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{"created":"2022-01-31T14:11:31.537860+00:00","id":"lit19592","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Sieber, N.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 81: 185-199","fulltext":[{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"Wasserstoffhyperoxyd als hydrolysierendes Prinzip.\n\u25a0 Von \u25a0'\nN. Sieber.\n(Chemisches Laboratorium des Kaiserl. Instituts f\u00fcr experim. Medizin in SL Petersburg.) (Der Redaktion zugegangen am 9. September 1912.)\nI.\nNachdem durch eine Reihe von Untersuchungen festgestellt worden war,1) da\u00df das Hf02 nicht nur ein oxydierendes, sondern zugleich auch ein hydrolysierendes Prinzip ist und zwar die F\u00e4higkeit besitzt, auf Substanzen von verschiedenem Bau und Best\u00e4nde, unter anderem auch auf hochmolekulare Verbindungen eine spaltende Wirkung auszu\u00fcben, erschien es ganz nat\u00fcrlich, da\u00df die Wirkung des H,D8 an solchen Substanzen, die, was ihre L\u00f6sung und Spaltung anbetrifft, ganz besondere Schwierigkeiten boten, wie z. B. die Keratinstoffe, Pigmente tierischer und pflanzlicher Abstammung und deren Derivate und schlie\u00dflich an den Tuberkelbazillen und \u00e4hnlichen Gebilden, angewendet und erprobt wurde. In dieser Richtung angestellte Versuche ergeben ein durchaus bestimmtes und zwar positives Resultat. Alle diese Substanzen, welche der Einwirkung bisher angewandter Agenzien Schwierigkeiten machten, resp. durchaus widerstanden, gehen unter dem Einflu\u00df von HsO, und beim Erhitzen im Autoklaven bei einem Druck von 3 oder 6 Atmosph\u00e4ren (143\u2014160\u00b0) in L\u00f6sung \u00fcber und Vorversuche^ erwiesen, da\u00df f\u00fcr ein jedes, der Einwirkung von HsOt ausgesetztes Objekt eine entsprechende Konzentration und eine bestimmte Menge, d. h. ein bestimmter Prozentgehalt an Wasserstoffsuperoxyd in der L\u00f6sung erforderlich ist. Im allgemeinen verl\u00e4uft die Reaktion bei verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig schwacher Konzentration und entsprechender Verd\u00fcnnung im Sinne einer vollst\u00e4ndigen L\u00f6sung leichter, als wie bei starker Konzentration und geringeren\n\u2018) Zentral!)], f. Bakt., Herbst 1912. Russki Wratsch, Nr. 30, 1912.","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\nN. Sieber,\nFl\u00fcssigkeitsmengen. Anderseits wurde durch unsere Versuche dargelegt, da\u00df wir im H202 ein Mittel besitzen, welches wir je nach Wunsch und dem zu erstrebenden Zwecke mit dem einen oder dem anderen Ergebnis anwenden k\u00f6nnen, d. h. da\u00df wir eine mehr oder weniger tiefgreifende Spaltung und dieser entsprechende Produkte erzielen k\u00f6nnen. Der theoretische Teil der Frage und die Feststellung der Reaktionen und Produkte, welche bei Einwirkung von H202 auf verschiedene Substanzen gewonnen werden, bieten ein hervorragendes Interesse.\nIn unserem Laboratorium wird gegenw\u00e4rtig eine Reihe von Untersuchungen in der einen und der anderen Richtung mit verschiedenen Substanzen, unter anderem auch zwecks Gewinnung von hydrolytischen Produkten durch \u00c4therifikatio\u00bb, Gesinnung von Estern und deren weiterer Zersetzung nach E. Fischer und E. Abderhalden vorgenommen, deren Ergebnisse in kurzer Zeit ver\u00f6ffentlicht werden sollen.\nHier jedoch will ich, um den Proze\u00df der Einwirkung von H202 zu demonstrieren resp. charakterisieren, in m\u00f6glichst kurzer Form einige Versuche mit verschiedenen Substanzen wie : Casein, sodann Blutpigmenten, dem H\u00e4moglobin und seinen Derivaten, n\u00e4mlich H\u00e4min (oder salzsaurem H\u00e4matin) und schlie\u00dflich die Einwirkung von H202 auf menschliche Haare hier kurz besprechen (ausf\u00fchrlich wird dar\u00fcber sp\u00e4ter berichtet), und erst dann zu der Frage nach der Wirkung von H202 auf den Tuberkelbacillus \u00fcbergehen.\nObergie\u00dfen wir im Kolben 2,0 g Casein mit 70 ccm llli\u00b0/oigem HsOt und erw\u00e4rmen wir dieses Gemisch im Laufe von 2 Stunden unter einem Drucke von 6 Atmosph\u00e4ren auf 160\u00b0 C./so erhalten wir schlie\u00dflich nach Erkalten eine dunkelgelb gef\u00e4rbte Fl\u00fcssigkeit mit noch dunkler gef\u00e4rbtem sp\u00e4rlichen Bodensatz, welcher dem Gewichte nach (0,1016 g) = 5,08 \u00b0/o des zum Versuch verwendeten Caseins ausmacht. In der Fl\u00fcssigkeit betr\u00e4gt die Menge des Gesamtstickstoffes 0,378 g oder 18,9 \u00b0/o und 0,0524 g Ammoniakstickstoff, welches also 13,85\u00b0/o des Gesamt-N ausmacht.