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{"created":"2022-01-31T14:10:25.642060+00:00","id":"lit19457","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Simon, Friedrich","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 77: 218-228","fulltext":[{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Verhalten des Hefegummis im tierischen Organismus.\nVon\nFriedrich Simon-Berlin.\n(Aus der chemischen Abteilung des Pathologischen Instituts der Universit\u00e4t Berlin.\u00bb (Der Redaktion zugegangen am 16. Februar 1912.)\nNachdem W. V\u00f6ltz1) sowie V\u00f6ltz und Baudrexel-) schon fr\u00fcher Untersuchungen \u00fcber die Verwertung der Hefeeiwei\u00dfk\u00f6rper im tierischen und menschlichen Organismus angestellt hatten, berichteten V\u00f6ltz und Baudrexel3) k\u00fcrzlich \u00fcber weitere Versuche, die die Verdaulichkeit der organischen Substanz und der einzelnen N-freien N\u00e4hrstoffe der Hefe zum Gegenst\u00e4nde hatten. Als Resultat ihrer Untersuchungen, die am Menschen w\u00e4hrend einer \u00abGrundregimeperiode* und einer Hefeperiode (von 4 Tagen mit t\u00e4glicher Aufnahme von je 100 g entbitterter Hefe) angestellt wurden, konnten die Autoren feststellen, da\u00df von den N\u00e4hrstoffen der Hefe\ndie organische\tSubstanz\tzu\trund\t90\u00b0/o\ndas Eiwei\u00df\t\u00bb\t\u00bb\t86\u00b0/o\ndas Rohfett\t\u00bb\t\u00bb\t70\u00b0/o\ndie Rohfaser\t\u00bb\t\u00bb\t40\u00b0/o\ndie N-freien Extraktstoffe\t*\t*\t100 \u00b0/o\nresorbiert wurden. Unter \u00abstickstofffreien Extraktstoffen\u00bb verstehen V\u00f6ltz und Baudrexel: Organische Substanz \u2014 (Rohprotein -f- Rohfett -f- Rohfaser). Zu diesen stickstofffreien Extraktstoffen wird man also auch das zuerst von E. Salkowski4)\n*) W. V\u00f6ltz, Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. 107, S. 388. 1905.\n*] W. V\u00f6ltz und A. Baudrexel. Biochem. Zeitschrift, Bd. 30. S. 457, 1911.\n3)\tW. V\u00f6ltz und A. Baudrexel, Biochem. Zeitschrift. Bd. 31. S. 355, 1911.\n4)\tSalkowski, Ber. d. Deutsch, ehern. Ges., Bd. 27, S. 499 (1894'. sowie Du Bois-Reymonds Archiv f. Physiol., 1890, S. 555.","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"I ber das Verhalten des Hefegummis im tierischen Organismus. 219\nals einheitlichen K\u00f6rper1) isolierte Hefegummi zu rechnen haben. Da nun der Gehalt der Pre\u00dfhefe an Hefegummi (auf Grund einer von Salkowski2) selbst angegebenen Modifikation seiner urspr\u00fcnglichen Darstellungsmethode) zu \u00fcber 5 \u00b0/o. angenommen werden kann, so m\u00fcssen w\u00e4hrend des oben angef\u00fchrten StofTwechselversuches von V\u00f6ltz und Baudrexel innerhalb der viert\u00e4gigen Hefeperiode von der Versuchsperson mindestens 20 g Hefegummi aufgenommen und \u00abzu rund 100\u00b0/o\u00bb resorbiert worden sein. Dieses Verhalten erscheint nun keineswegs ganz selbstverst\u00e4ndlich, da ja das Hefegummi, wie Salkowski3) nachweisen konnte, weder durch G\u00e4rung noch durch Autolyse zerlegt wird, noch auch sonst durch irgend ein hydrolytisches Ferment angreifbar ist.