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{"created":"2022-01-31T14:25:24.821671+00:00","id":"lit19503","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Abderhalden, Emil","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 78: 344-348","fulltext":[{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Vorkommens der peptolytischen Fermente.\nVon\nEmil Abderhalden.\n(Aus dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Halle a. S.)\n(Der Redaktion zugegangen am !. April t9l2,)\nIn zahlreichen Versuchen ist gezeigt worden, da\u00df sich in den Zellen des Tier- und Pflanzenorganismus Fermente finden, die imstande sind, bestimmte Polypeptide in ganz charakteristischer Weise abzubauen. Der Nachweis der Fermente ist in verschiedener Wreise gef\u00fchrt worden. Einesteils wurde aus den Organen Pre\u00dfsaft nach der Methode von E. Buchner hergestellt und dann diesem nach erfolgter Filtration durch eine Chamberland-Kerze ein bestimmtes Polypeptid zugef\u00fcgt. Meist wurde ein Polypeptid gew\u00e4hlt, an dessen Aufbau ein in Wasser sehr schwer l\u00f6slicher Baustein beteiligt ist, und das Auftreten dieser Aminos\u00e4ure verfolgt. Oder aber es wurde die eintretende Spaltung mittels der Polarisation festgestellt. Entweder wurden hierzu racemische Polypeptide verwendet und die asymmetrische Spaltung als Beweis einer stattgehabten Fermentspaltung angesehen oder aber, es Wurde ein optisch aktives Polypeptid als Substrat angewandt. Ferner wurden Polypeptide und dann auch Peptonl\u00f6sungen direkt auf Gewebe aufgetragen und die Abscheidung schwer l\u00f6slicher Aminos\u00e4uren beobachtet. Selbstverst\u00e4ndlich wurde bei all diesen Versuchen die Mitwirkung von Bakterien m\u00f6glichst ausgeschaltet. Schon die Tatsache, da\u00df z. B. Pankreassaft manche Polypeptide nicht spaltet, w\u00e4hrend Darmsaft auch diese angreift, und ferner der Umstand, da\u00df das Erw\u00e4rmen einer aktiven Fermentl\u00f6sung auf 60\u201470\u00b0 diese sofort inaktiviert und dann auch nach Tagen eine Spaltung nicht eintritt, macht es sehr unwahrscheinlich, da\u00df die erhaltenen Resultate auf Bakterienwirkung zur\u00fcckzuf\u00fchren sind. Bei Anwendung der optischen Methode ist das Auftreten einer Infektion sehr leicht feststellbar, indem sofort Tr\u00fcbungen auftreten. Endlich haben wir im Laufe der Zeit eine gro\u00dfe Erfahrung \u00fcber das Verhalten von Bakterien gegen\u00fcber Polypeptiden gesammelt. \\\\ ir hatten gehofft, aus der Art des Abbaus bestimmter Polv-","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Vorkommens der peplolytischen Fermente. 345\npeptide eine Grundlage zur Erkennung bestimmter Bakterienarten zu erhalten. Wir hofften, da\u00df bestimmte Bakterienarten gewisse Polypeptide abbauen und andere unangegriffen lassen. Ferner waren unsere Bestrebungen darauf gerichtet, aus bestimmten Substraten bestimmte charakteristische Abbauprodukte zu erhalten. Bis jetzt sind unsere Bem\u00fchungen nach dieser Richtung wenig erfolgreich gewesen. F\u00fcr sehr viele Bakterienarten sind die Polypeptide kein geeignetes N\u00e4hrmateriel und wurden solche angegriffen, dann ergaben sich bald Abbaustufen, die einer weitgehenden Zersetzung des Substrates entsprachen. Schlie\u00dflich haben wir auch Stichproben ausgef\u00fchrt und festgestellt, da\u00df Spaltung von Polypeptiden erfolgt war, ohne da\u00df Bakterien anwesend waren. Die Platten blieben steril.\nNeuerdings hat Biedermann1) wieder auf den Einwand aufmerksam gemacht, den man allen \u00fcber l\u00e4ngere Zeit sich erstreckenden Versuchen mit Organpre\u00dfs\u00e4ften und Verdauungss\u00e4ften machen kann, n\u00e4mlich, da\u00df Mikroorganismen mitwirken. Wir haben aus diesem Grunde nochmals eine Reihe ganz besonders sorgf\u00e4ltig vorbereiteter Versuche durchgef\u00fchrt. Es sei gleich bemerkt, da\u00df die erhaltenen Resultate best\u00e4tigen, da\u00df die beobachtete Spaltung auf Fermente der untersuchten Organe und sicher nicht auf Bakterien Wirkung zur\u00fcckzuf\u00fchren ist.