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{"created":"2022-01-31T14:11:21.862429+00:00","id":"lit19344","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"London, E. S.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 74: 301-304","fulltext":[{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"Ein Reversionsph\u00e4nomen bei Darmsafteinwirkung auf Caseinverdauungsprodukte.\nVon\nE. S. London,\n(Aus dem pathologischen Laboratorium des K. Institutes f\u00fcr e*p. Medizin zu St. Petersburg.) (Der Redaktion zugegangen am 27. Juli 1911.)\nLetzthin hatte ich mehrfach Gelegenheit, folgende Erscheinung zu beobachten: Verf\u00fcttert man an einen Darmtistelhund Casein und entnimmt man ihm durch die Fistel Chymus und l\u00e4\u00dft unter Zusatz von Toluol, Chloroform oder Thymol bei 37\u00b0 C. stehen, so nimmt nach 12\u201436 Stunden der Chymus gallertige Konsistenz an. Nach mehreren Tagen aber beginnt die Gallerte sich zu verfl\u00fcssigen und verwandelt sich im Laufe einiger Wochen wieder in eine bewegliche dunkelbraune, durchsichtige Fl\u00fcssigkeit. Bei Verf\u00fctterung anderer Eiwei\u00dfsubstanzen tritt diese Erscheinung nicht zutage.\nUm, bei der komplizierten Beschaffenheit des Darmchymus, der beobachteten Erscheinung n\u00e4her zu treten, wurde eine Reihe mannigfaltiger Versuche gemacht, die zu der Erkenntnis gef\u00fchrt haben, da\u00df der Proze\u00df der Gallertbildung und der Wiederverfl\u00fcssigung sich in den Verdauungsprodukten des Caseins unter dem Einflu\u00df des Darmsaftes abspielt.\nVersuchsanordnung : Der aus der Darmfistel, gleichg\u00fcltig aus welchem Darmabschnitt, gewonnene Chymus wird je nach Bedarf mit Essigs\u00e4ure oder Soda neutralisiert, mit Essigs\u00e4ure leicht anges\u00e4uert, von koagulierbaren Substanzen durch hei\u00dfen Wasserdampf befreit und filtriert. Das Filtrat wird mit Soda alkalisch gemacht und unter Chloroform- oder Thymolzusatz aufbewahrt. Zu dieser Fl\u00fcssigkeit wird spontan aus einer Thiry-Fistel ausflie\u00dfender filtrierter Darmsaft zugesetzt und nach Zugabe von Chloroform oder Thymol im Brutschrank bei 38\u201439\u00b0 C. stehen gelassen.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXX1V.\n21","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"302\nE. S. London.\nVon den zahlreichen Versuchen, die von mir bisher angestellt worden sind, will ich nur einige typische anf\u00fchren.\nVersuch I. Den 16. V. 1911 wurden 2 Proben zu je 1 ccm Jcjunumchymusfiltrat mit N-Gehalt= 11,2 mg entnommen. Dem einen Reagenzglas wurde 0,25 ccm Darmsaft zugesetzt, dem anderen dieselbe Quantit\u00e4t desselben Saftes, der aber vorher mehrere Minuten siedendem Wasser ausgesetzt war. Im Thermostaten bei 38n C. trat in der ersten Probe am 19. V. Eindickung ein und am 20. V. vollkommene Gallertbildung. Die zweite Probe ist noch jetzt (10. VIII.) fl\u00fcssig, wie zu ]jeginn des Versuches.\nAus diesem Versuch ist folgender Schlu\u00df zu ziehen:\n1.\tDas Festwerden der Gaseinverdauungsprodukte unter der Einwirkung von Darmsaft ist eine Fermentwirkung.\nVersuch II. Den 15. V. wurden 6 Reagenzgl\u00e4ser mit einer Mischung von je 1 ccm L\u00f6sung der Caseinverdauungsprodukte des Ileum (N = 11,2 mg) und einer abnehmenden Quantit\u00e4t Darmsaft von 0,6\u20140,4\u20140,2\u20140,1\u20140,05 ccm in den Thermostaten gestellt. Das Festwerden der Mischung erfolgte allm\u00e4hlich, nach Zeitr\u00e4umen, die der Abnahme des Gehaltes an Darmsaft entsprechen ; nach 12\u201418 -40 Stunden. Die gewonnenen Zahlen erlauben folgenden Schlu\u00df:\n2.\tDie Geschwindigkeit der Gallertbildung steht in gewissem Zusammenhang mit der Quantit\u00e4t des beigemischten Darmsaftes.\nVersuch III. Eine analoge Versuchsreihe mit dem Sekret einer nach Thiry-Vella isolierten Mitteldarmschlinge gab im allgemeinen dasselbe Resultat wie der vorhergehende Versuch.