\n\u00c4ndert man das Verh\u00e4ltnis zwischen Casein und Wasserstoffsuperoxyd, und zwar nimmt man auf 1,0 g Casein 100 ccm","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"Wasserstof\u00efhyperoxyd als hydrolysierendes Prinzip. 187\n0,l\u00b0/oiges HaOg und erw\u00e4rmt unter demselben Drucke von 6 Atmosph\u00e4ren im Laufe von 2 Stunden im Autoklaven, so erscheint die Fl\u00fcssigkeit im Kolben nach dem Erkalten nicht ganz klar, sondern schwach gelb gef\u00e4rbt und mit einem sp\u00e4rlichen Bodensatz. Der Gehalt an GesamtstickstofT betr\u00e4gt in diesem Falle 18,2 \u00b0/o.\n\u00dcbergie\u00dft man schlie\u00dflich 1,0 g Casein im Kolben mit 100 ccm l\u00b0/oigem H202 und erhitzt den Kolben unter denselben Bedingungen, d. h. einem Druck von 6 Atmosph\u00e4ren und einer Temperatur von 160\u00b0 im Laufe von 2 Stunden, so erh\u00e4lt man eine durchaus klare, dem Wasser \u00e4hnliche, farblose Fl\u00fcssigkeit ohne irgend welchen R\u00fcckstand. Der Gehalt an Gesamtstickstoff in derselben betrug 19,6 \u00b0/o, Ammoniakstickstoff waren 0,0814 g oder 41,5\u00b0/o vom Gesamtstickstoff enthalten.\nEin \u00e4hnliches Verhalten bei der Einwirkung von H202 zeigen auch die vielen anderen Verbindungen, Von denen ich einige hier noch anf\u00fchren will, z. B. das H\u00e4moglobin.\n1.\tNahmen wir auf 1,0 g krystallinisches H\u00e4moglobin 80 ccm einer lVa^oigen H202-L\u00f6sung und erhitzten wir das Gemisch unter denselben Bedingungen im Laufe des n\u00e4mlichen Zeitraumes, so erhielten wir eine braungef\u00e4rbte Fl\u00fcssigkeit mit einem Bodensatz. Die Bestimmung des Gesamtstickstoffes ergab einen Gehalt von 0,0813 g oder 8,13 \u00f6/o; Ammoniakstickstoff waren 0,02292 g oder 37,1 \u00b0/o enthalten.\n2.\tIn einem anderen Versuche nahmen wir auf 0,5 g H\u00e4moglobin 110 ccm einer 3\u00b0/oigen Wasserstoffhyperoxydl\u00f6sung, das Gemisch wurde unter denselben Bedingungen im Autoklaven erhitzt und es resultierte eine gelbgef\u00e4rbte Fl\u00fcssigkeit mit sp\u00e4rlichem dunkelgef\u00e4rbten Niederschlag. Der Gesamtstickstoff der Fl\u00fcssigkeit betrug 0,0678 g oder 13,55 */o.\n3.\tNahmen wir schlie\u00dflich auf dieselbe Menge von 0,5 g krystallinischen H\u00e4moglobins H202 im Verh\u00e4ltnis von 1 :300, d. h. 150 ccm einer 11/2\u00b0/o igen H202 und erhitzten wir das Gemisch unter denselben Bedingungen im Autoklaven, so war das Ergebnis ein ganz anderes, und zwar erhielten wir eine kaum gelblich gef\u00e4rbte, ganz klare Fl\u00fcssigkeit ohne R\u00fcckstand. Der Gehalt an Gesamtstickstoff betrug 0,1071 g = 21,4 \u00b0/o.","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188\nN. Sieber,\nBei der Einwirkung von H202 auf menschliches Haar ergab sich, da\u00df, wie \u00fcberhaupt, so auch in diesem Falle alles von dem Verh\u00e4ltnis zwischen H,Ot und dem der Einwirkung ausgesetzten Objekt, d. h. im gegebenen Falle dem Haare abh\u00e4ngt.\n1.\tNimmt man auf 4 g Haare 150 ccm einer 1 \u00b0/oigen Wasser-stoffhyperoxydl\u00f6sung, so erscheint nach Erhitzen des Gemisches bei 3 Atmosph\u00e4ren und 143\u00b0 im Laufe von einer Stunde der Kolbeninhalt als dunkle Fl\u00fcssigkeit, welche einen dunklen Bodensatz enth\u00e4lt. Der Stickstoffgehalt betr\u00e4gt 0,0044 g resp. 2,68\u00b0/o.\n2.\tNehmen wir auf dieselben 4,0 g Haare 225 ccm einer l\u00b0/oigen H202-L\u00f6sung und erhitzen wir das Gemisch gleichfalls im Laufe einer Stunde bei 143\u00b0 und einem Druck von 3 Atmosph\u00e4ren, so erhalten wir eine bedeutend weniger gef\u00e4rbte Fl\u00fcssigkeit und bereits einen geringeren Niederschlag. Der Gesamtstickstoffgehalt betr\u00e4gt 0,5796 g = 14,49\u00b0/o N.\n3.\t4,0 g Haar ergaben nach Erhitzen im Laufe von 2 Stunden bei 160\u00b0 und unter einem Drucke von 6 Atmosph\u00e4ren mit 1040 ccm einer 1 V*0/oigen H202-L\u00f6sung (also im Verh\u00e4ltnis von 1:260) eine durchaus klare Fl\u00fcssigkeit, welche kaum gelblich gef\u00e4rbt war und gar keinen Bodensatz resp. R\u00fcckstand auf wies. In der L\u00f6sung wurde der Gesamtstickstoffgehalt bestimmt, welcher 0,448 g oder 1.1,2\u00b0/\u00bb N betrug. (Weitere Angaben dar\u00fcber sp\u00e4ter.)