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{"created":"2022-01-31T14:05:04.221947+00:00","id":"lit19331","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Engel, St.","role":"author"},{"name":"A. Bode","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 74: 169-174","fulltext":[{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Kolostralfettes.\nVon\nSt. Engel und A. Bode.\n(Aus der Akademischen Klinik f\u00fcr Kinderheilkunde zu D\u00fcsseldorf.\nDir. Prof. Dr. Schlo\u00df mann.)\n(Der Redaktion zugegangen am 28. Juli 1911.)\nDer eine von uns1) hatte sich mit Eichelberg2) schon fr\u00fcher mit der Frage des Kolostralfettes befa\u00dft und war dabei zu dem Schlu\u00df gekommen, da\u00df wesentliche Unterschiede zwischen dem Kolostral- und dem Milchfett best\u00fcnden, in dem Sinne, da\u00df das Kolostralfett dem K\u00f6rperlett \u00e4hnlicher sei wie das Milchfett. Als chemisches Kennzeichen des Fettes hat hierbei ausschlie\u00dflich die Jodzahl gedient.\nEs lag nun das Bed\u00fcrfnis vor, die Kolostralfette3) etwas n\u00e4her zu charakterisieren und gleichzeitig auch ihren \u00dcbergang in das Milchfett zu studieren. Zu diesem Zwecke haben wir aus dem Kolostrum und aus den \u00dcbergangsstufen des Milchdr\u00fcsensekretes Fett extrahiert und einer eingehenderen Untersuchung insofern unterworfen, als wir au\u00dfer der Jodzahl auch noch andere wichtige Fettkonstanten bestimmt haben, n\u00e4mlich die Verseifungszahl, die Reichert-Meissl-Zahl und \u00ablie Polenske-Zahl.\nBez\u00fcglich der Methodik bedienten wir uns mit Vorteil des \\erfahrens, welches von Arnold4) angegeben ist, um gleichzeitig die drei ebengenannten Fettkonstanten zu bestimmen.\nDas Material wurde uns so geliefert, da\u00df unmittelbar mrch der Geburt das erste Sekret ermolken wurde, dann an jedem folgenden Tage und schlie\u00dflich in immer gr\u00f6\u00dferen Abst\u00e4nden.\n*) Engel, \u00dcber die Quellen des Milch- u. Kolostralf., u. \u00fc. d. b. <1 Milchsekretion wirkenden Kr\u00e4fte. Archiv f. Kinderheilk., Bd. 48, S. 204.\n*) Eichelberg, \u00dcb. d. Kolostralf. d. Menschen. Ebenda. S. 200.\ns) Zusammenfassung \u00fcber das Kolostralfett s. bei Engel, Biochemie <\u00e4-s Kolostrums i. d. Ergehn, d. Pysiol. (Asher-Spiro), 1911.\n4) Arnold, Beitr. z. Ausbau d. Chemie der Speisefette. Zeitschr.\n; Unters, d. Nahrungs- und Genu\u00dfmittel, Bd. 14, S. 147.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXXIV.\n12","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nSt. Engel und A. Bode,\nIm ersten Versuche1) wurde zun\u00e4chst der von Engel erhobene Befund nachgepr\u00fcft, da\u00df die Jodzahl des Kolostral-fettes mit dem zunehmenden Lactationsalter kleiner wird.\n*\tTabelle I.\nKolostralfett von Kuh 1.\nLadationstag\tJodzahl\n1. Tag\t43,4\n2. Tag\t41,0\n8. Tag\t39,0\n5. Tag\t33,5\n6. Tag\t36,7\nWie Tabelle I zeigt, trat der Befund auch in diesem Falle\u00bb deutlich in Erscheinung. W\u00e4hrend die Jodzahl am ersten Tage 43,4 betrug, war sie am 6. Tage 36,7, am 5. Tage sogar nur 33,5. Der \u00dcbergang erfolgte langsam und regelm\u00e4\u00dfig.