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{"created":"2022-01-31T15:49:55.207452+00:00","id":"lit19521","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Willst\u00e4tter, Richard","role":"author"},{"name":"Ernst Hug","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 79: 146-163","fulltext":[{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Scopolamins.\nVon\nRichard Willsttttter und Ernst Hng.\n\u00abMitteilung aus dem chemischen Laboratorium der Eidgen\u00f6ssischen Technischen\nHochschule in ZUrich.)\nDer Redaktion zugegangen am 20. April 1912.)\nTheoretischer Teil.\nDie Haltbarkeit des Scopolamins ist eine wichtige Frage, die von Pharmakologen und \u00c4rzten h\u00e4ufig er\u00f6rtert und sehr verschieden beantwortet wird. In den letzten Jahren sind namentlich aus den Instituten von H. Kionka und von A. Heffter entgegengesetzte Urteile \u00fcber die Best\u00e4ndigkeit von Scopolamin-l\u00f6sungen ver\u00f6ffentlicht worden.\nKionka1) schreibt in seiner Untersuchung einleitend: * Scopolamin gilt von jeher als schlecht haltbares und in seiner Zusammensetzung m\u00f6glicherweise ungleiches Pr\u00e4parat. > Er pr\u00fcft die Haltbarkeit mit dem Ergebnis, da\u00df die L\u00f6sung von Scopol-aminsalz beim Aufbewahren in einigen Monaten eine Einbu\u00dfe an optischer Aktivit\u00e4t infolge von Autorac\u00e9misation erleide. Nichtsdestoweniger ergibt seine pharmakologische Untersuchung, da\u00df die Wirkung der Scopolaminl\u00f6sung beim Aufbewahren sich weder qualitativ und quantitativ irgendwie \u00e4ndere.\nGanz abweichend sind die Ergebnisse der im Institut Heffters ausgef\u00fchrten Arbeit von H. Langer;2) er findet, da\u00df das Scopolamin sich beim Aufbewahren der L\u00f6sung in sterilen Ampullen derart ver\u00e4ndere, da\u00df z. B. die Wirkung an Froschherzen in 5 Monaten auf ein Drittel, in 9 Monaten auf ein Siebzehntel zur\u00fcckgehe.\nEs w\u00e4re von gro\u00dfem Interesse, chemische Ver\u00e4nderungen beim Aufbewahren dieses Alkaloids und des analog konsti-\nb 11- Kionka, Therapie der Gegenwart, Bd. 4\u00ee), S. 11 (1R08).\n*\u00bb\u2022 H. Langer, Therapeutische Monatshefte, Bd. 26, Heft 2, S. 121\n\u00bb 11*121.\nI","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Scopolamins.\n147\ntuierten Atropins zu finden. Deshalb haben wir die Frage der Haltbarkeit in L\u00f6sung mit chemischen Methoden untersucht.\nIm Molek\u00fcl des Scopolamins sind folgende Variationen und Ver\u00e4nderungen m\u00f6glich:\n1.\tDas Scopolamin wird optisch aktiv, n\u00e4mlich linksdrehend, zur Anwendung gebracht und zwar mit verschieden gro\u00dfem Drehungsverm\u00f6gen. Ferner findet es sich racemisch im Handel. Differenzen in den pharmakologischen Beobachtungen k\u00f6nnten auf der optischen Verschiedenheit der Handelsprodukte sowie auf der optischen Ver\u00e4nderung eines bestimmten Pr\u00e4parates durch Autorac\u00e9misation beruhen.\n2.\tBei dem Aufbewahren in L\u00f6sung kann Hydrolyse der Estergruppen erfolgen, das Alkaloid kann in tropasaures Sco-polin \u00fcbergehen.\n3.\tIm Rest der Tropas\u00e4ure kann ein Molek\u00fcl Wasser austreten, das Alkaloid kann sich also in eine dem Apoatropin analoge Apoverbindung umwandeln. Eine Umwandlung in Apoatropin selbst, die von Medizinern1) bef\u00fcrchtet wird, ist ausgeschlossen.\n4.\tIm Molek\u00fcl der basischen Komponente, n\u00e4mlich in der Oxydgruppe des Scopolins, ist eine Ver\u00e4nderung durch Hydrolyse denkbar.\nDrehungs verm\u00f6gen.\nF\u00fcr unsere Untersuchung haben Pr\u00e4parate von Scopolamin hydrobromicum gedient, welche wir von der Firma F. Hoffmann-La Roche in Grenzach (Baden) bezogen haben. Das Salz war linksdrehend, sein spezifisches Drehungsverm\u00f6gen\n!w)d = \u2014 26,0\u00b0 stimmte mit der Angabe von E. Schmidt*) \u00fcberein, es war nur ein klein wenig h\u00f6her als das bisher in der Literatur verzeichnete Drehungsverm\u00f6gen.\nDie optische Aktivit\u00e4t des Salzes \u00e4nderte sich bei langem Aufbewahren der L\u00f6sung nicht im geringsten. Diese Beobachtung steht in vollem Einklang mit den Untersuchungen von\n') J. Gauss, M\u00fcnchener med. Wochenschr., 1007, S. 157.\n') E. Schmidt, Arch. d. Pharm., Bd. 230, S. 207 (1802).","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nRichard Willst\u00e4tter und Ernst Hug.\n.). (ladamer,1) der gezeigt hat, da\u00df sich wohl die freien So-lanaceenbasen, aber nicht ihre Neutralsalze autoracemisieren.\nHydrolyse der Estergruppe im Scopolamin.\nWenn Scopolamin in der L\u00f6sung seines Salzes hydrolytisch zersetzt wird unter Bildung von Scopolin und Tropas\u00e4ure nach der Bleichung:\n/C1I2011\t/ch2oh\nC;H5-C:II\t+H2\u00fc-C0H5-CH + ChHIs02N \u2022 HBr.