\nVersuch IV. Den 13. V. wurden in den Thermostaten 3 Paare Reagenzgl\u00e4ser gestellt. Alle Reagenzgl\u00e4ser enthielten je 1 ccm Jejunumchymusl\u00f6sung mit N-Gehalt = 18,2 mg und Alkalescenz = n/To. Das eine Paar Reagenzgl\u00e4ser wurde darauf mit 0,15 ccm Sodal\u00f6sung (n/->), das zweite Paar mit 0,1 ccm und das dritte mit 0,05 ccm Sodal\u00f6sung beschickt. Je einem Reagenzglase von jedem Paar wurde endlich 0,1 ccm Darmsaft","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"l'ber Darmsafteimvirkunj; auf Caseinverdauungsprodukle 303\nbeigemischt. Versuchsresultat: Gallertbildung trat nur in denjenigen Reagenzgl\u00e4sern ein, die Darmsaft enthielten,'wobei der Vorgang um so schneller verlief, je gr\u00f6\u00dfer die zugef\u00fcgte Sodamenge war. Das Festwerden des Gemisches wurde beobachtet bei 0,15 ccm Sodal\u00f6sung nach 36 Stunden, bei 0,1 nach. 2\t21\nund bei 0,05 nach 3 X 24 Stunden. Hieraus folgt der Schlu\u00df :\n3.\tKohlensaures Natron f\u00f6rdert die Gallertbild u llg.\nVersuch V. Den 17. V. wurden 2 Droben von je 10 ccm .lejunumchymusl\u00f6sung mit 0,182 g N und lleumehymusl\u00f6sung mit 0,112 g N gemischt mit je 0,5 Darmsaft angesetzt. Sofort nach Herstellung der Mischung und nach verschieden gro\u00dfen Zeitr\u00e4umen wurde der Amid-N nach Sorensen titriert. Dabei wurden folgende Zahlen gefunden: t ccm: sofort\u20144,70. und 3,64 mg Amid-N; nach 21 Stunden\u20145,46 und 3,86, nach 3X24: 6,70 und 4,10: nach 4 ;\u2022 24 (Gallertebildung): 6,96 und 4,56. Hieraus folgt der Schlu\u00df:\n4.\tDie Gallertbildung geht parallel dem Spaltungsprozesse der Deptidbindungen.\nDer Versuch 11 war unterdessen fortgesetzt worden und die Gemische blieben im Thermostaten stehen vom 13. V. Schon den 17. V. wurde im Reagenzglas mit dem h\u00f6chsten Gehalt an Darmsaft (0,6) das Eintreten einer Verfl\u00fcssigung der Mischung beobachtet, ln den \u00fcbrigen Reagenzgl\u00e4sern trat die Verfl\u00fcssigung nach l\u00e4ngeren Zeitr\u00e4umen auf, entsprechend der Abnahme des Gehaltes der Mischung an Darmsaft.\nIn Versuch IV wurden die Proben am 17. V. aus dem\ni\nRrutsehrank herausgenommen und bei Zimmertemperatur stehen gelassen. In denjenigen, die den geringsten Sodagehalt aufwiesen, trat am 19. V. Verfl\u00fcssigung ein. Die \u00fcbrigen 2 Proben\n\u00ab\nblieben in gallertigem Zustande. (22. VII.)\nEin spezieller Versuch wurde mit lleumcaseinprodukten und Darmsaft am 1. V. gemacht. Festwerden des Gemisches trat am 6. V. ein. Von demselben Tage an wurde die Gallerte bei Zimmertemperatur stehen gelassen und nach einigen Tagen trat Verfl\u00fcssigung ein. Am 11. V. war die Verfl\u00fcssigung vollst\u00e4ndig. Das Gemisch wurde wieder in den Thermostaten","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304\nE. S. London, \u00dcber'Darmsafteinwirkung usw.\ngebracht und am 18. V. bildete sich von neuem ein gallertiger Zustand aus. Bei Zimmertemperatur trat am 30. V. wieder vollst\u00e4ndige Verfl\u00fcssigung ein. Aus diesem Versuch l\u00e4\u00dft sich vorl\u00e4ufig nur folgender Schlu\u00df ziehen:\n5. Die durch Einwirkung von Darmsaft auf die Produkte der Darmverdauung des Caseins entstandene Gallerte kann allein durch \u00e4u\u00dfere Einfl\u00fcsse wiederholt zur Verfl\u00fcssigung und zum Festwerden veranla\u00dft werden. Die Zustands\u00e4nderung kann unter Umst\u00e4nden sich in derselben Probe mehrmals wiederholen.\nv Durch diese Beobachtungen werden viele Fragen aufgeworfen, zu deren Kl\u00e4rung weitere Untersuchungen erforder-lich'sind.\nEs sei \u00fcbrigens noch darauf hingewiesen, da\u00df das geschilderte Ph\u00e4nomen viel \u00c4hnliches mit der Plasteinreaktion Danilewskys hat. Mit dem Darmsaft gelingt aber nicht die gew\u00f6hnliche Plasteinreaktion, wie das z. B. mit dem Magensaft, Pankreassaft oder verschiedenen Organausz\u00fcgen leicht auszuf\u00fchren ist. Au\u00dferdem spielt sich das Ph\u00e4nomen, wie besondere Versuche mir gezeigt haben, in ganz verd\u00fcnnten L\u00f6sungen ab, was bei der Plasteinreaktion gew\u00f6hnlich nicht der Fall ist. Weiter verl\u00e4uft die Plasteinreaktion am besten bei saurer Reaktion des Mediums. Die Caseinreaktion mit Darmsaft kommt bei saurer Reaktion des Mediums gar nicht zustande. Endlich nimmt der Amid-N nach Henriques und Gjaldb\u00e4ck1) bei der Plasteinreaktion ab, w\u00e4chst dagegen bei der beschriebenen Reaktion an.\nDiese Zeitschrift, Bd. 71, S. 485.","page":304}],"identifier":"lit19344","issued":"1911","language":"de","pages":"301-304","startpages":"301","title":"Ein Reversionsph\u00e4nomen bei Darmsafteinwirkung auf Caseinverdauungsprodukte","type":"Journal Article","volume":"74"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:11:21.862435+00:00"}