\nDie Resistenz gegen G\u00e4rungsenzyme und alle anderen im Magen- und Darmkanal vorkommenden Fermente wurde in der \u00e4lteren physiologisch-chemischen Literatur auch immer zur Erkl\u00e4rung der angeblich mangelnden Resorbierbarkeit des arabischen Gummi angef\u00fchrt. In der Tat wird in der \u00e4lteren physiologisch-chemischen Literatur von verschiedenen Autoren \u00fcber Tierversuche berichtet, bei denen die verf\u00fctterten Mengen von Gummi arabicum fast vollst\u00e4ndig und unver\u00e4ndert in den Faeces wiedergefunden worden waren. Eine gegenteilige Beobachtung hatte Jos. Bauer4) zu verzeichnen, der einem Hunde an drei Versuchstagen zusammen 174,8 g Gummi (als w\u00e4sserige L\u00f6sung) in den Magen einf\u00fchrte und die darauf abgesetzten Faeces mit Wasser behandelte. Die Fl\u00fcssigkeit wurde abkoliert und eingedampft. Aus dem Gewichte des trockenen R\u00fcckstandes berechnete Bauer, da\u00df das verf\u00fctterte Gummi zu mindestens 46\u00b0/o resorbiert worden w\u00e4re. Wenn nun auch die mit dieser Methode gewonnenen Resultate keinen Anspruch auf gr\u00f6\u00dfere Genauigkeit machen k\u00f6nnen, so geht doch aus dem Versuchsergebnisse Bauers hervor, da\u00df ein gewisser und wahrscheinlich\n\u2018) Siehe W. Meigen und A. Spreng, Diese Zeitschrift, Bd. 55, S. 48 (1908).\n. *) Salkowski, Diese Zeitschrift, Bd. 69, S. 470 (1910).\ns) Salkowski, Diese Zeitschrift, Bd. 69, S. 466 (1910).\n4) Bauer, Zeitschrift f. Biologie, Bd. 10, S. 65 (1874).\n15*","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nFriedrich Simon,\nnicht unbetr\u00e4chtlicher Anteil des verf\u00fctterten Gummis ausgenutzt worden war. Allerdings bleibt die Frage offen, ob das aus dem Darm verschwundene Gummi arabicum als solches oder erst nach seiner (supponierten) enzymatischen bezw. bakteriellen \u00dcberf\u00fchrung in Arabinose resorbiert wurde. Nimmt man den zweiten Vorgang als wahrscheinlich an, so w\u00fcrde hinsichtlich des Hefegummis die Umwandlung der Mannane und Dextrane innerhalb des Darmtractus in die entsprechenden Zucker und deren Verhalten im tierischen Organismus in Frage kommen. Denn Salkowski hatte bereits bei seinen ersten Untersuchungen1) \u00fcber die Kohlenhydrate der Hefe gefunden, da\u00df das Hefegummi durch S\u00e4uren in einen g\u00e4rungsf\u00e4higen, schwach rechtsdrehenden Zucker \u00fcbergeht, und konnte sp\u00e4ter2) in dem so gebildeten Zucker unzweifelhaft Mannose durch Reindarstellung des Hydrazons nachweisen. Dieser Befund wurde dann zun\u00e4chst durch Oshima3) best\u00e4tigt, der bei der S\u00e4urehydrolyse aus Hefegummi haupts\u00e4chlich d-Mannose neben wenig d-Glukose erhielt. Auch Meigen und Spreng4) konnten zeigen, da\u00df das Hefegummi bei der Hydrolyse nur Mannose undDextrose liefert und (nach dem Salkowskischen Verfahren dargestellt) als ein einheitlicher K\u00f6rper anzunehmen ist, und zwar als ein Dextromannan, in dem doppelt so viel Mannan wie Dextran enthalten ist. Neuerdings haben noch Eul\u00e9r und F odor5) ein durch Autolyse von Hefe gewonnenes Gummi der S\u00e4urehydrolyse unterworfen und als Spaltungsprodukte ebenfalls Mannose und Glukose aufgefunden. \u00dcber die Resorption und Verwertung der Mannose im tierischen Organismus sind einige experimentelle Erfahrungen in der Literatur niedergelegt. So konnten Schuster und Liebscher6) nach Verf\u00fctterung von Steinnu\u00dfsp\u00e4hnen an Merinoschafe einen reichlichen Fettansatz beobachten und\n') Salkowski, Her. d. Deutsch, ehern. Ges., Bd. 27, S. 501 (1894).