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{"created":"2022-01-31T16:40:37.808473+00:00","id":"lit19338","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Abderhalden, Emil","role":"author"},{"name":"Franz M\u00fcller","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 74: 253-272","fulltext":[{"file":"p0253.txt","language":"de","ocr_de":"Weitere Beitr\u00e4ge \u00fcber die Wirkung des Cholins (Cholinchlorhydrat)\nauf den Blutdruck.\nVon\nEmil Abderhalden und Franz M\u00fcller.\n(Aus \u00ablent physiologischen Institut \u00ab1er tier\u00e4rztlichen Hochschule und dem tierphysio-logischen Institut der landwirtschaftlichen Hochschule, Berlin.)\n(Der Redaktion zugegangen am 7. August litii.)\nVor etwas mehr als Jahresfrist hatten wir die Resultate mit-\"eteilt, die sich bei der Injektion von synthetisch dargestelltem Cholinchlorhydrat ergeben hatten.1) Das Pr\u00e4parat war von dem einen von uns (Abderhalden) selbst gewonnen worden. Wir f\u00e4nden in der \u00fcberwiegenden Mehrzahl der F\u00e4lle (mehr als loo Einzelinjektionen) als Effekt: Blutdrueksenkung. Zweimal folgte auf die Senkung eine schnell vor\u00fcbergehende Steigerung' Eall II und V). Dabei konnten als eventuelle Ursache der Drucksteigerung Unruhe des Tieres oder fibrill\u00e4re \u2018 Muskelzuckungen angesprochen werden. Nur eine wirkliche Ausnahme zeigte sich : bei einem Hund wirkten drei aufeinander folgende Cholininjektionen in gleicher Weise intensiv blutdrijcksteigernd ' das R\u00fcckenmark war zerst\u00f6rt und der Blutdruck stand schon zu Beginn des Versuches ziemlich tief). Diese Steigerung trat sowohl nach Injektion des selbst dargestellten, wie nach der eines von Merck-Darmstadt bezogenen Pr\u00e4parates e,in. Stets war das salzsaure Salz injiziert worden. Die eingehende Analyse der Cholinwirkung, welche der eine von uns (M\u00fcller) ausf\u00fchrte,2) ergab, da\u00df das Cholin au\u00dfer einer Sch\u00e4digung des\n/) Emil Abderhalden und Franz M\u00fcller, Die Blutdr\u00fcckwirknng fies reinen Cholins, Diese Zeitschrift, Bd. 65, S. 420, 1910. Ferner Sitzung der physiol. Ges. Berlin, 6. Mai 1910.\n*) F r an z M \u00fc 11 e r, Beitr\u00e4ge zur Analyse der Cholinwirkung/P f 1 \u00fc ge r s Archiv, Bd. 184. S. 289, 1910.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXXIV.\n18","page":253},{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"Emil Abderhalden und Franz M\u00fcller,\n25 \\\nHerzens auch peripher Gef\u00e4\u00dferweiterung hervorruft. Dies lief, sich mil Sicherheit bei dem Studium k\u00fcnstlich durchbluteter, \u00fcberlebend erhaltener Organe feststellen. Aber auch Gef\u00fc\u00df-vcrengerung wird durch Cholin hervorgerufen. Sie tritt allein hervor, wenn vorher Atropin injiziert wird. Auch diese Umkehr von Erweiterung der Strombahn in Verengerung lie\u00df sieh am \u00fcberlebenden Organ demonstrieren. Der eine von uns (M\u00fcllen \u00e4u\u00dferte daher die Vermutung, da\u00df das Cholin sowohl erweiternde wie verengernde Elemente in der Gef\u00e4\u00dfwand errege, da\u00df die Erweiterung bei kleinen, gerade deutlich wirksamen Mengen (etwa 1 mg pro Kilogramm) \u00fcber wiege, durch Atropin aber beseitigt werde, und da\u00df so der gef\u00e4\u00dfverengernde Effekt allein zum Vorschein komme.\nDa man im allgemeinen als typische Blutdruckwirkung einesSloffes diejenige bezeichnet, die ohne sonstigeVer\u00e4nderungen der Zirkulationsverh\u00e4ltnisse des Tieres und durch minimal wirksame oder h\u00f6chstens ein wenig gr\u00f6\u00dfere Mengen zustande kommt, so sprachen wir davon, da\u00df die typische Cholinwirkung die Blutdrucksenkung sei.\nZur gleichen Zeit mit unserer ersten Mitteilung1) erschien eine vorl\u00e4ufige Ver\u00f6ffentlichung von Pal,2) der mit von den H\u00f6chster Farbwerken hergestelltem Cholinchlorhydrat arbeitete, hi seinen Versuchen erzeugte Cholin eine kurze Blutdrink-senkung, an die sich ein Anstieg anschlo\u00df. Der Ausfall der Reaktion sei von der Narkose, aber auch von der Dose abh\u00e4ngig, da bei den kleinsten Dosen eine pressorische Wirkung oft garnicht zum Vorschein komme. Die Wirkung auf das Herz, insbesondere auf die peripherischen Vagusenden sei inkonstant. Pal hat also als typische Wirkung in unserem Sinne, d. h. als Wirkung kleiner, deutlich wirksamer Mengen Senkung des Blutdrucks beobachtet.\nAuch R. Hunt sah bei seinen \u00fcberaus zahlreichen Untersuchungen an beinahe 200 verschiedenen Cholinderivaten (auch er benutzte nat\u00fcrlich nur die haltbaren salzsauren Salze) regel-\n\u2022) 1. e.\n71 1. I'al. Zur Kenntnis der dholinwirkung, Zentralblau f\u00fcr l\u2019iiy^i'\u00bb-loj\u00fce. 1U10. Ikl. 21. Nr. J. S. Im 10. M\u00e4rz).","page":254},{"file":"p0255.txt","language":"de","ocr_de":"Cher die Wirkung des Cholins auf den Blutdruck.. 