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{"created":"2022-01-31T15:22:03.974985+00:00","id":"lit19581","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Inouye, K.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 81: 80-85","fulltext":[{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"Ober die Xanthoproteinreaktion.\nVon\nK. Inouye.\n(Aus dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Heidelberg.) (Der Redaktion zugegangen am 24. August 1912.)\nDas Auftreten der Farbenreaktionen von Eiwei\u00dfstoffen beruht bekanntlich in den meisten F\u00e4llen auf der Bildung gef\u00e4rbter Verbindungen von bestimmten Bausteinen mit den hinzugesetzten Reagenzien. Man kann deshalb durch das Ergebnis einer Farbenreaktion auf die An- oder Abwesenheit eines der Bausteine sowie einer reaktionsf\u00e4higen Atomgruppe hinweisen. Die Untersuchungen \u00fcber die dabei stattfindenden Vorg\u00e4nge und die gebildeten Farbstoffe sind demgem\u00e4\u00df von Bedeutung f\u00fcr die Beurteilung der Konstitution des Eiwei\u00dfmolek\u00fcls.\nUnter den Farbenreaktionen ist die Xanthoproteinprobe schon lange allgemein bekannt, trotzdem ihre Natur noch unaufgekl\u00e4rt bleibt In der Tat handelt es sich bei dieser Reaktion um einen komplizierten Proze\u00df, welcher aus verschiedenen Einzelreaktionen zusammengesetzt ist.\nBei der Einwirkung von Salpeters\u00e4ure auf Eiwei\u00dfk\u00f6rper findet unter anderem eine Nitrierung unter Bildung von gef\u00e4rbten und nicht gef\u00e4rbten Derivaten statt. Betrachtet man diesen Vorgang von den Gesichtspunkten der Farbstoffbildung aus, so kommt das k\u00fcrzlich von A. Kossel und E. L. Kennaway beschriebene Nitroarginin1) nicht in Betracht, da dieses farblos ist, ebensowenig diejenigen K\u00f6rper, die erst durch energische Einwirkung der S\u00e4ure entstehen, wie die p-Nitrobenzoes\u00e4ure\n*) Diese Zeitschrift, Bd. 72 (1911), S. 486.","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"81\n\u00dcber die Xanthoproteinreaktion.\nvon M. Nencki und N. Sieber, \u00bb) da sich gew\u00f6hnlich bei der genannten Probe keine so eingreifende Sfturewirkung abspielt.\nMa\u00dfgebend f\u00fcr die Xanthoproteinreaktion sind offenbar die aromatischen Eiwei\u00dfbausteine, die selber durch Nitrierung in gef\u00e4rbte Derivate \u00fcbergef\u00fchrt und durch weitergehende Spaltung ver\u00e4ndert werden k\u00f6nnen. So z. B. glaubt Weiter\u00ab) Pikrins\u00e4ure aus der mit Salpeters\u00e4ure behandelten Seide erhalten zu haben. Freilich ist nach den unten angef\u00fchrten Untersuchungen kaum anzunehmen, da\u00df diese S\u00e4ure eine direkte Ursache der Xanthoproteinreaktion ist.\nDa\u00df sich auch Tryptophan an dieser Reaktion beteiligen kann, geht aus den Arbeiten von E. Salkowski,* * 3) E. Rohde4 * 6 *) und E. Abderhalden und M. Kempe8) hervor.\nWelcher aromatische Baustein bei der Xanthoproteinreaktion wirklich der Nitrierung unterliegt, ist eine noch offene Frage. 