\nN:00-C8H120NHBr\tXCOOH\ndann wird der (lang der Hydrolyse durch das Auftreten von S\u00e4ure kenntlich.\nUnsere L\u00f6sung des Handelspr\u00e4parates von bromwasser-stolfsaurem Scopolamin war 0,5\u00b0/oig. Sie reagierte auf Methylrot nicht vollkommen neutral, sie gab mit demselben eine dem \u00dcbergangspunkt nahestehende rote Nuance; mit 8\u00b0'oo von einem \u00c4quivalent Alkali schlug der Indikator in gelb um.\nBeim Aufbewahren der L\u00f6sung z. B. innerhalb 250 Tagen haben wir den Neutralisationspunkt ganz unver\u00e4ndert gefunden. Keine Spur S\u00e4ure war gebildet. Die schwach saure Reaktion der Handelsprodukte beruht auf einer kleinen Verunreinigung durch Brom Wasserstoff; das reine Salz reagiert neutral. Es verdien! untersucht zu werden, ob vielleicht Differenzen in den Wasserstoffionenkonzentrationen der Handelspr\u00e4parate f\u00fcr irgendwelche Schwankungen bei den pharmakodynamischen Beobachtungen verantwortlich gemacht werden k\u00f6nnen, \u00e4hnlich wie kleine Differenzen in der Wasserstoffionenkonzentration viele Enzyni-reaktionen beeinflussen.\nUm solche m\u00f6glichen Differenzen auszuschalten, mag es sich empfehlen, das Salz mit neutraler Reaktion f\u00fcr die Pr\u00fcfung anzuwenden.\nApoverbindung.\nW. Luboldt2) hat einmal ohne Erfolg versucht, durch Einwirkung von konzentrierter Schwefels\u00e4ure auf Scopolamin Apo-\n\u2018) J. Gadamer, Arch. d. Pharm., Bd. 239, S. 294 (1901)\n*) W. Luboldt. Arch. d. Pharm.. Bd. 236, S. 15 (1889).\n","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Scopolamins.\n149\nscopolamin darzustellen. Hieraus schlie\u00dft Kionka, da\u00df bei der Ver\u00e4nderung von Scopolamin in den L\u00f6sungen die Bildung einer Apoverbindung nicht wahrscheinlich sei. Indessen gelingt es leicht und quantitativ, die Abspaltung von Wasser im Scopolamin vorzunehmen und das Aposcopolamin in krystallisiertem Zustand zu isolieren.\nBei der Einwirkung von konzentrierter Schwefels\u00e4ure auf Atropin oder Scopolamin bleibt das Alkaloid ges\u00e4ttigt: verd\u00fcnnt man die saure L\u00f6sung, so ist sie gegen Permanganat und gegen Brom vollkommen best\u00e4ndig. Sobald man aber die Fl\u00fcssigkeit mit Kalilauge alkalisch macht, enth\u00e4lt sie quantitativ Apoatropin bezw. Aposcopolamin. Man braucht nur wieder anzus\u00e4uern und lindet jetzt die L\u00f6sung unbest\u00e4ndig gegen Permanganat und gegen Brom. Das Aposcopolamin l\u00e4\u00dft sich aus der alkalischen Fl\u00fcssigkeit isolieren; wir beschreiben im experimentellen Teil die sch\u00f6ne Base.\nAus diesen Beobachtungen folgt, da\u00df die L\u00f6sungen von Atropin und Scopolamin in konzentrierter Schwefels\u00e4ure Verbindungen von einer neuen Art enthalten, die in saurer L\u00f6sung keine unges\u00e4ttigten Derivate liefern, die aber in alkalischer L\u00f6sung quantitativ zerfallen unter Bildung der Apoalkaloide. Diese Zwischenprodukte lassen sich ausgezeichnet fassen, wenn man die L\u00f6sung in konzentrierter Schwefels\u00e4ure verd\u00fcnnt und mit Ammoniak neutralisiert. Dann krystallisieren die Verbindungen der Alkaloide mit Schwefels\u00e4ure aus, nicht etwa die schwefelsauren Salze, sondern die Schwefels\u00e4ureester, welche durch die Beaktion der alkoholischen Hydroxylgruppe des Tropa-s\u00e4urerestes mit einem Hydroxyl der Schwefels\u00e4ure gebildet sind.\nDiese Esterschwefels\u00e4uren sind nat\u00fcrlich zu inneren Salzen abges\u00e4ttigt:\n0----LH, CH-C.,11,\n/\tI\nso,\tt: \u2014 o\n^o-noc,h\u201e-A\n/\nii\nScopolam i nscli wefels\u00e4u re.","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nRichard Willst\u00e4lter und Ernst Hug,\nCH*\tCH\t\tch;h vSooc\tH\n\t\\ M CH-N(\t\t! -C-CeH* 1\nI\t\ti\t\nCIL\tCH \\\tCIL\tCH.\n\\ /\n0 - SO* - 0\nAtropinschwefels\u00e4ure.\nIn gleicher Weise liefern die quatern\u00e4ren Ammoniumver-bindungen des Atropins und Scopolamins Esterschwefels\u00e4uren mit intramolekularer Salzbildung, z. B.\nCH*\nCH\n\\\nCH*\nh\nH\nCH.,\u2014N -CH, VS-OOC-C-CcH:,\nCH*-----CIi\\----CH, CH*\n\\ /\n0\u2014SO*\u20140\nAtropinmethylammoniumschwefels\u00e4ure.\nAnstatt mittels Schwefels\u00e4ure kann man auch mit Hilfe von Chlorwasserstoff die Bildung des Aposcopolamins bewirken. Man ersetzt im Tropas\u00e4urerest des Alkaloids durch Behandeln mit Thionylchlorid oder Phosphorpentachlorid das alkoholische Hydroxyl durch Chlor und erh\u00e4lt so den Chlorhydratropas\u00e4ure-ester des Scopolins. Dieser ist in saurer L\u00f6sung ges\u00e4ttigt und best\u00e4ndig; sobald aber die chlorierte Base isoliert und ihre \u00e4therische L\u00f6sung abgedampft wird, isomerisiert sie sich zum Chlorhydrat des Aposcopolamins. Diese Reaktion ist bei dem auf synthetischem Wege erhaltenen analogen Derivate des Atropins von R. Wolffenstein und L. Mamlock1) aufgefunden worden.