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{"created":"2022-01-31T14:18:56.391260+00:00","id":"lit19568","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Wieland, Heinrich","role":"author"},{"name":"Friedrich Josef Weil","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 80: 287-297","fulltext":[{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen Aber die Cholsftui\nI. Mitteilung.\nVon\nHeinrich Wieland und Friedrich Josef Weil.\n(Aus dem ehern. Laboratorium der Akademie der Wissenschaften zu Manchen.)\n(Der Redaktion zugeg&ngen am 27. Juli 1912.)\nUnsere Kenntnisse von der chemischen Natur der wichtigsten der Gallens\u00e4uren, der Chol s\u00e4ure, sind trotz zahlreicher und m\u00fchevoller Arbeiten zurzeit noch recht beschr\u00e4nkt. Wir kennen mit ziemlicher Sicherheit ihre Zusammensetzung als C24H40O5, wissen, da\u00df sie eine Carboxylgruppe enth\u00e4lt und da\u00df die drei \u00fcbrigen Sauerstoffatome in Form alkoholischer Hydroxylgruppen sich im Molek\u00fcl befinden. Der oxydative \u00dcbergang der Chols\u00e4ure in die wohl der gleichen Reihe angeh\u00f6rende Bilians\u00e4ure Ct4HS40g hat zu bestimmten Vorstellungen \u00fcber die Art der alkoholischen Gruppen gef\u00fchrt. Da die Bilians\u00e4ure als Diketo-tricarbons\u00e4ure aufgefa\u00dft wird, enth\u00e4lt die Chols\u00e4ure eine sekund\u00e4re Alkoholgruppe, die zu CO, und zwei prim\u00e4re, die zu 2 COsH werden.1) Jedoch steht diese Klassifizierung des Sauerstoffs in der Chols\u00e4ure noch nicht \u00fcber allem Zweifel fest.\nMan k\u00e4me mit ihrer Annahme zu folgender Aufl\u00f6sung des Gesamtmolek\u00fcls\nDie Struktur des Kerns\n*) Auf welchem Weg der zweite Keto-Sauerstoff ins Molek\u00fcl gelangt, ist noch vollkommen unklar.","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288 Heinrich Wieland and Friedrich Josef Weil,\nvollkommen im Dunkeln, obwohl Abba\u00fcversuche von mancherlei Art ausgef\u00fchrt worden sind. Wenn man \u2022 was sehr wahrscheinlich ist \u2014 keine Doppelbindung darin annimmt, so kommt man, da zu einem aliphatischen ges\u00e4ttigten Kohlenwasserstoff mit 21 G*Atomen 44 H-Atome geh\u00f6ren, zu dem Schlu\u00df, da\u00df an Stelle der jenem Kern CS1HM fehlenden 8 H-Atome 4 Ringbindungen vorhanden sind.\nDer Plan der vorliegenden Untersuchung war nun, im Gegensatz zu der \u00fcblichen Methode des Abbaus von der Peripherie her, eine m\u00f6glichst tiefe Bresche in das Molek\u00fcl zu legen, Um von ihr aus der Natur der vorliegenden Ringsysteme n\u00e4her zu kommen.\nDazu boten die vorhandenen Hydroxylgruppen eine ausgezeichnete Handhabe, wenn es gelang, sie als Wasser herauszuspalten und an ihrer Stelle drei Doppelbindungen zu erzeugen, die dann der Einwirkung von Oxydationsmitteln die gesuchten Angriffspunkte bieten mu\u00dften. Versuche, diese Wasserabspaltung mit starken Minerals\u00e4uren zu bewirken, sind bisher immer erfolglos gewesen. Wir haben unsere Absicht durch Destillation der Chols\u00e4ure im Vakuum zu erreichen gesucht.\nDas Verhalten der Chols\u00e4ure bei der trockenen Destillation ist schon h\u00e4ufig Gegenstand der Untersuchung gewesen. Es liegen dar\u00fcber Angaben von Strecker,1 * *) Baumstark,*) Schotten,8) Mylius,4) Piettre,5 *) V. F\u00fcrth und Lenk*) vor.