255\nmiiliiir nur die Blutdrucksenkung.1) Etwa im gleichen Sinne fielen Beobachtungen von Mendel und Underhill aus.2)\nNun erschien im Dezember 1910 eine Mitteilung von Uopielski,3) die sich mit unseren Ergebnissen besch\u00e4ftigt, sich aber nur auf das Beferat im Zentralblatt f\u00fcr Physiologie bezieht. 1 opielski sagt: <Auf (\u00bbrund Ihrer Untersuchungen f\u00fchren die Autoren (sc. win Ergebnisse an, die mit den von Modrakowski1). f\u00fcr das zersetzte oder verunreinigte Cholin erhaltenen Resultaten \u00fcbereinstimmen. Da die Autoren jedoch die von Modrakowski f\u00fcr das reine Cholin festgestellte Blutdruckerh\u00f6hung (au\u00dfer den Versuchen an 3 Tieren) nicht erhielten, behaupten sie, da\u00df durch die Arbeit von Dr. Modrakowski * gro\u00dfe Verwirrung in das Cholingebiet kam\u00bb.\nk\u00f6rnet iS. 92b): kr\u00e4nz M\u00fcller k\u00f6nnte von einer zweilachen Wirkung seines Cholins (die mit der des unreinen\nl) R. Hunt und R. do Tayeau, On the relation hot ween the toxicity and chemical constitution of a number of derivatives of Choline and analogous compounds. The Journal of Pharmacol, and experim f lierai\u00bb Bd. 1. S. m 1909.\n*) L. B. Mendel und F. P. Underhill, The physiological action <>f Cholin. Zentralbl. f. Physiol.. Bd, 21. Nr. 7 i2f>. Juni 11)10\u00bb, s. 2f\u00bbl. mo sagen auf S. 25\u00bb: The physiological injections were made intravenously m cats and dogs during ether anacsthesis. The uniform result was a i.ipid, brief lall in pressure, succeeded by a-more gradual return to normal, and not infrequently a subsequent slight rise above the normal level. After atropinisation the fall never took place.\nl-.ven with large doses of cholin (sc. salzsaures Sabo the profound depressor effects figured hy Modrakowski and others for commercial (holin products could never be obtained. Neither did we fail to gel !lie same picture after each of the frequently repeated injections, although Modrakowsky showed in his experiments that the alleged contaminating substance ..ist offenbar nur in ganz geringer Menge gegenw\u00e4rtig; denn hei rasch hintereinander erfolgenden Injektionen vermag die blutdruck-\n\u2022steigernde Cholinwirkung doch durchzudringen.'* -------\nA prolonged fall of pressure could never he obtained even with targe doses of our preparations.\nJ) 1J- Popiclski, Cher die Blutdruckwirkung des Cholins, Zentralblatt f. Physiol.. Bd. 21, N.r. 20, S. 92\u00f6.\nG. Modrakowski. \u00dcber die physiolog. Wirkung des Cholins, Pfl\u00fcgers Archiv. Bd. 121, S. 601. 1908.","page":255},{"file":"p0256.txt","language":"de","ocr_de":"2:>f>\nEmil Abderhalden und Franz M\u00fcller.\nMerckschen Pr\u00e4parates identisch ist) reden, wenn es nicht Tatsache w\u00e4re, da\u00df inan aus dem k\u00e4uflichen Cholin reines Cholin erhalten kann, das den Blutdruck nur erh\u00f6ht.\u00bb\nPopielski bezieht die von uns beobachtete Doppelwirkung auf das Vorhandensein zweier vollst\u00e4ndig verschiedener K\u00f6rper in unserem Cholin und verteidigt damit von neuem die Ansicht, die in der in seinem Institut gemachten Arbeit von Modra-kowski1) niedergelegt ist. Kr f\u00e4hrt dann lort (S. 927): \"Bei der Wiederholung unserer Versuche h\u00e4tten E. Abderhalden und Fr. M\u00fcller f\u00fcr die gleiche Heinheil des Pr\u00e4parates wie andere Forscher sorgen sollen,\u00bb und schlie\u00dft ifc>. 927): Die Nichteinhaltung dieser Prinzipien ergibt unreines Cholin, was auch K. Abderhalden und Fr. M\u00fcller mit ihrer Arbeit feststellten.\u00bb\nZu diesen Angaben ist zun\u00e4chst zu bemerken:\nWir h\u00e4tten wohl erwarten d\u00fcrfen, da\u00df Popielski bei seiner Kritik unserer sich auf ein recht ausgedehntes Untersuchungsmaterial st\u00fctzender Versuche nicht blo\u00df ein gek\u00fcrztes Heferat, sondern die Originalarbeiten ber\u00fccksichtigt. Er h\u00e4tte sich dann \u00fcberzeugt, da\u00df durch Cholin die Erweiterung der Blutgef\u00e4\u00dfe nicht blo\u00df im Stadium der Verlangsamung der Herzschl\u00e4ge beim intakten Tier, sondern auch bei k\u00fcnstlicher Durchblutung, also ohne Beeinflussung des Herzens hervorgerufen wird. Eint; derartige Feststellung kann man nicht als \"indirekten Beweis einer Gef\u00e4\u00dferweiterung ansehen. Eine Widerlegung unserer Befunde h\u00e4tte demnach nur durch in gleich exakter Weise ausgef\u00fchrte Versuche herbeigef\u00fchrt werden k\u00f6nnen. Ferner haben wir eine Blutdrucksteigerung nicht in Versuchen an 3 Tieren, sondern, wie auch im Referat gesagt, <nur bei einem Tier mit drei Injektionen im Gegensatz zu im ganzen \u00fcber 100Injektionen beobachten k\u00f6nnen\u00bb.2) Popielski erw\u00e4hnt aber nicht, da\u00df diese Steigerung, wie schon oben gesagt, in gleicher Weise durch unser selbst dargestelltes und durch das Merck sehe Cholinchlorhydrat herbeigef\u00fchrt wurde. Mit der freien Cholinbase, mit der Modrakowski im Ex-\n*) 1. c.