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{"created":"2022-01-31T16:43:46.548336+00:00","id":"lit19422","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Cohnheim, Otto","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 76: 298-313","fulltext":[{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Gaswechsel von Tieren mit glatter und quergestreifter\nMuskulatur.\nVon\nOtto Cohnheim.\n(Aus dem physiologischen Institut Heidelberg und dem physiologisch-chemischen Laboratorium der zoologischen Station zu Neapel.)\n(Der Redaktion zngegangen am 29. November 1911.)\nIm Jahre 1910 haben Pletnew und ich1) \u00fcber Versuche an glatten Muskeln berichtet. Wir untersuchten damals den Gaswechsel der Muskulatur des Katzend\u00fcnndarms bei ungef\u00e4hr normaler Bewegung und fanden, da\u00df 100 g Muskeln in der Stunde 50\u201460 mg Sauerstoff verbrauchten und eine entsprechende Menge von Kohlens\u00e4ure produzierten. Die Magenmuskulatur, die wir ebenfalls untersuchten, f\u00fchrt st\u00e4rkere Bewegungen aus und ihr Gaswechsel ist dementsprechend ungef\u00e4hr doppelt so gro\u00df. Ich habe nun versucht, in derselben Weise auch quergestreifte Muskeln, Skelettmuskeln in bezug auf ihren Gaswechsel zu studieren. Die Schwierigkeit liegt hierbei nicht sowohl darin, den Muskel in isoliertem Zustande arbeiten zu lassen, was ja beim Kaltbl\u00fcter, aber auch beim Warmbl\u00fcter leicht m\u00f6glich ist. Sie liegt vielmehr darin, die richtige Innervation der Muskeln zu erhalten. Bekanntlich liegen eine gro\u00dfe Anzahl von Untersuchungen vor, in denen der Gaswechsel und der Energiewechsel des Froschmuskels untersucht wurde, indessen waren diese Muskeln immer von ihrem Zentrum abgetrennt und wir wissen heute, insbesondere durch die Ausf\u00fchrungen von v. Uexk\u00fcll,2) da\u00df man unter solchen Umst\u00e4nden nicht mehr mit normalen Verh\u00e4ltnissen rechnen kann. Vor allem ist es, wenn das Zentrum entfernt ist, nicht m\u00f6glich, zwischen Spannung und\n*) 0- Cohnheim und D. Pletnew, Diese Zeitschrift, Bd. 69, S. 96 bis 107, 1910.\n*) A. Noyons und J. v. Uexk\u00fcll, Zeitschrift f. Biologie. Bd. 56. S. 199, 1911.","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Gaswechsel von Tieren.\t299\nVerk\u00fcrzung zu unterscheiden; der in der Regel angewandte elektrische Reiz auf den Nerven ver\u00e4ndert sowohl die L\u00e4nge wie die Spannung des Muskels, w\u00e4hrend bei der nat\u00fcrlichen Innervation L\u00e4nge und Spannung unabh\u00e4ngig voneinander variieren k\u00f6nnen.\nIch habe daher folgendes versucht. Wie ich fr\u00fcher beschrieben habe, ist es bei dem Darm leicht m\u00f6glich, Sauerstoff in die Arterie einzuleiten und durch die Gef\u00e4\u00dfe des Organs str\u00f6men zu lassen. Ich habe dasselbe am quergestreiften Muskel versucht, den ich im Tier lie\u00df, soda\u00df durch seine Blutgef\u00e4\u00dfe hindurch Sauerstoff str\u00f6mte, dessen Verminderung gemessen werden konnte, w\u00e4hrend der Muskel durch seinen Nerven mit dem Zentralnervensystem des Tieres in normaler Weise in Verbindung stand. Ich habe zun\u00e4chst an den hinteren Extremit\u00e4ten von Katzen gearbeitet, indem ich Kan\u00fclen in die Arteria und Vena femoralis einf\u00fchrte, beide mit dem Respirationsapparat verband und auf diese Weise Sauerstoff durch die Blutgef\u00e4\u00dfe eines ganzen Hinterbeines leitete. Au\u00dferdem habe ich einzelne Muskeln genommen, von denen besonders der Mus-culus rectus abdominis sich durch seine bequeme Blutversorgung zu derartigen Versuchen zu eignen schien. Aber auch mit einzelnen Oberschenkelmuskeln und mit dem Musculus gastrocnemius habe ich experimentiert. Diese Versuche sind indessen s\u00e4mtlich gescheitert, und nicht, wie ich anfangs glaubte, an der Schwierigkeit, das Eindringen von Blut durch Kollateralen in das betreffende Gebiet zu verh\u00fcten. Es ist vielmehr an sich anscheinend unm\u00f6glich, l\u00e4ngere Zeit hindurch Sauerstoff durch die Muskelgef\u00e4\u00dfe zu leiten. Nach wenigen Minuten beginnt der Widerstand in den Gef\u00e4\u00dfen zu steigen und erreicht in kurzem eine solche H\u00f6he, da\u00df er nur durch einen sehr hohen Druck \u00fcberwunden werden kann, dem schlie\u00dflich die Gef\u00e4\u00dfe nicht mehr standhalten. Brauchbare Versuche habe ich auf diese Weise nicht zustande bekommen. Worauf die Verschiedenheit der Muskelkapillaren und der Kapillaren des Darms und des Herzens beruht, die so leicht mit Gas zu durchstr\u00f6men sind, vermag ich nicht zu sagen.