\n\u00dcbereinstimmend wird in all den zitierten Arbeiten die Wasser* abspaltung, die bei der Destillation stattfindet, vermerkt; auch in der Beschreibung des Destillationsprodukts, als einer gelben, harzigen, nicht einheitlichen Masse, sind sich die zitierten Autoren im allgemeinen einig. \u00dcber seine Natur sind die Ansichten geteilt, indem ihm teils der Charakter einer S\u00e4ure, teils eines Anhydrids zugesprochen wird. v. F\u00fcrth, der zuletzt das Thema bearbeitet hat, erh\u00e4lt im wesentlichen nur Kohlenwasserstoffe. Er hat allerdings die Destillation zumeist bei gew\u00f6hnlichem Druck ausgef\u00fchrt, da, wie er angibt, das Vakuum den Verlauf der Reaktion nicht ge\u00e4ndert habe.\n*) A., Bd. 67, S. 29 (1848).\n*) B., Bd. 6, S. 1187 (1873).\n*) H\u201e Bd; 10, S. 197 (1886).\n4) B., Bd. 19, S. 378 (1886).\n5 C. r., Bd. 148, S. 1780 (1909).\n\u2022) Bio\u00e7hem. Z., Bd. 26, S. 406 (1910).","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen Aber die Gholsfture. I.\t289\nWenn man gut getrocknete Chols\u00e4ure allm\u00e4hlich im Vakuum bei 12 mm Druck erhitzt, so beginnt bald nach dem Schmelzen (bei ca. 200\u00b0) unter lebhaftem Sch\u00e4umen die Zersetzung ; in einer gek\u00fchlten Vorlage werden bedeutende Mengen Wasser aufgefangen.\nGegen 300\u00b0 geht ein schwer fl\u00fcssiges, fast farbloses \u00d6l \u00fcber, das beim Erkalten zu einem spr\u00f6den Harz erstarrt. Dieses Destillat, das in nahezu theoretischer Menge gewonnen wird, ist fast vollkommen in Alkalien l\u00f6slich, besteht also nur aus sauren Bestandteilen. Durch Behandlung mit Alkohol l\u00e4\u00dft sich daraus zu 20\u201440\u00b0/o (auf die destillierte Chols\u00e4ure bezogen) die gesuchte dreifach unges\u00e4ttigte S\u00e4ure C^H^O* in sch\u00f6n krvstallisierter Form isolieren. Da die wiederholte Destillation der Mutterlaugen, die im wesentlichen aus unvollst\u00e4ndig de* hydratisierter Chols\u00e4ure bestehen, die neue S\u00e4ure in weiterer reichlicher Ausbeute gibt, so ist auch nach der quantitativen Seite hin diese Umwandlung der Chols\u00e4ure eine befriedigende.\nDurch Hydrierung mit Palladiumschwarz und Wasserstoff l\u00e4\u00dft sich die dreifach unges\u00e4ttigte S\u00e4ure in die \u2022 ges\u00e4ttigte C24H40O2 \u00fcberf\u00fchren, in der man den S\u00e4ttigungsgrad, der Chols\u00e4ure wiederfindet. Mehr Wasserstoff wird unter keinen Umst\u00e4nden aufgenommen, auch l\u00e4\u00dft sich die Chols\u00e4ure selbst nicht hydrieren. Es ist daher nicht wahrscheinlich, da\u00df in der Chols\u00e4ure eine \u00abversteckte\u00bb Doppelbindung liegt.1) Die Hydrierung der S\u00e4ure C^H^O, in Gestalt ihres Alkalisalzes erm\u00f6glichte die Anlagerung von nur 2 Wasserstoffatomen; es entstand die zweifach unges\u00e4ttigte S\u00e4ure Cf4HwOr Sie d\u00fcrfte von Bedeutung werden, wenn die Zeit der Kleinarbeit f\u00fcr die Konstitutionsermittlung der Chols\u00e4ure gekommen ist. Vorerst sind wir damit besch\u00e4ftigt, die dreifach unges\u00e4ttigte S\u00e4ure im oben dargelegten Sinne durch Oxydation abzubauen.\n*) WieK.Langheld (Bd. 41, S. 1024 [1908]) aus der Reaktionsf\u00e4higkeit der Chols\u00e4ure gegen\u00fcber Ozon schlie\u00dft. Es k\u00f6nnte hier sehr wohl auch eine die Hydroxylgruppen tangierende Einwirkung stattgefunden haben, da nach dem gleichen Autor das Cholesterin ebenfalls \u00fcber die Erwartung hinaus mindestens zwei Mol. 0, bindet.