\n*1 Verhandlungen der physiol. Gesellschaft Berlin, 1910, S. 11.","page":256},{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Wirkung des Cholins auf den Blutdruck. 257\np\u00e9riment I, II, V und XIII arbeitete, haben wir selbstverst\u00e4ndlich nicht gearbeitet, da die freie Base nach allgemeinen Erfahrungen nicht best\u00e4ndig ist.\nWas weiter die Beanstandung der Beinbeit des von dem einen von uns (Abderhalden) hergestellten Cholinchlorhydrats betrifft, so ist hervorzuheben, da\u00df das Pr\u00e4parat nach der von Modrakowski1) gegebenen Vorschrift, d.. h. \u00fcber das Platinsalz gereinigt worden ist. Unsere Pr\u00e4parate waren schon von vorneherein so rein, da\u00df wir in keinem Falle bei den eigenen Pr\u00e4paraten verschiedene Krystallformen beobachten konnten. Unsere chemischen Beobachtungen decken sich mit denen Lohmanns (1. c. S. 6 ff.). In unserer ersten Mitteilung ist klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, da\u00df wir stets nur die ersten Krystalltraktionen zu unseren Versuchen verwendet haben, obwohl wir aus der Mutterlauge immer noch Krystalle von einheitlichem Aussehen und der Zusammensetzung des Platinsalzes des Cholinchlorhydrats erhalten konnten. Modrakoyvskis Vorschrift beweist nur, da\u00df er von au\u00dferordentlich unreinem Material ausgegangen ist.\nWTenn Popielski au\u00dferdem die vorl\u00e4ufige Mitteilung von 1 \u2019all 1- c.) und die kurzen Diskussionsbemerkungen von [{.M\u00fcller8) (Elberfeld) sowie die Mitteilung Boruttaus2) zu seinen Gunsten verwertet, so hat er dazu kein Hecht, da diese Autoren nicht angegeben haben, wie hohe Dosen Cholin sie verwendet haben. Pals Angaben sind \u00fcberdies keine St\u00fctze der Modra-kowskischen Auflassung und von Popielski unrichtig verwertet worden.\nObwohl wir durch die vorliegenden Arbeiten und genaue Durchsicht der einzelnen Versuche von Modrakowski trotz der Einw\u00e4nde Popielskis eigentlich \u00fcberzeugt waren, da\u00df die \\ erschiedenheiten in der Blutdruckwirkung nicht aut Verunreinigungen des verwendeten Cholins, sondern auf Verschiedenheiten m der Versuchsmethodik, der verwandten Dosis und darauf beruhen, da\u00df Cholinbase und salzsaures Salz bei Modra-kowski ohne besondere Ber\u00fccksichtigung der verschiedenen\n') 1. c. S. \u00dfl\u00ab.\n7) Zentralbl. f. Physiol., \u00dfd. 28. S. 2!)l \u2014 298, |\u2018)oi).","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"Emil Abderhalden und Franz M\u00fcller,\nHaltbarkeit verwendet .sind, sahen wir uns durch Popielskis Angriffe doch bewogen, die Frage noch einmal selbst experimentell zu pr\u00fcfen.\nInzwischen ist dann die eingehende Ver\u00f6ffentlichung von Lohmann \u00fcber seine ausgedehnten Beobachtungen mit Cholin erschienen.1) Kr unterwirft die Arbeit Modrakowskis einer eingehenden Kritik. Lohmann sagt unter anderem (S. lKj: 'Dann finden wir noch eine Angabe, die mich sehr bedenklich gestimmt hat: Modrakowski schreibt (S. (>27): \u00abIn der Tat wiesen meine L\u00f6sungen Filz wucherungen auf, soda fl ich ge-zwurigen war, dieselben von der Injektion zu filtrieren.\u00bb \u00abEs gibt wohl nicht viele Physiologen, die mit derartigen Pr\u00e4paraten Versuche anstellen, daraus bindende Schl\u00fcsse, ziehen und denjenigen, die andere Resultate gefunden haben, vorwerfen, sie h\u00e4tten mit verunreinigten Substanzen gearbeitet! Auch die Methodik ist unzul\u00e4nglich. Mit Vorliebe wird zu den Versuchen Curare angewandt, das doch wegen seiner den Ammoniumbasen verwandten Wirkung von vornherein ausscheiden sollte. In Kontrollversuehen wiederum wird Urethan benutzt.\u00bb\nLohmann selbst h\u00e4lt die Annahme Modrakowskis, dab \u00ab wirklich reines \u00bb Cholin den Blutdruck nicht herabsetzt, sondern Steigerung bewirkt, durch die in der letzten Zeit erschienenen Arbeiten, besonders die von uns, f\u00fcr hinreichend widerlegt (S. \\). \u00abModrakowski behauptet, wirklich reines Chlorinchlorid setze den Btutdruck nicht herab, sondern bewirke (>ine Steigerung desselben. Wenn auch wohl die Annahme Modrakowskis durch zahlreiche, in der letzten Zeit erschienene Arbeiten, besonders die von Abderhalden und M\u00fcller hinreichend widerlegt erscheinen d\u00fcrfte, so m\u00f6chte ich doch, da noch einige Punkte der Aufkl\u00e4rung bed\u00fcrfen, und da ich pers\u00f6nlich angegriffen bin,mich zuder Arbeit Modrakowskis \u00e4u\u00dfern. >\nLoh manns Ergebnis lautet (S. 12): < Meist tritt nach Cholininjektion Blutdrucksenkung ein. In einigen F\u00e4llen nach vorausgegangener mehrfacher Injektion auch Steigerung.\u00bb W\u00e4hrend er die Frage, da\u00df die typische Wirkung kleiner, sicher wirk-\n*) A. Lohmann, Iber einige Bestandteile der Nebennieren,-Schilddr\u00fcsen und Hoden. Zeitschrift f. Biologie. 