\n*; Salkowski, Diese Zeitschrift. Bd. 31, S. 312 u. 313 (1900/01).\n3)\tOshima. Diese Zeitschrift, Bd. 30, S. 12.\n4)\tMeigen und Spreng, Diese Zeitschrift, Bd. 55, S. 48.\n6) Euler und Fodor, Diese Zeitschrift, Bd. 72, S. 339 (1911)\nfi) Schuster und Liebscher, Landwirtschaft!. Jahrb., Bd. 19, S.* 143-148.","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Verhalten des Hefegummis im tierischen Organismus. 221\nglaubten, diese Fettbildung auf eine entsprechende Ausnutzung und Verwertung der Steinnu\u00dfcellulose zur\u00fcckf\u00fchren zu m\u00fcssen, einer Cellulose, die \u2014 analog den Verh\u00e4ltnissen bei der k\u00fcnstlichen S\u00e4urehydrolyse auch wohl im Tierk\u00f6rper in Mannose umgewandelt werden d\u00fcrfte. Ferner fand Rosenfeld,1) da\u00df an Hunde verf\u00fctterte Mannose 2o\u2014oO^/o Glykogen lieferte und im Harn zu 21\u201425\u00b0/o wiedererschien. Speziell d-Mannose be-w.iikt nach den Versuchen von Cremer2) deutliche (Jlykogen-ablagerung, wenn auch nicht in dem Ma\u00dfe wie'Traubenzucker und L\u00e4vulose, die auch nicht so leicht wie die d-Mannose in den Harn \u00fcbergehen. Im Gegensatz zur Dextromannose werden die 1- und i-Mannose, wie Neuberg und Mayer3) feststellten, weniger gut ausgenutzt, jedoch ebenfalls f\u00fcr die Glykogen-bildung verwertet. \u00dcber die Ausnutzung des Dextrans, das hier als zweiter Restandteil des Hefegummis von Interesse ist, liegen Untersuchungen von Saiki,*) sowie Myers und Mac Arthur5) vor. Diese Autoren fanden, da\u00df bei Verf\u00fctterung von Cetraria islandica (teils als Extrakt, teils getrocknet Und gepulvert ) die Kohlenhydrate (Dextrane) von Hunden nur zu einem sehr geringen Teile, von Menschen fast gar nicht resorbiert wurden. Von den Spaltungsprodukten des Hefegummis w\u00fcrde also vornehmlich die Mannose f\u00fcr die Ausnutzung im tierischen Organismus in Betracht kommen \u2014 allerdings unter der Voraussetzung einer fermentativen Angreifbarkeit des Hefegummis, zu deren Annahme wir freilich bisher nicht berechtigt sind. Deshalb erscheint der aus den Versuchsergebnissen von V\u00f6ltz und Baudrexel zu entnehmende Befund einer vollst\u00e4ndigen Resorption des verf\u00fctterten Hefegummis sehr bemerkenswert. Da nun m. W. das Verhalten des Hefegummis im tierischen Organismus \u00fcberhaupt bisher nicht beachtet worden ist, folgte ich sehr gern der Anregung des Herrn Ge-\n\u2018) Rosenfeld, Zenlralbl. f. inn. Medizin, Bd. 21, S. 177\u2014189.\n2)\tCremer. Zeitschrift f. Biologie, Bd. 29, S. 484\u2014553.\n3)\tNeuberg.und Mayer, Diese Zeitschrift, Bd. 37, S. 530-541.\nSaiki\t1 Zitiert nach Swartz, Transact of the\nJ) Myers und MacArthur j Connecticut Academy of Arts and Sciences, Vol. 16, S. 247\u2014382. \u2014 1911, S. 303.","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nFriedrich Simon,\nheimrats Salkowski zur Bearbeitung des vorliegenden Themas und erlaube mir, demselben auch an dieser Stelle f\u00fcr das dieser Untersuchung gewidmete freundliche Interesse bestens zu danken.