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{"created":"2022-01-31T14:27:32.127607+00:00","id":"lit19665","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Kostytschew, S.","role":"author"},{"name":"E. H\u00fcbbenet","role":"author"},{"name":"A. Scheloumoff","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 83: 105-111","fulltext":[{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die Bildung von Acetaldehyd bei der anaeroben Atmung\nder Pappelbl\u00fcten.\nVon\t\u2022\nS. Kostytschew, E. H\u00fcbbenet und A. Scheloumoff.\n(Der Redaktion zugegangen am l\u00fc. Dezember\nDie Atmungsenergie der Pappelbl\u00fcten ist sehr gro\u00df; dies l\u00e4\u00dft sich u. a. dadurch erkennen, da\u00df die Temperatur der im Haufen liegenden frisch gesammelten Bl\u00fcten sofort auf etwa 35\u00b0\u201440\u00b0 steigt. Die Menge der oxydierenden Agenzien und der aktivierten Sauerstoff enthaltenden Verbindungen mu\u00df also in Pappelbl\u00fcten sehr betr\u00e4chtlich sein.\nDie vorliegenden Erfahrungen deuten darauf hin, da\u00df die anaerobe Atmung derjenigen Pflanzen und Pflanzenteile, welche bei Sauerstoffzutritt eine starke oxydierende T\u00e4tigkeit entfalten, mit der typischen alkoholischen G\u00e4rung nicht identisch ist. So hat M. Hahn1) schon l\u00e4ngst dargetan, da\u00df die anaerobe Glykolyse im Pre\u00dfsafte aus den Bl\u00fctenst\u00e4nden von Arum maculatum ohne Alkoholbildung erfolgt. Palladin und Kostytschew2) haben gefunden, da\u00df bei der anaeroben Atmung der durch Erfrieren get\u00f6teten etiolierten Bohnenkeimlinge das Verh\u00e4ltnis C08 : C2H5OH der Gleichung der alkoholischen G\u00e4rung nicht entspricht. Sowohl Arumbl\u00fcten, als Bohnenkeimlinge zeichnen sich bekanntlich durch eine stark ausgepr\u00e4gte oxydierende T\u00e4tigkeit aus.\nDie vorstehend erw\u00e4hnten Untersuchungen wurden mit get\u00f6teten Pflanzen ausgef\u00fchrt; aus derselben Arbeit von Palladin und Kostytschew ist aber ersichtlich, da\u00df dte anaerobe Atmung get\u00f6teter Objekte mit derjenigen der lebenden Pflanzen nicht immer identisch ist. Auf Grund dieser Ergebnisse war es von Interesse, das Wesen der anaeroben Atmung von lebenden Pappelbl\u00fcten zu erforschen. In unseren Versuchen\n*) M. Hahn* Chemische Berichte, Bd. 33, S. 3555 (1900).\n\u201c) P a 11 a d i n u. K o s t y t s c h c w. Diese Zeitschr., Bd. 48, S. 214 (1906).","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"wurde das Verh\u00e4ltnis G\u00fcr:C2H5OH der frisch gesammelten W\u00fcten von Populus balsamifera bestimmt. Zu diesem Zwecke wurden betr\u00e4chtliche Mengen von Bl\u00fcten in ger\u00e4umige lief alle hineingetan und im WasserstofTstrome belassen. Der Alkohol sowie andere fl\u00fcchtige Produkte der G\u00e4rung wurden in K\u00fchlern mit Schlangenrohr zur\u00fcckgehalten: f\u00fcr die C02-Bestimmungen verwendeten wir Geisslersehe Apparate. Nach Beendigung der WasserstofTdurchleitung wurde das Versuchsmaterial mit dem Inhalt des K\u00fchlers vereinigt, mit destilliertem Wasser versetzt und f\u00fcr die Alkoholbestimmung verwendet. Nach wiederholten Destillationen wurde ein Enddestillat von etwa r>0 ccm erhalten. Die quantitative Alkoholbestimmung wurde durch Ermittelung des spezifischen Gewichtes ausgef\u00fchrt. Da nun frische Pappelbl\u00fcten immer eine geringe, aber dennoch nicht zu untersch\u00e4tzende Alkoholmenge enthalten,1] so wurde immer der Alkoholgehalt der