1911. Bd. 5(>. ISep.-Abdr.","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"Iber die Wirkung des Cholins auf den Blutdruck.\n259\nsanier Mengen von Cholin die Blutdrucksenkung sei, somit als gel\u00f6st erachtet, glaubt er \u00fcber die Gr\u00fcnde, welche die Steigerung hervorbringen, bis jetzt eine befriedigende Antwort nicht geben zu k\u00f6nnen. Auch diese Frage wird, wie wir hoffen, durch die folgenden Auseinandersetzungen gekl\u00e4rt werden.\nUnsere neuen Versuche sind in den beiden Texttabellen I -und II enthalten. Die Injektionen wurden immer in die Schenkelvene gemacht, das Cholinchloridpr\u00e4parat befand sich zu 0,1 g in Glasr\u00f6hrchen eingeschmolzen und wurde in 10 ccm physiologischer Kochsalzl\u00f6sung erst, nachdem alle Vorbereitungen getroffen waren, w\u00e4hrend des Versuchs gel\u00f6st. Wenn alte L\u00f6sungen verwendet sind, so ist dies in den Tabellen ausdr\u00fccklich vermerkt. Das von dem einen von uns gereinigte Pr\u00e4parat ist mit A, das von Kahl b\u00e4um bezogene mit K bezeichnet. o. W. bedeutet, da\u00df keine Wirkung beobachtet wurde. Die \u00c4nderungen des Blutdrucks sind mit \u2014 Senkung, -|- Steigerung1) bezeichnet. Die Blutdruckwerte sind nur daun in die Tabellen aufgenommen, wenn \u00c4nderungen gegen\u00fcber der normalen H\u00f6he erfolgten. Jeweils wurde der tiefste resp. h\u00f6chste Punkt ausgemessen. Wenn von Irregularit\u00e4t des Pulses die Bede ist, so bedeutet das immer nur Ungleichm\u00e4\u00dfigkeiten in der Pulsh\u00f6he, nicht aber in der Frequenz : nur erstere wurde beobachtet. Zwischen den einzelnen Injektionen wurde mindestens 15 Minuten gewartet, nachdem der Druck schon mehrere Minuten zuvor wieder die normale H\u00f6he erreicht hatte. Betrug das Intervall k\u00fcrzere Zeit, so ist dies besonders vermerkt. Gemessen wurde der Blutdruck in der Carotis mit dem F rank-Petterschen Federmanometer, au\u00dfer in Versuch E und F, in denen der G ad-Go wische Apparat benutzt wurde. Die Eichung land jedesmal entweder kurz vor oder sofort nach dem Versuch oder auch zweimal statt.\nWas die verwendeten Pr\u00e4parate betrifft, so ist, um es nochmals zu wiederholen, bekannt, da\u00df die Cholinb\u00e4se sich selbstverst\u00e4ndlich sowohl unverd\u00fcnnt, wie in L\u00f6sung leicht zersetzt. Man sollte daher immer nur mit dem in fester Form m verschlossenem Glase sicher wochenlang haltbaren Cholin-\nD bedeutet starkes Steigen des Blutdrucks. ,","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"Neue Cholinversuche. \u2014 I. Katzen.\nCholin Kahlbaum = K.\n\u00bb\t\u00bb\tgereinigt von Abderhalden -\n200\nEmil Abderhalden und Franz M\u00fcller.\n\u00a9 **\nx x\nX 35\nX X \u2022\nQ '* 7\\\n\u201cM X\n'M X \u2019^h 00","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"Cher die Wirkung des Cholins auf den Blutdruck.\n201","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"Kinil Abderhalden und Franz Miill\u00e8r,\n\u00a3\nc\nr.\nu\nc\n\u00ce-\u00bb\nc\nC\n-C\nc\nG,\nx\nX\nOl Ol Ol\nX'*X\nxxt' tscox\no ci\nX v-41 CC CO cc \u00ab<*>\nOl O X\nCO Ol \u00ceC X","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"( ber die Wirkung des Cholins auf den Blutdruck. 2t\u00bb3\n\u25a0 < c\n73 O\n73 C\nC e\u00bb\nT. O\nX o\nC'* 71\ni!5Xl' \u00bbC\n\u00bb\u2022*> iO\u00efiCK\n\u25a0c \u2014\nO X","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"Emil Abderhalden und Franz M\u00fcller,\n2(H\nchlorhydrat arbeiten und dieses zur Vorsicht nochmals \u00fcber das Platinsalz reinigen, falls das Pr\u00e4parat irgendwie Verdacht auf eingetretene Zersetzung erweckt. Das von uns fr\u00fcher synthetisch dargestellte Gholinchlorhydrat wies auch nach 0 Monaten (im Dunkeln verschlossen auf bewahrt) keinen Geruch nach Trimethylamin auf. Eine Reihe Kahlbaumscher Pr\u00e4parate, als \u00abreines* Gholinchlorhydrat abgegeben, zeigte bald Trimethylamingeruch, bald nicht. Es ist schwer festzustellen, ob hier Verunreinigungen Vorlagen, die den Pr\u00e4paraten von vornehcrein beigemengt waren, oder aber, ob sekund\u00e4re Zersetzung vorliegt. Wir m\u00f6chten uns aus diesen Gr\u00fcnden vorl\u00e4ufig nicht dar\u00fcber \u00e4u\u00dfern, ob ganz reines Gholinchlorhydrat, unter geeigneten Bedingungen (verschlossen, unbelichtet) aufbewahrt, unbegrenzt haltbar ist.