\nDas f\u00fcr die folgenden Versuche ben\u00f6tigte Hefegummi wurde aus Pre\u00dfhefe sowohl nach der urspr\u00fcnglichen Methode Sal-kowskis als auch nach dem von ihm selbst modifizierten Verfahren (1. c.) dargestellt.\nI. Ausnutzungsversuch am Kaninchen.\nEin 2080 g schweres gesundes Kaninchen, das zuvor mehrere Tage hindurch mit Kohlrabi (t\u00e4glich 500 g) gef\u00fcttert worden ist, erh\u00e4lt mit der Schlundsonde eine w\u00e4sserige L\u00f6sung von 0,9107 g Hefegummi (bis zur Gewichtskonstanz getrocknet). W\u00e4hrend der n\u00e4chsten 7 Tage wird der Harn des Kaninchens t\u00e4glich untersucht. Er erweist sich stets als eiwei\u00df- und zuckerfrei; der (durch Erhitzen mit Natronlauge und folgende Filtration von Phosphaten befreite) Harn gibt nie eine Tr\u00fcbung oder einen Niederschlag mit Fehlingscher L\u00f6sung. Unver\u00e4ndertes Hefegummi wird also mit dem Harn nicht ansgeschieden. Die w\u00e4hrend der sieben, auf die Hefegummidarreichung folgenden Tage abgesetzten Faeces werden gesammelt, auf dem Dampfbade getrocknet und gepulvert. Ihr Gesamtgewicht betr\u00e4gt (in lufttrockenem Zustande) 27 g. Diese 27 g werden mit 450 ccm Wasser1) in einer Schale verrieben und einige Zeit im Sieden erhalten. Nach dem Erkalten wird das Gemisch im Me\u00dfzylinder zum Volumen von 600 ccm mit Wasser aufgef\u00fcllt. Am n\u00e4chsten Tage wird filtriert. Vom Filtrate werden 465 ccm abgemessen, auf dem Wasserbade eingeengt und dann mit 20 ccm Fehlingscher L\u00f6sung unter Umr\u00fchren versetzt. Das weitere Verfahren schlie\u00dft sich genau an die Vorschriften an, die Salkowski2) fiir die Bestimmung des Gummigehaltes\n') F.ine Behandlung der Faeces mit w\u00e4sseriger Natronlauge war nicht zul\u00e4ssig, da entsprechende Vorversuche mit Faeces von Kaninchen, die einfach mit Kohlrabi gef\u00fcttert worden waren, zeigten, da\u00df aus solchen Kohlrabifaeces Verbindungen (Xylan) in die alkalische L\u00f6sung \u00fcbergingen, die mit Fehlingscher L\u00f6sung dicke Niederschl\u00e4ge und dann entsprechende C.ummif\u00e4llungen gaben.\n.*) Salkowski, Diese Zeitschrift, Bd. 31. S. 309 (1900/1901).","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Vorhalten des Hefegummis im tierischen Organismus. 223\nim \u00abInvertin\u00bb der Hefe gegeben hat. Nach dieser Methode werden in 465 ccm des Filtrates 0,0114 g Hefegummi wiedergefunden. Von den verf\u00fctterten 0,9107 g Hefegummi waren also 0,0147 g = 1,61 \u00b0/o nicht resorbiert worden.\nII. Ausnutzangsversuch am H\u00f6nde.\nEin 18 kg schwerer gesunder Hund, der zuvor mehrere l \u00e4ge hindurch mit Fleisch und Fett (t\u00e4glich 600 g gekochtes Pferdefleisch + 50 g Speck) gef\u00fcttert worden ist, erh\u00e4lt am 28. VI. seiner t\u00e4glichen Ration beigemischt \u2014 eine w\u00e4sserige L\u00f6sung von 3,2404 g Hefegummi (bis zur Gewichtskonstanz getrocknet). Das Futter mit dem beigemischten Hefegummi wird vollst\u00e4ndig verzehrt. An diesem und den folgenden 5 Tagen wird der Harn immer eiwei\u00dffrei gefunden. Er gibt stets beim Kochen mit Fehlingscher L\u00f6sung eine deutliche, allerdings etwas z\u00f6gernd einsetzende Reduktion ; die