\nTabelle II. Kolostralfett von Kuh 2.\nLaetations- tag\tJodzahl\tVerseifungs- zahl\tReicher! -Meis sl-Zahl\tPolenske- Zahl\n2. Tag\t42,9\t226,4\t30,3\t1.35\n3.\t\u00bb\t43.2\t221,6\t30,6\t1.25\n4.\t\u00bb\t43,0\t228.1\t31,9\t1,5\n5.\t\u00bb\t41.7\t229.6\t32, \u00ab\t1.7\n6. \u00bb\t39,5\t231,5\t32,2\t1,75\n\tTabelle 111.\t\t\t\n\tKolostralfett von Kuh 3.\t\t\t\n1. Tag\t46.4\t209,5\t23,4\t0.65\n2. \u00bb\t45.6\t213.4\t30.2\t1.35 \u2019\n3.\t\u00bb\t43,9\t209.5\t30,0\t1.2\n4.\t\u00bb\t43,4\t214,5\t32.4\t1.2\n\u00f6. *\t41,0\t219.0\t\u2022j\u00bb.9\t2.i;>\n13.\t\u00bb\t40,8\t217,3\t29,8\t2.85\n21. \u00bb\t41,0\t219.3\t29,5 7\t2.6\n\u2019) Bez\u00fcgl. d. Details s. d. Dissertation von Bode. Bern 1910.","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Kolostralfeties.\t171\nTabelle IV. Kolostralfett von Kuh 4.\nLactations- tag\tJodzahl\tVerseifungs- zahl\tReichert- Meissl-Zahl\tPolenske- Zahl\n2. Tag\t\u2014\t217,9\t30,8\t. 1,8\n8. \u00bb\t\u2014\t219,\u00ab\t31,2\t1.9\n4.\t\u00bb\t\u2014\t218,5\t31,85\t1.95\n5.\t\u00bb\t\u2014\t217.9\t32.3\tZ2\n10. \u00bb\t_\t223,5\t29,0\t2.3\n20. \u00bb\t_\t222,4\t29.5\t. 2,2\nIn den Versuchen II, III, IV wurde das Sekret von K\u00fchen untersucht. Leider war es im Versuch II und IV nicht m\u00f6glich, Kolostralfett \u00bb) auch vom ersten Tage zu erlangen, ein Umstand, der, wie sich gleich zeigen wird, besonders bedauerlich war. In Versuch IV wurde die .lodzahl nicht bestimmt.\n\u00dcberblickt man nun die Resultate, so ergibt sich das Folgende :\nJodzahl.\nW ie schon im ersten Falle war auch bei den drei weiteren die lendenz zum Abnehmen der Jodzahl mit der zunehmenden Kntfernung von der Geburt deutlich erkennbar. Bei der Kuh 2 hielt sich die Jodzahl allerdings bis zum 4. Tage auf der H\u00f6he, um erst dann deutlich abzusinken. Im gro\u00dfen und ganzen ergab sich also immer wieder die Best\u00e4tigung des alten Befundes.\nVerseifungszahl.\nHier m\u00fcssen wir getrennt betrachten zun\u00e4chst die Kuh 2 und dann die Kuh 3 und 4. Die Kuh 2, bei der sich auch schon eine Besonderheit im Verhalten der Jodzahl gezeigt hatte, wich n\u00e4mlich auch hinsichtlich der Verseifungszahl von den sonst erhobenen Befunden ab. Vom 2. zum 3. Tage trat n\u00e4mlich eine starke Verkleinerung und von da an eine ununterbrochene Vergr\u00f6\u00dferung des Wertes ein.\nIn den beiden anderen F\u00e4llen war das gesetzm\u00e4\u00dfige Verhalten so, da\u00df eine Tendenz zur Vergr\u00f6\u00dferung der Verseifungszahl von Anfang an vorhanden war. Freilich ging der Anwuchs nicht mit mathematischer Regelm\u00e4\u00dfigkeit vor sich. \u2019\u2019\n*) Es lieft sich aus dem fettarmen Kolostrum (knapp 1 \u00b0/o) nicht \"'\u25a0nag extrahieren.\n12*","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nSt. Engel und A. Bode,\nReichert-Meissl-Zahl.\nVergleichen wir bez\u00fcglich der Reichert-Meissl-Zahl die Ergebnisse der drei Versuche zun\u00e4chst nur bis zum 5.