\nDas Aposcopolamin l\u00e4\u00dft sich au\u00dfer mit Permanganat auch durch die Addition von Brom nachweisen. In w\u00e4sseriger L\u00f6sung gibt das Aposcopolaminsulfat eine flockige Perbromidf\u00e4llung und kann daher mit Brom nicht quantitativ bestimmt werden. Arbeitet man hingegen in starker Schwefels\u00e4ure, so erfolgt glatt die Entf\u00e4rbung von 1 Mol. Brom ohne Perbromidbildung. Damit ist eine Methode gegeben, um quantitativ in Gemischen von Scopol-amin oder Atropin mit den Apoalkaloiden die letzteren zu bestimmen.\n*) Her. d. Deutsch, ehern. Ges., Bd. 41, S. 723 (1908).","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Scopolamins.\t15t\nI\nEs hat sich indessen gezeigt, da\u00df bei beliebigem Aufbewahren der w\u00e4sserigen L\u00f6sung von Scopolaminhydrobromid keine Spur Apoverbindung entsteht.\nDie Best\u00e4ndigkeit des Scopolins.\nDas Scopolin' enth\u00e4lt zwei Sauerstoffatome mit verschiedenen Funktionen: das eine in der Form einer alkoholischen Hydroxylgruppe, welche die Tropas\u00e4ure bindet, das zweite ist weder als Hydroxyl- noch als Carbonylgruppe vorhanden, denn Scopolin ist gegen Phenylhydrazin und Hydroxylamin indifferent.1) Es bleibt also nur \u00fcbrig, das zweite SauerstolV-atom \u00e4therartig gebunden anzunehmen.\nUm zu pr\u00fcfen, ob diese Oxydgruppe im Scopolin vielleicht einen Angriffspunkt f\u00fcr Ver\u00e4nderungen durch Hydrolyse bietet, haben wir das Verhalten gegen konzentrierte Schwefels\u00e4ure vergleichend mit Tropin und Scopolin gepr\u00fcft. Sie verbinden sich mit der Schwefels\u00e4ure wie Scopolamin zu Esters\u00e4uren: beim Alkalischmachen geht infolgedessen wenig Base in \u00c4ther. Verd\u00fcnnt und erhitzt man aber die schwefelsaure L\u00f6sung, so werden durch Hydrolyse Tropin und Scopolin unver\u00e4ndert entbunden, und sie lassen sich dann aus alkalischer Fl\u00fcssigkeit ausziehen.\nDie Reaktion der Schwefels\u00e4ure erfolgt also nur am Hydroxyl, das ja im Scopolamin nicht frei existiert. Substituieren wir im Scopolin das Hydroxyl durch Chlor, so fehlt f\u00fcr die Schwefels\u00e4ure die Reaktionsm\u00f6glichkeit und die chlorierte Base l\u00e4\u00dft sich aus konzentriert-schwefelsaurer L\u00f6sung sogar nach dem Erhitzen auf 100\u00b0 beim \u00dcbers\u00e4ttigen mit Alkali ohne Ver\u00e4nderung des \u00e4therartig gebundenen Sauerstoffs wieder gewinnen.\nDie Oxydgruppe im Scopolin und Scopolamin zeichnet sich also durch gr\u00f6\u00dfte Best\u00e4ndigkeit aus.\n\u2019) R Willst\u00e4tter. Ber. d. Deutsch, chem. Ges.. Bd. 29, S. 157h (IHM). \u2014 E. Schmidt. Arch. d. Pharm.. Bd. 243, S. 559 (1905).","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"Richard Willst\u00e4lter und Ernst Hug.\n1 52\nZusammenfassung.\nScopolaminsalz bleibt beim Aufbewahren in L\u00f6sung in allen physikalischen und chemischen Merkmalen unver\u00e4ndert. Dies zwingt zu der Schlu\u00dffolgerung, da\u00df es in seiner physiologischen Wirkung keine Ver\u00e4nderung erleidet. Eine pharmakologische Untersuchung, die unter der Leitung des Herrn 1\u2018rof. Llo et ta ausgef\u00fchrt worden ist und an anderer Stelle ver\u00f6ffentlicht werden soll, hat das Ergebnis der chemischen Methoden vollkommen best\u00e4tigt.\nExperimenteller Teil.\nI Untersuchung von L\u00f6sungen des Socopolaminhydrobromids.\nDie optische Aktivit\u00e4t.\nWegen des schon von 0. Hesse1) beobachteten schwankenden Wassergehalts des bromwasserstofTsauren Scopolamins ist es erforderlich, den Trockenverlust zu bestimmen und das spezifische Drehungsverm\u00f6gen f\u00fcr das wasserfreie Salz anzugeben. Hei den Literaturangaben fehlt h\u00e4ufig die Wasserbestimmung. Die Beobachtungen \u00fcber das Drehungsverm\u00f6gen sind schwankend; dasselbe betr\u00e4gt nach den zuverl\u00e4ssigsten Angaben ann\u00e4hernd 26\u00b0; z. B. haben E. Schmidt und A. Partheil2) beobachtet: (a)() = \u201425,71\u00b0.\nDas f\u00fcr unsere Versuche angewandte Hydrobromid erlitt im Vakuum einen Gewichtsverlust von 10,7o/o. Das spezifische Drehungsverm\u00f6gen in w\u00e4sseriger L\u00f6sung (c = 4,5; wasserfreies\nSalz) betrug: [a|J\u201d = \u2014 26,0\u00b0. Die 0,5\u00b0/oige w\u00e4sserige L\u00f6sung (15 1) des Salzes haben wir mit und ohne kleine Mengen von Toluol in Ampullen aus Jenaer Ger\u00e4teglas und aus Durax-Glas eingef\u00fcllt. Dieselben wurden zugeschmolzen und teils im Dunkeln, teils im Sonnenlicht aufgestellt und nach einem halben Jahre untersucht. Das spezifische Drehungsverm\u00f6gen bestimmten wir nach dem \u00d6ffnen der Ampullen und Einengen der L\u00f6sungen\n') 0. Hesse, Journ. f. prakt. Chem.. Bd. f>4, S. 358 (19011.