\nVon besonderem Interesse ist die Wirkung von H202 auf das H\u00e4min (resp. salzsaures H\u00e4matin) und zwar sowohl in bezug auf die bei dieser Einwirkung resultierenden Produkte, als auch in theoretischer Beziehung. Das H\u00e4min geh\u00f6rt bekanntlich zu den resistentesten Stoffen und setzt jeglichen Agenzien \u00fcberhaupt, sowie dem H202 im speziellen einen bedeutenden Widerstand entgegen.\n1.\tSetzen wir zu 0,2 g H\u00e4min 60 ccm einer 3\u00b0/oigen Hs0,-L\u00f6sung und erhitzen wir das Gemisch im Laufe einer halben Stunde bei 3 Atmosph\u00e4ren auf 143\u00b0, so merken wir fast gar keine Ver\u00e4nderung: Das ungel\u00f6ste H\u00e4min bleibt am Boden des Gef\u00e4\u00dfes, die kaum gelbgef\u00e4rbte Fl\u00fcssigkeit enth\u00e4lt 0,0112 g = 5,6 \u00b0/o Gesamtstickstoff.\n2.\tDas abfiltrierte H\u00e4min wurde sodann mit einer neuen","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"Wasserstoffhyperoxyd als hydrolysierendes Prinzip. 189\nPortion einer 1 llt \u00b0ioigen H,0,-L\u00f6sung \u00fcbergossen und im Laufe einer Stunde bei 3 Atmosph\u00e4ren auf 143\u00b0 erhitzt. Das Ergebnis war folgendes. Die im Kolben befindliche Fl\u00fcssigkeit besitzt eine eigenartige F\u00e4rbung, sie ist ziegelrot und weist gleichsam einen Belag oder eine \u00f6lige Schicht, welche im Probierglase betrachtet sich durch schwache gelblich-gr\u00fcne Fluorescenz auszeichnet, auf. Beim l\u00e4ngeren Stehen (paar Tage) setzt sich in der Fl\u00fcssigkeit ein ziegelroter Bodensatz ab, welcher an einen Urobilinniederschlag erinnert, \u00fcberhaupt erinnert das ganze Bild an dasjenige, welches bei Einwirkung von Jodwasserstoffs\u00e4ure auf Aceth\u00e4min in Gegenwart von Eisessig zu beobachten und seinerzeit von meinem teuren Lehrer dem verstorbenen Prof. M. Nencki1) in Gemeinschaft mit J. Zaleski beschrieben worden ist. Das Studium der Einwirkung von Ha02 auf H\u00e4min wird in erw\u00e4hnter Richtung fortgesetzt und \u00fcber desselben Ergebnisse soll seinerzeit berichtet werden. Diese an und f\u00fcr sich sehr interessante Beobachtung ist, soweit sie durch Weitere Forschungen best\u00e4tigt werden wird, au\u00dferdem noch von hervorragender theoretischer Bedeutung zur Erkl\u00e4rung des Vorganges, welcher bei Einwirkung von Hs08unter den von uns untersuchten Bedingungen stattfindet, weshalb sie schon hier Erw\u00e4hnung gefunden hat.\nDie Gesamtstickstoffmenge der Fl\u00fcssigkeit betrug 0,02273 g oder ll,36\u00b0/o. \u00dcberhaupt aber war von dem Stickstoff des H\u00e4min bei der ersten und zweiten Einwirkung des H,0, (bei Erhitzen auf 143\u00b0 und unter einem Drucke von 3 Atmosph\u00e4ren) im Laufe von l'la Stunden 16,96 \u00b0/o in L\u00f6sung \u00fcbergegangen.\nDie Wirkung des Wasserstoffsuperoxyds auf den\nTuberkelbacillus.\nDer der Einwirkung von H802 ausgesetzte Tuberkelbacillus stammte haupts\u00e4chlich aus Bouillonkulturen, in wenigen F\u00e4llen aus Kartoffelkulturen. Zur Untersuchung wurden die Tuberkelbazillen verwandt, nachdem sie durch Dekantation und auf dem Filter mit destilliertem Wasser von der Bouillon ausgewaschen waren. Bearbeitet wurden gewaschene, jedoch nicht\n*) Berichte, Bd 34, S. 997.","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\tN. Sieber,\nbis zum konstanten Gewicht getrocknete, d. h. lufttrockene Bakterien. Die in den Tuberkelbazillen enthaltene Wassermenge wurde jedesmal in einzelnen Portionen bestimmt (weil die Berechnung der angewandten HsOs-Quantitfit in dem einen, sowie in dem anderen Versuche auf trockene Tuberkelbazillen vorgenommen wurde). In wenigen F\u00e4llen wurden getrocknete, sowie entfettete Tuberkelbazillen angewandt, jedoch war weder in dem einen, noch in dem anderen Falle irgend welche \u00c4nderung im Verhalten gegen\u00fcber H802 zu vermerken.