G\u00e4rungsprobe erweist den Harn jedoch regelm\u00e4\u00dfig als zuckerfrei. Der (durch Erhitzen mit Natronlauge und Filtration von Phosphaten befreite) Harn gibt mit b ehlingscher L\u00f6sung nie eine Tr\u00fcbung oder einen Niederschlag. Unver\u00e4ndertes Hefegummi findet sich also als Bestandteil des Harnes w\u00e4hrend der Beobachtungszeit nicht vor. Am 3. VII. 11 setzt der Hund zum ersten Male (also 5 Tage) nach der Hefegummidarreichung Faeces ab. Diese werden gesammelt, auf dem Dampfbade getrocknet und gepulvert. Ihr Gesamtgewicht betr\u00e4gt (in lufttrockenem Zustande) 49 g. Die weitere Verarbeitung der Faeces zur Bestimmung des nicht resorbierten Hefegummis geschieht nach dem oben beschriebenen Verfahren \u2014 mit dem einzigen Unterschiede, da\u00df die Faeces nicht (wie beim Kaninchenversuche)- nur mit Wasser, sondern mit 3\u00b0/oiger w\u00e4sseriger Natriumhydratl\u00f6sung gekocht werden. Es wurden wiedergefunden: 0,03368 g Hefegummi. Von dem verf\u00fctterten Hefegummi waren also l,04\u00b0/o der Resorption entgangen. Zur Epikrise der beiden vorstehenden Versuche sei zun\u00e4chst bemerkt, da\u00df die hier zur Anwendung gebrachte und von Salkowski (1. c.) urspr\u00fcnglich f\u00fcr das \u2666 Invertin\u00bb der Hefe ausgearbeitete Methode der Hefegummibestimmung gerade unter den bei den Faeces vorliegenden","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224\nFriedrich Simon,\nBedingungen keine gut \u00fcbereinstimmenden Resultate zu liefern scheint, wie verschiedene (mit normalen Hunde- und Kaninchenfaeces bei willk\u00fcrlichem Zusatz gewogener Hefegummimengen angestellte) Blindversuche gelehrt haben. Wenn es demnach auch nicht angehen wird, bestimmte Zahlenangaben \u00fcber die Resorptionsgr\u00f6\u00dfe des Hefegummis zu machen, so wird man doch auf (irund der vorstehenden Versuche annehmen d\u00fcrfen, da\u00df sowohl beim Hunde wie beim Kaninchen das verf\u00fctterte Hefegummi zu einem gewissen und wahrscheinlich sogar ziemlich betr\u00e4chtlichen Teile resorbiert werden kann. Diese Annahme w\u00fcrde dann mit den anfangs erw\u00e4hnten Angaben von V\u00f6ltz und Baudrexel, die eine restlose Verwertung der in der Hefe enthaltenen N-freien Extrakt-stofie beim Menschen feststellen konnten, einigerma\u00dfen \u00fcbereinstimmen.\nIII. Versuche \u00fcber die Vermehrung des Leberglykogens nach Ver-f\u00fctterung von Hefegummi an Kaninchen.\nA. Ohne vorhergehende Adrenalininjektionen.\nZwei gesunde Kaninchen werden vier Tage hindurch mit je 500 g Kohl t\u00e4glich gef\u00fcttert. 12 Stunden nach der letzten F\u00fctterung erh\u00e4lt das eine Kaninchen (Haupttier) mit der Schlundsonde 8,8756 g Hefegummi (bis zur Gewichtskonstanz getrocknet). Der darauf entleerte Harn ist eiwei\u00df- und zuckerfrei und gibt (nach Entfernung der Phosphate) keinen Niederschlag mit Fehlingscher L\u00f6sung. Am folgenden Tage werden beide Tiere (also 36 Stunden nach der letzten F\u00fctterung, das Haupttier 24 Stunden nach der Gummidarreichung) get\u00f6tet und die Lebern sofort entnommen. Gewicht des Haupttieres = 2640 g, seiner Leber = 76,5 g. Gewicht des Kontrolltieres = 2020 g, seiner Leber == 50 g. Von der Leber des Haupttieres werden 66 g. von der des Kontrolltieres 56,5 g zur Glykogenbestimmung genommen. Der Leberbrei wird zun\u00e4chst bei schwach essigsaurer Reaktion mit dem zehnfachen Volumen Wasser ausgekocht. Der w\u00e4sserige Auszug wird durch Papier filtriert.