\nIch bin dann dazu \u00fcbergegangen, an ganzen Tieren zu arbeiten, und habe bei einer Anzahl von Meerestieren den Gas-","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\nOtto Cohnheim,\nWechsel untersucht, von denen ich solche mit glatten Muskeln und solche mit quergestreiften Muskeln zu vergleichen suchte.\nIch hoffte, da\u00df es auf diese Weise m\u00f6glich sein w\u00fcrde, etwa vorhandene, durchgreifende Unterschiede zwischen glatten und quergestreiften Muskeln zq erkennen. Es schien mir au\u00dferdem w\u00fcnschenswert, bei einer Reihe von Wirbellosen ganz verschiedener Klassen den Gaswechsel zu untersuchen, da wir ihn bei derartigen Tieren im allgemeinen noch recht wenig kennen. Es liegt eigentlich nur eine gr\u00f6\u00dfere Arbeit \u00fcber den Gaswechsel von Wirbellosen vor, von Vernon1) und gegen diese lassen sich gewisse methodische Bedenken, die besonders die Kohlen-s\u00e4\u00fcrebestimmung betreffen, nicht unterdr\u00fccken. Einzelne Bestimmungen linden sich in einer Untersuchung von Henze.2) Weiterhin hoffte ich und es best\u00e4tigte sich, da\u00df sich unter den Meerestieren mit glatter Muskulatur eines finden w\u00fcrde, an dem die Frage nach der Dauerkontraktion von glatten Muskeln erneut bearbeitet werden k\u00f6nne. Diese Frage ist ja von Be the angeschnitten worden, der im Jahre 1903 die Vermutung aussprach,3) da\u00df bei der Dauerkontraktion der glatten Muskeln gar kein Energieaufwand erfordert w\u00fcrde. Ich habe mich auf Grund von Beobachtungen am Darm s. Zt. gegen diese Vermutung ausgesprochen,4) mu\u00dfte mich aber dann \u00fcberzeugen, da\u00df meine damaligen Versuche keine Beweiskraft hatten.5) Inzwischen hat Be the sich auf Grund eigener Versuche an Aplysia und auf Grund der Versuche von Parnas6) erneut in dem Sinne ge\u00e4u\u00dfert, da\u00df bei den sogenannten Tonusmuskeln, die f\u00fcr gew\u00f6hnlich keine raschen Bewegungen ausf\u00fchrten, sondern dauernd kontrahiert blieben, diese Kontraktion ohne Energieaufwand erfolge.7) Es schien mir indessen, da\u00df die Versuche von Parnas an den Schlie\u00dfmuskeln der Muscheln\nV) H. M. Vernon, Journal of Phys., Bd. 19, S. 18, 1895.\n*) M. Henze, Biochem. Zeitschr., Bd. 26, S. 255, 1910.\n') A. Bethe, Allg. Anat. u. Phys., 1903, S. 866.\n4) 0. Cohnheim, Diese Zeitschrift, Bd. 54, S. 461, 1908.\n:\u2019) 0. (lohn heim und D. Piet new, Diese Zeitschrift, Bd. 69. S. 106. 1910.\n\u2022) J. Parnas, Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. 184, S. 441, 1910.\n;) A. Bethe. Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. 142, S. 291, 1911.","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Gaswechsel von Tieren.\t301\n#\num deswillen keine Verallgemeinerung vertr\u00fcgen, weil hier ein ganz eigenartiger Fall vorliegt, der sonst in der Tierreihe nicht verwirklicht ist. Die Schalen der Muscheln werden bekanntlich durch zwei Muskeln miteinander verbunden, von denen der eine die Schalen bewegt und der andere sie geschlossen h\u00e4lt. Diesen letzteren hat Farn as untersucht und an ihm keinen Unterschied im Gaswechsel gefunden, gleichg\u00fcltig ob er die Muscheln sich selbst \u00fcberlie\u00df, soda\u00df der Muskel nur gegen das Halteband arbeitete, oder ob er ihm noch ein erhebliches Gewicht zu tragen gab. Da\u00df es sich bei diesem Schlie\u00dfmuskel der Muscheln um ganz besondere Verh\u00e4ltnisse handelt, ist von U e x k \u00fc 11 und Noyons eingehend auseinandergesetzt worden. Das Entscheidende ist, da\u00df der Schlie\u00dfmuskel der Muscheln im Gegens\u00e4tze zu den anderen Muskeln sich nicht entspannt, wenn man ihm die Last abnimmt. Es fehlt bei ihm die Beziehung zwischen Last und Spannung, und das kommt in Parnas\u2019 Versuchen zum Ausdruck. Gegen die Versuche von Bethe an der Aplysia lie\u00df sich der Einwand machen, da\u00df bei ihnen der Muskel zwar verschiedene L\u00e4ngen zeigte, da\u00df aber weniger deutlich war, wie sich die Spannung der Muskeln verh\u00e4lt. Wir wissen aber sonst von dem quergestreiften Muskel, da\u00df es f\u00fcr die Gr\u00f6\u00dfe des Gaswechsels haupts\u00e4chlich , auf die Spannung ankommt. Es erschien w\u00fcnschenswert, glatte Tonusmuskeln auch bei verschiedener Spannung zu untersuchen.\nDie Versuche sind im M\u00e4rz und April in dem physiologisch-chemischen Laboratorium der zoologischen Station zu Neapel gemacht worden. Ich danke den Herren der Station, insbesondere Herrn Dr. Henze und Herrn Dr. C\u00e9rutti aufs herzlichste f\u00fcr ihre liebensw\u00fcrdige und tatkr\u00e4ftige Hilfe. Der Aufenthalt in Neapel wurde mir durch eine Zuwendung der medizinischen Fakult\u00e4t Heidelberg aus der Walther Erb-Stiftung und eine weitere Zuwendung der Heidelberger Akademie der Wissenschaften erm\u00f6glicht.