\nWenden wir uns zur Besprechung der Versuche, so m\u00fcssen mit R\u00fccksicht auf die Arbeiten aus Popielskis Institut zun\u00e4chst einige Worte \u00fcber die Technik bei Blutdruckbestimmungen gesagt werden. Es wurde in unseren Versuchen jedesmal kurz vor der Injektion des Gholinchlorids gepr\u00fcft, ob die sensible. Reizung, sei es elektrische Reizung eines Nervenstammes oder Kneifen der Haut, Pressen der Pfoten usw., noch Einflu\u00df auf den Blutdruck hatte. War dies der Fall, so wurde die Narkose vertieft. Modrakowski hat nun seine Versuche oft an curare-sierten Tieren, ohne Einblasung von \u00c4therd\u00e4mpfen oder andere Narkose, einmal nach Ilalsmarkdurchschneidung ohne Narkose vorgenommen. *) U. E. ist dieses Vorgehen, wenn man die Wirkung einer den Blutdruck beeinflussenden Substanz pr\u00fcfen will, durchaus unbrauchbar. So sahen wir selbst im Falle A 22, Tab. I auf die anf\u00e4ngliche Senkung ein leichtes Steigen des Druckes folgen, als die k\u00fcnstliche Atmung ohne Zuf\u00fchrung von Narkotikum ausgef\u00fchrt wurde.2) Es ist dies allerdings nicht\n') Von 9 Versuchen war \u00f6 mal Curare, 1 mal Halsmarkdurchschnei-dung ohne Narkose, lmal Chloralhydrat. lmal dies mit Pretium, lmal Urethan allein benutzt. In 4 von den 9 Versuchen il, II. V. XIII) ist Cholinbase, in den anderen Chlorid injiziert worden.\n*) Das entspricht dem Resultat in Modrakowskis Versuchen V. Kurve H (Cholinhase, sicher trimethylaminhaltig!), VI, erste Injektion, vielleicht auch VI. Kurve 1H. und sogar u. E. VI. Kurve 11, da die Steigung H\u2018/iisauf,f,\u00ef sehr steil, nicht wie sonst nach Cholin in gro\u00dfem Rogen verl\u00e4uft.","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"Iber die Wirkung des Cholins auf den Blutdruck. 2\u00d65\nJ\nimmer der Fall. Aber gerade Hunde sind in dieser Beziehung recht empfindlich. So rief in einem Versuch (Tab. II, C 2, 3) die sensible Beizung beim curaresierten Hund ohne \u00c4thereinblasung eine deutliche Drucksteigerung hervor, die darauf folgende Cholininjektion allerdings nur eine Senkung. Das sind ja eigentlich bekannte Dinge, sie muhten aber mit R\u00fccksicht auf die Versuchsmethodik Dopielskis hier besonders hervorgehoben werden.\nWas dann weiter die Verwendung von Curare und Narkose bei Blutdruckversuchen und besonders in unserem Fall bei (.holin betrifft, so m\u00fcssen wir Lohmann (1. e.) durchaus darin beistimmen, da\u00df man jedenfalls, wenn man eine den Ammoniumbasen verwandte Substanz untersucht, Curare nicht benutzen sollte. Trotzdem wird man gewi\u00df auch bei curaresierten Tieren bei gen\u00fcgender Vorsicht und Kritik die gleichen Besultate wie bei anderen Arten der Immobilisierung beobachten. Das zeigen die Mitteilungen von Busquet und Pachon. \u2018j2)\nWir hatten schon in der fr\u00fcheren Mitteilung (1. c.j gesagt, da\u00df St\u00f6rungen der Atmung, wie sie besonders bei Kaninchen nach Cholin beobachtet werden, eine Blutdrucksteigerung Vort\u00e4uschen k\u00f6nnen und ebenso die nach Cholin auftretenden Zuckungen. Das letzte sieht man wieder in unserem Versuch Tab. I, Eil, in dem der sensible Beiz zwar den Blutdruck nicht ver\u00e4nderte, dagegen w\u00e4hrend der Muskelzuckungen eine kurzdauernde geringe Blutdrucksteigerung nach Cholininjektion eintrat.\nWeiter mu\u00df man selbstverst\u00e4ndlich den von Loh mann ge\u00e4u\u00dferten Bedenken \u00fcber die Bewertung der Kurven, wie sie von Modrakowski ausgef\u00fchrt ist, beipflichten. Es wurde der untere und obere Blutdruck bestimmt und als arithmetisches Mittel der mittlere Blutdruck angegeben. Dabei kann man unter\n\u2019) Sur l'action vaso-conslrictive de la Choline. C. It. de la Soc. Hiob. Bd. 67. Nr. 26, S. 218. 190\u00bb,\n*) Auch Modrakowski hat bei curaresierten Tieren Senkungen z. B. infolge Herzsch\u00e4digung beobachtet und sie ohne R\u00fccksicht auf die verschiedene H\u00f6be der Dosen usw. auf \u00abVerunreinigungen\u00bb bezogen. Die Trimethylaminabspaltung war allerdings sicher bei den l\u00e4ngere Zeit auf-bewahrten L\u00f6sungen der Base vorhanden.","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"20f>\n'K mil A bdo r ha Iden und Franz M\u00fcller,\nUmst\u00fcnden bei Vagusreizung eine Steigerung des Blutdrucks herausrechnen, so z. B. in unseren Versuchen Tab. I, f) 7 und Tab. II. F 10 und 11. In F 10 \u00e4nderte sich der Blutdruck von 101 X 150 auf 40 X ISO, die Frequenz von 175 auf 70 und in F 11 von 108 X 150 auf 52 X 10(|) bei geringer Frequenzabnahme. In solchen F\u00e4llen wird man nat\u00fcrlich nicht von einer Blutdrucksteigerung reden k\u00f6nnen.1)\nTrotzdem zeigen aber unsere neuen Versuche wiederum eine Ungleichheit in dem Flickt der Cholininjektion auf den Blutdruck. Der Grund des verschiedenen Verhaltens kann aber sicher nicht die Art bzw. Unreinheit des verwendeten Cholinpr\u00e4parates sein. Versuch E 12 der Tab. I k\u00f6nnte uns fast dazu verf\u00fchren, der Ansicht Fopielskis nunmehr beizupfliehten, denn es wurde eine L\u00f6sung des Kalil-baumschen Cholinchlorhydrats verwendet, welche 14 Tage lang gestanden hatte. Unm\u00f6glich ist diese Erkl\u00e4rung aber im Falle A 21 und 25, sowie F 11 und 15, und beweisend daf\u00fcr, da\u00df keine Zersetzungsprodukte die Ursache der verschiedenen Wirkungsart sind, ist Versuch G 8 und 9 (Tab. II) : Die gleichen Mengen des Kahlbaumschen Cholinchlorhydrats und noch, dazu einer 4 Wochen lang ohne Vorsichtsma\u00dfregeln aufgehobenen L\u00f6sung und des gereinigten Abderhaldenschen Cholinchlorhydrats, dessen L\u00f6sung ganz frisch bereitet war, riefen in genau gleicher Weise nach anf\u00e4nglicher Senkung eine au\u00dferordentlich deutlich\u00ab\u2022 * Steigerung des Blutdrucks genau in der von Modrakowski bei Versuch XII, Kurve 21 beschriebenen Form hervor.