\nHoppe-Seyler\u2019a Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXXX.\t19","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290 Heinrich Wieland und Friedrich Josef Weil,\nErw\u00e4hnt seien hier noch die pr\u00e4chtigen Farbreaktionen der unges\u00e4ttigten S\u00e4uren mit Essigs\u00e4ureanhydrid-Scbwefels\u00e4ure, von denen die der dreifach unges\u00e4ttigten ganz auffallend an die L ieb ermann sehe Cholesterinreaktion erinnert. Die n\u00e4here Beschreibung der neuen S\u00e4uren folgt unten.\nZur Nomenklatur.\nDie Chemie der Gallens\u00e4uren ist mit einer \u00dcberf\u00fclle von Trivialbezeichnungen ausgestattet. Wir m\u00f6chten sie nicht um neue vermehren und benutzen die Gelegenheit der Darstellung der Stamms\u00e4ure C24H40O2, um einen Vorschlag zu einer einfachen und allgemeinen Nomenklatur zu machen. Den Kohlenwasserstoff CMH40 bezeichnen wir als Cholan, die ges\u00e4ttigte Stamms\u00e4ure C^H4o08 als Ch\u00f6lanc\u00e4rbons\u00e4ure, die Chols\u00e4ure selbst demgem\u00e4\u00df als Trioxy-cholanearbons\u00e4ur e.\nDie dreifach unges\u00e4ttigte S\u00e4ure C24H3402 hei\u00dft dann Cholatri\u00ebncarbons\u00e2ure, die zweifach unges\u00e4ttigte Chola-diencarbons\u00e4ure. Die Bezeichnung neuer Abk\u00f6mmlinge ergibt sich von selbst.1)\nWir h\u00e4tten lieber, in vollem Einklang mit der Genfer Nomenklatur, das Gesamtmolek\u00fcl in den Stamm \u00abChol\u00bb eingefa\u00dft und so den (hypothetischen) Kohlenwasserstoff C2V1142 als Cholan bezeichnet ; daraus w\u00e4re f\u00fcr unsere ges\u00e4ttigte S\u00e4ure der einfache Name Cholans\u00e4ure entstanden. Dieser Name ist aber schon belegt von dem Oxydationsprodukt der Cholein-s\u00e4ure, und da er in der Literatur weit verbreitet ist, hielten wir es f\u00fcr zweckm\u00e4\u00dfiger, zur Vermeidung st\u00e4ndiger Verwechslungen auf die an sich geeignetste Bezeichnung zu verzichten.\nZur Darstellung der Chols\u00e4ure.\nDa es uns trotz zahlreicher Versuche nicht gelungen ist, nach einem von den zahlreichen bekannten Verfahren aus\n*) S\u00e9nkowski (M., Bd. 19, S. 2 [1898]) und Pregl (Pfl\u00fcgers Archiv, fid. 7, S. 303 [1898] ; Bd. 72, S. 266 [1898]) beschreiben eine bei der Reduktion der Chols\u00e4ure durch Jodwasserstoff-Phosphor erhaltene amorphe Verbindung als Cholyls\u00e4ureanhydrid. Diese Bezeichnung w\u00e4re in Chol ancarbons\u00e4ureanhydrid umzu\u00e4ndern, wenn die S\u00e4ure, was nach den Beschreibungen nicht wahrscheinlich ist, mit unserer S\u00e4ure in Beziehung gebracht werden k\u00f6nnte.","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Chols\u00e4ure. !.\t291\nM\u00fcnchner Sommergalle krystallisierte Chols\u00e4ure abzuscheiden, haben wir eine neue erfolgreiche Methode ausgearbeitet, die sich sicherlich auch bei andern unkrystallisierbaren Gallen als ultima ratio bew\u00e4hren wird. Sie beruht darauf, da\u00df man die L\u00f6sung der \u00f6ligen Gallens\u00e4uren in \u00c4ther-Alkohol fraktioniert mit Wasser aussch\u00fcttelt. Durch die Wegnahme des Alkohols wird die in \u00c4ther schwer l\u00f6sliche Chols\u00e4ure mit dem Effekt einer Reinigung nach und nach in Fraktionen ausgeschieden, und man gel\u00e4ngt nach der folgenden Vorschrift bald zu einem Punkt, an dem unfehlbar auch bei dem hartn\u00e4ckigsten Material die [Crystallisation beginnt.