\nZu den Versuchen diente mir der fr\u00fcher beschriebene Respirationsapparat,1) bei dem Sauerstol\u00ee und Kohlens\u00e4ure gleichzeitig bestimmt werden, w\u00e4hrend ein bestimmtes Luft-\n*) 0. Cohnheim, Diese Zeitschrift, Bd. 69, S. 89, 1910.","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"302\tOtto Cohnheim,\nquantum durch den Apparat kreist. Der Apparat wurde bei diesen Versuchen mit Sauerstoff gef\u00fcllt, damit unter allen Umst\u00e4nden die g\u00fcnstigsten Bedingungen f\u00fcr die Sauerstoffversorgung der Tiere gewahrt waren. Henze hat gezeigt, da\u00df es Seetiere gibt, bei denen eine Verminderung des Sauerstoffs in dem Seewasser die Atmung merklich herabsetzt. Herr Professor Fr\u00e9d\u00e9ricq, der gleichzeitig mit mir in Neapel war, hat in einem meiner Versuche an Sipunculus den Sauerstoffgehalt des Seewassers, das in dem Apparate war, und den Sauerstoffgehalt der Leibesh\u00f6hlenfl\u00fcssigkeit des Tieres bestimmt.\nEr fand, im Seewasser 53 und 56\u00b0/o Atm. 02 in der Leibesh\u00f6hlenfl\u00fcssigkeit\t48\u00b0/o\t\u00bb\t*\nDie Zahl ist ein Beweis f\u00fcr den raschen Sauerstoffaustausch durch die Leibeswand des Sipunculus hindurch. Die Sauerstoffbestimmung beruht bei meinem Respirationsapparate darauf, da\u00df die Verminderung des Volumens des in dem Apparat befindlichen Gasquantums gemessen wird; Da es sich bei den Seetieren um sehr kleine absolute Mengen handelte, mu\u00dfte sehr sorgf\u00e4ltig darauf gesehen werden, da\u00df die Temperatur in dem Apparat konstant war. Ich wollte die Temperatur nicht wesentlich \u00fcber die des Aquariumwassers steigern, weil das f\u00fcr manche der Tiere sch\u00e4digend h\u00e4tte wirken k\u00f6nnen, und habe daher das Versuchsgef\u00e4\u00df und die zur Wasserabsorption dienenden Gef\u00e4\u00dfe in ein gro\u00dfes Gef\u00e4\u00df mit Wasser von Zimmertemperatur gesetzt, das durch Zugie\u00dfen von warmem und kaltem Wasser sorgf\u00e4ltig auf gleicher Temperatur gehalten wurde.\nVon besonderem Interesse war die Bestimmung der Kohlens\u00e4ure, die bisher bekanntlich ein Schmerzenskind bei See-wasseranalvsen ist. Die Schwierigkeit liegt ja in dem hohen Gehalte des Seewassers an Bicarbonat. Die Kohlens\u00e4urebestimmung bei meinem Apparat beruht darauf, da\u00df kohlens\u00e4urefreier Sauerstoff durch die Fl\u00fcssigkeit geleitet wird, dann an Schwefels\u00e4ure sein Wasser und an trockenen Natronkalk seine Kohlens\u00e4ure abgibt. Ich hatte mich nun schon fr\u00fcher \u00fcberzeugt, da\u00df dieses Verfahren bei der Ringerschen L\u00f6sung, die ja ebenfalls Bicarbonat enth\u00e4lt, anwendbar ist. Und ich habe durch eine Reihe von Versuchen festgestellt, da\u00df es auch bei","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Gaswechsel von Tieren.\n803\nSeewasser richtige Werte liefert. Wenn man Sauerstoff durch Seewasser 1 Stunde hindurchleitet, so bildet sich f\u00fcr eine bestimmte Temperatur ein Gleichgewichtszustand heraus, und wenn man den Sauerstoff dann noch mehrere Stunden durch das Seewasser im raschen Strome hindurchjagt, so geht keine Kohlens\u00e4ure mehr \u00fcber. Das Gewicht der Natronkalk- und Schwefels\u00e4urer\u00f6hrchen \u00e4ndert sich nicht. F\u00fcgt man hingegen der Fl\u00fcssigkeit Kohlens\u00e4ure hinzu, so steigt deren Gewicht an. Es ist also m\u00f6glich, das von einem Tiere im Seewasser produzierte Kohlens\u00e4urequantum zu bestimmen. Bei den fr\u00fcheren Versuchen habe ich nach Beendigung der Versuchszeit und nach erfolgter Bestimmung des Sauerstoffs das Organ aus der Fl\u00fcssigkeit herausgenommen und dann den Apparat noch 1 Stunde laufen lassen, um die in der Fl\u00fcssigkeit noch absorbierte Kohlens\u00e4ure \u00fcberzutreiben. In Neapel bin ich nur bei den Versuchen mit Sipunculus ebenso verfahren. Bei \u00abvielen der anderen Versuche w\u00e4re das nicht gut ang\u00e4ngig gewesen, weil es schwierig gewesen w\u00e4re, die Versuchstiere, deren ich meist eine ganze Menge anwendete, schnell aus der Fl\u00fcssigkeit herauszubekommen. Ich bin deshalb folgenderma\u00dfen verfahren. Die Tiere kamen in das Versuchsgef\u00e4\u00df und in diesem befand sich Seewasser, das schon vorher durch einen Strom von kohlens\u00e4urefreier Luft gel\u00fcftet war. Dann begann eine Vorperiode von mindestens 1 Stunde, in der Regel etwas mehr, w\u00e4hrend deren die Kohlens\u00e4ure bereits absorbiert wurde. Am Schl\u00fcsse dieser Vorperiode mu\u00dfte sich ein Gleichgewichtszustand eingestellt haben, der dem Seewasser + den in ihm befindlichen Tieren entsprach. Au\u00dferdem mu\u00dfte das Seewasser mit Sicherheit mit Sauerstoff ges\u00e4ttigt sein. Zu Beginn des