\nSieht man au\u00dferdem die Versuche Modrakovvskis im einzelnen durch und scheidet die im vorstehenden erw\u00e4hnten Fehler in der Versuchsanordnung sowie in der Bewertung der sogenannten Drucksteigerung aus,- so ist das Resultat ganz anders, als Popielski es ansieht. Nur in den Curareversuchcn (Hunde) fand wirkliche Blutdrucksteigerung statt und dann auch ohne Vagusdurchschneidung nur ein einziges Mal nach Dosen von 0,0 mg pro Kilogramm Cholinchlorid, nach Trimethylamin riechend (Exp. XII, 102 m auf15R194, nach vorheriger Senkung',\nl\u00bb Das gilt f\u00fcr Modrakowskis Versuche: II. Kurve ;> (Hase : IX. vierte Injektion: IX. Kurve 21 (C.hlorid).","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"207\nI ber <iu\u2018 Wirkung dos C.holins auf don Blutdruck.\nsonst nur nach Vagusdurchschneidung (Exp. XII: Dosis 0,0, Kurve 23, und 1,2 mg), oder nach h\u00f6herer Dosis (Exp. XII: 7,2 mg, Kurve 22, und Exp. V: 7,0 mg, Kurve 9, Cholinbase unrein.) Es fehlt aber erstaunlieherweisc der entscheidende Vergleich, in dem bei dem gleichen Tier ceteris paribus die gleichen Dosen des sogenannten reinen und unreinen Cholinchlorhydrats verglichen sind und einige Zeit zwischen beiden Injektionen abgewartet wurde. Da\u00df so oft, ohne es sp\u00e4ter zu ber\u00fccksichtigen, schon nach IV2\u2014 2* eine neue Injektion vorgenommen wurde, ist. ein weiterer schwacher Punkt in Modrakowskis Vorsuchsmethodik.\nZusammen mit den Beobachtungen von Loh mann ist somit zweifellos, selbst aus den wenigen brauchbaren Versuchen Modrakowskis, erwiesen, da\u00df etwaige Verunreinigungen von Cholin die Tendenz der Blutdruck\u00e4nderung nicht beeinflussen.\nUnsere Versuche zeigen aber, da\u00df, wie Busqu\u00e9t und Paclion (1. c.) schon sahen und Pal erw\u00e4hnt, die Dose von erheblichem Einflu\u00df ist: Bei mit \u00c4ther oder Urethan bet\u00e4ubten Katzen und Hunden bewirken Mengen von oder unter 1 mg pro Kilogramm reine Senkung ohne anschlie\u00dfende Steigerung. Daf\u00fcr bieten Tabellen I und II zahlreiche Beispiele. \u00dcber etwa 5 mg kann sich bisweilen, wie B usque t und P ach on f\u00fcr Hunde angeben (Curare- oder Chloralosenarkose ! )' an die Senkung eine kleine Steigerung anschlie\u00dfen. Wir beobachteten dies nicht regelm\u00e4\u00dfig. Dagegen ist bei Durchsicht unserer Tabellen auffallend, da\u00df die durch keiAerlei Nebenumst\u00fcnde etwa erkl\u00e4rbare deutliche Steigerung des Blutdrucks immer nur am Schlu\u00df einer Versuchsserie, d. h. nach mehrfach; wiederholten Injektionen, eintrat. Addiert man die einzeln injizierten Mengen, ohne nunmehr R\u00fccksicht auf die Art des Pr\u00e4parats zu nehmen, so erzeugten bei Katzen Mengen unterhalb etwa 20 mg pro Kilogramm nur Senkung, \u00fcber 20 bis an 30 mg bisweilen schon Steigerung, \u00fcber 35 sichere Steigerung, die sich noch an eine Senkung anschlie\u00dft, \u00fcber 40 mg Steigerung ohne anf\u00e4ngliche Senkung. Im Prinzip genau das gleiche hat Loh-mann gefunden (auch Modrakowski: Exp. III\u00bb.","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\nEmil Abderhalden und Franz M\u00fcller,\n' Durchschneidung der Vagi war bei Katzen ohne sicheren Hinflu\u00df auf das Resultat, Bei Hunden dagegen ist es etwas anders. Versuch G 6, Tabelle II, zeigt deutlich, da\u00df hier schon bei kleinen Mengen Cholin (1 mg) nach Durchtrennung der Vagi sich an die\u00bb anf\u00e4ngliche Senkung eine Steigerung anschlie\u00dft, die bei Erhaltung der Vagi nicht beobachtet war (G 5t, ein Ergebnis, das wiederum mit den Angaben von Busquet und Bach on in erfreulicher Weise \u00fcbereirjstimmt. Sie sagen, da\u00df doppelseitige Vagotomie die Neigung zum Steigen des Blutdrucks beg\u00fcnstigt. Wenn sie aber durch Feststellung einer Volumenabnahme der Niere glauben die Ursache der Steigerung in einer Vasokonstriktion sehen zu k\u00f6nnen, so d\u00fcrfte dies wohl erst mit Sicherheit dann bewiesen sein, wenn die passive Blutverarmung und Volumenverminderung der Niere ausgeschaltet wird, welche die gleichzeitig eintretende, von dem einen von uns (M\u00fcller) immer beobachtete, starke Gef\u00e4\u00dferweiterung im Darmgebiet hervorruft. Erst wenn auch nach Entfernen des Magendarm-Tractus die vermeintliche Gef\u00e4\u00dfverengerung in der Niere noch hervortritt, w\u00e4re die Vasokonstriktion bei so kleinen Cholindosen erwiesen. Die von den Autoren mitgeteilte Kurve spricht eher daf\u00fcr, da\u00df die Volumenabnahme der Niere passiv bedingt ist, und wir m\u00f6chten im Hinblick auf die von dem einen von uns beim \u00fcberlebenden Organ beobachtete Erweiterung der Strombahn vorerst noch weiterhin meinen, da\u00df kleine Dosen Cholin (1 mg pro Kilogramm) eine reine Erweiterung der peripheren Strombahn zur Folge haben.