\n\u00bb) K. Schmidt, Arch. d. Pharm., Bd. 230, S. 207 (1892;.","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Scopolaniins.\n153\nbei 45\u00bb im Vakuum und fanden es unver\u00e4ndert, n\u00e4mlich\nm,T = - 26,1\u00bb.\nAuch der Schmelzpunkt des bromwasserstoftsauren Salzes war nach dem Eindampfen der aufbewahrten L\u00f6sung zur Trockne \u2022renau gleich wie bei frischem 1-Hydrobromid, n\u00e4mlich 19r>\u00ab, w\u00e4hrend das 1 + d-Salz bei 180\u00ab schmilzt. Bei der Mischprobe aus dem wieder isolierten Salz mit getrocknetem racemischem llvdrobromid sank der Schmelzpunkt auf 182\u00bb.\nBie Heaktion auf Indikatoren.\nDie w\u00e4sserige L\u00f6sung des Handelspr\u00e4parates vom bromwasserstoffsauren Scopolamin reagiert sehr schwach sauer und beh\u00e4lt diese Reaktion bei langem Aufbewahren in Glasgef\u00e4\u00dfen. Von der frisch bereiteten 0,5\u00bb/\u00bbigen L\u00f6sung des Salzes erlorderten 40 ccm mit Methylrot als Indikator 1 Tropfen \"/m-XaOH zum Umschlag in die Neutralfarbe und 2 Tropfen 11 m-N'aOII zum v\u00f6lligen Umschlag in gelb. Bei der Neutralisation mit n,ioo-NaOH ist der Umschlag von Methylrot weniger scharf\u2019 f\u00fcr 40 ccm waren 0.45 ccm \" loo-NaOH erforderlich.\nNach 175 und 240 Tagen war die L\u00f6sung unver\u00e4ndert m der Acidit\u00e4t. Sie erforderte wieder 0,45 ccm \"ion-NaOII eder 1-2 Tropfen So-NaOH. S\u00e4mtliche unter verschiedenen Bedingungen auf bewahrten L\u00f6sungen verhielten sich gleich. Hydrolytische Spaltung hat also nicht stattgefunden.\nTropas\u00e4ure allein und Fropas\u00e4ure neben Scopolaminsalz \u2022ater einem \u00e4hnlichen Alkaloidsalz gibt bei der Neutralisation mit Methylrot als Indikator nur ann\u00e4hernd brauchbare Werte. Indessen verr\u00e4t sich schon eine Beimischung von 1 \u00ab/o Tropas\u00e4ure in unserer Scopolaminsalzl\u00f6sung durch einen Mehrverbrauch an Alkali bei der Neutralisation.\nDie geringe saure Reaktion des I landeispr\u00e4parates von bromwasserstoffsaurem Scopolamin ist auf eine Beimischung von \u00fcbersch\u00fcssigem Bromwasserstoff zur\u00fcckzufiihren.\nAls wir das Salz zweimal aus Wasser, dann zweimal \u2022ms absolutem Alkohol, endlich wieder aus Wasser umkrystal-isierten, ging schon bei den ersten Umkrystallisationen die 'Sure Heaktion zur\u00fcck und das f\u00fcnfmal umkrystallisierte Salz","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\nRichard Willst\u00e4tter und Ernst Hug.\nreagierte auf Methylrot neutral; 40 ccm der 0,5\u00b0/oigen L\u00f6sung gaben mit Methylrot sofort die \u00dcbergangsfarbe und auf Zusatz von einem kleinen Tropfen n/io-NaOH Umschlag in entschiedenes Gelb.\nVon einem Handelspr\u00e4parat neutralisierten wir 15 g. gel\u00f6st in 50 ccm warmem Wasser, mit Natronlauge (erforderlich zum Umschlag in gelb 3,5 ccm n/io-NaOH) und lie\u00dfen das Salz auskrystallisieren. Aus der mit Methylrot gelb gef\u00e4rbten L\u00f6sung schied sich Hydrobromid aus, das mit dem Indikator die Neutralfarbe gab, sich also ebenso verhielt wie das h\u00e4ufig umkrystal-lisierte Salz.\nPr\u00fcfung auf die Bildung einer Apoverbindung.\nZur qualitativen Pr\u00fcfung auf eine Beimischung von unges\u00e4ttigtem Alkaloid eignet sich die Permanganatprobe. Am besten wird sie mit der schwefelsauren1) L\u00f6sung des Alkaloides angestellt, das bromwasserstofTsaure Salz ist nat\u00fcrlich nicht f\u00fcr l\u00e4ngere Zeit permanganatbest\u00e4ndig, aber doch ausreichend f\u00fcr einen deutlichen Unterschied gegen\u00fcber einem mit Apo-alkaloid verunreinigten Pr\u00e4parate.\nF\u00fcr die quantitative Bestimmung einer Beimischung von Apoverbindung finden wir die Titration mit Brom in schwefelsaurer L\u00f6sung zweckm\u00e4\u00dfig. Wir versetzen die Probe von 10 ccm 0,5\u00b0/oiger L\u00f6sung des bromwasserstolfsauren Salzes mit 5 ccm konzentrierter Schwefels\u00e4ure, um bei etwaigem Bromverbrauch die Ausscheidung eines Perbromids hintanzuhalten. Wenn keine Apoverbindung vorhanden ist, wird auf Zusatz von 1 Tropfen n/2o-Brom die L\u00f6sung bereits gelb und die T\u00fcpfelprobe auf Jodkaliumst\u00e4rkepapier gibt deutliche Bl\u00e4uung.\nSetzen wir l\u00b0/o Aposcopolamin (0,0014 g) hinzu, so sind 7 Tropfen n ao-Brom erforderlich.\nBei den 14\u2014\u2018la Jahr aufgestellten Proben der L\u00f6sung war niemals ein derartiger Verbrauch von Brom zu beobachten, sondern in allen F\u00e4llen ergab die Pr\u00fcfung mit Brom, ebenso\nR. Willst\u00e4tter, Ber. d. Deutsch, chem. Ges., Bd. 28. S. 228c (1895), und Bd. 33, S. 1107 (1900).","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Scopolamins.