eigentlichen Versuches wurde das gewogene R\u00f6hrchen zur Kohlens\u00e4ureabsorption eingeschaltet und am Manometer das Volumen abgelesen. Der Versuch lief nun eine bestimmte Zeit und wurde nach dieser abgebrochen. Es mu\u00dfte sich jetzt noch eine gewisse Kohlens\u00e4uremenge absorbiert in der Fl\u00fcssigkeit befinden, aber diese mu\u00dfte derjenigen Kohlens\u00e4uremenge gleich sein, die sich bei Beginn des Hauptversuches in der Fl\u00fcssigkeit absorbiert fand, vorausgesetzt nat\u00fcrlich gleichm\u00e4\u00dfiges Verhalten","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"Otto Cohnheim,\nm\nt*\nder Tiere, auf das immer geachtet wurde. Die Genauigkeit der Sauerstoff- und Kohlens\u00e4urebestimmungen betr\u00e4gt etwa mg.\nVersuche an Krebsen.\nAls Typus von Tieren mit quergestreifter, schnell beweglicher Muskulatur wurde der Krebs Palaemon serratus gew\u00e4hlt, an dem 7 Versuche glatt durchgef\u00fchrt werden konnten.\n\tZahl\tGew. g\tTemp.\tZeit\tmg 0,\t1 8 *e\tPro 100 g und Stunde mg 02 1 mg CO*\t\tR.-Q.\n1.\t\u00df\t30\t16\u00b0\t150'\t10,5\t13,9\t14,2\t18,5\t0,95\n2.\t8\t50\t15V\t45'\t6,6\t8,1\t17,6\t21,6\t0,9\n3.\t8\t40\t17 V\u00bb0\t145'\t17,0\t17,3\t17,6\t17,9\t0,74\n4.\tJ\t5\t15\u00b0\t240'\t3,6\t3,0\t18\t15.\t\u2014\n5.\t14\t30\t16\u00b0\t90'\t\t11,9\t\u2014\t27\t\u2014\n6.\tu\t30\tl\u00df\u00b0\t217'\t16,1\t\u2022 \u2014\t15\t\u2014\t\u2014\n7.\t8\t47\t13\u00b0\t180'\t26,3\t32,4\t18,7\t23,0\t0,89\nW\u00e4hrend der Vorperiode waren die Tiere sehr unruhig, offenbar wegen des rhythmischen Durchstr\u00f6mens des Sauerstoffs, das in gro\u00dfen Blasen erfolgte. Nach einiger Zeit beruhigten sie sich indessen und hielten sich in der Regel ohne st\u00e4rkere Bewegungen im Wasser schwebend. An F\u00fchlern und Beinen sah man Bewegungen. Die ersten beiden Versuche sind an Tieren gemacht worden, die reichlich mit Fischfleisch gef\u00fcttert waren und deren Magen sichtbar gef\u00fcllt war, Versuch 3 ist an Tieren gemacht worden, die seit mehreren Tagen hungerten, und deren Magen nichts enthielt. Von gro\u00dfem Interesse ist der Vergleich der respiratorischen Quotienten in diesen drei Versuchen. Bei den gef\u00fctterten Tieren ist er hoch (0,9 und 0,95), bei den Hungertieren betr\u00e4gt er nur 0,74. Diese Krebse verhalten sich also in bezug auf ihren Gas Wechsel gerade so wie die h\u00f6heren Tiere. In Versuch 4 betr\u00e4gt der respiratorische Quotient 0,6; doch ist bei den sehr kleinen absoluten Zahlen darauf wohl kein Wert zu legen. In Versuch 7 ist \u00fcber den Ern\u00e4hrungszustand nichts bekannt. Versuch 5 und 6 sind an den gleichen Tieren unmittelbar hintereinander angestellt worden. In Versuch 5, bei dem die Sauerstoffbestimmung","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Gaswechsel von Tieren.\t305\nleider mi\u00dfgl\u00fcckte, ist der Kohlens\u00e4urewert h\u00f6her als in allen anderen Versuchen. Es liegt nahe, das darauf zuriickzuf\u00fchren, da\u00df es sich um sehr kleine Tiere handelt. Doch entspricht dem Versuch 6 nicht. Man wird aus dem einzelnen Versuch nichts schlie\u00dfen d\u00fcrfen.\nIch habe ferner an einer anderen Krebsart, art Carcinus maenas, 2 Versuche mit je 2 Tieren angestellt. Dieselben Tiere dienten zu beiden Versuchen; \u00fcber den Ern\u00e4hrungszustand kann ich nichts Sicheres aussagen. Die Tiere sa\u00dfen w\u00e4hrend des Versuchs still mit eingezogenen Beinen.\n! Zahl\tGew.\tTemp.\tt Zeit\tmg 0,\u2018\tmg COa\tPro 100 g und Stunde\t\tR.-Q.\nj\tg\t\t\t\t\tmg 0,\tmg CO*\t\n8.! 2 i\t56\t16\u00b0\t75'\t6,5\t12,0\t7.4\t17,1\t1,34\n9. ! 2\t56\t16 V*\u00b0\t\u00abO'\t8,5\t13,8\t10,1\t16,4\t1,18\nDer Stoffwechsel ist von der gleichen Gr\u00f6\u00dfenanordnung; pro 100 g berechnet ist der Sauerstoffverbrauch merklich kleiner. Ob das nur damit zusammenh\u00e4ngt, da\u00df die Tiere gr\u00f6\u00dfer sind, oder ob die Langsamkeit der Tiere gegen\u00fcber den schnell beweglichen Palaemon in Betracht kommt, ist kaum zu entscheiden, auch \u00fcber die Ursache des hohen respiratorischen Ouotienten vermag ich keine Angabe zu machen.\nVersuche an Mollusken.\nIch lasse zun\u00e4chst 2 Versuche an Cephalopoden folgen, Kledone moschata. Die Muskeln dieser Tiere werden zu den glatten gerechnet, die Tiere sind aber so schnell beweglich, wie die Arthropoden oder Wirbeltiere, auch haben sie ein durchaus zentralisiertes Nervensystem. Es handelte sich um .junge Tiere, die nicht gefressen^ hatten.\n\tZahl\tGew. g\tTemp.\tZeit\tmg 0*\tmg CO,\tPro 100 g und Stunde mg\tj. mg \u2019CO,\t\tR.-Q.\n10.\t2\t20\t15\u00b0\t90'\t9,7\t\u2014\t32,3\t. \u2022 \u2014\u2014\t\n11.