\nWas weiter die Bedeutung der Narkose betrifft, so haben ja die bisherigen Auseinandersetzungen gezeigt, wie Curare-sierung nur bei gleichzeitiger \u00c4therisierung oder sonstiger Aufhebung der Sensibilit\u00e4t (Chloralose) im allgemeinen als berechtigte Technik bei Blutdruckversuchen angesehen werden kann. \\Y ie bekannt, mu\u00df man aber auch dann noch einige Zeit nach Einleiten der Curaresierung warten, das zeigt z. B. unser Versuch F 5. Bei ihm wurde Cholinchlorid schon \\ Minuten nach der intraven\u00f6sen Injektion vom Curare verwendet.","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"Iber die Wirkung des Cholins auf den Blutdruck. 269\nDabei stieg, entgegen unseren sonstigen Beobachtungen, die Pulsfrequenz deutlich an, w\u00e4hrend sie z. B. im Versuch G 9 trotz gleichartiger St\u00e4rke des Blutdrucks und bei Verwendung des gleichen Pr\u00e4parats, sowie etwa der gleichen Dose ein wenig abnahm. Die Chloralosenarkose, wie sie in Frankreich \u00fcblich ist (Mengen von 0,08\u20140,1 g pro Kilogramm) bewirkt zwar eine gute Aufhebung der Sensibilit\u00e4t, f\u00fchrt aber, wie es. scheint, eine Neigung zum Auftreten von fibrill\u00e4ren Muskelzuckungen beim Cholin mit sich: es d\u00fcrfte vielleicht die Erregbarkeit des B\u00fcckenmarks durch Chloralose eher gesteigert als herabgesetzt sein.1)\nWenn nun noch einige wenige Worte \u00fcber die \u00c4nderung der Pulsfrequenz nach der Cholininjektion gesagt werden d\u00fcrfen, so haben wir, nicht ganz im Kinklang mit der fr\u00fcheren Angabe in der ersten Ver\u00f6ffentlichung, jetzt auch, ohne da\u00df Dyspnoe als Grund verantwortlich gemacht werden kann, Abnahme der Frequenz bei Katzen und Hunden gesehen und zwar sowohl bei dem ganz reinen wie bei dem nicht reinen Cholinchlorhydratpr\u00e4parat. Die Frequenzverminderung ist aber beim gereinigten Pr\u00e4parat erheblich geringer als bei dem unreinen. Das zeigt z. B. der Hundeversuch G 8 und 9: bei der 4 Wochen alten L\u00f6sung des Kahlbaumsehen Cholinchlorids Abnahme von 170 auf 70, bei der gleichen Menge des gereinigten Cholinchlorids keine Frequenz\u00e4nderung. Ebenso der Katzenversuch A 19 und 20: bei Kahlbaumschem Cholin (10 mg\u201c' pro Kilogramm) Abnahme um 114, beim gereinigten (10 mg) nur 60. Allerdings war diese starke Frequenzverminderung nicht immer zu beobachten (Versuch B 13/14). Der Unterschied ist zwar vorhanden, aber doch nicht so konstant und so hochgradig, da\u00df man darin etwa einen Reinheitsbeweis erblicken kann. Die Abnahme ist sicher von der Dosis abh\u00e4ngig und dann mu\u00df man, wie fr\u00fcher erw\u00e4hnt, sorgf\u00e4ltig auch nur Andeutungen von Atemst\u00f6rung vermeiden. Das zeigt Versuch E 9, bei dem w\u00e4hrend nur geringer Dyspnoe die Frequenz erheblich (um 46) sank.\n') Bemerkenswert ist. daft Modrakowski in seinen H Versuchen, n denen er Urethan oder C.hloralhydrat verwandte, auch keine eindeutige starke Blutdrucksteigung nach Cholinchlorid gesehen hat (Exp. XIII, VII und IX \u00bb.\nHoppe-Seylers Zeitschrift I. physiol. Chemie. LXXIV.\n19","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\nEmil Abderhalden und Franz M\u00fcller.\nEs sei noch betont, da\u00df sowohl reines, wie nach Trimethylamin riechendes, unreines Cholinchlorid Speichelflu\u00df erzeugte, dessen Intensit\u00e4t je nach H\u00f6he der Dosis und sonstigen Umst\u00e4nden wechselte.\nDas Ergebnis unserer neuen Versuchsserie ist also, da\u00df die H\u00f6he der Dosis, die Art der Narkose, begleitende Nebenumst\u00e4nde von erheblichem Einflu\u00df auf die Art der Blutdruekwirkung des Cholins sind; Dosen von etwa 1 mg pro Kilogramm wirken auch bei sicher nicht reinem Cholinchlorid nur blutdrucksenkend. Das Vorhandensein von Verunreinigungen ist aus dem Verlauf der Blutdruckkurve allein nicht zu erschlie\u00dfen. Wir m\u00fcssen daher bei unserer fr\u00fcher ge\u00e4u\u00dferten Ansicht bleiben, da\u00df die typische Wirkung des Cholins, d. h. kleiner, gut wirksamer Mengen, die Blutdrucksenkung ist, und da\u00df viel charakteristischer als die Wirkung des Cholins allein, die Umkehr der Wirkung aus Senkung in Steigerung ist, wie sie die Atropininjektion hervorbringt, ln diesem Sinne wird man auch Busquet und Pach on1) recht geben k\u00f6nnen, wenn sie bei Fehlen dieser Aufhebung der blutdrucksenkenden Wirkung des Cholins, also bei Bestehenbleiben einer Blutdrucksenkung nach Atropin annehmen, da\u00df in bestimmten Organextrakten ein mit dem Cholin nicht identisches, blutdrucksenkendes Prinzip vorhanden ist. Eine derartige Feststellung, ohne Isolierung der betreffenden Substanz, bezieht sich aber nur auf das von uns untersuchte \u00ab\u00c4thylcholin\u00bb. Denn andere Choline wirken durchaus nicht immer genau in der gleichen Weise.