Kontrollportion bestimmt und bei Berechnung des Verh\u00e4ltnisses C0.2: C2H5OH ber\u00fccksichtigt. Es ergab sich au\u00dferdem, da\u00df s\u00e4mtliche Destillate der bei Sauerstoffabschlu\u00df belassenen Bl\u00fcten Acetaldehyd enthalten: letzterer wurde in Form von Bisulfitverbindung abgeschieden;2) in einigen F\u00e4llen wurde die Bisulfitverbindung zerlegt und der Acetaldehyd durch Darstellung von p-Nitrophenylhydrazon nachgewiesen. ln Kontrollportionen haben wir h\u00f6chstens nur Spuren \u00ab1er Aldehydreaktionen wahrgenommen; das spezifische Gewicht \u00ab1er Destillate von Kontrollportionen ver\u00e4nderte sich nicht nach der Abscheidung von Aldehyd. Die Versuche ergaben folgende Besultate.\nA. M\u00e4nnliche Bl\u00fcten.\n'\t* . '\t''\"'Z - I.\t\u2018 .\no Portionen zu je 305 g. Portion A wurde sofort f\u00fcr die Alkoholbestimmung verwendet, Portionen B und C wurden 17 Stunden im Wasserstoflstrome bei 210\u201423\u00b0 belassen.\n\u25a0) Bereits Berthelot wies nach (domptes rendus Bd. 128, S. 1866), \u00abla\u00df in vielen Samenpflanzen hei guter Aeration geringe Alkoholmengen \\orhanden sind.\n*i Vgl. Koslytschew und ll\u00fcbbenet, Diese Zeitschrift Bd. 79,\ns. 863","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"Bildung von Acetaldehyd bei anaerober Atmung der Pappelbl\u00fcten. 107\nPortion A. C.H-OH = 0,087 g.\nPortion B. C02 = 1,142 g.\nDas Destillat gab folgende Reaktionen:\nMit fuchsinschwefliger S\u00e4ure rote F\u00e4rbung.\nMit Nitroprussidnatrium und Di\u00e4thylamin blaue F\u00e4rbung. Diese Probe liefert nur mit Acetaldehyd positives Resultat.\nMit Benzoylchlorid und Natronlauge entwickelt sich der charakteristische Geruch von Benzoes\u00e4ure\u00e4thylester. * Die quantitative Alkoholbestimmung ergab:\nC2H5OH, berechnet vor\tder\tAbscheidung\tvon Aldehyd 0,543\tg.\nC2H-OH, > nach\t\u00bb\t\u00bb\t> 0,509\nC02:C2H50H = 100:37.\nPortion C. C02 = 0,683 g.\nDas Destillat gab dieselben Reaktionen, wie bei B. C2H-0H, berechnet vor\tder\tAbscheidung\tvon Aldehyd 0,493\tg\nG2H:>0H,\t>\tnach\tV\t*\t, > 0,464\t>\n(102 : C2H50H = 100 : 55.\n11.\nDrei Portionen zu je 277 g. Portion A wurde sofort f\u00fcr die Alkoholbestimmung verwendet. Portionen B und C wurden 13 Stunden im WasserstofTstrome belassen. Die Destillate der Versuchsportionen gaben dieselben Reaktionen, wie im vorstehenden Versuche. Temp. 21\u201423\u00b0.\nPortion A. C2H5OH = 0,143 g.\nPortion B. C02 = 0,570 g.\nC2H50H,\tberechnet vor der\tAbscheidung\tvon\tAldehyd\t0,415 g.\nC2H5OH, \u00bb nach *\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t;\t0,350 \u00bb\nC02 : C2H5OH = 100 : 36.\nPortion G. C02 = 0,516 g.\nG2H5OH,\tberechnet vor der\tAbscheidung\tvon\tAldehyd\t0,435 g.\nG2H.0H,\t\u00bb\tnach\t\u00bb\t*\t\u00bb\t\u00bb\t0,401\nC02 : CJI-OH = 100 : 50.","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108 s. Kostytschcw, E. H\u00fcbbenet lind A. Scheloumoff,\nDie Bisulfitverbindung der Portion B wurde mit Natriumcarbonat zerlegt, die L\u00f6sung abdestilliert und das Destillat mit p-Nitrophenylhydrazin in essigsaurer L\u00f6sung versetzt. Es bildete sich sofort der krystallinische Niederschlag von Acet-aldehyd-p-nitrophenylhydrazon, welcher nach dem Umkrystalli-sieren aus 35\u00b0/oigem Alkohol den richtigen Schmelzpunkt 128,5\u00b0 zeigte. F\u00fcr die Analyse war die Menge der Substanz unzureichend, die Identifizierung wurde jedoch durch Mischprobe ausgef\u00fchrt Nach Zusatz von reinem Acetaldehvd-p-nitrophenyl-hydrazon ist der Schmelzpunkt der Mischung gleich 128,5\u00b0 geblieben.