\n155\nwie mit Permanganat, das vollkommene Fehlen eines unges\u00e4ttigten Alkaloids.\nII. Esters\u00e4uren aus Scopol&min und Atropin mit Schwefels\u00e4ure\n/CH,----0-\u2014SO,\nAtropinschwefels\u00e4ure, c,.H6\u2014CH\nV.OO\u2014C8Hi:,N-()\nDurch Aufl\u00f6sen von Atropin oder Atropinsulfat in gew\u00f6hnlicher konzentrierter Schwefels\u00e4ure (f\u00fcr 1 g Alkaloid 4 ccm) wird die Bildung der Esters\u00e4ure bei gew\u00f6hnlicher Temperatur in etwa einer halben Stunde ohne erhebliche Spaltung des Alkaloids bewirkt: die schwefelsaure Fl\u00fcssigkeit enth\u00e4lt selbst bei l\u00e4ngerem Stehen kein Apoatropin, da sie kein Brom zu entf\u00e4rben vermag. Wir verd\u00fcnnen die L\u00f6sung unter sorgf\u00e4ltiger K\u00fchlung mit Wasser und versetzen sie bis zu schwach alkalischer Reaktion mit Ammoniak. Dann krystallisiert im Laufe einiger Stunden die Atropinschwefels\u00e4ure in einer Ausbeute ' von 50 bis gegen 80\u00b0/o der Theorie aus. Sie l\u00e4\u00dft sich ohne Zersetzung aus hei\u00dfem Wasser umkrystallisieren und scheidet sich sch\u00f6n aus in gl\u00e4nzenden farblosen Prismen. Diese sind wasserfrei; sie schmelzen bei 238\u2014239\u00b0 und zwar nicht ohne Zersetzung, denn die Schmelze enth\u00e4lt das Salz des Apoatropins.\n0,2008 g gaben 6,5 ccm Stickstof\u00ee (13,5\u00b0, 725 mm).\n0,3435 \u00bb\t\u00bb\t0,2254 g BaS04 (nach Garius).\nBerechnet f\u00fcr C17H23O\u00dfNS:\tGefunden:\nN 3,79 S 8,69\nDie Atropinschwefels\u00e4ure l\u00f6st sich in kaltem Wasser schwer, in hei\u00dfem leicht, n\u00e4mlich bei 30\u00b0 l\u00f6sen 100 ccm Wasser 1.0 g, bei 15\u00b0 0,5 g von der Substanz; die Esters\u00e4ure ,ist also weit schwerer l\u00f6slich als Atropinsulfat. Die Reaktion der-L\u00f6sung ist neutral. Leichter l\u00f6st sich die Verbindung in verd\u00fcnnten S\u00e4uren und in verd\u00fcnntem Ammoniak. In Alkohol und anderen organischen L\u00f6sungsmitteln ist sie unl\u00f6slich.\nDie Atropinschwefels\u00e4ure gibt in salpeters\u00e4urehaltiger w\u00e4sseriger L\u00f6sung mit Baryumsalz keinen Niederschlag; erst bei","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"t\n*ot)\tRichard Willst\u00e4lter und Ernst Hug,\nl\u00e4ngerem Kochen in stark salpetersaurer L\u00f6sung f\u00e4llt Baryum-sulfat aus. Sie ist gegen Permanganat best\u00e4ndig und addiert in saurer L\u00f6sung kein Brom. Wird sie aber alkalisch gemacht und wieder anges\u00e4uert, so nimmt sie infolge ihrer quantitativen Umwandlung in Apoatropin genau ein Molek\u00fcl Brom auf.\n0,1132 g entf\u00e4rben 10,98 ccm n 20-Brom, d. i. 0,98 Mole.\nScopol am inschwefel s\u00e4ure.\n/CH<----0------SO,\nCoH-OH\nNC00-ChH1;,0N-0\nUm beim Eintr\u00e4gen des Atropins und Scopolamins in konzentrierte Schwefels\u00e4ure die Ausscheidung der Sulfate zu verh\u00fcten, welche in z\u00e4hen Massen lange ungel\u00f6st bleiben, vermischen wir die L\u00f6sungen der Basen in gewissen organischen Solventen langsam mit der konzentrierten S\u00e4ure. Wir lassen unter K\u00fchlen mit Eis-Kochsalzmischung und B\u00fchren mit der Turbine in die L\u00f6sung von 50 g Scopolamin in 300 ccm Tetrachlorkohlenstoff w\u00e4hrend einer halben Stunde 100 ccm reines Monohydrat einflie\u00dfen. Dann f\u00e4hrt man unter Erw\u00e4rmen bis auf Zimmertemperatur mit dem B\u00fchren noch einige Zeit fort. Die Fl\u00fcssigkeit, welche gegen Brom und Permanganat ges\u00e4ttigt bleibt, wird mit dem gleichen Volumen Wasser verd\u00fcnnt und unter K\u00fchlung mit 180 ccm 25\u00b0/oigem Ammoniak tropfenweise vermischt. Die Scopolaminschwefels\u00e4ure f\u00e4llt in einer Ausbeute von 60\u201470\u00b0/o der Theorie (37\u201439,5 g) in krystallinischem Zustand aus und sie l\u00e4\u00dft sich wie das Atropinderivat zum Unterschied von den schwefelsauren Salzen dieser Alkaloide vortrefflich aus Wasser umkrystallisieren. Sie ist darin auch in der Hitze leicht, kalt schwer l\u00f6slich mit neutraler Beaktion auf Methylrot, aber unl\u00f6slich in organischen Solventien. Sie kry-stallisiert in feinen volumin\u00f6sen, sternf\u00f6rmig gruppierten, verfilzten N\u00e4delchen. Schmelzpunkt 244\u00b0 unter Zersetzung.\n0,1658 g gaben 5,4 ccm Stickstoff (14\u00b0, 724 mm).\n0,1974 *\t\u00bb\t0,1200 BaS04. (Nach Carius.)\nBerechnet f\u00fcr C17H2107NS:\tGefunden:\nN 3,46\t3,69\nS 8,37\t8,35.\n1","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Scopolamins.