\nInsgesamt haben wir, abgesehen von den bei Zimmertemperatur angestellt en, \u00fcber 100 Versuche mit dem Tuberkelbacillus und HsO, vorgenommen, wobei sowohl die Menge der einen, wie des anderen, als auch die Dauer der Einwirkung, die Temperatur und anderes variierten. Der Gang der Untersuchung war im allgemeinen folgender :\nZu diesen Versuchen dienten m\u00f6glichst dicht mit Wattestopfen geschlossene Kolben, in welchen eine bestimmte Quantit\u00e4t Tuberkelbazillen abgewogen wurde; letztere wurden sodann mit bis zu einem bestimmten Prozentgehalte verd\u00fcnntem Wasserstoffhyperoxyd \u00fcbergossen. Nach Ablauf eines verschiedenen Zeitraumes, w\u00e4hrend dessen Erhitzen des Gemisches bis auf einem bestimmten Temperaturgrad stattfand, wurde der Kolben aus dem Autoklaven entfernt, und sein Inhalt genau gemessen; war ein R\u00fcckstand vorhanden, d. h. war die Zersetzung keine vollst\u00e4ndige, so wurde derselbe auf einem vorher gewonnenen Filter abfiltriert, gewogen und f\u00fcr sich untersucht.\nVon dem Filtrate diente eine gewisse Portion zu verschiedenen Proben, wie z. B. der Biuretreaktion, der Reaktion von Moliseh, d. h. mit a-Naphthol und Schwefels\u00e4ure der Millonschen Reaktion, um den Grad und die Grenze der stattgefundenen Zersetzung zu bestimmen. Weiter dienten dem Filtrate entnommene bestimmte Mengen, gew\u00f6hnlich 10\u201420 ccm zur Gewichtsbestimmung der in der L\u00f6sung enthaltenen Substanzen, d. h. der Menge des Trockenr\u00fcckstandes, in welchem sodann die Menge organischer und anorganischer Stoffe festgestellt wurde. Schlie\u00dflich bestimmten wir noch in 2 parallelen Portionen (zu je 5 ccm) den Gehalt an Gesamtstickstoff","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"Wasserstoffhyperoxyd als hydrolysierendes Prinzip. 191\nnach Kjeldahl. Schon die auf diese Weise gewonnenen Befunde gestatten, bis zu einem gewissen Grade, ein Urteil \u00fcber das, was in den verschiedenen Versuchen vor sich geht, sowie dar\u00fcber, wie sich ihr Ergebnis in Abh\u00e4ngigkeit von den verschiedenen Beziehungen zwischen H,Os und Tuberkelbazillen, verschiedenen Konzentrationen und Fl\u00fcssigkeitsmengen, verschiedener Einwirkungsdauer und der verschiedenen Temperatur ver\u00e4ndert.\nDa mich weiter besonders die Frage von der Stickstoff-metamorphose, d. h. der Stickstoffverteilung im Tuberkelbacillus, resp. in den nach Einwirkung von H,0, entstehenden Produkten interessierte und au\u00dferdem auch den Grad .der Desamidierung resp. Abspaltung des NH, und NH3 unter gegebenen Versuchsbedingungen, d. h. bei verschiedenen H,0,-Mengen im Verh\u00e4ltnis zu den TBC.-Bazillen, verschiedener Konzentration der L\u00f6sung, verschiedener Temperatur und Wirkungsdauer festzustellen, so wurde au\u00dfer dem Gesamtstickstoff auch die Menge des Ammoniakstickstoffs, sowie der N der Aminos\u00e4uren bestimmt, falls die Quantit\u00e4t der Fl\u00fcssigkeit dieses gestattete. Zu der detaillierten Untersuchung der Zersetzungsprodukte wurden die Versuche mit gr\u00f6\u00dferen Mengen Material verwendet, welche sp\u00e4ter mitgeteilt werden sollen, hier aber werden nur in K\u00fcrze einige Daten davon angef\u00fchrt. Die Untersuchung auf Aminos\u00e4uren wurde nach S\u00f6rensen sowie nach van Slyke ausgef\u00fchrt und zwar sowohl der Monoaminos\u00e4uren entsprechenden N, wie der der Diaminos\u00e4uren, d. h. mittels F\u00e4llung mit Phosphorwolframs\u00e4ure in dem mit Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uerten Material erhaltenen Niederschlag resp. Filtrate bestimmt wurde. Um den Proze\u00df der H20,-Einwirkung auf den TBC.-bacillus im allgemeinen zu charakterisieren, will ich einige anschauliche Versuche wiedergeben und auch \u00fcber die in oben erw\u00e4hnter Richtung erzielten Resultate mitteilen.\n.\tVersuch 1.\n9,217 g Tuberkelbazillen, welche 48,53 \u00b0/o Wasser enthalten und also 6,177 g trockener Tuberkelbazillen entsprechen, wurden im Kolben abgewogen und mit etwa der","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\tN. Sieber,\n5 fachen Quantit\u00e4t, d. h. 30 ccm einer frisch pr\u00e4parierten 10/oigenH202-L\u00f6sung \u00fcbergossen, was einem Verh\u00e4ltnis zwischen Tuberkelbazillen und H202 = 1 : 4,8 entspricht. Der mit einem Wattestopfen festgeschlossene Kolben wurde im Autoklaven bei einem Drucke von 6 Atmosph\u00e4ren und einer Temperatur von 160\u00b0 im Laufe von 2 Stunden erhitzt. Nachdem der Kolben im Autoklaven abgek\u00fchlt und diesem entnommen war, enthielt er eine dunkelbraune Fl\u00fcssigkeit mit einem dunklen, braunschwarzen Bodensatz, welcher abfiltriert und so lange gewaschen