-\u00bb\nUnsere Feststellung, wonach nicht verschieden reine Pr\u00e4parate die Ursache der verschiedenen Resultate sind, hat die beste St\u00fctze durch Popielski gefunden. Es schien uns schlie\u00dflich der Wissenschaft wenig dienlich zu sein, durch immer wieder aufge-nommene Versuche Befunde zu erheben, denen von Popielski und seiner Schule doch widersprochen werden konnte. Der ein-\nl) Busquet und Pachon, Choline et Glandes hypotensives, und Choline et ovaire. C. H. Soc. de Biol., Bd. 68, S. 156 u. 223.\n*) Zentralbl. f. Physiologie, Bd. 24. S. 16, Hinweis auf \u00e4ltere Arbeiten von Hans Meyer.","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Wirkung des Cholins anf den Blutdruck\u2019 271\nfachste Weg, eine vollst\u00e4ndige Kl\u00e4rung der ganzen Fragestellung nach derBlutdruckwirkung des Cholins herbeizuf\u00fchren, war durch einen wechselseitigen Austausch der Cholinpr\u00e4p\u00e4rate gegeben. Wir wandten uns mit der Bitte an Herrn Popielski, uns von seinen reinen, den Blutdruck steigernden Pr\u00e4paraten etwas zu \u00fcbersenden, und wir erkl\u00e4rten uns bereit, unsere Pr\u00e4parate einzusenden. Es sollten dann gleichzeitig in Berlin und Lemberg die einzelnen Pr\u00e4parate gepr\u00fcft und die erhaltenen Resultate verglichen werden. Es mu\u00dfte dann ein leichtes sein, etwaige Differenzen aufzukl\u00e4ren. Herr Popielski konnte unserem Wunsche leider nur teilweise entsprechen. Er hat von uns \u00fcbersandte Pr\u00e4parate gepr\u00fcft. Sie stammten von Kahlbaum. Wir hielten sie bei der Absendung irrt\u00fcmlich f\u00fcr ganz frisch dargestellt. Um jeder Verunreinigung vorzubeugen, hatten wir das Cholinchlorhydrat in der Fabrik in Dosen von 0,1 g in R\u00f6hrchen einschmelzen lassen. Kahl b\u00e4um weigerte sich, R\u00f6hrchen aus braunem Glas zu ben\u00fctzen, weil dieses Zersetzungen bewirken soll. Sofort nach dem Eingang der R\u00f6hrchen ging ein Teil, ohne vorher auf Reinheit gepr\u00fcft zu sein, nach Lemberg ab. ein Teil wurde hier untersucht. Beim \u00d6ffnen einzelner R\u00f6hrchen ergab es sich nun, da\u00df, wie erw\u00e4hnt, einzelne Pr\u00e4parate sehr deutlich nach Trimethylamin rochen, andere waren frei von diesem Geruch. Auch Popielski hat festgestellt, da\u00df die ihm \u00fcbersandten Pr\u00e4parate in verschieden starkem Ma\u00dfe nach Trimethylamin rochen. Wir hatten somit beiderseits unreine Pr\u00e4parate in H\u00e4nden. Uns ergaben sie Blutdrucksenkung, Popielski erhielt mit diesen unreinen Pr\u00e4paraten Blutdruckerh\u00f6hung. Popielski* erh\u00e4lt somit nach Injektion von \u00abreinstem* Cholin und nach Verwendung von sicher unreinem Cholinchlorhydrat (Unreinheit festgestellt durch Geruchsprobe von Popielski und von uns) das gleiche Resultat, n\u00e4mlich Blutdrucksteigerung. Wir finden, gleichg\u00fcltig ob wir mit peinlichster Sorgfalt gereinigtes Cholinchlorhvdr\u00e4t ben\u00fctzen \u00ab\u2022der aber ein sicher unreines Pr\u00e4parat (Kahlb\u00e4umi verwenden, auch ein gleichartiges Resultat, n\u00e4mlich Blutdrucksenkung. Aus dieser Feststellung ergibt sich mit aller Deutlichkeit, da\u00df nicht die angewandten Pr\u00e4parate die Ursache der ver-","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"272 Abderhalden u. M\u00fcller, Wirkung des Cholins auf Blutdruck.\nschiedenartigen Resultate sind, sondern da\u00df die verwendete Dosis und die Art der Versuchsanordnung das- Kntscheidende ist. Um Mi\u00dfverst\u00e4ndnissen vorzubeugen, sei noch betont, da\u00df das unreine Cholinpr\u00e4parat von Kahlhaum, wie aus der Darstellung des Platinsalzes hervorging, nur geringe Verunreinigungen enthielt. Selbstverst\u00e4ndlich wird man stets darauf zu achten haben, da\u00df Versuchen mit Cholin nur ganz reine Pr\u00e4parate zugrunde liegen d\u00fcrfen. In unserem Falle hatte uns das unbedingte Vertrauen zu den Pr\u00e4paraten Kahlbaums einen Streich gespielt, der jedoch insofern von Nutzen geworden ist, als die mit ihm erhaltenen Resultate mit voller Deutlichkeit gezeigt haben, wo die Differenzen zwischen den Refunden Popielskis und den unseren zu suchen sind.","page":272}],"identifier":"lit19338","issued":"1911","language":"de","pages":"253-272","startpages":"253","title":"Weitere Beitr\u00e4ge \u00fcber die Wirkung des Cholins (Cholinchlorhydrat) auf den Blutdruck","type":"Journal Article","volume":"74"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:40:37.808478+00:00"}