0. v. F\u00fcrth8) hat das \u00abXanthoprotein\u00bb aus Casein der S\u00e4urehydrolyse und der fermentativen Spaltung unterworfen und dabei verschiedene nitrierte Albumosen erhalten; ferner hat er durch ziemlich starke Einwirkung von Salpeters\u00e4ure einen nitrierten Farbstoff \u00abXanthomelanin\u00bb hergestellt und untersucht. Das Xanthomelanin stellt aber einen K\u00f6rper von komplizierter Zusammensetzung dar und gibt uns keine entscheidende Antwort auf unsere Frage.\nDie direkte Abspaltung gut definierter Nitrok\u00f6rper aus dem sogenannten Xanthoprotein kann allein diese* Frage endg\u00fcltig l\u00f6sen. Zu diesem Zwecke wurde die vorliegende Arbeit auf Veranlassung von Herrn Professor A. Kossel unternommen, dem ich an dieser Stelle f\u00fcr seine freundliche Unterst\u00fctzung meinen aufrichtigsten Dank aussprechen m\u00f6chte.\nZum Zweck der folgenden Untersuchungen habe ich Seiden-\n*) Ber. d. Deutsch, chem. Ges., Bd. 18 (1885), S. 394.\n*) Ann. de chim., Bd. 29 (1796), S. 301; Scherers Journal, Bd. 3 (1799), S. 715.\n3)\tDiese\tZeitschrift,\tBd.\t12\t(1888).\tS.\t218.\n4)\tDiese\tZeitschrift,\tBd.\t44\t(1905),\tS.\t170.\n6) Diese\tZeitschrift,\tBd.\t52\t(1907),\tS.\t212.\n6) Habilitationsschrift, Stra\u00dfburg 1899.\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXXX\u00ce.\n6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":".. * .\tK. Inouye,\nfibroin nitriert und das Nitroprodukt durch Schwefels\u00e4ure gespalten. Aus dem Reaktionsgemisch konnte ich neben farblosen Spaltungsprodukten ein Mononitrotyrosin isolieren. Um zu entscheiden, ob auch Phenylalanin nitriert wird, ist noch ein weiterer Versuch notwendig. Demzufolge ist man berechtigt, zu sagen, da\u00df die Xanthoproteinreaktion zum Teil durch die Bildung des Nitrotyrosins bedingt ist.\nExperimentelles.\nIlm den st\u00e4rksten Erfolg der Nitrierung mit der geringsten Nebenwirkung zu erzielen, erwies sich folgendes Verfahren als das zweckm\u00e4\u00dfigste :\n30\u201450 g Seidenabf\u00e4lle wurden in einer Stutze mit verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure (20\u00b0/o)1) \u00fcbersch\u00fcttet, gut durchger\u00fchrt und 48 Stunden bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Die intensiv gelb gef\u00e4rbte \u00abNitroseide\u00bb wurde nun von der bla\u00df-gelb gewordenen Salpeters\u00e4ure getrennt, gr\u00fcndlich mit Wasser, dann mit Alkohol und \u00c4ther gewaschen und in der Luft getrocknet. Die Ausbeute an der so erhaltenen Nitroseide, die sch\u00f6n goldgelb gef\u00e4rbt war und ihre Fadenform bewahrt hatte, war 85\u201490\u00b0/o des verwandten Materials.\nNach verschiedenen Versuchen, nitrierte Spaltungsprodukte zu isolieren, f\u00fchrte das folgende Verfahren zum Ziele. 