\n157\nAuch die Scopolaminschwefels\u00e4ure enth\u00e4lt keinen direkt f\u00e4llbaren Schwefel. Sie ist in saurer L\u00f6sung ges\u00e4ttigt und verwandelt sich bei der Einwirkung verd\u00fcnnter Alkalien rasch und quantitativ in das Apoderivat. Zun\u00e4chst ist die Scopolaminschwefels\u00e4ure in Alkali unl\u00f6slich, dann geht sie klar in L\u00f6sung, aber diese tr\u00fcbt sich sofort milchig und scheidet das unges\u00e4ttigte Alkaloid in pr\u00e4chtigen Nadeln aus. S\u00e4uert man wiederum mit Schwefels\u00e4ure an, so wird die molekulare Menge Brom addiert.\n0,1192 g. mit 5 ccm 2 n-Na\u00fcH 15 Minuten stehen gelassen und wieder anges\u00e4uert, entf\u00e4rben 12,23 ccm n/*o Brom, d. i. 0,99 Mol.\n0,1449 g addieren unter gleichen Bedingungen 14,62 ccm 11 ->'\u00bb Brom. d. i. 0,97 Mol.\nHomatropinschwefels\u00e4ure.\n/0-------------so,\nC0H6\u2014CH\nXC00-ChHi5N-0\nDie Verbindung des Homatropins mit Schwefels\u00e4ure entsteht schwieriger als die Esters\u00e4uren aus den Derivaten der Tropas\u00e4ure, weil das alkoholische Hydroxyl im Homatropin sekund\u00e4r gebunden ist. Die Ausbeute lie\u00df sich nicht \u00fcber 50\u00b0/n der Theorie steigern, denn man kann die Behandlung mit der konzentrierten S\u00e4ure wegen der Zersetzlichkeit des Alkaminesters nicht lang andauern lassen. Die Homatropinschwefel-s\u00e4ure f\u00e4llt als sirup\u00f6se Masse aus, aber auch sie krystallisiert gut aus hei\u00dfem Wasser. In ihren L\u00f6slichkeitsverh\u00e4ltnissen entspricht sie den beschriebenen Esters\u00e4uren.\nDie Homotropinschwefels\u00e4ure krystallisiert in rhombenf\u00f6rmigen Bl\u00e4ttchen, die im exsikkatortrockenen Zustand 1 Mol. Krvstallwasser enthalten. Dasselbe wird im Vakuum bei 100\u00b0 abgegeben. Die entw\u00e4sserte Substanz schmilzt unscharf gegen 240\u00b0.\n0,5294 g verloren bei 100\u00b0 0,0254 g 0,2379 v \u00bb\t\u00bb\t0,0112 \u00bb\nBerechnet C16H2106NS -f- H20:\tGefunden:\n4,83\t4,80; 4,70.","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\nRichard Willst\u00e4tter und Ernst Hug,\n0,1766 g (wasserfrei) gaben 6,2 ccm Stickstoff (14,5\u00b0, 726 mm) 0,2444 \u00bb\t*\t\u00bb\t0,1608 g BaS04 (nach Carius).\nBerechnet f\u00fcr C16H21OcNS:\tGefunden:\nN 3,94\t3,91\nS 9,03\t9,04.\nDie Homatropinschwefels\u00e4ure ist gegen Permanganat best\u00e4ndig und sie bietet nicht die M\u00f6glichkeit der Umwandlung in ein Apoalkaloid bei der Einwirkung von Alkalien. Beim Versetzen mit Baryumchlorid bleibt ihre L\u00f6sung in der K\u00e4lte klar, erst beim Kochen entsteht Baryumsulfat. Die Konstitution der Esters\u00e4ure ergibt sich aus der Spaltung durch Erw\u00e4rmen mit Alkalien: dabei entsteht nicht eine Sulfos\u00e4ure der Mandels\u00e4ure, sondern die Schwefels\u00e4ure wird abgespalten.\nEsterschwefels\u00e4uren aus Atropin- und Scopolamin-methylammoniumhydroxyd.\nDie aus den Jodmethylaten von Atropin und Scopolamin durch Digerieren mit Silbersuifat erhaltenen quatern\u00e4ren Sulfate liefern beim Aufl\u00f6sen in konzentrierter Schwefels\u00e4ure Esters\u00e4uren, welche die Eigenschaften von inneren quatern\u00e4ren Ammoniumsalzen zeigen. Sie krystallisieren aus, wenn man die Schwefels\u00e4ure Fl\u00fcssigkeit unter sorgf\u00e4ltigster K\u00fchlung und unter R\u00fchren mit Wasser verd\u00fcnnt und mit Ammoniak neutralisiert. Diese Schwefels\u00e4ureverbindungen sind in hei\u00dfem Wasser leicht, in kaltem schwer l\u00f6slich. Sie zeigen neutrale Reaktion und enthalten die Schwefels\u00e4ure nicht in direkt f\u00e4llbarem Zustand; sie sind ges\u00e4ttigt und werden durch Einwirken von Alkalien unges\u00e4ttigt.\nDie quatern\u00e4re Atropinesterschwefels\u00e4ure krystallisiert in gl\u00e4nzenden Bl\u00e4ttchen, die 4 Molek\u00fcle Wasser enthalten und bei 223\u2014225\u00b0 schmolzen.\n0,3254 g verloren bei 100\u00b0 im Vakuum 0,0512 g.\nBerechnet C18H2506NS + 4 H20 :\tGefunden :\n15,83\t15,73.\n0,1241 g (wasserfrei) gaben 3,9 ccm Stickstoff (14\u00b0, 726 mm) 0,2519 g *\t\u00bb\t0,1525 g BaS04 (nach Carius).","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Scopolamins.\n159\nBerechnet f\u00fcr C18H8508NS:\tGefunden:\nN 3.65\t3,50\nS 8,37\t8,32.\nDie entsprechende Verbindung des Scopolamins bildet en vom Schmelzpunkt 238\u2014241 \u00b0.\n0,1968 g (getrocknet) gaben 0,1176 g BaSOt. Berechnet f\u00fcr C18H830,NS:\tGefunden:\nS 8,07\t8,21.\nIII. Aposcopolamin.\nC6H-C\n/\n\\\nch2\nCOO-CsH12ON\nDarstellung aus Scopolaniinschwefels\u00e4ure. Die Ver\u00e4nderung derselben durch Alkalien lie\u00df sich durch die Titration mit Brom quantitativ verfolgen. Dabei haben sich die Bedingungen ergeben^ unter denen die Umwandlung des Tropa-s\u00e4urerestes in den der Atropas\u00e4ure vollst\u00e4ndig stattfindet und \u00ablas unges\u00e4ttigte Alkaloid am besten entsteht: seine Bildung ist wohl zufolge der Bestimmung mit Brom quantitativ, aber ein Verlust bei der Darstellung unvermeidlich, indem durch die Wirkung des alkalischen Mediums ein Teil des empfindlichen Scopoleins gespalten wird.