierungsf\u00e4higkeit des H\u00e4moglobins in Betracht kommt, geht daraus hervor, da\u00df die bei vorsichtiger Zersetzung wie bei der Selbstverdauung sich bildenden Spaltungsprodukte, unter denen sich H\u00e4mochromogen bezw. das Zeynecksche oder a-H\u00e4matin befinden m\u00fcssen, ann\u00e4hernd die gleiche Wirksamkeit besitzen, wie frisches H\u00e4moglobin. Die Spaltungs- und Umwandlungsprodukte br\u00fcsker Einwirkungen haben allerdings ihr Aktivierungsverm\u00f6gen gr\u00f6\u00dftenteils eingeb\u00fc\u00dft. So erh\u00e4lt man mit gekochten Blutlbsungen, und auch wenn das Blut mit S\u00e4ure (Eisessig) oder Lauge zersetzt und nachher wieder sorgf\u00e4ltig neutralisiert wird, bei der Benzidinblaureaktion nur geringf\u00fcgige Ausschei-","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber H\u00e4moglobinderivate und Peroxydasen.\t233\nd\u00fcngen. Nach K\u00fcster1) befindet sich ja auch das gew\u00f6hnliche oder \u00df-H\u00e4matin in einem polymeren Zustande und l\u00e4\u00dft sich auch nicht in H\u00e4min umwandeln. Dagegen kann man vielleicht annehmen, da\u00df bei einer teilweisen Lockerung der komplexen Bindung des Eisens durch Wasserstoffperoxyd zun\u00e4chst eine Verbindung von st\u00e4rker katalytischer Eigenschaft entsteht, als sie das H\u00e4moglobin selber besitzt.\nF\u00fcr das allm\u00e4hliche Schw\u00e4cherwerden und Auf h\u00f6ren der katalytischen Wirksamkeit sind theoretisch zwei Erkl\u00e4rungen m\u00f6glich. Entweder r\u00fchrt es daher, da\u00df sich Produkte der Katalyse bilden, die dieser entgegen wirken und sie schlie\u00dflich zum Stillstand bringen, oder da\u00df der Katalysator selber ver\u00e4ndert und zerst\u00f6rt wird. Die bisher vorliegenden Beobachtungen k\u00f6nnen dar\u00fcber zwar keine sichere Deutung zulassen, doch spricht wohl die Wahrscheinlichkeit in diesem Falle f\u00fcr die zweite Erkl\u00e4rung.\nSchlu\u00dffolgerungen und Hypothesen allgemeinerer Natur.\nEs liegt nahe, die Frage aufzuwerfen: Ist die Aktivierung von Peroxyden durch den Blutfarbstoff etwas funktionell Wesentliches, oder hat sie mehr zuf\u00e4llige, vom biologischen Gesichtspunkt unwesentliche Bedeutung? Ich glaube, da\u00df man sich daf\u00fcr entscheiden mu\u00df, der Aktivierungsf\u00e4higkeit des H\u00e4moglobins eine zuf\u00e4llige Bedeutung zuzusprechen. Sie r\u00fchrt nur daher, da\u00df sich der Organismus zur Erf\u00fcllung eines bestimmten Zwecks, n\u00e4mlich des Transportes von Sauerstoff zu den Geweben, der F\u00e4higkeit einer komplexen Eisenverbindung bedient, Gase unter Bildung lockerer Additionsprodukte aufzunehmen.\nEinfache Ferroverbindungen sind bekanntlich auch bef\u00e4higt, Sauerstoff aufzunehmen, k\u00f6nnen ihn aber nicht wieder abgeben, weil die vielleicht zun\u00e4chst sich bildenden hypothetischen Molekularverbindungen sich sehr schnell in nicht mehr zum Sauerstofftransport geeignete Ferriverbindungen umlagern. Hinsichtlich dieser Eigenschaft unterscheidet sich das komplexe H\u00e4moglobinmolek\u00fcl von der einfachen Eisenverbindung aber nur dem Grade, nicht der Art nach; Meth\u00e4moglobin entsteht aus Oxyh\u00e4moglobin bei der H\u00e4molyse spontan.\n\u2019) loc. cit.","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"W. Madelung.