35 g Nitroseide wurden mit einer Mischung von 105 g konzentrierter Schwefels\u00e4ure und 180 g Wasser 10 Stunden am R\u00fcckflu\u00dfk\u00fchler gekocht Das hei\u00dfe stark gef\u00e4rbte Reaktionsgemisch wurde zuerst mit einer hei\u00dfen konzentrierten, sodann mit verd\u00fcnnter \u00c4tzbaryti\u00f6sung bis zur fast neutralen Reaktion versetzt, der entstandene Niederschlag abgenutscht und mehrmals ausgekocht. Das rotgelbe Filtrat und das Waschwasser wurden vereinigt, auf etwa 150 ccm eingedampft, mit Schwefels\u00e4ure bis\n*) Zusatz von Harnstoff wirkt nicht g\u00fcnstig. In einer Probe mit Harnstoff bekam ich ein bedeutend schw\u00e4cher gef\u00e4rbtes Pr\u00e4parat, au\u00dferdem trat dabei die hydrolysierende Wirkung stark hervor. Zusatz von Harnstoff vermindert die Zahl der eintretenden Nitrogruppen, wie v. F\u00fcrth angegeben hat. I c. S. 22.","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"83\n\u00dcber die Xanthoproteinreaktion.\nzu einem Gehalt von 5\u00b0/o versetzt und durch vorsichtigen Zusatz von Phosphorwolframs\u00e4ure ausgef\u00e4llt. Der Phosphorwolframs\u00e4ureniederschlag wurde abgesaugt, mit 5<>/oiger Schwefels\u00e4ure ausgewaschen, im Wasser fein zerteilt und mit Barytwasser zerlegt. Das br\u00e4unlichrote Filtrat vom Barytniederschlag Wurde durch Kohlens\u00e4ure vom \u00dcberschu\u00df des Baryts befreit und zur Trockne eingedampft; der sch\u00f6n rot gef\u00e4rbte R\u00fcckstand in einer nicht zu kleinen Menge ausgekochten Wassers aufgenommen und durch vorsichtigen Zusatz von Schwefels\u00e4ure von Baryt befreit, wobei die Farbe der L\u00f6sung ins Gelbe umschlug. Nach dem Eindampfen bis zum Beginn der Krystalli-sation blieb die L\u00f6sung \u00fcber Nacht stehen. Nun wurden die ausgeschiedenen gelben, nadelf\u00f6rmigen Krystalle, deren Menge 0,55 g betrug, abgesaugt und wiederholt aus hei\u00dfem Wasser, n\u00f6tigenfalls unter Zusatz von Tierkohle, * *) umkrystallisiert. Sie zeigten dann einen konstanten Schmelzpunkt von 215\u2014210\u00b0, welcher mit dem des Nitrotyrosins aus Tyrosin \u00fcbereinstimmte. Die Krystalle gaben Rotf\u00e4rbung beim Erw\u00e4rmen mit Milions Reagens und tiefrote F\u00e4rbung mit Diazobenzolsulfos\u00e4ure bei Gegenwart \u00fcbersch\u00fcssigen Natriumcarbonats.\nDie Analyse der Krystalle ergab folgendes:\n0,1276 g Substanz gaben 13,6 ccm N bei 18\u00b0 C. und 755,5 mm Bar., d. i. 12,13 \u00b0/o.\nBerechnet f\u00fcr C9H10NO3 \u2022 NO* = 12,39 \u00b0/o.\t\u2022\nDiese Formel stimmt mit der eines Mononitrotyrosins \u00fcberein.\nNitrotyrosin wurde zuerst von A. Strecker2) durch die Einwirkung von Salpeters\u00e4ure auf Tyrosin gewonnen; In reinem Zustande ist es in Wasser schwer l\u00f6slich, in unreinem leichter l\u00f6slich. Die w\u00e4sserige L\u00f6sung ist hellgelb und reagiert schwach sauer. In Minerals\u00e4uren l\u00f6st es sich leicht mit gelber Farbe, durch \u00fcbersch\u00fcssige Alkalien wird die L\u00f6sung rot. ln Methyl-,\n*) Tierkohle und andere fein zerteilte Niederschl\u00e4ge adsorbieren den Farbstoff sehr stark. Infolge dessen l\u00e4uft das Waschwasser noch immer etwas gef\u00e4rbt ab, selbst nachdem man den Niederschlag oftmals ausgekocht hat.