wurde, bis das abflie\u00dfende Waschwasser ganz farblos wurde. Der im Exsikkator \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrocknete Niederschlag wog 0,68 g. Von ihm soll weiter sp\u00e4ter die Rede sein. Ich will hier nur bemerken, da\u00df er amorph war. Dem Filtrat und Waschwasser wurde nach genauer Abmessung ein gewisser Teil zu folgenden Reaktionen entnommen: der Biuretreaktion, der Probe von Molisch, Millon und anderen. Die Biuretreaktion fiel schwach positiv aus; die Reaktion von Molisch war scharf ausgepr\u00e4gt. Zusatz von Millon schem Reaktiv rief die Bildung eines wei\u00dfen Bodensatzes hervor, welcher sich beim Erhitzen rot f\u00e4rbte. \u2014 Absoluter Alkohol, in 10 f\u00e2cher Dosis zu 10 ccm hinzugef\u00fcgt, rief einen Bodensatz hervor, welcher dem Gewichte nach 0,0383 g oder 1,34 \u00b0/o ausmachte. Bis zu vollkommener S\u00e4ttigung hinzugef\u00fcgtes Ammoniumsulfat ruft gleichfalls Niederschlagbildung hervor. Sodann wurde in 2 Portionen der Gehalt an Gesamtstickstoff bestimmt; derselbe betrug 0,183 g oder 2,806 \u00b0/o.\nDie Menge des festen Trockenr\u00fcckstandes, welche in 10 ccm festgestellt wurde, betrug 1,0839 g = 17,54 \u00b0/o, von diesen kommen 0,9765 g oder 90,0 \u00b0/o auf organische Substanz und 0,1074 g oder 9,98 \u00b0/o auf anorganische.\nIn 2 Portionen zu je 20 ccm fand die Bestimmung des Ammoniakstickstoffs statt, welche im Vakuumapparat (von M. Nencki und J. Zaleski1)) mit Hilfe einer ges\u00e4ttigten Barytl\u00f6sung* *) vorgenommen wurde. Der Ammoniakstickstoff wog\n*) Diese Zeitschrift, Bd. 33, S. 193; Archiv des Sciences Biolog., Bd. 9, S. 32.\n\u2022) Berichte der Deutsch, chem. Ges., Bd. 43, S. 3176.","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"Wasserstoffhyperoxyd als hydrolysierendes Prinzip. 193\n0,0179 g oder, auf den Gesamtstickstoff berechnet, machte er 10,39\u00b0/o aus.\nDie nach van Slyke bestimmte Menge des Aminos\u00e4urenstickstoffs war 0,0136 g oder 7,4\u00b0/o des Gesamtstickstoffs.\nDer folgende Versuch, in welchem unter sonst gleichen Bedingungen statt der l\u00b0/oigen l1/a\u00b0/oige L\u00f6sung zur Anwendung kam, soll erw\u00e4hnt werden.\nVersuch 2.\n8,912 g feuchte oder 6,0 g trockene Tuberkelbazillen wurden mit 35,0 ccm einer lV*\u00b0/oigen H,0,-L\u00f6sung (also im Verh\u00e4ltnis von 1: 5) \u00fcbergossen und gleichfalls im Laufe von 2 Stunden unter einem Drucke von 6 Atmosph\u00e4ren und bei einer Temperatur von 160\u00b0 erhitzt. Nach dem Erkalten unterschied sich der Kolbeninhalt seinem Aussehen nach fast gar-nicht von demjenigen des 1. Versuches, d. h. die Fl\u00fcssigkeit war dunkelbraun gef\u00e4rbt und enthielt ebenfalls einen dunklen Bodensatz, dessen Menge dem Gewicht nach 0,785 g betrug. Filtrat und Waschwasser gaben, mittels der n\u00e4mlichen Reaktionen (Biuretreaktion, Reaktion von Moli sch und Mi 11 on) untersucht, dasselbe Resultat; auch Alkohol rief Niederschlagsbildung hervor. Die Bestimmung der Gesamtstickstoffmenge ergab 0,175 g oder 2,91 \u00b0/o, die des Trockenr\u00fcckstandes 1,399 g oder 23,31 \u00b0/o auf TBC.-Trockensubstanz berechnet; im Trockenr\u00fcckstande fand man 1,238 g oder 88,6 \u00b0/o organische und 0,1579 g oder 1,2\u00b0/o anorganische Substanz; der Ammoniakstickstoff betrug, nach erw\u00e4hnter Methode bestimmt,. 0,0179 g oder 10,24\u00b0/o, der Aminos\u00e4uren-N 0,0175 g oder 10\u00b0/o des Gesamt-N.\nIn dem nun folgenden Versuche wurde die Menge des Ha0s, d. h. sein Prozentgehalt vermindert, w\u00e4hrend alle \u00fcbrigen Bedingungen die n\u00e4mlichen blieben,\nVersuch 3.\n10,0 g feuchter, resp. 5,147 g trockener Tuberkelbazillen wurden im Autoklaven unter einem Drucke von 6 Atmosph\u00e4ren und bei einer Temperatur von 160\u00b0 im Laufe von\nHoppe-Seyler\u2019s Zeitschrift f. physiol. Chemie. LXXXI.\t13","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"***\tN. Sieber,\n2 Stunden mit 50 ccm einer 0,6\u00b0/oigen H202-L\u00f6sung, d. h. im Verh\u00e4ltnis von 1 : 10 erhitzt. Nach Ablauf dieses Zeitraumes und nach dem Erkalten des Autoklaven enth\u00e4lt der demselben entnommene Kolben ein Gemisch, das von dem in dem vorhergehenden Versuch beschriebenen sich wenig unterscheidet. Die Fl\u00fcssigkeit war ebenfalls braun gef\u00e4rbt und enthielt gleichfalls einen ungel\u00f6sten Bodensatz, dessen Menge 0,83 g betrug.