\nZun\u00e4chst pr\u00fcften wir Organpre\u00dfs\u00e4fte. Diese wurden in der gewohnten Weise dargestellt und dann durch einen sorgf\u00e4ltig steril gemachten Uhlenhut-Weidanzschen Abf\u00fcllapparat nitriert. Als Substrat w\u00e4hlten wir entweder Polypeptide oder Seidenpepton. Die L\u00f6sung des Substrates wurde durch 2 st\u00e4ndiges Kochen sterilisiert. Das Polarisationsrohr wurde gr\u00fcndlich desinfiziert und zwar mit 5\u00b0/oiger Carbois\u00e4urel\u00f6sung, Alkohol und \u00c4ther. Schlie\u00dflich wurde das Rohr noch 2 Stunden in einem Trockenschrank bei 120\u00b0. aufbewahrt. Nachdem sich das Rohr aut 40\u00b0 abgek\u00fchlt hatte, wurde die Substratl\u00f6sung, deren Temperatur 38\u00b0 betrug, eingef\u00fcllt, und ferner auch die eben filtrierte ^ ermentl\u00f6sung. Eine Toluolschicht schlo\u00df die Fl\u00fcssigkeit nach\n*) W. Biedermann, Die Aufnahme, Verarbeitung und Assimilation der Nahrung, im Handbuch der vergleichenden Physiologie, herausgegeben von Hans Winterstein, 1911.","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"Emil Abderhalden,\n31\u00ab\nau\u00dfen ab. Ferner war der Tubus des Rohres mit sterilisierter, abgebrannter Watte verschlossen. Stets wurde zur Kontrolle ein ebenso gef\u00fclltes Rohr 10 Minuten auf \u00ab0\u00b0 erw\u00e4rmt und ferner eine dritte Probe angesetzt, bei der das Rohr nicht sterilisiert war und ferner kein Toluol zugesetzt wurde. Die auf 60\u00b0 erhitzte Probe ergab nie Spaltung. Die mit gr\u00f6\u00dfter Sorgfalt steril gehaltene Probe zeigte das gleiche Verhalten, wie diejenige, bei der die Fernhaltung von Mikroorganismen nicht so streng durchgef\u00fchrt war. Die Spaltung trat in allen F\u00e4llen fast unmittelbar nach dem Zusatz der Fermentl\u00f6sung ein. Ein Beispiel aus der gro\u00dfen Zahl gleichsinnig verlaufener Versuche m\u00f6ge das belegen.\n0\tccm 3 .!4-Mol. Glycyl-l-tyrosinl\u00f6sung.\n1\tLeberpre\u00dfsaft.\nZeit 1 Minute nach dem Mischen von\tWinkel\nSubstrat und Fermentl\u00f6sung\t-i- 0,76\u00ab\nnach 5 Minuten\tH * 0,72\nV 10\t-j- 0,\u00ab7\"\n15\t-f- 0,60\"\n20\t+ 0,55 \u00ab\n2 :>\t-j \u25a0 0,50\"\n30\t-f 0,47\"\n- 35\t-j- 0,43\"\nv t()\t\u25a0 -|-0,38\"\nHier wurde der Versuch abgebrochen und das <\t\nauf Bakterien untersucht. Es erwies sich als steril.\nWir haben ferner folgenden Versuch ausgef\u00fchrt und sehr oft wiederholt. Wir entnahmen einem Tiere, einem Frosch oder einem Meerschweinchen resp. Kaninchen sofort nach der T\u00f6tung unter Anwendung aller Ma\u00dfregeln zur Vermeidung einer Infektion \u2014 aseptische und antiseptische Ma\u00dfnahmen \u2014 noch lebenswarm ein bestimmtes Organ, z. B. die Niere. Dann wurde dieses mit gl\u00fchenden Messern an der Oberfl\u00e4che vollst\u00e4ndig abgebrannt und nun rasch in das Gewebe mit einer sorgf\u00e4ltig sterilisierten Pravazspritze eine durch langes Kochen sterilisierte L\u00f6sung von Seidenpepton eingespritzt. Das Organ wurde dann","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Vorkommens der peptolytischen Fermente. Hi-7\nin einer sterilisierten Schale 6\u20148 Stunden im Brutschrank aufbewahrt, dann in derSchale auf 0\u00b0 abgek\u00fchlt und nun nachgesehrn, ob Tyrosin ausgefallen war. Es war dies regelm\u00e4\u00dfig der Fall.\nWir glauben, da\u00df durch diese Versuche einwandfrei bewiesen ist, da\u00df die von uns beobachteten, auf Zusatz von Organpre\u00dfs\u00e4ften resp. Verdauungss\u00e4ften erfolgten Spaltungen von Polypeptiden durch die in diesen L\u00f6sungen enthaltenen peptolytischen Fermente bewirkt worden sind und nicht durch Fermente von Mikroorganismen herbeigef\u00fchrt wurden.