\n23 i\nWenn man sich fragt, warum diese Umwandlung im Blut lebender Tiere nicht me\u00dfbare Grade annimmt, so ist der Grund daf\u00fcr wohl in dem Umstand zu suchen, da\u00df sich der Blutfarbstoff in gro\u00dfer Konzentration innerhalb der roten Blutk\u00f6rperchen in einem von den sonstigen K\u00f6rperfl\u00fcssigkeiten hinsichtlich der Art und Konzentration v\u00f6llig abweichenden Milieu befindet, innerhalb dessen vielleicht f\u00fcr das Oxyh\u00e4moglobin das Optimum der Kxistenzf\u00fchigkeit vorliegt.\nUi ne andere Frage ist die, ob es im Organismus komplexe Eisenverbindungen nach Art des H\u00e4moglobins gibt, deren wesentliche Funktion die Verwertung superoxydartig gebundenen Sauerstoffs f\u00fcr weitere Oxydation sei. Die Wahrschein-keit spricht sehr daf\u00fcr, da\u00df die tierischen Oxydationsfermente komplex gebundenes Kisen enthalten. Der von verschiedenen Forschern in den Nucleoproteiden gefundene, wenn auch nur locker gebundene Eisengehalt d\u00fcrfte z. B., wie schon Spitzer1) annimmt, solche Funktion haben. Die bekannten tierischen Peroxydasen prinzipiell wegen ihrer leichteren Zerst\u00f6rbarkeit durch Hitze und des schnelleren , Abklingens der Katalyse'2) als wesensverschieden vom H\u00e4moglobin zu betrachten, scheint mir ein willk\u00fcrliches Verfahren. Dieses Verhalten w\u00fcrde sich in ungezwungener Weise aus der gr\u00f6\u00dferen Labilit\u00e4t eines Komplexes erkl\u00e4ren, ebenso auch vielleicht wie bei anderen Fermenten aus der mit der Reaktion verbundenen \u00c4nderung eines mikroheterogenen Zustandes. Das au\u00dferdem nocli als Beweis f\u00fcr die Wesensverschiedenheit von Peroxydase und Blutfarbstoff angef\u00fchrte Ausbleiben der katalytischen Beschleunigung der .lodwasserstoffzersetzung bei Gegenwart von Wasserstollperoxyd erkl\u00e4rt sich vielleicht aus der sofortigen Bindung ausgeschiedenen ,lods. J. Wolff und E. de Stoecklin3) konnten im Gegenteil f\u00fcr das H\u00e4matin au\u00dferordentlich stark katalytische Wirksamkeit auch gegen\u00fcber Jodwasserstoff nachweisen.\nF\u00fcr die pflanzlichen Peroxydasen gilt dasselbe. Da\u00df in\n') Pfl-\u00fcgcrs Archiv der Physiol.. Bd. LXV1I. S. 615 (1897).\n*i v. Czvhlarz und v. F\u00fcrth. Hofmeisters Beifr., \u00dfd. X. S. 3\u00f6S\n(liMITl.\n3i Compl. rend.. BdL CLI. S. 483 (1910).","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Cher H\u00e4moglobinderivate und Peroxydasen.\n4\n235\nden Pflanzen die leichte M\u00f6glichkeit der Bildung komplexer Eisenverbindungen vorliegt, geht daraus hervor, da\u00df das Chlorophyll eine dem Blutfarbstoff vollkommen analoge komplexe Verbindung, und da\u00df das Eisen ein notwendiger und niemals fehlender Bestandteil der Pflanze ist. So ist auch in stark wirksamen Pflanzenausz\u00fcgen Eisen gefunden worden. Von Bedeutung scheint mir ferner, da\u00df Zersetzungsprodukte von gereinigten Peroxydasen mehrfach die Pyrrolreaktionen gaben, also dieselben stickstoffhaltigen Atomgruppen zu enthalten scheinen, aus denen sich auch der Blutfarbstoff zusammensetzt.