\nWir l\u00f6sten 2 g Scopolaniinschwefels\u00e4ure in 50 c&n lauwarmem Wasser und versetzten die L\u00f6sung nach dem Abk\u00fchlen, noch ehe die Substanz auskrystallisierte, mit 20 ccm Ws-Natron-lauge. Nach einer halben Stunde extrahierten wir das schon last vollst\u00e4ndig auskrystallisierte Aposcopolamin mit \u00c4ther und krystallisierten es nach dem Abdampfen aus niedrig siedendem Petrol\u00e4ther um (Ausbeute 1,1 g).\nDarstellung mittels des Ghlorhydratropas\u00e4ureft cop oleins. Verestert man das Scopolamin mit Salzs\u00e4ure statt mit Schwefels\u00e4ure, so f\u00fchrt die intramolekulare Abspaltung des Halogenwasserstoffs zu dem gleichen Ende wie die Zersetzung der Scopolaniinschwefels\u00e4ure.\nDen Ersatz des Hydroxyls im Scopolamin durch Chlor","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\nRichard Willst\u00e4lter und Ernst Hug.\ngeschah entweder wie heim Scopolin durch Behandeln mit einem Gemisch von Phosphorpentachlorid und Phosphoroxychlorid oder einfacher mit Thionylchlorid. Beim Aufl\u00f6sen von Scopolamin in \u00fcbersch\u00fcssigem Thionylchlorid (in 3 Gewichtsteilen) trat schon in der K\u00e4lte eine lebhafte Reaktion ein, die wir durch Erw\u00e4rmen auf dem Wasserbad vervollst\u00e4ndigt haben. Dann wurde das Thionylchlorid im Vakuum verjagt und der z\u00e4he B\u00fcck-stand von salzsaurem Chlorhydratropas\u00e4urescopolein mit \u00c4ther wiederholt angerieben und gewaschen. Das chlorierte Alkaloid f\u00fchrten wir aus der w\u00e4sserigen L\u00f6sung des Salzes durch Alkalischmachen mit Kaliumcarbonat in \u00c4ther \u00fcber und dampften die L\u00f6sung auf dem VVasserbad ab. Dadurch wird die Umwandlung in das \u00e4therunl\u00f6sliche Chlorhydrat des Aposcopolamins herbeigef\u00fchrt und sie wird vervollst\u00e4ndigt durch mehrmals wiederholtes Abdampfen mit \u00c4ther. Die aus dem Salz isolierte Apobase war nach einmaligem Umkrvstallisieren rein in einer Ausbeute von 50\u00b0/o der Theorie.\nDas Aposcopolamin ist in \u00c4ther und Benzol leicht, beiin Erw\u00e4rmen sehr leicht l\u00f6slich, in Essigester leicht, in Alkohol ziemlich leicht, in Petrol\u00e4ther ziemlich schwer, in Wasser wenig l\u00f6slich. Es krystallisiert aus \u00c4ther in langen Nadeln, aus Petrol\u00e4ther in sch\u00f6nen Prismen, die bei 97\u00b0 schmelzen.\nDie Base entf\u00e4rbt in schwefelsaurer L\u00f6sung augenblicklich viel Permanganat.\n0,1457 g gaben 0,3809 g C02 und 0,087S g H20.\n0,1668 \u00bb\t\u00ab\t7,4 ccm Stickstoff (16,5\u00b0, 726 mm).\nBerechnet f\u00fcr C17H1903N:\tGefunden:\nG 71,47\t71,30\nH 6,71\t6,71\nN 4,91\t4,90.\nUnter den Salzen zeichnet sich das salpetersaure durch Krystallisationsverm\u00f6gen und Luftbest\u00e4ndigkeit aus, w\u00e4hrend das salzsaure zerflie\u00dfliche Nadeln bildet.\nDas Nitrat ist in kaltem Wasser ziemlich schwer, in hei\u00dfem leicht l\u00f6slich. Es krystallisiert in perlmuttergl\u00e4nzenden Bl\u00e4ttchen vom Schmelzpunkt 157\u00b0.","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Seopolamins.\n161\n0,1244 g gaben 8,8 ccm Stickstoff (14,0\u00b0, 725 mm).\nBerechnet f\u00fcr C17H1903N \u2022 H03N Befunden N 7,89\t8,05.\nDas Ghloraurat haben offenbar schon E. Schmidt und W. Luboldt1) in H\u00e4nden gehabt, als sie die Darstellung der Apoverbindung aus Scopolamin mit Schwefels\u00e4ure anstrebten. Sie erhielten ein Golddoppelsalz vom Schmelzpunkt 183\u2014185\u00b0 und einem Goldgehalt von 30,92\u201431,20\u00b0/o. Aber Luboldt interpretierte das Salz unrichtig mit der Annahme, da\u00df die Schwefels\u00e4ure 2 Molek\u00fclen Scopolamin 1 Molek\u00fcl Wasser entzogen habe.\nDas goldchloiwasserstol\u00eesaure Salz ist in Wasser in der K\u00fclte sehr schwer, auch in der Hitze schwer l\u00f6slich. Es kry-stallisiert aus der hei\u00dfen L\u00f6sung in federf\u00f6rroig gruppierten N\u00fcdelchen, aus Aceton in wohl ausgebildeten d\u00fcnnen Prismen. Schmelzpunkt 183\u2014184\u00b0.\n0,1052 g gaben 0,0333 g Au.\nBerechnet f\u00fcr C17H1903N HC14Au Gefunden 31,49\t31,66.\nDas Pik rat ist in kaltem Wasse* und Alkohol fast unl\u00f6slich, in hei\u00dfem Alkohol sehr schwer l\u00f6slich, etwas leichter in hei\u00dfem Wasser. Es krystallisiert daraus in feinen Prismen, die bei 217\u00b0 schmelzen.\nDas Jodmethylat krystallisiert aus Alkohol in kurzen, derben, gl\u00e4nzenden Prismen, die bei 238\u00b0 unter Zersetzung schmelzen. Es ist schwer l\u00f6slich in kaltem Alkohol und in W asser, leicht in hei\u00dfem Alkohol, schwer in Aceton.