\n5 1 frischer Galle werden nach Pregl1) mit 85 g \u00c4tzkali verseift, dann mit soviel Salzs\u00e4ure versetzt, da\u00df eben Reaktion auf Kongopapier eintritt ; nach dem Absitzen der schw\u00e4rzlichen, \u00f6ligen Rohs\u00e4uren gie\u00dft man die w\u00e4sserige Schicht ab, w\u00e4scht nochmals mit Wasser und nimmt nach m\u00f6glichster Abtrennung des Wassers das Ganze in 300 ccm Alkohol auf. Hierauf wird die L\u00f6sung in einem ger\u00e4umigen Scheidetrichter mit 500\u2014600 ccm \u00c4ther versetzt und zur Trennung in zwei Schichten \u00fcber Nacht stehen gelassen. Die Trennungsfl\u00e4che ist bei der tiefen F\u00e4rbung der L\u00f6sungen meist schwer zu erkennen, sie wird manchmal auch erst durch Zugabe von wenig Wasser erzeugt. Man l\u00e4\u00dft jetzt die untere Schicht ab und sch\u00fcttelt die \u00e4therisch-alkoholische L\u00f6sung wiederholt mit etwa 100 ccm Wasser durch. Dadurch wird jeweils Abscheidung der \u00f6ligen Rohs\u00e4ure bewirkt. Bald aber ist das Stadium erreicht, in dem diese Abscheidung beim Stehen \u00fcber Nacht krystallisiert, und man kann dann durch ersch\u00f6pfendes Aussch\u00fctteln mit Wasser fast den ganzen Rest der gel\u00f6sten S\u00e4ure krystallisiert aus dem \u00c4ther herausholen. Die Wiederholung dieser Operation mit den \u00f6lig gebliebenen Fraktionen liefert weitere Mengen krystallisierter S\u00e4ure, die schon durch einmaliges Umkrystallisieren aus Alkohol auf den Schmelzpunkt 194\u2014196* kommt. Die Ausbeute erreicht nat\u00fcrlich nicht die gleiche H\u00f6he wie bei den \u00fcblichen Verfahren aus Wintergalle, sie ist aber durchaus befriedigend.\nBei Wintergalle sind wir mit folgendem einfachen Verfahren ans Ziel gekommen.\nJe 81 Galle wurden mit 200 g \u00c4tznatron 36 Stunden unter R\u00fcckflu\u00df gekocht. Nach dein Erkalten wurde mit \u00fcbersch\u00fcssiger Salzs\u00e4ure gef\u00e4llt, der Kuchen nach Abgie\u00dfen der w\u00e4sserigen Schicht mit lauem Wasser durchgeknetet und unter 300 ccm Alkohol \u00fcber Nacht\u2019 stehen gelassen. Dann wird die im Ganzen krystallisierte, aber noch von Schmieren\n\u00bb) M., Bd. 24, S. 19 (1908).","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\tHe int i ch Wieland und Friedrich Josef We il,\ndurchsetzte Masse zerkleinert, auf einer Nutsche scharf abgesaugt, einmal mit Alkohol gewaschen und im Exsikkator getrocknet. Diese Rohs\u00e4ure l\u00f6st man in Portionen zu 200 g in Anlehnung an \u00e4ltere Verfahren in 11 verd\u00fcnnten Ammoniaks, filtriert, sch\u00fcttelt in einer Pulverflasche mit Glasst\u00f6psel mit 300\u2014400 ccm \u00c4ther durch und s\u00e4uert allm\u00e4hlich unter K\u00fchlung mit Essigs\u00e4ure an.. Man sch\u00fcttelt nun wiederholt kr\u00e4ftig durch und erh\u00e4lt nach 15 st\u00e4ndigem Stehen die ausgeschiedenen Gallens\u00e4uren vollkommen farblos und krystallisiert. Abgesaugt und gut mit \u00c4ther und Wasser gewaschen, werden sie nach dem Trocknen nach der Vorschrift von Langheld1) behandelt; jedoch haben wir statt der w\u00e4sserigen Natronlauge methyl-alkoholische verwendet. Der Krystallbrei von Natriumcholat wird abgesaugt, einmal mit Alkohol gewaschen, dann in Wasser gel\u00f6st und nach Pr egt und Buchtala*) warm mit Essigs\u00e4ure gef\u00e4llt. Nach dem Erkalten wird die krystallisierte Masse nach dieser Vorschrift mit Alkohol angerieben, aufgekocht und nach l\u00e4ngerem Stehen abgesaugt. 