\nDiese Auskochung und Filtration werden dreimal wieder-","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Verhalten des Hefegummis im tierischen Organismus. 225\nholt. Die vereinigten Ausz\u00fcge werden eingeengt, mit Salzs\u00e4ure versetzt, darauf abwechselnd mit Br\u00fcckeschem Reagens und mit Salzs\u00e4ure gef\u00e4llt, schlie\u00dflich filtriert. Das Filtrat wird mit dem doppelten Volumen 90\u00b0/oigen Alkohols gef\u00e4llt. Der Niederschlag wird auf ein getrocknetes und gewogenes Filter gesammelt, zuerst mit verd\u00fcnntem, dann mit absolutem Alkohol und \u00c4ther gewaschen, getrocknet und gewogen. Die-Gewichte dieser Niederschl\u00e4ge betragen (auf je 56,5 g Leber berechnet) beim Hauptversuch\t1,6009 g\n\u00bb Kontrollversuch\t0,0765 >\nDie bei der Auskochung mit Wasser verbliebenen R\u00fcckst\u00e4nde des Leberbreies werden in Kolben \u00fcbertragen und \u2014 nach Pfl\u00fcgers bekannten Vorschriften \u2014 mit dem gleichen Volumen 60\u00b0/oiger Kalilauge 2 Stunden hindurch in siedendem \\\\ asserbade gehalten. Nach dem Erkalten werden die dickfl\u00fcssigen L\u00f6sungen mit Salzs\u00e4ure neutralisiert und filtriert. Die Filtrate werden mit Salzs\u00e4ure und Br\u00fcckeschem Reagens nochmals gef\u00e4llt und wieder filtriert. Die (durch das Filter passierende Quecksilberverbindungen) getr\u00fcbten Filtrate werden mit Alkohol gef\u00e4llt. Die entstehenden Niederschl\u00e4ge werden in hei\u00dfem Wasser gel\u00f6st und unter Zusatz von Salzs\u00e4ure im W asserbade 3 Stunden lang hydrolysiert. Die nunmehr erhaltenen Zuckerl\u00f6sungen werden neutralisiert und mit dem Polarimeter untersucht. Aus den so bestimmten Zuckermengen lie\u00df sich f\u00fcr die bereits ausgekochten Leberr\u00fcckst\u00e4nde noch ein Glykogengehalt von 0,5643 g beim Hauptversuch und von 0,1055 g beim Kontrollversuch (auf je 56,5 g des frischen Leberbreies bezogen) berechnen. Die Gesamtmenge des in beiden Lebern (in je 56,5 g) nachgewiesenen Glykogens betrug also beim Hauptversuch\t2,1652 g\n- Kontrollversuch\t0,1820 *\n13. Mit vorhergehenden Adrenalininjektionen.\nDer Zweck dieser Versuchsanordnung bestand darin, den (nach dem vorigen Versuch zu erwartenden) selbst nach 36 st\u00e4ndiger Karenz noch ziemlich betr\u00e4chtlichen Glykogengehalt in der Leber des Kontrolltores doch Adrenalininjektionen herab-","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nFriedrich Simon,\nzusetzen. Nach dem Vorg\u00e4nge von Blum sowie Gatin-Gruzewska konnte n\u00e4mlich Agadschanianz1) feststellen, da\u00df in den Muskeln von mit Adrenalin intraperitoneal gespritzten Kaninchen niemals eine Spur, in ihren Lebern bei einigen Versuchen ebensowenig Glykogen nachzuweisen war. Der Versuch wurde also in folgender Weise angeordnet. Ein Kaninchen (Haupttier) erh\u00e4lt nach 24st\u00e4ndiger Karenz eine intraperitoneale Injektion von 6,5 ccm einer12\u00ab/oigen Adrenalinl\u00f6sung = ca. 1 mg Adrenalin pro Kilogramm (Gewicht des Tieres am Injektions-tage = 3170 g). Der am folgenden Tage entleerte Harn reduzierte Fehlingsche L\u00f6sung (ohne Ausscheidung von Kupferoxydul). Nach weiteren 24 Stunden der Karenz erh\u00e4lt das Tier, mit der Schlundsonde 9,2825 g Hefegummi (zur Gewichtskonstanz getrocknet) in w\u00e4sseriger L\u00f6sung. Am vierten Tage (Gewicht des Tieres = 2830 g), also nach 72 st\u00e4ndigem Hungern, wird das Tier get\u00f6tet und die Leber sofort entnommen. Von der Leber (78,8 g) werden 68 g zur Glykogenbestimmung genommen.\nEin zweites Kaninchen (Kontrolltier) erh\u00e4lt nach 24st\u00e4ndigem Hungern eine intraperitoneale Injektion von 6 ccm einer ,/i\u00b0/oigen Adrenalinl\u00f6sung = ca. 1 mg Adrenalin pro Kilogramm (Gewicht des Tieres am Injektionstage = 2850 g). Der am folgenden Tage entleerte Harn reduzierte Fehlingsche L\u00f6sung nur schwach. Nach weiteren 48 Stunden wiegt das Tier 2410 g und wird nun (also nach 72 st\u00e4ndiger Karenz) get\u00f6tet. Von der frisch entnommenen Leber (71,5 g) werden 65 g zur Glykogenbestimmung benutzt. Diese Bestimmungen werden in der beim vorigen Versuche A beschriebenen Art durchgef\u00e4hrt und ergeben f\u00e4r je 65 g Leber einen Glykogengehalt von 0,372 g beim Hauptversuch und von 0,0637 g beim Kontrollversuch.\nZur Epikrise der letzten Versuchsreihe sei zun\u00e4chst auf die Wirkung der intraperitonealen Adrenalininjektionen hingewiesen, die zwar ihren eigentlichen Zweck, die Verminderung des Leberglykogens bei dem Kontrolliere erreichten, gleich-\n'i Agadschanianz, \u00dfiochem. Zeitschrift, Bd. 2, S. 148.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber das Verhalten des Hefegummis im tierischen Organismus. 227\nzeitig aber auch bei dem Haupttiere \u2014 wohl infolge protrahierter Wirkung \u2014 eine st\u00e4rkere Ablagerung von Leberglykogen nach der Hefegummidarreichung verhinderten. Gleichwohl ist in beiden Versuchen A und B eine deutliche Vermehrung des Leberglykogens bei den mit Hefegummi gef\u00fctterten Kaninchen gegen\u00fcber den Kontrollieren festzustellen; und zwar betr\u00e4gt im Versuche A das Verh\u00e4ltnis des Leberglykogens des Haupttieres zu dem des Kontrolltores 11,9:1, im Versuche B 5,8: 1. Da\u00df nun die in beiden Versuchen zur W\u00e4gung gebrachten Niederschl\u00e4ge tats\u00e4chlich ihrer Hauptmasse nach aus Glykogen bestanden, geht aus ihrer Beschaffenheit und aus ihren Reaktionen hervor. Diese Niederschl\u00e4ge stellen n\u00e4mlich wei\u00dfe, kreidige Massen dar, die beim Erhitzen auf dem Platinblech nur einen ganz geringen wei\u00dfen R\u00fcckstand hinterlassen. Die Massen sind in Wasser mit leichter Opalescenz l\u00f6slich. Die L\u00f6sung gibt ausgepr\u00e4gte Jodreaktion auf Glykogen und nach dein Alkalisieren keine F\u00e4llung mit Fehlingscher L\u00f6sung, ist also Irei von Hefegummi. Wird die L\u00f6sung mit Salzs\u00e4ure erhitzt oder mit Speichel einige Stunden bei 38\u201440\u00b0 digeriert, so l\u00e4\u00dft sich neugebildeter Zucker in Mengen leicht nachweisen.