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{"created":"2022-01-31T14:53:05.809721+00:00","id":"lit19543","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Schumm, O.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 80: 1-5","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"H\u00e4matin\u00e4mie bei toxischem Blutk\u00f6rperchenxwfaU.\n\u25a0\t. Von\n0. Sch\u00fcmm.\n' Mit einer 8pektraltafel in Li&tirack. '\t' '\n(Aus dem chemischen Laboratorium des Allgemeinen Krankenhauses Hamburg-\u00dcppendorf.) \u2018 (Der Redaktion zugegangen am 2. Juni m2.)\nK\u00fcrzlich wurde in unsere Anstalt ein junger Mann auf1 genommen, dessen Erkrankung nach der Anamnese qnd den klinischen Erscheinungen als akute Chromvergiftung aufgefa\u00dft wurde. Die Aufnahme erfolgte vormittags am Tage der Vergiftung. Der Kranke entleerte am ersten Tage einen dunkelroten Harn, den ich sogleich nach der Entleerung untersuchte,1) Er enthielt in Ii\u00f6sung sehr reichlich Oxyh\u00e4moglobin und eine geringe Menge Meth\u00e4moglobin. ln dem am gleichen Tage entnommenen, in Wasser und in Kochsalzl\u00f6sung aufgefangenen Blute konnte ich hei sofortiger Untersuchung auch in gro\u00dfer Schichtdicke keinen die Anwesenheit von Meth\u00e4moglobin oder anderen Blutfarbstoffumwandlungsprodukten verratenden Absorptionsstreifen erkennen. Die Untersuchung wurde- sowohl mit einem Prismenspektroskop als auch mit einem Gitterspektroskop und in solcher Konzentration ausgef\u00fchrt, da\u00df das ganze Spektrum mit Ausnahme des Orange und Rot ausgel\u00f6scht war. Die erforderliche Helligkeit wurde durch Nernstlampe und Kondensorlinse erzielt.\nEin abweichendes Ergebnis lieferte die Untersuchung des aus dem frischen unverd\u00fcnnten Blut\u00e9 durch sofortiges 15 Minuten langes Zentrifugieren gewonnenen Serums. Das kl\u00e4re, in 1 cm dicker Schicht rotbraune Serum zeigte im Gitterspektrum bei dieser Schichtdicke drei starke Absorptionsstreifen im Rot, Gelb und Gr\u00fcn. Der erste Streifen schien durch die Anwesenheit von Meth\u00e4moglobin verursacht zu sein. Die genaue Ortsbestimmung mit dem Gitterspektrometer ergab aber keine gen\u00fcgende Obereinstimmung mit dem f\u00fcr den Rotstreifen des\n*) Die klinischen Daten verdanke ich Herrn Sekund&rarzt Dr. Hegler, der mir Ham- und Blutproben zur Untersuchung \u00fcberwies.\nV Hoppe-Sey ler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXXX.\t: 1 '","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\t0. Sch\u00fcmm,\nMeth\u00e4moglobins verlangten Werte jm|i 634 (bis 633), denn der gefundene Wert f\u00fcr den etwas verwaschenen Streifen war PP 627. Die Messung der beiden anderen Absorptionsstreifen ergab die f\u00fcr das Oxyh\u00e4moglobin verlangten Werte pp 578 und 542 (bis 543). Bei der Pr\u00fcfung des Serums mit spektroskopisch-chemischen Reaktionen/ namentlich bei der Behandlung mit Schwefelammonium fand ich, da\u00df der Rotstreifen im wesentlichen durch die Anwesenheit von H\u00e4matin bedingt war. Denn nach Zusatz weniger Tropfen Schwefelammonium zu 2 ccm Serum verschwanden der Rotstreifen und die beiden Oxyh\u00e4moglobinstreifen, und es entwickelte sich schnell ein Absorptionsbild, das den verwaschenen Streifen des \u00absauerstofffreien\u00bb H\u00e4moglobins und die beiden Streifen des H\u00e4mochromogens aufwies. Volle Beweiskraft erhielt dieses Ergebnis durch die