\nAlle mit dem Filtrate vorgenommenen Reaktionen ergaben ein eindeutiges positives Resultat. Der Gesamtstickstoff der Fl\u00fcssigkeit war = 0,1225 g oder 2,32 \u00b0/o. Der Trockenr\u00fcckstand betrug 0,759 g, eine Quantit\u00e4t, welche 14,76\u00b0/o entspricht, die Menge der organischen Substanz dieses letzteren 88,28 \u00ab/<*, der anorganischen 11,7 a/o.\nln dem nun folgenden Versuche wurde die Fl\u00fcssigkeitsmenge bedeutend vergr\u00f6\u00dfert, der Prozentgehalt an H202 und s\u00e4mtliche \u00fcbrige Bedingungen blieben die n\u00e4mlichen wie im 2. Versuch.\nVersuch 4.\n5,166 g feuchter Tuberkelbazillen, welche 2,507 g trockener Bazillen entsprechen, wurden im Laufe einer Stunde bei demselben Drucke von 6 Atmosph\u00e4ren und 160\u00b0 im Autoklaven mit 1250 ccm einer 1* J* \u00b0/?igen H202-L\u00f6sung, d. h. im Verh\u00e4ltnis beinahe von 1:500 erhitzt. Nach Ablauf des erw\u00e4hnten Zeitraumes und Erkalten der Fl\u00fcssigkeit erwies sich dieselbe als ganz farblos mit einer geringen Menge erstarrten Fettes in Form von 2 Tropfen, welche abfiltriert und gewogen wurden, nachdem sie im Exsikkator \u00fcber S04H2 getrocknet worden waren ; ihr Gewicht betrug 0,308 g oder 12,2 \u00b0/o auf die Bakterientrockensubstanz berechnet. Die vom Fett abfiltrierte Fl\u00fcssigkeit ergab bei der Reaktionvon Molisch ein positives Resultat, bei den \u00fcbrigen ein negatives. Gesamtstickstoff fand man 0,280 g = ll,56\u00b0/o. Die Trockensubstanz betrug 0,34 g = 13,5 \u00b0/o, wovon 47,0\u00b0/o auf organische und 52,7 \u00b0/o auf anorganische Substanzen entfielen. Im folgenden Versuche war im Vergleich zum eben beschriebenen die Gesamtmenge der\ni","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Wasserstoff Hyperoxyd als hydrolysierendes Prinzip. 195\nFl\u00fcssigkeit eine geringere und zwar stand sie zur Bakterientrockensubstanz im Verh\u00e4ltnis von 1 : 300. Das Prozentver-h\u00e4llnis des H202 und die \u00fcbrigen Versuchsbedingungen waren die n\u00e4mlichen.\nVersuch 5.\n5,286 g feuchter Tuberkelbazillen, welche 2,721 g trockener entsprechen, werden mit 900 ccm einer lVs^oigenHjOg-L\u00f6sung \u00fcbergossen und im Laufe von 2 Stunden unter einem Drucke von 6 Atmosph\u00e4ren (160\u00b0) erhitzt. Die im Kolben enthaltene Fl\u00fcssigkeit ist nach dem Erkalten vollkommen klar und farblos und weist nur einige Tropfen erstarrten Fettes, welches abfiltriert und gewogen wurde, auf ; das Gewicht dieses letzteren betr\u00e4gt 0,4332 g == 15,92 \u00b0/o. Die abfiltrierte Fl\u00fcssigkeit reagierte nur nach Molisch positiv, so wie mit absol. Alkohol erhielt man einen Niederschlag, die \u00fcbrigen Reaktionen fielen negativ aus. Die Gesamtstickstoffmenge betrug 0,2233 g oder 8,2060\u00b0/\u00ab. Der Trockenr\u00fcckstand wog 0,464 g, was 17,47 \u00b0/o entspricht, hiervon entfallen 53,12\u00b0/o auf die organische und 46,76% auf die anorganische Substanz.\nDie Menge des NH3-Stickstoffes betrug 0,1138 g, also 50,96\u00b0/o des Gesamtstickstoffes, der Aminos\u00e4uren entsprechender N wog 0,0789 g oder 35,3 \u00b0/o auf GesamtiN, berechnet.\nIn folgenden Versuchen wurden Temperatur, Druck und Erhitzungsdauer ver\u00e4ndert.\nVersuch 6.\n5,896 g feuchter oder 3,035 g trockener TBC-Bazitlen wurden im Laufe einer halben Stunde im Verh\u00e4ltnis von 1 : 250, d. h. mit 758 ccm einer VI2\u00b0Ioigen H202-L\u00f6sung unter einem Druck von 3 Atmosph\u00e4ren und bei einer Temperatur von 143\u00b0 erhitzt. Der nach dem Erkalten dem Autoklaven entnommene Kolben enth\u00e4lt eine schwach gelblich gef\u00e4rbte Fl\u00fcssigkeit, auf deren Oberfl\u00e4che Tropfen erstarrten Fettes schwimmen ; das Gewicht dieses letzteren betr\u00e4gt 0,4021 g = 13,25\u00b0/o.\nMolische Reaktion positiv. Die Biuretreaktion negativ.\nDie Gesamtstickstoffmenge betrug 0,322 g oder 10,60 \u00b0/o,\n\u25a0 13*","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\tN. Sieber,\nder Trockenr\u00fcckstand wog 1,0755 g = 35,4\u00b0/o, wovon 41,2% auf organische und 58,6\u00b0/o auf anorganische Substanz entfallen.\nln dem nun folgenden Versuche betr\u00e4gt unter sonst gleichen Verh\u00e4ltnissen von Erhitzungsdauer, Temperatur usw. das Verh\u00e4ltnis zwischen Bakterien und Fl\u00fcssigkeit = 1 : 280.