1200 g Rohs\u00e4ure gaben so, ohne Ber\u00fccksichtigung der Mutterlaugen, 640 g reine Chols\u00e4ure, die vor der Verwendung einige Stunden bei 100* im Vakuum vom Alkohol befreit wurden. :\nCholatriencarbons\u00e4ure C24H8402.\nDie Destillation der Chols\u00e4ure wurde in einem Fraktionierkolben nach Ansch\u00fctz vorgenommen; der erweiterte Ansatz war durch ein St\u00fcck weiten Gummischlauches mit einem \u00f6-f\u00f6rmigen Glasrohre von gleichem Lumen verbunden. Dieses \u00f6-Rohr tauchte w\u00e4hrend der Destillation in eine K\u00e4ltemischung. Der Kolben wurde bei Mengen bis zu 10 g in einem Metallbad erhitzt. Sp\u00e4ter haben wir die Chols\u00e4ure in Mengen von 40 g destilliert und dabei ein elektrisch geheiztes Luftbad ben\u00fctzt. Die Heizdr\u00e4hte waren \u00fcber einen isolierten eisernen Zylinder gewickelt, der, durch Asbest gegen au\u00dfen isoliert, in einem Emailgef\u00e4\u00df stand. Neben dem Kolben fand das Element des zur Temperatur messun^ dienenden Pyrometers gerade noch Platz. Die Destillation erfordert wegen der Gefahr des Obersch\u00e4umens gro\u00dfe Aufmerksamkeit und eine gewisse \u00dcbung. Nur reine hellgelbe Destillate, die nicht zu lange \u00fcberhitzt sind, geben ordentliche Ausbeuten an der neuen S\u00e4ure. Man heizt nach Herstellung des Vakuums bis zum Schmelzpunkt der Chols\u00e4ure\n\u00bb) Ber., Bd, 41, S. 378 (1908).\n\u00bb) H., Bd. 74, S. 198 (1911).","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"293\nUntersuchungen \u00fcber die Chols\u00e4ure. I.\nziemlich rasch an, reguliert aber in dem gef\u00e4hrlichen Intervall von 200\u2014250\u00b0, in dem die Wasserabspaltung am intensivsten ist, die Reaktionstemperatur so gut als m\u00f6glich. Bei einer Badetemperatur von \u00fcber 300\u00b0 (Druck 12\u201414 mm) beginnt ein gelbes \u00d6l \u00fcberzudestillieren, dessen Hauptmenge gegen 300\u00b0 (im Kolben gemessen) \u00fcbergeht.\nSchon zu Beginn der Destillation und w\u00e4hrend ihres ganzen Verlaufs sublimiert ein farbloser, \u00fcberaus fl\u00fcchtiger K\u00f6rper \u00fcber, der sich oft auch in dem stark gek\u00fchlten $-Rohr nicht vollkommen verdichten l\u00e4\u00dft, sondern. bis zur Pumpe vordringt. Er verbietet die Anwendung d\u00fcnner R\u00f6hren, die er alsbald verstopft. Ein \u00e4hnliches Sublimat wird auch von v. F\u00fcrth und Lenk beschrieben ; sie sprechen es f\u00fcr einen Kohlenwasserstoff an.\nSoweit wir die eigent\u00fcmliche Substanz untersucht haben, ist sie eine S\u00e4ure, stark unges\u00e4ttigt gegen Brom und Permanganat. Mehr k\u00f6nnen wir vorerst nicht \u00fcber sie aussagen.\nNachdem die Destillation beendet ist, l\u00f6st man den ganz geringf\u00fcgige schw\u00e4rzlichen R\u00fcckstand (ca. 2 g) mit Chloroform aus dem Kolben heraus und bringt dann das gelbe Harz in der Vorlage durch Kochen mit 100 ccm Alkohol unter R\u00fcckflu\u00df in L\u00f6sung. Beim Abk\u00fchlen in Eis erstarrt das Ganze zu einem dichten Brei, der nach einigen Stunden abgesaugt wird.