\nB. Weibliche Bl\u00fcten.\nI '\nZwei Portionen zu je 417 g. Portion A wurde sofort f\u00fcr die Alkoholbestimmung verwendet, Portion B wurde 15 Stunden im Wasserstoffstrome belassen. Temp. 21\u201423\u00b0.\nPortion A. C2H50H = 0,212 g.\nPortion B. C02 = 0,951 g.\nDas Destillat gab dieselben Reaktionen, wie in Versuchen mit m\u00e4nnlichen Bl\u00fcten. Die quantitative Alkoholbestimmung ergab :\nWH vor der Abscheidung von Aldehyd 0,854 g \u00bb nach \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t0,715 g\nC02 : C2H5OH = 100 : 53.\nIL\nDrei Portionen zu je 333 g. Portion A wurde sofort f\u00fcr die Alkoholbestimmung verwendet, Portionen B und G wurden 15 Stunden im Wasserstoffstrome belassen. Temp. 21,5\u00b0\u201423\u00b0.\nPortion A. C2H5OH = 0,168 g.\nPortion B. C02 = 1,024 g.\nC2H50H vor der Abscheidung von Aldehyd 0,669 g nach >\t\u00bb\t\u00bb -\t> \u25a0 0,526 g\nC02 ; C2H\u00e4OH = 100 : 35.\nPortion G. G02 = 0,719 g.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"Bildung von Acetaldehyd bei anaerober Atmung der PappelbHUen. 109\nC2H-0H vor der Abscheidung von Aldehyd 0,584 g * nach \u00bb\t\u00bb\t\u00bb\t*\t0,546 g\nC02 : C2H5OH = 100 : 52.\nDie BisuHitverbindung der Portion B wurde mit Natriumcarbonat zerlegt, die L\u00f6sung abdestilliert und der Acetaldehyd als p-Nitrophenylhydrazon abgeschieden. Die Ausbeute betrug 0,035 g. Nach einmaligem \u00dcmkrystallisieren aus 35\u00b0/oigem Alkohol zeigte die Substanz den Schmelzpunkt 128\u00b0; nach Zusatz von reinem Acetaldehyd-p-nitrophenylhvdrazon hat sich der Schmelzpunkt nicht ver\u00e4ndert.\nDie erhaltene Ausbeute war offenbar zu gering, da in diesem Versuche mehrere Destillationen ohne Eisk\u00fchlung ausgef\u00fchrt worden waren. Um die richtige Ausbeute an Acetal-dehyd-p-nitrophenylhydrazon ann\u00e4hernd beurteilen zu k\u00f6nnen, wurde eine andere Portion (805 g) der weiblichen Bl\u00fcten 15 Stunden im Wasserstoffstrome belassen, dann mit destilliertem Wasser versetzt und unter Eisk\u00fchlung abdestilliert. Die Destillation wurde nur so lange fortgesetzt, bis etwa 1 io der Fl\u00fcssigkeit in die Vorlage \u00fcberging; dann wurde die Destillation noch einmal und zwar wiederum unter Eisk\u00fchlung ausgef\u00fchrt. Das letzte Destillat gab eine starke Reaktion auf Acetaldehyd, aber keine Spur der Reaktion auf Formaldehyd. Nach Zusatz von p-Nitrophenylhydrazin in essigsaurer L\u00f6sung bildete sich sofort der charakteristische krystallinische Niederschlag von Acetaldehyd-p-nitrophenylhydrazon. Die Ausbeute betrug 0,169 g. Nach einmaligem \u00dcmkrystallisieren aus verd\u00fcnntem Alkohol zeigte die Substanz den Schmelzpunkt 127,5\u00b0.\nAus den in dieser Mitteilung beschriebenen Versuchen ist ersichtlich, da\u00df C02 : G2H5OH bei der anaeroben Atmung der Pappelbl\u00fcten von 100 : 35 zu 100 : 55 schwankt. Der gesamte Vorgang ist also mit der alkoholischen G\u00e4rung nicht identisch. Welche Vorg\u00e4nge f\u00fchren zur Bildung des \u00fcbersch\u00fcssigen Kohlendioxyds? Einerseits k\u00f6nnte die Zuckerspaltung nicht nach der Gleichung der alkoholischen G\u00e4rung, sondern auf eine andere eigent\u00fcmliche Weise erfolgen, anderseits k\u00f6nnte der \u00dcberschu\u00df von C02 nicht aus Zucker, sondern aus anderen Stoffen entstehen. Diese Frage kann nur durch quanti-","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110. S. Kostyts-ehew; K. H\u00fcbbenet und A. Seheloumoff.