\t4\t55\t13 '/4\u00ab\t112'\t19,0\t15,3\t18,5\t15\t0,6\nDie Tiere sa\u00dfen still, trotzdem ist der Umsatz relativ hoch, besonders in dem ersten Versuche; wahrscheinlich h\u00e4ngt","page":305},{"file":"p0306.txt","language":"de","ocr_de":"306\nOtto Cohnheim,\ndas mit der allgemein hohen Organisation der Tiere zusammen. Der respiratorische Quotient ist in dem einen Versuche 0,6.\nDem gleichen Typus wie die Gephalopoden geh\u00f6ren die Schnecken an, sie unterscheiden sich aber durch ihre viel geringere Beweglichkeit und die im ganzen offenbar niedere Organisation. Ich habe an der in Neapel sehr h\u00e4ufigen Nacktschnecke, Aplysia limacina, experimentiert; nur Versuch 18 und 19 sind an Aplysia punctata angestellt worden, die sich wohl nicht anders verh\u00e4lt. An ihr hat Bet he seine Versuche gemacht.\n\tZahl\tGew. g\tTemp.\tZeit\tmg 0*\tmg CO,\tPro 100 g und Stunde mg 0, | mg CO,\t\tR.-Q.\n12.\t1\t215\t16\u00ae\t120'\t13,0\t16,0\t3,0\t3,6\t0,KH\n13.\t1\t215\t15 V*\u00b0\t330'\t45(?)\u2018)\t31,5\t3,8\t2,7\t\u2014\n14.\t1\t\u2014\t141/\u00ab0\t84'\t11,7\t8,0\t3,7\t2,7\t0.5\n15.\t1\t665\t13\u00b0\t95'\t39,2\t33,4\t3,7\t3,2\t0,64\n16.\t1\t436\t14\u00ab\t37'\t14,6\t18,6\t5,4\t6,9\t1,07\n17.\t1\t915\t13\u00b0\t60'\t27,4\t41,5\t3,0\t4,5\t1.1\n18.\t2\t86\t13\u00ae\t60'\t\u2014\t11,1\t\u2014\t13\t\u2014\n19.\t2\t75\t15 */*0\t45'\t\u2014\t8,8\t\u2014\t15,6\t\u2014 \u25a0\n. Die Versuche 12\u201414 sind an ein und demselben Tier angestellt worden, das schon seit einiger Zeit im Aquarium lebte und w\u00e4hrend der Versuche 12 und 13 Eier legte. Nach Versuch 13 wurde das Tier in der von Bethe und Jordan') angegebenen Weise seiner Ganglien beraubt. Versuch 14 wurde 4 Tage sp\u00e4ter vorgenommen. Ich habe nur diesen einen Versuch an einer operierten Aplysia gemacht, da ich unterdessen erfuhr, da\u00df Bethe entsprechende Versuche gemacht habe. Er best\u00e4tigt Bethes Angaben, da\u00df durch die starke Verk\u00fcrzung der Muskeln keine Steigerung des Gas Wechsels bei Aplysia ein-tritt. Auch sonst stimmen meine Zahlen mit denen von Bethe gut \u00fcberein. Die Zahlen sind viel niedriger als bei den Cephalo-poden und den Krebsen, doch wird man das kaum mit der Art der Muskeln in direkte Beziehung bringen k\u00f6nnen, es h\u00e4ngt\n*) Die Bestimmung ist vermutlich etwas zu hoch.\n*) H. Jordan, Zeitschrift f. Biologie, Bd. 41, S. 196, 1901.","page":306},{"file":"p0307.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Gaswechsel von Tieren.\t807\nvielmehr eher mit der Gr\u00f6\u00dfe der Tiere und mit ihrer geringen und langsamen Beweglichkeit zusammen. W\u00e4hrend der Versuche 18 und 19 befanden sich die Tiere in Paarung, womit vielleicht der erheblich h\u00f6here Umsatz zusammenh\u00e4ngt. Was den respiratorischen Quotienten anlangt, so ist derselbe in Versuch 16 und 17 hoch. Diese beiden Tiere w\u00e4ren frisch gefangen und entleerten nachher Kot, waren also gef\u00fcttert. Versuche 12\u201414 sind an einem hungernden Tiere angestellt\nworden, bei Versuch 15 wei\u00df ich nichts \u00fcber den Ern\u00e4hrungszustand.\nVersuche an W\u00fcrmern.\nAuch die Muskeln der W\u00fcrmer m\u00fcssen wenigstens in der Hauptsache zu den glatten Muskeln gerechnet werden, doch findet sich gerade bei den von mir untersuchten Chaetopoden die Angabe, da\u00df einzelne Muskeln an quergestreifte erinnern.1) Ich habe zun\u00e4chst an einigen sehr schnell sich bewegenden, lebhaften Chaetopoden der Gattungen Glycera und Nephthys experimentiert. Glycera siphonophora und Nephthys hom-bergi sind mehrere Zentimeter lang. Glycera convoluta ist viel kleiner. Die Tiere schwammen w\u00e4hrend der Versuche mit lebhaft schl\u00e4ngelnden Bewegungen in dem Versuchsgef\u00e4\u00df herum.\nB\n\tZahl\tGew.\tTemp.\tZeit\tmg\tmg\tPro 100 g u. Stunde\t\n\t\tg\t\t\tO,\tCO,\tmg 0,\t\n20.\t43\t3\t16\u00b0\t180*\t1,9\t7.8\t25\tGl. convoluta\n21.\t21\t30\t16 \u00ab/s0\t100'\t5,3\t1,6\t10,6\tGl. siphonophora\n22.\t21\t30\t16 \u2018/s'*\t115'\t\u2014\t6,2\t\u2014 \u2022\t\u00bb .\n23.\t13\t12\t15\u00b0\t85'\t8,9\t6,6\t54\t9 St. Gl. siphonophora 4 \u00bb\t* convoluta\n24.\t10 .\t14\t16*/s\u00b0\t165'\t\u2014\t2,7\t\u2014\tNephthys hombergi\n25.\t\u00bb\t25\t14\u00b0\t35'\t6,9\t3,0 i\t47,3\t\u00bb \u00bb\nDie Gr\u00f6\u00dfenanordnung des Gaswechsels ist ganz wie bei den Krebsen, in einigen Versuchen sogar betr\u00e4chtlich h\u00f6her.\n*) C. Emery, Mitteil, aus der zoolog. Station zu Neapel, Bd. 7, S. 371, 1886.\nHoppc-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXXVI.\t21","page":307},{"file":"p0308.txt","language":"de","ocr_de":"308\nOtto Cohnheim,\nDer Einflu\u00df der Beschaffenheit der Muskulatur kommt also nicht zur Geltung, oder er wird dadurch \u00fcberwogen, da\u00df es sich um kleine, sehr bewegliche Tiere handelt, die sich auch w\u00e4hrend des Versuches bewegten. Im Gegensatz zu den bisher mitgeteilten Versuchen, bei denen Sauerstoff und Kohlens\u00e4ure in einem bestimmten Verh\u00e4ltnis standen, das sich aus dem Ern\u00e4hrungszusand in der Regel gut erkl\u00e4ren lie\u00df, l\u00e4\u00dft sich bei diesen Tieren zwischen Sauerstoff und Kohlens\u00e4ure keine sichere Beziehung feststellen. Ich f\u00fchre die Berechnung auf 100 g und Stunde daher auch nur f\u00fcr den Sauerstoff durch.\nEin weiterer, ganz anders gearteter Wurm, an dem ich experimentiert habe, ist nun Sipunculus nudus, an dem ich eine gro\u00dfe Anzahl von Versuchen ausf\u00fchrte. Der biologische Bauplan des Tieres ist durch die bekannten Untersuchungen von v. Uexk\u00fcll sehr genau erforscht worden.1) Die Tiere haben typisch glatte Muskulatur, die nur langsame Bewegungen ausf\u00fchrt. Die Muskulatur ist als eine ausgesprochene Tonusmuskulatur zu bezeichnen, wenigstens die Muskulatur der Leibeswand, die den gr\u00f6\u00dften Teil des Tieres ausmacht. St\u00e4rkere Bewegungen werden nur von den verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig kleinen Re-traktoren des R\u00fcssels ausgef\u00fchrt. Durch die Leibesmuskulatur wird dagegen der Druck erzeugt, der f\u00fcr das Bohren der Tiere erforderlich ist. W\u00e4hrend des gr\u00f6\u00dften Teiles ihres Lebens liegen die Tiere mit erschlaffter Muskulatur im Sande; wenn man sie herausnimmt, kontrahieren sie sich und f\u00fchren l\u00e4ngere Zeit hindurch Bohrbewegungen aus. In dem Versuchsgef\u00e4\u00df taten sie dies auch, eine gewisse Zeit sp\u00e4ter lagen sie meist still mit mittelm\u00e4\u00dfig kontrahierter Muskulatur und bewegten sich nur von Zeit zu Zeit.\nBei Vergleich des Sauerstoffs und der Kohlens\u00e4ure f\u00e4llt zun\u00e4chst ins Auge, da\u00df die Sauerstoffwerte recht gleichm\u00e4\u00dfig sind, die Kohlens\u00e4urewerte dagegen regellos schwanken, so da\u00df eine feste Beziehung nicht wohl zu erkennen ist. Ich nahm zun\u00e4chst an, da\u00df das damit Zusammenh\u00e4nge, da\u00df die Kohlens\u00e4ure aus der Leibesh\u00f6hlenfl\u00fcssigkeit schlecht herausginge. Es\n\u2018) J. v. Uexk\u00fcll, Zeitschrift f. Biologie, \u00dfd. 33, S. 1, 189fi; Bd. 44, S. 26!), 1903.","page":308},{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Gaswechsel von Tieren.\t309\n\tZahl\tGew.\tTemp.\tZeit\tmg\tmg\tpro 100 g u. Stunde\t\n\t\tg\t\t\tD*\tn \u00a9 M\tmg 0,\t\n26.\t3\t66\t16\u00b0\t140'\t9,2\t4,4\t6,0\t-\n27.\t4\t70\t17\u00b0\t100'\t11,6\t9,7\t10.0\t\n28.\t2\t\u2014\t16l/3\u00b0\t150'\t4,3\t18,9\t\u2014\t\n29.\t4\tetwa\t16*/3\u00b0 17*/\u00bb\u00b0\t180'\t16,5\t\u2014\t\u25a0 \u2014\t\n30.\t2\t30\t\t155'\t10,0\t5.3\t\u2014\t. \u2022\n31.\t3\t50\t15 V\t70'\t5,8\t2,1\t10,0\t\n32.\t2\t58\t13 V\t77'\t3,3\t0\t4,5\t\n.\t2 \u25a0 \u2022\t58\t14\u00b0\t150'\t7,4\t9,0\t5,1\tDieselben Tiere.\n33.\t3\t68\t1374\u00b0\t168'\t12,8\t0\t6,7\t\n34,\t2\t\u2014\t124/s\u00b0\t40'\t4,2\t7,2\t\u2014\t-\n35.\t1\t\u2014\t15\u00b0\t45'\t13,2\t\u2014\t\u00ab\u2014 -\tS. tesselatus, sehr leb* haft\u00e9 Bewegungen. lOBohr-\n\t\t45\t\t\t\t\t\tbewcgungen in 5 Min.\n36.\t1\t\t15 V\t55'\t6,7\t\t16,2\tSehr lebhafte Bewegungen.\n37.\t3\t69\t16 74\u00b0\t47'\t4,7\t2,0\t8,7\t\nzeigte sich aber dasselbe bei den sp\u00e4ter zu erw\u00e4hnenden Versuchen, bei denen die Tiere aufgeschlitzt waren, so da\u00df auch ihre innere Oberfl\u00e4che mit dem Seewasser in Ber\u00fchrung kam. Das Schwanken der Kohlens\u00e4urewerte kann auch nicht etwa auf technischen Fehlern meiner Versuchsanordnung beruhen, denn mitten zwischen den Sipunculus-Versuchen liegen Versuche an Palaemon und den Schnecken, die ganz normale Werte ergaben. Ich kann nur annehmen, da\u00df bei den glatten Muskeln der W\u00fcrmer die Kohlens\u00e4ureabgabe nicht mit der Sauerstoffaufnahme zeitlich gleichen Schritt h\u00e4lt. Die Unsicherheit der Kohlens\u00e4urewerte ist auch Henze aufgefallen,1) Er hat sie auf die M\u00e4ngel der Bestimmung der Kohlens\u00e4ure bezogen; ich glaube aus meinen Versuchen schlie\u00dfen zu m\u00fcssen, da\u00df der Grund in den Tieren liegt.\nZur Dauerkontraktion der glatten Muskeln.\nIch habe nun weiterhin an Sipunculus eine Reihe von Versuchen angestellt, die sich auf die im Eingang besprochene\n\u2018) M. Henze, Biochemische Zeitschrift, Bd. 26, S. 255, 1910.