\nAusbeute 8\u201413 g, das sind 22\u201437\u00ae/o der Theorie. In den Mutterlaugen stecken neben wenig gel\u00f6ster Cholatri\u00ebncarbons\u00e2ure noch hydroxyl-haltige Zwischenprodukte. Das zeigt eine Analyse des Rohharzes, bei der 77,76\u00b0/\u00ab G und 9,42\u00ae/o H gefunden wurden.1)\n. Chols\u00e4ure\t70,58\u00b0/o C und 9,80\u00ae/o H \u2022\nCholatri\u00ebncarbons\u00e2ure 81,29\u00ae/o \u00bb * 9,67 \u00b0/o \u00bb\nDurch mehrfache Wiederholung der Destillation mit dem Inhalt der Laugen werden demgem\u00e4\u00df weitergehend neue Mengen der dreifach unges\u00e4ttigten S\u00e4ure gewonnen. Auffallenderweise wird auch nicht spurenweise C02 bei der Destillation abgespalten ; das gesamte Destillationsprodukt ist alkalil\u00f6slich.\nZur Reinigung wird die Cholatri\u00ebncarbons\u00e2ure mehrfach aus Alkohol umkrystallisiert. Sie erscheint daraus in pr\u00e4chtigen Tafeln, die in gro\u00dfen B\u00fcscheln zusammengruppiert sind. Die reine S\u00e4ure beginnt \u00fcber 140\u00b0 weich zu werden und schmilzt\n*) Piettre (1. c.), der das Rohdestillat auch analysiert hat, findet die gleiche Zusammensetzung: 77,80\u00b0/\u00ab C und 9,60\u00ae/\u00ab H und 77,40\u00ae/\u00ab C und 9,82 \u00b0/o H.","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294 Heinrich Wieland and Friedrich Josef Weil,\nbei 163\u2014464\u00b0 zu einer klaren Fl\u00fcssigkeit, die beim Abk\u00fchlen bald wieder erstarrt. Die Schmelzerscheinungen bleiben die gleichen, auch wenn die Krystallisation weiter fortgesetzt wird. Unter dem Mikroskop erscheinen die einzelnen Krystalle als durchaus einheitliche flache Tafeln.\n0,1262 g Substanz : 0,3757 C08 und 0,1112 tt\u00c40; 0,1621 g: 0,4838 C08 und 0,1443 H*0.\nC,4Hj402 : Ber.: C 81,29 H 9,67.\nGef.:\tC 81,13 81,40 H 9,86 9,96.\nMolekulargewicht: I. 0,1892 g in 21,30 Eisessig. Depression 0,099\u00b0.\nII. 0,1617 g in 21,56 Eisessig. Depression 0,080\u00b0 Berechnet: 354 Gefunden: I. 350 11.366.\nIn Benzol wurden h\u00f6here Werte, 552 und 515, gefunden, was auf eine Assoziation der S\u00e4ure in diesem L\u00f6sungsmittel hindeutet.\nZur Titration w\u00fcrde die S\u00e4ure in Alkohol mit \u2018/lo-n-Kalilauge titriert. Indikator Phenolphthalein.\n0,1814 g S\u00e4ure verbrauchten 4,9 ccm, her. : 5,1.\n0,1796 g \u00bb\t\u00bb\t5,\u00ae \u00bb\t\u00bb 5,07.\nDie Cholatri\u00ebncarbons\u00e2ur\u00e8 ist optisch aktiv.\nEine 4,83\u00b0/oige Chloroforml\u00f6sung drehte im dm-Rohr um \u2014 0,95\u00b0.\n[<=\u20141\u00bb,7\u00bb.\nEigenschaften der S\u00e4ure. L\u00f6slichkeit: inWasser \u00e4u\u00dferst gering, m\u00e4\u00dfig in Benzol, betr\u00e4chtlich in den Alkoholen und in Eisessig (in diesem etwa 1:50), gro\u00df in\u00c4ther, Aceton und Chloroform. Ein Krystall, auf feuchtes Lackmuspapier gebracht, f\u00e4rbt dieses rot an ; es handelt sich also um kein Laoten. Von w\u00e4sserigen Alkalien wird die S\u00e4ure ungemein langsam aufgenommen, so da\u00df man \u00fcber ihre S\u00e4urenatur im Zweifel sein k\u00f6nnte. Die Ursache ist aber nur die minimale Wasserl\u00f6slichkeit, denn eine \u00c4therl\u00f6sung l\u00e4\u00dft sich durch verd\u00fcnntes Alkali \u2014 wenigstens bis zum hydrolytischen Gleichgewicht \u2014 sofort aussch\u00fctteln. Die Salzl\u00f6sungen sch\u00e4umen wie Seife, durch einen \u00dcberschu\u00df von Alkali oder","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Chols\u00e4ure. I.