sogleich vorgenommenen Kontrollversuche, in denen best\u00e4tigt wurde, da\u00df das unter der Einwirkung des Schwefelammoniums aufgetretene H\u00e4mochromogen nicht durch einen etwaigen Ammoniakgehalt des Schwefelammoniums sekund\u00e4r gebildet, vielmehr aus schon vorhandenem H\u00e4matin entstanden war. Die Pr\u00fcfung erfolgte in der Weise, da\u00df Blutsera und w\u00e4sserige Blutl\u00f6sungen von verschieden starkem Oxyh\u00e4moglobingehalt mit dem oben benutzten Schwefelammonium in steigenden Mengen (bis zum doppelten Volumen) versetzt wurden. Dabei trat ausnahmslos in kurzer Zeit die Reduktion zu \u00absauerstoff-freiem \u00bb H\u00e4moglobin ein, w\u00e4hrend eine Bildung von H\u00e4mochromogen auch nach l\u00e4ngerem Warten in keinem Falle beobachtet werden konnte. Auch bei der Behandlung von k\u00fcnstlich hergestelltem meth\u00e4moglobinhaltigen Serum und meth\u00e4moglobin-haltigen Blutl\u00f6sungen mit demselben Schwefelammonium trat nur d\u00e4s Band des sauerstofffreien H\u00e4moglobins, dagegen nicht das Absorptionsbild des H\u00e4mochromogens auf. Ebenso wie die k\u00fcnstlich hergestellten meth\u00e4moglobinhaltigen Objekte verhielt sich gegen\u00fcber demi Schwefelammonium eine mir von Herrn Oberarzt Dr. Schottm\u00fcller \u00fcberwiesene d\u00fcnnfl\u00fcssige Bakterienkultur, die neben Oxyh\u00e4moglobin reichlich Meth\u00e4mo-globin (Lage des Rotstreifens zu pp 634 bestimmt) enthielt.","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"H\u00e4matin\u00e4mie bei toxischem Blutk\u00f6rperchenzerfall.\t3\nAm zweiten Krankheitstage ergab die sogleich n\u00e4ch der Entnahme ausgef\u00fchrte Untersuchung des Blutes folgendes:\nW\u00e4sserige L\u00f6sung: auch hei st\u00e4rkster zul\u00e4ssiger Konzentration kein Rotstreifen. Durch sofortiges Zentrifugieren gewonnenes Serum: hell r\u00f6tlich-braun; starker Streifen auf MM 6 27 und deutliche Oxyh\u00e4moglobinstreifen, von denen der erste zu mm 578 bestimmt werden kann, der zweite aber nach Blau zu nicht scharf genug abgegrenzt ist. Nach Zusatz von 4 Tropfen des obigen Schwefelammoniums zu 3 ccm Serum verschwindet der Rotstreifen, und iin Laufe einer Minute tritt ein intensives H\u00e4mochromogenspektrum auf. Das Verh\u00e4ltnis des H\u00e4matins zum Oxyh\u00e4moglobin ist bei diesem Serum bedeutend gr\u00f6\u00dfer als bei dem Serum des ersten Tages.\nDie beschriebenen Erscheinungen sind zum Teil aus der beigef\u00fcgten Spektraltafell) ersichtlich. Spektrum \u00ab2\u00bb und \u00ab3\u00bb geben die Absorptionserscheinungen des Blutserums vom 1. und 2. Tage bei gleicher Schichtdicke (= 1 cm) wieder. Die Lage des Rotstreifens, die wegen seiner Breite auch durch Ausmessen der Negative nur ann\u00e4hernd genau bestimmt werden konnte, ermittelte ich auf diesem Wege zu etwa pp 622, Spektrum \u00ab 6 \u00bb == Absorpti\u00f6nsbild des Blutserums vom Tage bei etwas geringerer Schichtdicke, Spektrum \u00ab5\u00bb = dasselbe Serum nach Reduktion mit Schwefelammonium (bei gleicher Schichtdicke wie \u00ab6\u00bb).\nBefund bei dem am dritten Tage entnommenen* Blute : W\u00e4sserige Blutl\u00f6sung: kein Rotstreifen.