\nIV. Die Best\u00e4ndigkeit des Oxydringes im Scopolin.\nDas Scopolin haben wir von der Firma E. Merck bezogen. Es schmolz unscharf bei 82\u00b0 und enthielt eine erheb-I che Beimischung von Tropin und ip-Tropin. Zur Reinigung verwandelten wir die Base in ihr Pikrat. Bei fraktioniertem Krystallisieren erhielten wir das Scopolinpikrat rein in kurzen I rismen vom Schmelzpunkt 236\u00b0. Das wieder in Freiheit ge-\n') Arch. d. Pharm., Bd. 236, S. 15 (1898).\nHfppc-Seyler's Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXX1X.\n11","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nRichard Willst\u00e4tler und Ernst Hug.\nsetzte Scopolin wurde aus \u00c4ther umkrystallisiert und in sch\u00f6nen langen Prismen erhalten, die bei 109\u00b0 schmelzen und bei 248'\u00bb sieden.\nGegen verd\u00fcnnte und konzentrierte Schwefels\u00e4ure ist das Scopolin v\u00f6llig best\u00e4ndig. Weder wird die Oxydgruppe aufgespalten noch Wasser dem Molek\u00fcl entzogen. Das Scopolin verbindet sich nur mit der Schwefels\u00e4ure zu einer Esters\u00e4ure, aus der es durch Hydrolyse beim Erhitzen mit verd\u00fcnnter S\u00e4ure wieder frei wird. Dasselbe Verhalten beobachteten wir bei Tropin. 1 g Scopolin lie\u00dfen wir mit 5 ccm konzentrierter Schwefels\u00e4ure k\u00fcrzere oder l\u00e4ngere Zeit stehen; nach dem Verd\u00fcnnen und Versetzen mit viel \u00fcbersch\u00fcssiger Kalilauge konnte mit \u00c4ther nur 0,08 bis 0,1 g Base extrahiert werden.\nWenn wir hingegen die L\u00f6sung von 2 g Scopolin in 10 ccm Monohydrat nach dem Stehen auf 30 ccm verd\u00fcnnten und auf dem Wasserbad eine Stunde lang erw\u00e4rmten, so lie\u00dfen sich durch Alkalischmachen und Aus\u00e4thern 1,7 g Scopolin isolieren.\nAus 2 g Tropin erhielten wir nach Ma st\u00e4ndigem Digerieren mit 10 ccm Monohydrat beim Verd\u00fcnnen und stark alkalisch machen nur 0,4 g Base, hingegen konnten nach dem Verd\u00fcnnen der schwefelsauren L\u00f6sung auf das dreifache Volumen und Erw\u00e4rmen 1,4 g Tropin ausge\u00e4thert werden.\nDa\u00df bei der Bindung des Scopolins an Schwefels\u00e4ure das alkoholische Hydroxyl den einzigen Angriffspunkt bietet, zeigt sich, wenn wir dasselbe durch Halogen ersetzen. Der Chlorwasserstoffester des Scopolins reagierte n\u00e4mlich mit konzentrierter Schwefels\u00e4ure in der K\u00e4lte und bei Wasserbadtemperatur nur unter Salzbildung; beim \u00dcbers\u00e4ttigen mit Alkali wird die Base in Freiheit gesetzt und sie l\u00e4\u00dft sich so gut wie quantitativ unver\u00e4ndert isolieren. Wir gewannen z. B. aus 1,8 g Chlorverbindung mit 10 ccm Monohydrat nach einst\u00fcn-digem Erw\u00e4rmen 1,6 g Ausgangsprodukt zur\u00fcck.\nScopolylchlorid, C8H120C1N (mitbearbeitet von Herrn E. P. Hedley).\nDer Ersatz des Hydroxyls im Scopolin durch Chlor ist","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Kenntnis des Seopotamins.\n163\nschwierig auszuf\u00fchren und gelingt nur unter genau erprobten Bedingungen mit befriedigender Ausbeute (bis zu 60\u00b0/o der Theorie, mit betr\u00e4chtlichen Schwankungen).\nWir l\u00f6sten 7 g Phosphorpentachlorid in 16 ccm Phosphor-oxychlorid unter Erw\u00e4rmen auf und trugen in die noch warme Mischung langsam 7 g Scopolinchlorhydrat ein. Die Reaktion erfolgt unter lebhaftem Sch\u00e4umen. Zum Schlu\u00df erw\u00e4rmten wir kurze Zeit gelinde, um das Chlorhydrat ganz in L\u00f6sung zu bringen. Dann wurde sogleich abgek\u00fchlt und das Phosphoroxy-chlorid durch Eintr\u00e4gen von Eisst\u00fccken zersetzt. Die chlorierte Base setzten wir mit Kaliumcarbonat in Freiheit, machten darauf mit Kalilauge stark alkalisch und isolierten das Chlorid mit \u00c4ther.\nDas Scopolylchlorid krystallisiert aus \u00c4ther, worin es sehr leicht l\u00f6slich ist, in langen Prismen vom Schmelzpunkt 38\u00b0, cs siedet unter 8 mm Druck bei 102\u2014103\u00b0.\n0,1841 g gaben 13,7 ccm Stickstoff (13\u00b0, 712 mm).\nBerechnet f\u00fcr C8H120NCI\tGefunden\n8,07\t8,30.\nDas Platinat der chlorierten Base bildet kurze Prismen, die bei 229\u2014230\u00b0 unter Zersetzung schmelzen und beim Gl\u00fchen 26,0 \u00b0/o Platin hinterlassen (ber. 25,7 \u00b0/o).\nDas Scopolylchlorid zeigt au\u00dferordentliche Best\u00e4ndigkeit gegen hydrolytische Agenzien und gegen Reduktionsmittel, z. R. gegen Zinn und Salzs\u00e4ure und gegen Zinkstaub mit Jodwasserstolls\u00e4ure in der K\u00e4lte und W\u00e4rme.","page":163}],"identifier":"lit19521","issued":"1912","language":"de","pages":"146-163","startpages":"146","title":"Zur Kenntnis des Scopolamis","type":"Journal Article","volume":"79"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:49:55.207458+00:00"}