\nNun geben allerdings Bach und Tscherniak1) an, gereinigte wirksame Peroxydasepr\u00e4parate v\u00f6llig eisenfrei gefunden zu haben. Wenn man indessen wei\u00df, wie geringe Eisenmengen im Blutfarbstoff intensive Peroxydasereaktion verursachen, so erscheint es nicht als ausgeschlossen, da\u00df sich bei der Analyse von reinen Peroxydasepr\u00e4paraten gerade das der Menge nach \u00e4u\u00dferst geringf\u00fcgige, durch seine Bindungsweise aber sehr wirksame Eisen dem Nachweise entzogen hat. Ich m\u00f6chte daher weitere Untersuchungen \u00fcber diesen Punkt nahelegen. Immerhin ist es denkbar, der Annahme rein organischer Verbindungen bei dem Fehlen irgendwelcher Analoga sogar vorzuziehen. da\u00df andere Stoffe mit wechselnder reversibler Oxydationsstufe als Basis solchen Peroxydasen zugrunde liegen.\nOhne der Bach-Chodatschen2) Theorie, nach der sich Oxvdasen immer zusammensetzen aus Peroxvdasen und Oxv-\nV\t.*\u00bb\t'*\u25a0\ngenasen, f\u00fcr viele F\u00e4lle ihre Richtigkeit abzuerkennen, m\u00f6chte ich darauf hinweisen, da\u00df Metallverbindungen mit wechselnder Oxydationsstufe unter Umst\u00e4nden gleichzeitig wie Oxygenasen und Peroxydasen funktionieren k\u00f6nnen, die genannte Theorie also nicht absolute Alleing\u00fcltigkeit zu besitzen braucht. Das ist dann der Fall, wenn ein prim\u00e4r sich bildendes anorganisches Moloxyd oder Sauerstoffsanlagerungsprodukt anders, als wie es gerade beim Blutfarbstoffe der Fall ist, in ein wahres Superoxyd \u00fcbergehen kann oder auch sich leicht mit Wasser zu einer Verbindung h\u00f6herer Oxydationsstufe umsetzen, kann, die\n\u2018) Ber. d. Deutsch, chem. Ges., BdL. XLI. S. 234\u00bb ilOOH).\nsi Ber. d. Deutsch, chem. Ges., BdL XXXVI. S. W)7 (1903)","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nW. Madelung.\nihrerseits noch Oxydationswirkungen auszu\u00fcben vermag. Es bildet sich dann neben dieser Wasserstoffperoxyd, das unter geeigneten Umst\u00e4nden, d. h. wenn es nicht selber f\u00fcr Oxydationen verbraucht wird, nachweisbar wird. Das ist z. B. der Fall bei einer schwach salzsauren Kupferchlor\u00fcrl\u00f6sung1) oder einer L\u00f6sung von Cobaltocyankalium,*) die beim Sch\u00fctteln mit Luft reichlich Wasserstoffperoxyd geben.\nEine ammoniakalische Kupferl\u00f6sung, mit deren Hilfe durch den Luftsauerstoff gro\u00dfe Mengen von Traubenzucker oxydiert werden, kann, wenn man von der Abnahme der Wirksamkeit w\u00e4hrend der Reaktion beim Ferment absieht, als einfachstes anorganisches Modell einer Oxydase bezeichnet werden, bei\ndem auch irgend welche Mitwirkung kolloidaler Eigenschaften\nausgeschlossen ist. Die gleiche Eigenschaft, gleichzeitig wie eine Peroxydase und Oxydase wirksam zu sein, besitzen auch das fein verteilte Platin und Palladium, sowie die schon erw\u00e4hnte k\u00fcnstliche Peroxydase J. Wolffs.3)\nAuch f\u00fcr die Katalase, das Wasserstoffperoxyd zersetzende Enzym, ist noch keineswegs bewiesen, da\u00df sie von den Oxydationsfermenten immer verschieden ist. Das fast stets gleichzeitige Vorkommen spricht dagegen, ebenso der Umstand, da\u00df dieselben Stoffe hemmend oder vergiftend wirken, eine Giftwirkung, die wie die Hemmung der Aktivierungsf\u00e4higkeit von t errosalzen und Blutfarbstoff durch S\u00e4ure mit der Annahme einer molekularen Anlagerung dieser Stoffe und Verhinderung einer Anlagerung von