\nDurch sofortiges Zentrifugieren gewonnenes S\u00e9rum: Beil cm Schichtdicke br\u00e4unlich-gelb mit Stich ins Gr\u00fcn. Starker Rotstreifen. Sehr schwacher Streifen (a) des Oxyh\u00e4moglobins auf mm 578. Starker, nach Blau nicht deutlich abgegrenzter,\n*) Die auf der Spektraltafel reproduzierten Spektrogramme habe ich mit meinem Gitterspektr\u00f6graphen unter Benutzung der nach W. G um melts Angaben hergestellten Spektralplatten hergestellt. Als Ma\u00dfstab, f\u00fcr die Ortsbestimmung der Streifen dienen die (senkrechten wei\u00dfen) Heliumlinien. Die Spaltweite des mit einem symmetrischen Spalt ausgestatteten Apparates betrug bei allen Aufnahmen 0,03mm. Optik des Apparates; Abzug eines Original-Rowland-Gitters (von ca. 15000 Furchen pro engl. Zoll) auf Planparallelglas; Objektive (von Carl Zei\u00df, Jena) f = 25 cm.\n1*","page":3},{"file":"p0003s0001table1.txt","language":"de","ocr_de":"\n1. Leeres Spektrum.\n2. Blutserum vom 1. Tag\n3. Blutserum vom 2.\n4. Leeres Spektrum.\n5. Blutserum vom 2. Tag mit Schwefelammonium.\n6. Blutserum vom 2. Tag\nBlutserum vom 3. Tag bei verschiedenen Verd\u00fcnnungsgraden.\n11.\tBlutserum vom 3. Tag, un-\nverd\u00fcnnt.\n12.\tBlutserum vom 3. Tag mit\nSchwefelammonium.\n13. Blutserum vom 5: Tag mit Schwefelammonium\n14. Blutserum vom 5. Tag.\nHoppe-Seyler's Zeitschrift f\u00fcr physiologische Chemie. Band LXXX. Tafd \u00cf. cO. Sch\u00fcmm, H\u00e4matiu\u00e4mic bei toxischem Blutkorperchcuxt-rfaU\u00bb. ,\nVerlag von Karl J. TrUbner in str.iCburg. ;","page":0},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"*\t0. Sch\u00fcmm,\nauf ungef\u00e4hr pp 542 liegender, im wesentlichen aber nicht durch Oxyh\u00e4moglobin1) bedingter Streifen im Gr\u00fcn (vgl Spektrum 11). Bei allm\u00e4hlicher Verd\u00fcnnung werden zuerst die Streifen im Gr\u00fcn unsichtbar, der Rotstreifen ist noch bei etwas st\u00e4rkerer Verd\u00fcnnung wahrnehmbar (vgl. Spektrum 10).* *) Die Spektra 7, 8, 9, 10 geben das absorptive Verhalten des Serums bei st\u00e4rkerer, abgestufter Verd\u00fcnnung wieder. Das daraus ersichtliche Fehlen eines ausgesprochenen starken und gut abgegrenzten Violettstreifens stimmt mit dem Hauptbefunde (Uber-wiegea des H\u00e4matingehalts) \u00fcberein, der sich durch die nach Zusatz von Schwefelammonipm erfolgende schnelle und anscheinend vollst\u00e4ndige Umwandlung inH\u00e4mochromogen kundgab (vgl. das intensive H\u00e4mochromogenspektrum im Spektrum 12).\nDas Blut des vierten Tages ergab denselben Befund wie am dritten Tage, nur war das Serum etwas heller, bernsteingelb gef\u00e4rbt und der H\u00e4matingehalt etwas geringer. Am f\u00fcnften Tage war der Befund der gleiche, der H\u00e4matingehalt aber noch geringer. Bei 1 cm dicker Schicht war nur ein schwacher Rotstreifen zu erkennen (vgl. Spektrum 14),*) der nach Zusatz von Schwefeiammonium verschwand; daf\u00fcr trat das H\u00e4mo-chromogenspektrum mit einem m\u00e4\u00dfig starken ersten und einem schw\u00e4cheren zweiten Streifen auf (vgl. Spektrum 13, auf dem aber nur der erste Streifen deutlich reproduziert ist). Am sechsten Tage hatte der H\u00e4matingehalt des Serums bedeutend abgenommen; der Rotstreifen war auch in 4 cm dicker Schicht nicht mehr sicher wahrnehmbar. Dagegen wies dieses Serum schon bei 2 cm Schichtdicke ein deutliches Oxyh\u00e4moglobinspektrum auf. \u2014 Eine Untersuchung des Serums auf Bilirubin\n*) Da\u00df der Streifen im wesentliche nicht durch Oxyh\u00e4moglobin bedingt ist, ergibt sich aus seiner St\u00e4rke, welche die des Streifens a (auf pu 578) um ein Vielfaches \u00fcbertrifft, Der \u00df-Streifen des Oxyh\u00e4moglobins erscheint bei dem in Betracht kommenden Verd\u00fcnnungsgrade auf dem Gitterspektrogramm einer Oxyh\u00e4moglobinl\u00f6sung ann\u00e4hernd ebenso dunkel wio der \u00ab^Streifen, vgl. z. B. 0. Sch\u00fcmm, Diese Zeitschrift, Bd. 66, Spektraltafel nach Seite 304, Fig. lh.