\n21*","page":309},{"file":"p0310.txt","language":"de","ocr_de":"310\nOtto Cohnheim,\nFrage der Dauerkontraktion der glatten Muskeln beziehen. Magnus\u00bb) hat bei Sipunculus eine Reihe von Giften studiert und er hat gefunden, da\u00df Strophantin bei Sipunculus eine starke Kontraktion der K\u00f6rpermuskulatur hervorruft, da\u00df es sich hierbei aber nicht um eine Wirkung auf die Muskeln, sondern auf die im Bauchstrang gelegenen Zentren der Muskeln handelt. Da das Strophantin nicht auf die Muskeln selbst wirkt, war ich bei diesen Versuchen gegen den Irrtum gesch\u00fctzt, den die Anwendung des Chlorbaryums bei den Versuchen mit der Darmmuskulatur s. Z. hervorgerufen hatte, da\u00df ich n\u00e4mlich Absterbeerscheinungen der Muskulatur erhielt. Wie Magnus gezeigt hat und wie ich es best\u00e4tigen konnte, erholen sich die Tiere von der Vergiftung mit Strophantin, die Muskeln werden wieder schlaff und nach kleinen Dosen zeigen die Tiere auch wieder Bewegungen durch mehrere Tage. Zu einer vollst\u00e4ndigen Erholung ist es \u00fcbrigens in meinen Versuchen nicht gekommen, die Tiere gingen sp\u00e4ter alle zugrunde.\nDie Versuche wurden in zwei Arten angestellt. Einmal wurde unversehrten Tieren Strophantin, in Seewasser gel\u00f6st, mit einer Pravazschen Spritze in die Bauchh\u00f6hle eingespritzt; dann kommt es nach 10\u201420 Minuten zu einer starken Tonussteigerung der Leibesmuskeln. Das Tier wird ganz hart, der R\u00fcssel wird ausgest\u00fclpt, und sehr h\u00e4ufig kommt es zu einem Durchgepre\u00dftwerden von Blut durch die schwache Stelle der Leibeswand, an der die Eiablage erfolgt. Dieser Zustand dauert etwa 1\u20142 Stunden an. Dann werden die Tiere schlaff und zun\u00e4chst v\u00f6llig unbeweglich. Die Versuche mu\u00dften w\u00e4hrend der Zeit des Hartseins der Tiere angestellt werden, und aus diesem Grunde habe ich bei den Sipunculus-Versuchen, wie im Eingang erw\u00e4hnt, keine Vorperiode genommen, sondern wie s. Z. bei den Darmversuchen eine Nachperiode zur Bestimmung der Kohlens\u00e4ure. Trotzdem waren in zwei Versuchen die Tiere bei Herausnahme aus dem Apparat schon wieder erschlafft. Nach Einspritzung des Strophantins habe ich immer so lange gewartet, bis das Hartwerden der Tiere vollkommen und der R\u00fcssel ausgest\u00fclpt bezw. Blut ausgetreten war. Ich habe also\n\u2018) R. Magnus, Archiv f. exp. Path. u. Pharm.. Bd. 50, S. 86. 1906.","page":310},{"file":"p0311.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Gaswechsel von Tieren.\t311\nnicht das Festwerden gemessen, sondern das Bestehen der Dauerkontraktion. In einer anderen Versuchsreihe habe ich nun nicht das ganze Tier benutzt, sondern nur seine Leibesh\u00f6hlenwand mit dem zugeh\u00f6rigen Nervensystem, dem Bauchstrang. Ich habe die Tiere nach den Angaben v. Uexk\u00fclls in ein Vliespr\u00e4parat verwandelt. Dazu schlitzt man die Tiere an der dem Bauchstrang gegen\u00fcberliegenden Seite der L\u00e4nge nach auf und entfernt die Leibesfl\u00fcssigkeit, den Darm und die (ienitalschl\u00e4uche. Das Pr\u00e4parat besteht also nur noch aus der muskul\u00f6sen Leibeswand, dem R\u00fcssel und seinen Muskeln und dem Bauchstrange. Die Vliese habe ich nun entweder so wie sie waren, d. h. zusammengerollt, in das Versuchsgef\u00e4\u00df getan, oder ich habe sie auf einer mit Wachs \u00fcberzogenen Glasplatte festgesteckt, so wie es v. Uexk\u00fcll beschreibt. In den Strophantinversuchen habe ich den Bauchstrang mit Strophantin bepinselt. Man f\u00fchlt dann das Hartwerden des Vlieses nach einiger Zeit sehr deutlich. An den aufgesteckten Vliesen sieht man es auch. Ich habe auch hier nat\u00fcrlich gewartet, bis das Hartwerden voll eingetreten war. Im folgenden sind Normalversuche, Vliesversuche und Strophantinversuche, die an denselben Tieren gemacht worden sind, immer zusammengefa\u00dft; da die Normalversuche schon mitgeteilt sind, sind zum Teil dieselben \\ ersuchsnummern benutzt. Kohlens\u00e4ure-Zahlen sind nur einigemal bestimmt, da sich ihre Unverwertbarkeit sehr deutlich zeigte. 32a. 2 Tiere 58 g, 133/4\u00b0.\nNormal 77 Min. 3,3 mg 02 = 2,6 mg pro Stunde.\n\u00bb\t150\t\u00bb.\t7,4\t\u00bb\t=\t3,0\t\u00bb\t\u00bb\t*\nStrophantin 117 \u00bb 15\t\u00bb \u25a0 * = 7,7 \u00bb\n33a. 3 Tiere 68 g, 13V40.\nNormal 168 Min. 12,8 mg 02 = 4,6 mg pro Stunde.\nStrophantin 80 \u00bb\t17,9 \u00bb\t\u00bb = 13,4 \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\n34a. 2 Tiere, 124/\u00e2\u00b0.\nNormal 40 Min. 4,2 mg\t02\t=\t6,3 mg\tpro\tStunde.\nStrophantin 40\t\u00bb\t6,5\t\u00bb\t\u00bb\t=\t9,7\t\u00bb\t*\t>\n38. 3 Tiere, Vliespr\u00e4parate 11 g.\nNormal 78 Min. 10,9 mg 02 = 8,4 mg pro Stunde.\nStrophantin 111\t\u00bb\t13,7\t\u00bb\t\u00bb\t=\t7,4\t>\t\u00bb\t,\t\u00bb","page":311},{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"312\nOtto Cohnheim,\nAm Schl\u00fcsse des Versuches sind die Vliese v\u00f6llig erschlafft.