Sauerstoff oder Wasserstoffperoxyd ihre Erkl\u00e4rung linden kann. Das Versagen dieser oder jener Reaktion beweist nicht unbedingt dagegen. Wenn z. B. durch Katalase aus Jodwasserstoff kein Jod frei gemacht wird.4) so erkl\u00e4rt sich das sehr wohl dadurch, da\u00df eventuell in Freiheit gesetztes .lod sofort wieder absorbiert wird oder vergiftend wirkt : bei Gegenwart von Eiwei\u00dfstoffen ist ersteres selbstver-\n') W. Traube, Ber d. Deutsch, ehern. Ges., Bd. XV, S. 671 (1882).\n*) Manchot u. Herzog, Ber. d. Deutsch, chem. Ges., Bd. XXXIII, S. 1742 (1900).\n:t. Compl. rend.. Bd. CXLVII. S. 745 (1908).\n4> Lesser, Zeitschrift f. BioL, Bd. XLVIII, 8. 1 (1906).","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber H\u00e4moglobinderivate und Peroxydasen.\t237\nst\u00fcndlich. Im fein verteilten Platin und Palladium haben wir bekanntlich Beispiele, in denen der gleiche Stoff gleichzeitig wie eine Peroxydase, Oxydase und Katalase wirksam ist. Da\u00df auch hier nicht der kolloidale Zustand wesentlich ist, wir erwiesen dadurch, da\u00df eine L\u00f6sung vom Bichromat oder eine ammoniakalisehe Kupferl\u00f6sung das gleiche Verhalten zeigt. Bei Gegenwart eines geeigneten Acceptors wird dessen Oxydation vermittelt, bei Abwesenheit eines solchen wird Wasserstoffperoxyd zersetzt, indem dieses selber als Acceptor dient.\nWenn es nun wohl auch sicher Katalasen ohne Peroxydasenwirkung gibt und umgekehrt, so kann man das vielleicht auf stereochemische Eigent\u00fcmlichkeiten zur\u00fcckf\u00fchren, von denen ja auch bei nicht fermentativen Reaktionen der Verlauf abh\u00e4ngig ist, und die bei den Enzymen wohl haupts\u00e4chlich den spezifischen Charakter demselben bedingen.\nNach alledem d\u00fcrfte wohl hinreichend Material vorliegen, um f\u00fcr den wahrscheinlichen Mechanismus der Oxvdasen, Peroxydasen und Katalasen eine wesentlich anorganische Grundlage geben zu k\u00f6nnen. Wir k\u00f6nnen sagen, diese Fermentwirkungen sind immer in solchen F\u00e4llen zu erwarten,, in denen Verbindungen vorliegen, die\n1.\tin mehreren Oxydationsstufen existieren k\u00f6nnen,\n2.\tdie sich unter Bedingungen befinden, bei denen sie mit molekularem Sauerstoff bezw. Wasserstoffperoxyd zu unbest\u00e4ndigen Molekularverbindungen zusammentreten k\u00f6nnen,\n3.\tderen Oxydierbarkeit unter diesen Bedingungen reversibel ist, d. h. die sowohl aus der niederen in die h\u00f6here, wie aus der h\u00f6heren in die niedere Oxydationsstufe \u00fcbergef\u00fchrt werden k\u00f6nnen.\nDa\u00df komplexe Eisenverbindungen unter solchen Bedingungen existenzf\u00e4hig sind, wurde an dem Beispiel des Blutfarbstoffes bewiesen.\nBei der Allgegenw\u00fcrtigkeit und physiologischen Notwendigkeit des Eisens spricht die Wahrscheinlichkeit daf\u00fcr, da\u00df, wenn nicht alle, so doch ein gro\u00dfer Teil dieser Fermente ihre Grundlage in komplexen Eisenverbindungen findet.","page":237}],"identifier":"lit19238","issued":"1911","language":"de","pages":"204-237","startpages":"204","title":"\u00dcber die Beziehungen der H\u00e4moglobinderivate und Peroxydasen zu anorganischen Katalysatoren","type":"Journal Article","volume":"71"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:08:31.975555+00:00"}