\t295\nBaryum- und Silbersalz sind schwer l\u00f6slich. Die S\u00e4ure gibt die Myliussche Jodreaktion nicht; in konzentrierter Schwefels\u00e4ure l\u00f6st sie sich mit tiefgelber Farbe; beim Stehen der L\u00f6sudg tritt die auch f\u00fcr die Chols\u00e4ure bekannte gr\u00fcne Fluorescenz auf. Es scheinen hier die Reaktionswege der beiden S\u00e4uren wieder zusammen zu fuhren. Die neue S\u00e4ure ist vollkommen geschmacklos, wie auch ihre Hydrierungsderivate. Mit Brom tritt eine sehr charakteristische Farbreaktion ein, anfangs Entf\u00e4rbung, dann kommt bei gleichzeitiger Bromwasserstoffentwicklung eine goldgelbe Farbe. Die Eisessigl\u00f6sung der S\u00e4ure entf\u00e4rbt Permanganat sofort, die w\u00e4sserige L\u00f6sung der Salze ziemlich schnell, die alkoholische der S\u00e4ure langsam. Gibt man zur L\u00f6sung der Cholatri\u00f6ncarbons\u00e4ure in Essigs\u00e4ureanhydrid in der K\u00e4lte einige Tropfen Essigs\u00e4ureanhydrid-Schwefels\u00e4ure, so entsteht nach und nach eine Gelbf\u00e4rbung, die \u00fcber Violett und Blau in ein dunkles Gr\u00fcn \u00fcbergeht. In Chloroforml\u00f6sung treten diese Farben rascher auf,\nCholadi\u00f6ncarbons\u00e4ure CMH36Os.\nDie partielle Hydrierung erfolgt nur bei Einwirkung von Palladium-Wasserstoff auf die alkoholisch-w\u00e4sserige Alkalisalzl\u00f6sung der dreifach unges\u00e4ttigten S\u00e4ure. Ohne Alkoholzusatz ist es uns nicht gelungen, die Reduktion in dieser Phase festzuhalten.\n1,8 g der Substanz wurden in wenig Alkohol gel\u00f6st, mit der berechneten Menge (5 ccm n-)Kalilauge versetzt, dann mit Wasser auf 30 ccm gebracht und nach Zugabe von kolloidalem Palladium (nach Skita dargestellt) unter einem \u00dcberdruck von 1\u20141,5 Atmosph\u00e4ren Wasserstoff 30 Stunden lang auf der Maschine gesch\u00fcttelt. Hierauf wurde die L\u00f6sung anges\u00e4uert, die S\u00e4ure in \u00c4ther aufgenommen und nach dem Verdunsten des \u00c4thers zweimal aus Alkohol umkrystallisiert. Der Schmelzpunkt stieg dabei von 165\u00b0 auf 178\u00b0,).\nDie Krystallform scheint die gleiche zu sein, wie die der\n*) Es ist uns mehrmals nicht gelungen, die partiell hydrierte S\u00e4ure nach dem beschriebenen und in zwei F\u00e4llen bew\u00e4hrten Verfahren wieder zu erhalten, ohne da\u00df wir bis jetzt \u00fcber die Ursache der Mi\u00dferfolge n\u00e4heres aussagen k\u00f6nnten.","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296 Heinrich Wieland laid Friedrich Josef Weil,\nCholatriencarbons\u00e4ure. Die beiden S\u00e4uren durften isomorph sein, da ihre Mischprobe bei 171\u00b0 schmolz. *\n0,1592 g Substanz gaben 0,4714 CO* und 0,1441 H*0.\nC,4H3A. Ber.: C 80,83; H 10,18 Gef. : C 80,76; H 10,13.\nIn ihren Eigenschaften gleicht die Cjholadiencarbons\u00e4ure ihrer Muttersubstanz. Sie l\u00f6st sich auch in Schwefels\u00e4ure mit gelber, etwas hellerer Farbe und gibt die gleiche Bromreaktion. Eine scharfe Unterscheidung erlaubt die Farbreaktion mit Essigs\u00e4ureanhydrid und Schwefels\u00e4ure, tinter den oben angegebenen Bedingungen f\u00e4rbt sie sich anfangs gelb, dann tief blutrot mit pr\u00e4chtiger gr\u00fcner Fluores\u00e7enz, schlie\u00dflich intensiv karmoisinrot. In Chloroform entsteht an Stelle der flu\u00f6rescierenden Phase eine tief blauviolette. Gegen Permanganat zeigt sich die doppelt unges\u00e4ttigte S\u00e4ure etwas best\u00e4ndiger als die vorhergehende.