\ntative Bestimmungen der Bilanz der Zuckerspaltung beantwortet werden: diese Bestimmungen beabsichtigen wir im n\u00e4chsten Fr\u00fchjahr auszuf\u00fchren ; bisher liegt nur ein Rekognoszierungsversuch vor, der folgendes interessante Resultat lieferte. Der Zuckergehalt der Pappelbl\u00fcten ist gering; nach der 20st\u00e4ndigen Anaerobiose wird der Zucker beinahe vollkommen verbraucht.\n300 g Pappelbl\u00fcten wurden mit kochendem Wasser extrahiert; der Extrakt und das Waschwasser wurden f\u00fcr die Zuckerbestimmung (nach Lehmann) verwendet. Gleichzeitig wurden 300 g Pappelbl\u00fcten in ein ger\u00e4umiges Gef\u00e4\u00df hineingetan und 20 Stunden im Wasserstoffstrome belassen, dann ebenfalls f\u00fcr die Zuckerbestimmung verwendet. Der Zucker wurde als Traubenzucker berechnet.\nKonirollportion 1,380 g Zucker.\nVersuchsportion 0,165 g \u00bb\nNach dem Kochen mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure ist die Menge der ( luO reduzierenden Stoffe in beiden Portionen unver\u00e4ndert geblieben.\nWenn wir annehmen, da\u00df der C02-\u00dcberschu\u00df nicht aus Zucker gebildet wird, so lassen sich die in unseren Versuchen wahrgenommenen Schwankungen von C02 : G2H5OH dadurch erkl\u00e4ren, da\u00df der geringe Zuckervorrat der Bl\u00fcten nach mehr oder weniger kurzer Zeit vollkommen verbraucht wurde, de l\u00e4nger die Anaerobiose bei Abwesenheit von Zucker dauerte, desto gr\u00f6\u00dfer kann der C02-\u00dcberschu\u00df sein. Das Bl\u00fchen der Pappel erfolgt bekanntlich vor der Entfaltung der Bl\u00e4tter : das Atmungsmaterial wird also den Bl\u00fcten durch die Leitungshahnen des Holzk\u00f6rpers zugef\u00fchrt und zum gr\u00f6\u00dften Teil sofort verbraucht; es ist also einleuchtend, da\u00df der Zuckervorrat in den Bl\u00fcten nicht gro\u00df sein kann. Deswegen bilden die Pappelbl\u00fcten ein sehr g\u00fcnstiges Objekt f\u00fcr die Erforschung des gemischten Typus\u00bb der anaeroben Atmung, wo zugleich alkoholische G\u00e4rung und anderweitige Spaltungsvorg\u00e4nge eingeleitet werden.\nWas nun die Bildungsweise von Acetaldehyd anbelangt, so ist auf Grund der Untersuchungen \u00fcber die Bildung und","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Bildung von Acetaldehyd bei anaerober Atmung der Pappelbl\u00fcten 111\nden Verbrauch von Acetaldehyd bei der alkoholischen Hefeg\u00e4rung1) die Annahme nicht ganz unwahrscheinlich, da\u00df die Produktion von Acetaldehyd bei der anaeroben Atmung der Pappelbl\u00fcten mit der Zuckerspaltung durch Zymase im Zusammenh\u00e4nge steht. Da Pappelbl\u00fcten eine betr\u00e4chtliche Menge von oxydierenden \u00abFermenten\u00bb und vom labil gebundenen Sauerstoff enthalten, so k\u00f6nnte hierdurch der aktive (an Reduktasen gebundene) Wasserstoff oxydiert und folglich die Reduk^ tion von Acetaldehyd zu \u00c4thylalkohol teilweise gehemmt werden.\nV S. Kostytschew. Diese Zeitschrift, Bd. 79. S. 130 (1912) ;\nKostytschew und E. H\u00fcbbenet. ebenda S. 359.","page":111}],"identifier":"lit19665","issued":"1913","language":"de","pages":"105-111","startpages":"105","title":"\u00dcber die Bildung von Acetaldehyd bei der anaeroben Atmung der Pappelbl\u00fcten","type":"Journal Article","volume":"83"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:27:32.127613+00:00"}