\t\u00b0\n39.\t2 Tiere 87 g, Vliespr\u00e4parate 28 g, 121/a0.\nNormal 65 Min. 6,4 rag 02 = 6 mg pro Stunde. Strophantin 55 \u00bb 3,7 \u00bb\t\u00bb = 4 \u00bb\t\u00bb\nAm Schlu\u00df sind die Vliese v\u00f6llig erschlafft.\n40.\t2 Tiere 66 g, Vliese 26 g, 14 \u00ab/4\u00ae, Vliese aufgespie\u00dft. Normal 60Min.3,4mg 02 = 3,4 mgproStunde (5,2mg C02) Strophantin 51 \u00bb 9,9 \u00bb \u00bb = 11,6 \u00bb \u00bb ' \u00bb\n41.\t2 Tiere 58 g, Vliese. 14* w0.\nNormal\t71\tMin.\t4,1\tmg\t02\t=\t3,5 mg\tpro\tStunde\n\u00bb\t48\t\u00bb\t2,2\t\u00bb\ti\t=\t2,8\t>\ti\nGespie\u00dft\t47\t\u00bb\t7,1\t\u00bb\t\u00bb\t=\t9,0\t\u00bb\t\u00bb\nStrophantin\t30\t\u00bb\t7,4\t\u00bb\t\u00bb\t=\t14,8\t\u00bb\n42.\t2 Tiere, 1 S. tesselatus, 1 S. nudus. Vliespr\u00e4parate, die 58 g wiegen. 15\u00b0.\nNormal\t40 Min. 7,3 mg 02 =\t10,8 mg\tpro Stunde.\nStrophantin\t39\t\u00bb 8,5 \u00bb \u00bb =\t13,1 \u00bb\t\u00bb\nDas kleinere Tier ist erschlafft.\n35a. 1 S. tesselatus. Vliespr\u00e4parat 20 g, l\u00f61/*0.\nNormal\t45\tMin.\t13,2\tmg\t02\t=\t17,7\tmg\tpro\tStde.\nVlies\t48\t\u00bb\t13,0\t\u00bb\t\u00bb\t=\t16,2\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\nGespie\u00dft\t49\t\u00bb\t12,0\t\u00bb\t\u00ab\t=\t14,7\t\u00bb\t\u00bb\t*\nStrophantin\t31\t\u00bb\t16,4\t\u00bb\t\u00bb\t=\t31,7\t>\t\u00bb\t\u00bb\nBauchstrang entfernt 57\t\u00bb\t7,3\t\u00bb\t\u00bb\t=\t7,6\t\u00bb\t*\n36a. 1 Tier 45 g, Vlies 16 g, l\u00f63/*0.\nNormal 55\tMin.\t6,7 mg\t02\t=\t7,3\tmg\tpro\tStunde\nVlies 78\t\u00bb\t9,0\t\u00bb\t\u00bb\t=\t6,9\t\u00bb\t\u00bb\nStrophantin 40\t*\t14,0\t\u00bb\t.\t=\t21,0\t\u00bb\t\u00bb\n43.\t2 Tiere 51 g, Vliese 20,5 g, 16\u00b0.\ns\t7,3 mg O, = 11,2 mg pro Stunde\nStrophantin 39\t\u00bb\t10,5\t\u00bb\t\u00bb\t=\t16,1\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\n37 a. 3 Tiere 69 g, Vliese 20 g, 16 '/40.\nNormal 47\tMin.\t4,7 mg 02 = 6,0 mg pro Stunde (2,0 C0,)\nVlies 40\t>\t2,6 \u00bb \u00bb = 3,9\t> \u00bb.\t\u00bb\t(2,9 .\t)\nStrophantin 36\t\u00bb\t5,6 . . = 9,3\t.\t.\t\u00bb.\t(3^ \u00bb\t)","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den Gaswechsel von Tieren.\t318\nAus diesen Versuchen ergibt sich mit gro\u00dfer Sicherheit, da\u00df die vermehrte Spannung der Leibesmuskulatur bei Sipun-culus den Gaswechsel bedeutend erh\u00f6ht. Eine Ausnahme machen nur die beiden Versuche 38 und 39, bei denen die Tiere am Schl\u00fcsse des Versuches erschlafft gefunden wurden, sie stimmen um so besser mit den anderen \u00fcberein. Bei diesen Versuchen stehen sich gegen\u00fcber der geringe Kontraktionsgrad der Sipun-culusmuskulatur, der mit vereinzelten Bewegungen abwechselt, in den Normalversuchen, und der sehr hohe Spannungszustand in den Strophantinversuchen. Sehr h\u00fcbsch zeigt sich, wie der Gaswechsel bei Entfernung des Bauchstrangs rapide abf\u00e4llt, dadurch wird ja der Muskeltonus vernichtet. Im Gegensatz zu den Muschelmuskeln zeigen also die Muskeln des Sipunculus vermehrten Gas Wechsel, d. h. vermehrten Energieaufwand bei Dauerkontraktion und vermehrter Spannung. Die Resultate von Parnas d\u00fcrfen also nicht verallgemeinert werden, sie sind ein Spezialfall, und die \u00fcbrigen Muskeln der Tierreihe verhalten sich zweifellos eher wie die Sipunculusmuskeln, als wie die Muschelmuskeln, denn sie haben, wie dies Noyons und v. Uexk\u00fcll ausf\u00fchrlich gezeigt haben, vor allem das eine mit den Sipunculusmuskeln gemein, da\u00df die Spannung durch die Last beeinflu\u00dft wird.\nWas die \u00fcbrigen Ergebnisse der Untersuchung anlangt, so sei vor allem noch hervorgehoben, da\u00df alle diese Tiere der verschiedensten Typen einen nicht unbetr\u00e4chtlichen Sauerstoff-verbrauch zeigen. Es spricht das jedenfalls daf\u00fcr, da\u00df ein Leben ohne Sauerstoff, wo es vorkommt, immer nur ein ganz besonderer Fall von Anpassung ist. Der Gasumsatz der verschiedenen untersuchten Wirbellosen ist absolut gering, immerhin nicht sehr viel niedriger, als der der glatten Muskulatur von Warmbl\u00fcterorganen. Die Vermutung, von der aus an die Untersuchung herangegangen wurde, da\u00df zwischen Tieren mit quergestreiften und Tieren mit glatten Muskeln ein durchgreifender Unterschied in bezug auf ihren Gaswechsel best\u00fcnde, konnte nicht best\u00e4tigt werden.","page":313}],"identifier":"lit19422","issued":"1911-12","language":"de","pages":"298-313","startpages":"298","title":"\u00dcber den Gaswechsel von Tieren mit glatter und quergestreifter Muskulatur","type":"Journal Article","volume":"76"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:43:46.548341+00:00"}