-6. Tage, so ergibt sich vollst\u00e4ndige \u00dcbereinstimmung. Die Zahl wird n\u00e4mlich, wenn auch um ein Geringes, gr\u00f6\u00dfer. Gegen das Ende der ersten Woche \u2014 der Tag ist in den Versuchen nicht genau getroffen \u2014 tritt aber ein Umschwung ein, insofern, als die Menge der fl\u00fcchtigen Fetts\u00e4uren wieder kleiner wird. Die Zunahme im ganzen ist besonders gering in den F\u00e4llen 2 und 4, wo der erste Tag aus Materialmangel ausfiel. Im Falle 3 jedoch, wo auch das Fett des ersten Tages verarbeitet ist, steht die Reichert-Meissl-Zahl des ersten Tages tief unter der des zweiten. (23,4 zu 30,2.)\nWir m\u00fcssen also sagen, da\u00df die Reichert-Meissl-Zahl des Kolostrums im engeren Sinne (1 Tag) niedrig ist, da\u00df aber vom ersten bis zweiten Tag eine Erh\u00f6hung erfolgt, welche \u00fcber die Werte des Milchfettes hinausgeht. In den n\u00e4chsten Tagen erfolgt dann eine weitere, aber langsame Zunahme. Etwa vom Ende der ersten Woche an erfolgt schlie\u00dflich das Absinken zur Norm.\nDie Tatsache, da\u00df das Kolostralfett \u00fcber wenig fl\u00fcchtige Fetts\u00e4ure verf\u00fcge, war schon Nilson1) und Kr\u00fcger2) bekannt. Diese Autoren bestimmten ihre Zahlen jedoch mit einer anderen Methode, als wir sie heute bei der Ermittlung der Reichert-Meissl-Zahl anwenden. Ihre absoluten Werte lassen sich also mit den unseren nicht vergleichen.\nPolenske-Zahl.\nDie Polenske-Zahlen ergeben \u00fcberall ein eindeutiges Resultat. Sie werden n\u00e4mlich mit zunehmender Lactation immer gr\u00f6\u00dfer und erreichen gegen das Ende der ersten Woche die\n*) Nilson, Studien \u00fc. d. Fett der Kuhmilch, ref. i. Biederm. Zentralbl. f. Agrikulturchemie, 1888, 17. Jahrg., S. 71.\n*) Kr\u00fcger, Beitr. z. Zusammens. d. Kuhkolostrums. Hildesb. Mol-kereiztg. 1892, S. 189.","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Kolostralfettes.\n173\nWerte des Milchfettes. Es ergibt sich also eine Divergenz im Verhalten der wasserl\u00f6slichen und alkoholl\u00f6slichen fl\u00fcchtigen Fetts\u00e4ure darin, da\u00df jene erst zunehmen, dann wieder an Menge geringer werden, w\u00e4hrend diese anf\u00e4nglich sehr schwach vertreten sind, aber von Tag zu Tag reichlicher werden.\nBetrachtet man nun das Resultat noch einmal im ganzen, so sieht man, da\u00df die Konstanten des Kolostralfettes der Kuh eines mit bestimmter Sicherheit erkennen lassen, n\u00e4mlich, da\u00df das Kolostralfett bereits den Charakter eines Milchfettes tr\u00e4gt, insofern als es reich an fl\u00fcchtigen Fetts\u00e4uren ist. Zwar treten bez\u00fcglich ihrer Menge in der ersten Zeit einige Verschiebungen ein; im gro\u00dfen und ganzen aber bleibt das Resultat bestehen, da\u00df das Kolostralfett durch seinen Gehalt an fl\u00fcchtigen Fetts\u00e4uren schon den Charakter eines Milchfettes hat. Die nicht v\u00f6llige \u00dcbereinstimmung beider gibt sich besonders in der Verseifungs- und Polenske-Zahl und in der immerhin relativ kleinen Reichert-Meissl-Zahl kund. Der \u00dcbergang ins Milchfett vollzieht sich ziemlich allm\u00e4hlich. Am sch\u00f6nsten kann man das Anwachsen der W erte an der Polenske-Zahl erkennen.