\nCholancarbons\u00e4ure C^H^Og.\n2 g Cholatriencarbons\u00e4ure werden in 55 ccm Eisessig suspendiert, mit 0,5 g Palladiumschwarz und Wasserstoff im Sch\u00fcttelapparat gesch\u00fcttelt ; die Wasserstoffaufnahme erfolgt sehr rasch, nach 15 Minuten sind etwa 200 ccm (50\u00b0/o der Theorie) aufgenommen. Die gr\u00f6beren Partikel der unges\u00e4ttigten S\u00e4ure verschwinden allm\u00e4hlich, und die feinen Flitter der schwerer l\u00f6slichen neuen erscheinen. Nach 6\u20148 Stunden ist die berechnete Menge Wasserstoff aufgenommen; man bringt nun durch Erhitzen die neue S\u00e4ure in L\u00f6sung, filtriert hei\u00df vom Palladium ab und reinigt die beim Erkalten auskrystallisierte Substanz durch wiederholte Krystallisation aus hei\u00dfem Alkohol. Man erh\u00e4lt so die Cholancarbohs\u00e4ure rein in radial \u00e4ngeord-neten Spie\u00dfen vom Schmelzpunkt 157,5 \u00b0.\nHydriert man bei ca. 90\u00b0 \u2014 wir haben bei diesem Versuch Platinschwarz benutzt \u2014 so ist der Proze\u00df mit gleichen Mengen in knapp zwei Stunden beendet. Das so gewonnene Pr\u00e4parat vom Schmelzpunkt 155\u00b0 wurde, analysiert (I). Analyse II bezieht sich auf eine mit Platin in der K\u00e4lte reduzierte S\u00e4ure, die den hohen, wohl der absolut reinen S\u00e4ure zukommenden Schmelzpunkt 160\u00b0 besa\u00df.","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Chols\u00e4ure. I.\t297\nI.\t04715 g Substanz gaben 0,5022 CO, und 0,1736 H,0.\nII.\t04666 \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t0,4878 *\t> 0,1690 \u00bb\nC24H40O2. Ber.: C 79,93;\tH 11,19.\nGef,: G I. 79,86, II. 79,86; H I. 11,33, II. 11,35.\nDie Cholancarbons\u00e4ure ist in konzentrierter Schwefels\u00e4ure schwer l\u00f6slich und gibt darin keine F\u00e4rbung, auch nicht bei Gegenwart von Essigs\u00e4ureanhydrid. Sie reagiert auch nicht direkt mit Brom.\nVon Permanganat wird sie in alkalischer und alkoholischer L\u00f6sung nicht angegriffen. Dagegen entf\u00e4rben auch \u00e4na1 lysenreine Pr\u00e4parate in Eisessig sofort den ersten Tropfen verd\u00fcnnter Permanganatl\u00f6sung. Wir haben die S\u00e4ure daher mit diesem Oxydationsmittel stabilisiert und so ein Produkt erhalten, das die Reaktion f\u00fcr einige Zeit aushielt, ohne da\u00df dabei der Schmelzpunkt wesentlich verschoben worden w\u00e4re.\nDrehung der Cholancarbons\u00e4ure. 6,51 \u00b0/oige Chloroforml\u00f6sung, a = + 1,32\u00b0.\n[<= + 20,3\u00ab.\nW\u00e4hrend also die Richtung der Drehung bei der Destillation der Chols\u00e4ure von rechts nach links umgesprungen ist, stellt sich durch die Hydrierung wieder die Rechtsdrehung her. Chols\u00e4ure\tCholatriens\u00e4ure\u2014\u2014\u2014\u00bb Cholancarbons\u00e4ure 4-*\nDie gleiche Drehungs\u00e4nderung erfolgt bei der Hydrierung des Cholesterins (vgl. Willst\u00e4tter und Maver, Ber.,' Bd. 41, S. 2199 [1908]).","page":297}],"identifier":"lit19568","issued":"1912","language":"de","pages":"287-297","startpages":"287","title":"Untersuchungen \u00fcber die Chols\u00e4ure. I. Mitteilung","type":"Journal Article","volume":"80"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:18:56.391266+00:00"}