\n*) Der schwache Rotstreifen, der auf dem Originalabdruck deutlich erkennbar ist, lie\u00df sich in der Reproduktion nicht deutlich genug hervorbringen. \u2014 Bei Anwendung der besten Vervielf\u00e4ltigungsverfahren wird die Sch\u00e4rfe der Originale bislang nicht erreicht.","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"H\u00e4matin\u00e4mie bei toxischem Blutk\u00f6rperchenzerfall.\t5\nund Urobilin; babe ich sowohl am vierten als auch am sechsten Tage ausgef\u00fchrt, aber keinen dieser Stoffe nachweisen k\u00f6nnen. Bei einer nochmaligen, einige Wochen sp\u00e4ter ausgefuhrten Untersuchung konnte ich in dem Blute bezw. Serum kein H\u00e4matin mehr nachweisen. Der Kranke ist inzwischen genesen.\nDurch die vorliegende Untersuchung ist der Nach^ weis erbracht, da\u00df beim Menschen eine ausgesprochene H\u00e4matin\u00e4mie Vorkommen kann, bei der das Serum tagelang eine von anderen Blutfarbstoffen nahezu freie H\u00e4matinl\u00f6sung darstellt. Anla\u00df zu dieser Festst\u00e9llung gab die beobachtete Abweichung der Lage des Rotstreifens von der des Meth\u00e4moglobinstreifens. Diese mit einem Pr\u00e4zisionsspektroskop wie auch auf spektrographischem Wege genau nachweisbare Abweichung kann bei der Untersuchung solcher Objekte mit einem einfachen Handspektroskop sehr leicht \u00fcbersehen werden. Es erscheint daher wohl m\u00f6glich, da\u00df es unter pathologischen Verh\u00e4ltnissen oder bei Vergiftungen h\u00e4ufiger zum Auftreten einer H\u00e4matin\u00e4mie kommt. ~ Da\u00df die H\u00e4matin\u00e4mie im vorliegenden Falle nur am Blutserum festgestellt werden konnte, ist nicht ohne Interesse und erinnert an vereinzelt im hiesigen Institute beobachtete F\u00e4lle, in denen sich eine Meth\u00e4moglobin\u00e4mie auch nur durch den starken Meth\u00e4mo-globingehalt des frischen Serums kundgab, w\u00e4hrend bei der Untersuchung des Vollblutes kein Rotstreifen erkennbar war.\nLiteratur.\n1.\tR. Kobert, Lehrbuch der Intoxikationen, Stuttgart, 'Verlag von F. Enke. II. Auflage.\n2.\tH o p p e-S e y 1 e r \u2022 T h i e r f e 1 d e r, Handbuch der Physiologisch- und\nPathologisch-chemischen Analyse, Berlin, Verlag von A. Hirschwald. VIII. Auflage.\t\u2019 *\n3.\tRost, Franz und Heise, Beitr\u00e4ge zur Photographie der Blut-\nspektra. Arbeiten aus dem kaiserlichen Gesundheitsamte, Berlin, Verlag von J. Springer. 1909.\t,.Y. ,.v \u25a0.\n4.\tW. Gummelt, Zur Technik der Photographie von Absorptionsspektren. Fortschritte auf dem Gebiete der R\u00f6ntgenstrahlen, Bd. XV, 1910, S. 162.\n5.\tO. Sch\u00fcmm, I. Ein neues Gitterspektroskop und ein Gitter-spektrograph mit variabler Dispersion zu Untersuchungen \u00fcber Absorptionsspektra. \u2014 II. \u00dcber die Messung und Bestimmung der Absorptionsspektra. Diese Zeitschrift, Bd. 66, S. 287, 1910.","page":5}],"identifier":"lit19543","issued":"1912","language":"de","pages":"1-5","startpages":"1","title":"H\u00e4matin\u00e4mie bei toxischem Blutk\u00f6rperchenzerfall","type":"Journal Article","volume":"80"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:53:05.809726+00:00"}