\nIm Anschlu\u00df an diese Versuche sei noch \u00fcber Versuchsreihen berichtet, die die Frage verfolgten, ob im Speichel und Sputum sich Fermente vorfinden, die Polypeptide spalten. Wir hatten seinerzeit diese Versuche gemeinsam mit A. H. K\u00f6lker begonnen. Es zeigte sich, da\u00df Speichel unter gew\u00f6hnlichen Verh\u00e4ltnissen weder Glycyl-l-tyrosin noch.dl-Leucvl-glycin spaltet. Es w\u00e4re ja denkbar gewesen, da\u00df im Speichel sich Zelltr\u00fcmmer finden und damit auch die Zellfermente. Wir haben diese Versuche fortgesetzt und bei Anwendung der genannten Dipeptide eine Spaltung nie beobachten k\u00f6nnen. Der Speichel war stets durch eine Chamberland-Kerze filtriert worden.1) Unterdessen hat K\u00f6lker2) mitgeteilt, da\u00df der Speichel dl-Alanyl-glyein und ferner 1-Leucyl-glycyl-d-alanin spaltet. Schon vorher hat Warfield3) beobachtet, da\u00df Speichel (ilycyl-l-tryptophan zerlegt. Weitere Untersuchungen m\u00fcssen zeigen, ob hier ein regelm\u00e4\u00dfiger Befund vorliegt.\nWir haben gemeinsam mit Herrn Dr. Stra\u00dfner Versuche unternommen, um die Frage zu entscheiden, ob der Gehalt des Sputums an peptolytischen Fermenten bei verschiedenen Erkrankungen, wie Tuberkulose, Asthma usw. ein verschiedener ist. Vor allem interessierte uns das Verhalten des Auswurfes\n'] Die Kerzen m\u00fcssen stets von Fall zu Fall auf ihre F\u00e4higkeit. Bakterien zur\u00fcckzuhalten, gepr\u00fcft werden.\n*) A. H. Koelker. \u00dcber ein Dipeptid- und Tripeplid-spaltendes Enzym des Speichels, Diese Zeitschrift, Bd. 7B, S. 27. 1911.\nL. M. Warfield, Johns Hopkins Hospital Bulletin. Bd. 22. S. 150, 1911 (zitiert nach Koelker, l. c.).","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"Enii! Abderhalden, \u00dcber peptulytische Fermente.\n348\nin verschiedenen Stadien der Pneumonie. Bekanntlich hat Friedrich M\u00fcller nachgewiesen, da\u00df die L\u00f6sung mit einer richtigen Verdauung des ausgeschiedenen Fibrins in den Bronchiolen einhergeht. Wir wollen gleich das erhaltene Resultat vorwegnehmen. Es ergab sich, da\u00df der Auswurf bei der Pneumonie vor der Krise entweder garnicht spaltete oder doch nur ein sehr geringf\u00fcgiges Spaltverm\u00f6gen zeigte. Mit der Krise setzte ein sehr erhebliches Spaltver-m\u00f6gen ein. dl-Leucyl-glycin wurde in seine Komponenten zerlegt. Die Versuche wurden in der folgenden Weise ausgef\u00fchrt. Das frisch gesammelte Sputum wurde durch eine Chamberland-Kerze durchgesaugt und das Filtrat auf eine sterilisierte L\u00f6sung von dl-Leucyl-glycin einwirken gelassen. Es wurde dann sofort das Drehungsverm\u00f6gen des Gemisches abgelesen und dieses dann von Zeit zu Zeit wieder festgestellt. In der Zwischenzeit wurde das Polarisationsrohr nebst Inhalt im Brutschrank aufbewahrt. In einzelnen F\u00e4llen war das Sputum so z\u00e4h, da\u00df wir es mit der doppelten Menge physiologischer Kochsalzl\u00f6sung in einer Reibschale vermischen mu\u00dften, um ein Filtrat zu erhalten. Sehr gute Resultate gab auch hier der l hlenhut-Weidanzsehe Abf\u00fcllapparat. Vom dl-Leucyl-glycin verwendeten wir 1,88 g und l\u00f6sten dieses in 100 ccm physiologischer Kochsalzl\u00f6sung. Wir gaben dann zu 3,1 ccm der Sputumfl\u00fcssigkeit 3,1 ccm der dl-Leucyl-glycinl\u00f6sung und 3,1 ccm physiologischer Kochsalzl\u00f6sung. Erw\u00e4hnt sei, da\u00df wir selbstverst\u00e4ndlich bei jedem einzelnen Versuche eine Kontrollprobe beobachteten, bei der an Stelle der Dipeptidl\u00f6sung physiologische Kochsalzl\u00f6sung zugesetzt war. Wir konnten so feststellen, ob das Sputum seine Anfangsdrehung beibeh\u00e4lt. Es war das fast ausnahmslos der Fall. Wir verf\u00fcgen bis jetzt \u00fcber 10 F\u00e4lle von Pneumonie. Das Resultat war stets dasselbe. Sobald das Material ein gr\u00f6\u00dferes ist, sollen die einzelnen F\u00e4lle unter Ber\u00fccksichtigung des klinischen Verlaufes an anderer Stelle mitgeteilt werden. Wir zweifeln nicht daran, da\u00df die l ntersuehung des Sputums bei verschiedenen Krankheiten auf den Gehalt an einzelnen Fermenten mancherlei interessante Resultate ergeben wird.","page":348}],"identifier":"lit19503","issued":"1912","language":"de","pages":"344-348","startpages":"344","title":"Zur Kenntnis des Vorkommens der peptolytischen Fermente","type":"Journal Article","volume":"78"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:25:24.821677+00:00"}