\nVersuch 7.\n4,535 g = 2,335 g trockener Tuberkelbazillen werden unter einem Drucke von 3 Atmosph\u00e4ren und bei 143\u00b0 im Laufe einer halben Stunde mit 650 ccm einer 11l*\u00b0/oigen HsO,-L\u00f6sung erhitzt, wonach die Fl\u00fcssigkeit eine gebliche F\u00e4rbung und eine geringe Quantit\u00e4t Fett = 0,218 goder 7,5% aufweist. Der Gesamt-N-Gehalt ist = 0,266 g oder 11,39%, die Menge des Trockenr\u00fcckstandes 0,760 g oder 32,5 \u00b0/o, wobei derselbe organische und anorganische Substanz zu gleichen Teilen, je 50%, enth\u00e4lt.\nIn dem unten folgenden Versuche ist die Erhitzungsdauer vermindert und die Verd\u00fcnnung erh\u00f6ht.\n*r\nVersuch 8.\n5,75 g feuchter oder 2,87 g trockener Tuberkelbazillen werden mit 1670 ccm einer l%%igen H20s-L\u00f6sung (im Verh\u00e4ltnis von 1:581) im Autoklaven unter einem Drucke von 3 Atmosph\u00e4ren und bei einer Temperatur von 143\u00b0 nur im Laufe von einer Viertelstunde erhitzt. Nach dem Erkalten war die Fl\u00fcssigkeit im Kolben durchaus farblos, wies jedoch fettige wei\u00dfe Massen an ihrer Oberfl\u00e4che und den Gefa\u00dfwandungen, deren Gewicht 0,466 g oder 16,2 % betrug, auf. Die Gesamtstickstoffmenge betrug 0,434 g, was 15,12% entspricht. Die trockene Substanz 0,551 g oder 19,3%, wovon 75,7% auf organische und 24% auf anorganische Substanz entfallen. Die Reaktion von Mo lisch f\u00e4llt mit dem Filtrate positiv aus.\nIn dem n\u00e4chsten Versuche wurde die Quantit\u00e4t der Fl\u00fcssigkeit bis zu einem Verh\u00e4ltnis von 1 : 600 gew\u00e4hlt, um die Wirkung der entsprechenden Verd\u00fcnnung auf die Fettab-spaitung zu eruieren.\nVersuch 9.\n0,968 g == 0,5 g trockener Tuberkelbazillen werden mit 300 ccm einer l%%igen HfOt-L\u00f6sung (1 : 600) unter einem","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Wasserstoffhyperoxyd als hydrolysierendes Prinzip. 197\nDrucke von 3 Atmosph\u00e4ren und bei einer Temperatur von 143 \u00b0 im Laufe von einer Viertelstunde erhitzt. In dem nach dem Erkalten aus dem Autoklaven entfernten Kolben war die Fl\u00fcssigkeit vollkommen farblos und wies an der Oberfl\u00e4che ebenfalls wei\u00dfes erstarrtes Fett auf. Dasselbe wurde abfiltriert und wog 0,16 g oder 32,0 \u00b0/o. Der Ges\u00e4mtstickstofTgehalt der Fl\u00fcssigkeit betrug 0,092 g oder 18,4\u00b0/o. Der Trockenr\u00fcckstand der Fl\u00fcssigkeit wog 0,180 g = 36,0\u00b0/o, wovon 51,66\u00b0/o auf organische Substanz entfallen. Wie in s\u00e4mtlichen vorhergehenden Versuchen fiel auch hier die Reaktion von Molisch positiv aus.\nUm die Frage von der minimalen Erhitzungsdauer aufzukl\u00e4ren, wurde Versuch 10 vorgenommen, in welchem eine geringe Quantit\u00e4t Tuberkelbazillen und zwar 0,2892 g (auf Trockensubstanz berechnet) und H208 im Verh\u00e4ltnis von 1:300, d. h. 86 ccm einer l1/2\u00b0/oigen L\u00f6sung zur Anwendung kommen ; die Erhitzung dauerte 5 Minuten unter einem Druck von 3 Atmosph\u00e4ren und bei einer Temperatur von 143\u00b0. Nach dem Erkalten war die Fl\u00fcssigkeit tr\u00fcbe und enthielt Flocken. Der Kolben wurde hierauf wieder in den Autoklaven gesetzt und nochmals im Laufe von 5 Minuten, also im ganzen 10 Minuten erhitzt. Die Fl\u00fcssigkeit im Kolben war fast ganz klar und kaum gef\u00e4rbt. An Gesamtstickstoff enthielt sie 0,02223 g=7,7 \u00b0/o. Erhitzen im Wasser oder Sandbade bei Luftzutritt im Laufe eines geraumen Zeitraumes von einigen Tagen ergibt kein positives Resultat, d. h. die Bazillen quellen auf, jedoch findet keine L\u00f6sung statt.\nVollkommene Zersetzung der Tuberkelbazillen konnte unter anderen in folgenden Bedingungen erzielt werden, \u00fcber welche aus vielen anderen nur in den zwei untenfolgenden Versuchen berichtet wird.\nVersuch 11.\n1,355 g resp. 0,390 g trockene Tuberkelbazillen werden mit 677 ccm einer l\u00b0/oigen H,0,-L\u00f6sung (im Verh\u00e4ltnis von 1: 500) im Laufe von 2 Stunden unter einem Drucke von 6 Atmosph\u00e4ren und bei 160\u00b0 erhitzt. Nach Verlauf dieses Zeitraumes und Erkalten der Fl\u00fcssigkeit ist der Kolbeninhalt","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nN. Sieber,\nschwach gelblich gef\u00e4rbt, enth\u00e4lt jedoch keinen Bodensatz und kein ausgeschiedenes Fett,\nBiuretreaktion und Millonsche Reaktion in der Fl\u00fcssigkeit negativ, die von Molisch positiv. Der Gesamtstickstoff* gehalt der Fl\u00fcssigkeit betr\u00e4gt 0,308 g oder 22,74 \u00b0/o. Sonstige quantitative Bestimmungen wurden mit der Fl\u00fcssigkeit nicht vorgenommen, weil sie zu anderen Zwecken diente, wor\u00fcber an anderer Stelle die Rede sein soll.