\n*) Liebigs Ann., Bd. 73 (1850), S. 70.","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"K. Inouye,\n\u00c4thyl-, Amylalkohol und \u00c4ther ist es unl\u00f6slich, ebenso in Eisessig. In der w\u00e4sserigen L\u00f6sung rufen Silbernitrat -f Baryt und Phosphorwolframs\u00e4ure + Schwefels\u00e4ure gef\u00e4rbte flockige Niederschl\u00e4ge hervor, die sich wieder im \u00dcberschu\u00df der F\u00e4llungsmittel l\u00f6sen. Quecksilberchlorid und -acetat erzeugen keinen Niederschlag.\nDurch seine charakteristische F\u00e4rbung \u2014 gelb bei saurer, rot bei alkalischer Reaktion \u2014 wies das Filtrat der Phosphor-wolframs\u00e4urefallung noch auf weitere Nitrok\u00f6rper hin. Es wurde zur Abscheidung der Phosphorwolframs\u00e4ure und Schwefels\u00e4ure mit Barytwasser versetzt und der \u00dcberschu\u00df des Baryts durch Kohlens\u00e4ure entfernt. Beim Eindampfen schieden sich 0,3 g Substanz ab, welche nach mehrmaliger Umkrystallisa-tion aus gelben Bl\u00e4ttchen vom Schmelzpunkt von 233\u2014234\u00b0 bestanden.\nDieser K\u00f6rper zeigte einen Stickstoffgehalt von 12,26\u00b0/o (berechnet f\u00fcr Mononitrotyrosin : 12,39 \u00b0/o), wich hingegen bez\u00fcglich des Schmelzpunktes von dem oben erw\u00e4hnten Pr\u00e4parat ab und war auch bedeutend leichter l\u00f6slich. Es ist hiernach wahrscheinlich, da\u00df es sich um unreines Mononitrotyrosin handelte.\nDie Mutterlauge der obigen Krystalle wurde weiter eingedampft. Beim Erkalten erstarrte die ganze Masse zu einem s\u00fc\u00df schmeckenden Krystallbrei, aus dem sich bei der fraktionierten Krystallisation zwei verschiedene farblose K\u00f6rper trennten. Der schwerer l\u00f6sliche K\u00f6rper (10 g) krystallisierte aus w\u00e4sseriger L\u00f6sung in Form von Nadeln, der andere (5 g) in Prismen.\nDa nach Weiter1) auch Pikrins\u00e4ure zu erwarten war, so sch\u00fcttelte ich bei einem anderen Versuche die bei der Hydrolyse resultierende Fl\u00fcssigkeit gleich nach der Zersetzung mit \u00c4ther aus. Von der gelb gef\u00e4rbten \u00e4therischen L\u00f6sung wurde der \u00c4ther abdestilliert, der R\u00fcckstand in Wasser gel\u00f6st. In der gelben L\u00f6sung lie\u00df sich jedoch keine Pikrins\u00e4ure nachweisen.\n*j 1. c.","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die Xanthoproteinreaktion.\t85\nFerner versetzte ich 15 g Seidenabf\u00e4lle mit 6 Gewichtsteilen konzentrierter Salpeters\u00e4ure und stellte das Gemisch zwei Tage lang in den Keller. Die hellgelbe Aufl\u00f6sung wurde * mit \u00c4ther ersch\u00f6pft und die \u00e4therische L\u00f6sung weiter auf Pikrins\u00e4ure gepr\u00fcft, aber mit negativem Resultat.\nSomit ergibt sich, da\u00df sich die Bildung von Pikrins\u00e4ure bei niedriger Temperatur nicht nachweisen l\u00e4\u00dft. Folglich kann von einer Beteiligung der Pikrins\u00e4ure an der Xanthoproteinreaktion nicht die Rede sein. Selbstverst\u00e4ndlich ist es nicht ausgeschossen, da\u00df bei einem eingreifenden Verfahren, wie es von Weiter angewandt worden ist, Pikrins\u00e4ure entsteht.","page":85}],"identifier":"lit19581","issued":"1912","language":"de","pages":"80-85","startpages":"80","title":"\u00dcber die Xanthoproteinreaktion","type":"Journal Article","volume":"81"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:22:03.974991+00:00"}