\nEin 5. Versuch wurde mit einer Ziege angestellt. Die Resultate, welche in der Tabelle V niedergelegt sind, geben kein so eindeutiges Bild wie bei der Kuh. Die Konstanten\nTabelle V.\nKolostralfett einer Ziege.\nLactations- tag\tJodzahl\tVerseifungs- zahl\tReichert- Meissl-Zahl\t: Polenske-\u2018 Zahl\n1- 2. Tag\t87.75 -\t212.0 '\t20,05\t5.0\n1\u2014 \u00f6. \u00bb\t35.4\t213,9\t21,15\t6.2\n6.- 9. \u00bb\t36,1\t221,3\t24.9\t6,0\n10.-12. \u00bb\t38.1\t218,5\t23.7\t\u2018 4.8\nM\u2014l\u00f6. \u00bb\t\u2014\t221,8\t23.9\t5.65\nK\u201417. \u00bb\t38.1\t219,0\t23,65\t5.2\n17.-21. \u00bb\t40.2\t217,9\t22,05\t\u2019\t4.65\n22.-24. \u00bb\t39,9\t216.7\t22.3\t4.8","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"17* St. Engel und A. Bode, Zur Kenntnis des Kolostralfettes.\nzeigen keine so ausgesprochenen Ver\u00e4nderungen, wie wir es eben bei der Kuhmilch geschildert haben. Bei der Re ich er t-Meissl-Zahl konnte man noch am ehesten ein regelm\u00e4\u00dfiges Ansteigen mit der vorr\u00fcckenden Lactation feststellen.\nIm gro\u00dfen und ganzen hat sich also gezeigt, da\u00df f\u00fcr die Kuh und die Ziege sich die Behauptung nicht in vollem Umfange aufrecht erhalten l\u00e4\u00dft, das Kolostralfett stehe dem K\u00f6rperfett besonders nahe. Der Charakter des Milchfettes war hierf\u00fcr im Kolostrum doch schon allzu deutlich ausgesprochen. Nicht m\u00f6glich ist es, aus unseren Befunden eine allgemeine Charakterisierung der Kolostralfette herzuleiten, weil f\u00fcr die Sekretion des Milch- und Kolostralfettes bei Herbi- und Omnivoren offenbar sehr verschiedene Verh\u00e4ltnisse herrschen. F\u00fcr den Menschen, wo sich fr\u00fcher1) Analogien zwischen dem Kolostral- und K\u00f6rperfett besonders deutlich ergeben hatten, w\u00fcrde man also diesen Funkt noch einmal gesondert zu pr\u00fcfen haben. Es d\u00fcrfte allerdings schwer sein, die gro\u00dfe Menge des hierzu erforderlichen Materials zu gewinnen,\nDie geringe Abweichung der Daten f\u00fcr das Kolostralfett der Ziege von denen des Milchfettes findet offenbar seine Erkl\u00e4rung darin, da\u00df das Kolostrum der Ziege \u00fcberhaupt weniger gut charakterisiert ist wie das der Kuh.\nSchlu\u00dfs\u00e4tze.\n1.\tDas Kolostralfett der Kuh tr\u00e4gt nach seinen Konstanten deutlich den Charakter eines Milchfettes, wiewohl die Werte innerhalb gewisser Grenzen sich von denen des Kuhmilchfettes unterscheiden, in dem Sinne, da\u00df die charakteristischen Zeichen des Milchfettes weniger ausgepr\u00e4gt sind.\n2.\tDer \u00dcbergang des Kolostralfettes in das der Milch vollzieht sich im ganzen allm\u00e4hlich, nur die fl\u00fcchtigen Fetts\u00e4uren (Reichert-Meissl-Zahl) nehmen vom 1. zum 2. Tage stark zu.\n3.\tDas Kolostralfett der Ziege differiert weniger vom Ziegenmilchfett wie die gleichen Stoffe bei der Kuh.\n') Engel, 1. c.","page":174}],"identifier":"lit19331","issued":"1911","language":"de","pages":"169-174","startpages":"169","title":"Zur Kenntnis des Kolostralfettes","type":"Journal Article","volume":"74"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:05:04.221953+00:00"}