\nVersuch 12\nmit 2,2 g resp. 0,633 g trockener Tuberkelbazillen, welche im Laufe von 2 Stunden bei einem Drucke von 6 Atmosph\u00e4ren und 160\u00b0 mit 400 ccm einer 11/a\u00b0/oigen H202-L\u00f6sung (also im Verh\u00e4ltnis von 1:630) erhitzt wurden, ergab ein in s\u00e4mtlichen Beziehungen positives Resultat, und zwar war die Fl\u00fcssigkeit klar, ganz farblos, enthielt keine Spuren von R\u00fcckstand und Fett. Ihrem Aussehen nach unterschied sie sich durch nichts von Wasser. Der Gesamtstickstoffgehalt derselben betrug 0,224 g oder 35,39\u00b0/o.. Die Reaktion von Molisch gab die Fl\u00fcssigkeit positiv, alle \u00fcbrigen negativ ab.\nIch will hier nicht weitere Versuche anf\u00fchren, um kein Zahlenmaterial anzuh\u00e4ufen, um so mehr als viele von ihnen im 2. Teil in k\u00fcrzester Zeit beschrieben werden, und ich glaube, da\u00df die angef\u00fchrten Versuche vollauf gen\u00fcgen, um bis zu einem gewissen Grade die Wirkung des Wasserstoffsuperoxyds \u00fcberhaupt und auch speziell auf Tuberkelbazillen unter den erw\u00e4hnten Bedingungen kennen zu lernen.\nIndem ich f\u00fcrs erste auf die Bewertung und detaillierte Besprechung der Frage vorl\u00e4ufig verzichte, halte ich es f\u00fcr angebracht, schon jetzt den Einflu\u00df der Verd\u00fcnnung auf die Ausscheidung von Fett, fast ohne dessen Zersetzung bei kurzer Versuchsdauer, d. h. bei kurzdauernder Erhitzung mit H202, hervorzuheben. In dieser Beziehung sind die Versuche 4, 7 und 9 von besonderem Interesse,\nAu\u00dferdem verdient auf Grund der hier angef\u00fchrten und anderer, hier nicht besprochener Versuche das Verhalten von organischer Substanz einerseits und dem N anderseits zu dem H,0, und der Verd\u00fcnnung erw\u00e4hnt zu werden.","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Wasserstoffhyperoxyd als hydrolysierendes Prinzip. 199\nSo sehen wir, da\u00df in konzentrierten L\u00f6sungen der Gehalt an organischer Substanz ein hoher, bis zu 90\u00b0/o reichender, der Stickstoffgehalt dagegen ein geringer) nur 2,3\u20142,9\u00b0/o ist. Mit ansteigender Verd\u00fcnnung nimmt der Gehalt an organischer Substanz fast um das Doppelte, bis auf 47\u00b0/o, ab und w\u00e4chst zugleich parallel hierzu der N-Gehalt von 2,3\u20142*9o/o auf 15\u201422\u00b0Io. Die Temperatur und die Erhitzungsdauer ist im gegebenen Falle nicht von wesentlicher Bedeutung.\nDie Konzentration der L\u00f6sung f\u00f6rderte also unter den obwaltenden Verh\u00e4ltnissen die Desamidierung und hemmte resp. verz\u00f6gerte die Zersetzung von organischen Stoffen, und umgekehrt hemmen bedeutendere Verd\u00fcnnungen den Proze\u00df der Desamidierung und f\u00f6rdern bis zu einem gewissen Grade die Zersetzung organischer Stoffe.\nDas Wasserstoffsuperoxyd stellt, ganz abgesehen von seiner Desinfektionskraft und sonstigen Eigenschaften, zweifellos ein in s\u00e4mtlichen Beziehungen \u00fcberaus wertvolles Mittel sowohl zur Spaltung als auch z\u00fcr L\u00f6sung verschiedener Substanzen, und zwar in bezug auf die konstantesten und kompliziertesten, sowie auch weniger komplizierte und einfachere dar, wobei wir nach Belieben die Bedingungen seiner Einwirkung in den Grenzen, welche zur Erstrebung verschiedener Ziele f\u00fcr uns von Belang sind, \u00e4ndern k\u00f6nnen.\nEin hervorragender Vorzug der Anwendung von Wasserstoffsuperoxyd zu Spaltungszwecken besteht noch darin, da\u00df diese Substanz hierbei selbst zersetzt wird und da\u00df wir also keine Zeit und M\u00fche darauf zu verwenden brauchen, um es zu eliminieren, wie das hei Anwendung anderer Mittel erforderlich ist.","page":199}],"identifier":"lit19592","issued":"1912","language":"de","pages":"185-199","startpages":"185","title":"Wasserstoffhyperoxyd als hydrolysierendes Prinzip","type":"Journal Article","volume":"81"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:11:31.537865+00:00"}