\nZusammenfassend l\u00e4\u00dft sich also aus den Ergebnissen der vorliegenden Versuche feststellen, da\u00df verf\u00fcttertes Hefegummi nicht nur aus dem Darmtractus des Hundes und Kaninchens zum gr\u00f6\u00dften J eile resorbiert wurde, sondern auch bei den so gen\u00e4hrten Kaninchen eine deutliche Vermehrung des Leberglykogens gegen\u00fcber den entsprechenden Kontrolltieren bewirkte. Mit diesem Befunde bleiben freilich noch die Fragen ungel\u00f6st,, ob das Hefegummi als solches oder erst nach voraufgegangener Hydrolyse durch die Fermente und Bakterien des Darmkanals resorbiert oder an einer anderen Stelle und durch andere Einfl\u00fcsse des lierk\u00f6rpers in Mannose bezw. Dextrose umgewandelt wurde, um dann den Glykogenbestand der Leber zu vermehren. Da\u00df die Wirksamkeit der intestinalen Verdauungsfermente bei der Aufschlie\u00dfung des Hefegummis kaum in Betracht kommen d\u00fcrfte, geht schon aus den anfangs erw\u00e4hnten Erfahrungen","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"22S Friedrich Simon, Ober Hefegummi im tierischen Organismus.\nSalkowskis (1. c.) hervor und wird neuerdings durch die Untersuchungen von Mary Davies Swartz1) \u00fcber den Einflu\u00df von Bakterien und Fermenten auf verschiedene Pentosane, Mannane, L\u00e4vulane und Galaktane best\u00e4tigt. Diese Stoffe verhielten sich n\u00e4mlich (mit wenigen Ausnahmen) gegen\u00fcber der Einwirkung verschiedener Fermente vollst\u00e4ndig refrakt\u00e4r; besonders konnte nach 24 st\u00e4ndiger Digestion eines Salep-Mannans mit Speichel, Malzdiastase, Takadiastase, pankreatischem, Darmund Magensaft keine Spur reduzierenden Zuckers nachgewiesen werden. Dagegen wurde das Salep-Mannan durch aerobe und anaerobe Kulturen von Schmutz- und Faecesbakterien sowie durch Kulturen von B. anthracis symptom, und B. oedemat. malign, unter Bildung reduzierenden Zuckers invertiert. In \u00dcbereinstimmung mit diesen experimentellen Befunden stehen die Ergebnisse der F\u00fctterungsversuche, die Swartz mit den genannten Stoffen an Menschen und Hunden anstellte. Hier zeigte sich n\u00e4mlich, da\u00df die von Bakterien sehr leicht angreifbaren \u00abHemicellulosen\u00bb (wie gewisse Pentosane und das Salep-Mannan) fast vollst\u00e4ndig (durchschnittlich 99\u00b0/o) aus dem Darmkanal verschwanden, w\u00e4hrend gewisse Galakjane, die sich gegen Bakterien \u00e4u\u00dferst resistent verhielten, beim Menschen nur zu durchschnittlich 25\u00b0/o und bei Hunden zu 45\u00b0/o resorbiert wurden.\nEs liegt nahe, diese Erkl\u00e4rung, welche eine leichte M\u00f6glichkeit hydrolysierender Bakterienwirkungen (bei erheblicher Resistenz gegen Verdauungsenzyme) zur Voraussetzung einer ausreichenden Resorption der \u00abHemicellulosen\u00bb macht, auch f\u00fcr die hier festgestellte gute Ausnutzung des Hefegummis heranzuziehen.\n1 j Swartz, Nutrition Investigations on the carbohydrates of Lichens etc. (Transactions of the Connecticut Academy of Arts and Sciences. Veil. 1\u00ab. S. 247\u2014382, 1911).","page":228}],"identifier":"lit19457","issued":"1912","language":"de","pages":"218-228","startpages":"218","title":"\u00dcber das Verhalten des Hefegummis im tierischen Organismus","type":"Journal Article","volume":"77"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:10:25.642065+00:00"}