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{"created":"2022-01-31T14:12:16.477244+00:00","id":"lit19743","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Abderhalden, Emil","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 85: 92-96","fulltext":[{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"Notizen.\nVon\nEmil Abderhalden.\n(Aus dem physiologischen Institut der Universit\u00e4t Halle a. S.)\n\u25a0 Der Redaktion zugegangen am 11. April 1913.)\nI.\n\u00dcber ein bei der Melanose der Dickdarmschleimhaut beteiligtes\nPigment.\nVor kurzem erschien eine sehr eingehende Arbeit von Folke Menschen1) \u00fcber die Melanose der Dickdarmschleimhaut. Henschen diskutiert die M\u00f6glichkeiten der Entstehung und Herkunft des in der Dickdarmschleimhaut in bestimmten F\u00e4llen vorkommenden Pigmentes. Der Zufall f\u00fcgte es, da\u00df mir kurz nach Erscheinen der erw\u00e4hnten Arbeit von Herrn Kollegen Beneke eine melanotische Dickdarmschleimhaut \u00fcbergeben wurde. Ich habe versucht das vorhandene Pigment zu isolieren und seine Natur festzustellen. Leider verlaufen derartige Untersuchungen immer unbefriedigend, weil die Ausbeute an Pigment meist sehr gering ist, und man kein Urteil dar\u00fcber gewinnen kann, ob das isolierte Produkt auch nur einigerma\u00dfen einheitlich ist. Dazu kommt noch, da\u00df man erst nach Methoden suchen mu\u00df, um das Pigment abzutrennen. Es bleibt dann meist unentschieden, ob man nicht schon durch die verschiedenen Eingriffe das Pigment sekund\u00e4r ver\u00e4ndert hat.\nIm vorliegenden Falle lie\u00dfen sich doch einige Anhaltspunkte gewinnen, die eine Mitteilung rechtfertigen. Vielleicht gelingt es sp\u00e4ter, wenn mehr Material zur Verf\u00fcgung steht, den Befund zu erweitern. Einmal lie\u00df sich mit Sicherheit\n') Kolke Henschen. \u00dcber die Melanose der Dickdarmschleimhaut. Nordiskt medicinskt Arkiv, Bd. 45, S. 163, 1912.","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Notizen.\n93\nnachweisen, da\u00df im untersuchten Falle das Pigment nicht einheitlich war. Es lie\u00df sich ferner eine braun gef\u00e4rbte Substanz isolieren, die beim Verbrennen einen deutlichen Geruch nach Skatol resp. Indol gab. Diese Substanz erinnerte mich lebhaft an eine ganz analog aussehende und sich gleich verhaltende, die ich beobachtete, als ich eine Mutterlauge von Tryptophan stehen lie\u00df.1) Diese br\u00e4unte sich offenbar unter Einwirkung des Lichtes und vor allem von Mikroorganismen zusehends, und allm\u00e4hlich entstand ein braunschwarzer Bodensatz. Er vermehrt sich auch jetzt noch. Dieses braune Produkt l\u00f6st sich in Alkali und l\u00e4\u00dft sich durch Obers\u00e4uren der L\u00f6sung wieder abscheiden. Durch L\u00f6sen in n-Natronlauge und F\u00e4llung mit n-Schwefels\u00e4ure lie\u00df sich das braune Pigment reinigen. Es wurde schlie\u00dflich bei 100\u00b0 getrocknet und analysiert. Gleichzeitig reinigte ich das sich analog verhaltende Produkt, das aus Tryptophan entstanden war, in gleicher Weise. Die Analysendaten stimmen recht gut \u00fcberein.\nAnalyse des aus der Dickdarmschleimhaut gewonnenen Pigmentes :\n5,070 mg Substanz: 2,24 mg. H20, 7,18 mg. COs = 4,94\u00b0/o H und 38,62\u00b0/\u00ab C.\n5,23 mg Substanz: 0,502 ccm N. [717 mm. 20\u00b0| = IO,55\u00ab/o N.\nAnalyse des aus 1-Trvptophan entstandenen Pigmentes:\n4,800 mg Substanz: 2,03 mg. H20, 6,76 mg. GO, = 4,73o/o H und 38,410/0 C.\n4,380 mg Substanz: 0,418 ccm N. |717 mm, 20\u00b0) = 10,49o/o N.f\nBeide Pr\u00e4parate enthielten etwas Asche. Beide waren frei von Schwefel und Phosphor.\nEs ist somit ohne Zweifel entweder im Darmkanal oder, was wahrscheinlicher ist, erst jenseits des Darmes in der Dickdarmschleimhaut selbst, aus Tryptophan ein Pigment gebildet worden. Vorausgegangen waren ohne Zweifel St\u00f6rungen verschiedener Art. Im untersuchten Fall war eine starke Er-\n') Emil Abderhalden, Notizen I. Bildung eines braunen Farbstoffes aus Tryptophan. Diese Zeitschrift, Bd. 78, S. 158. 1812.","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"Emil Abderhalden,\n94\nWeiterung des Dickdarms \u2014 offenbar infolge von chronischen Stauungen des Inhalts \u2014 vorhanden. Vielleicht war dadurch der Abschlu\u00df nach dem D\u00fcnndarm ein nur mangelhafter, so da\u00df Eiwei\u00dfabbauprodukte in gr\u00f6\u00dferer Menge in den Dickdarm gelangen und der F\u00e4ulnis unterliegen konnten. Vielleicht ist Tryptophan im Inhalt des Dickdarmes von Bakterien bereits umgewandelt und dann das entstandene Produkt innerhalb der Zellen der Darmschleimhaut in Pigment verwandelt worden. Ks sei noch bemerkt, da\u00df die Hauptmenge des Pigmentes anderer Natur war. Es roch beim Verbrennen nicht im geringsten nach Indol. Auch sein sonstiges Verhalten war vollst\u00e4ndig anders, als beim isolierten Farbstoff. Es enthielt kein Eisen. Vielleicht ist es ein weiteres Umwandlungsprodukt des beobachteten Pigmentes. Bemerkt sei noch, da\u00df die M\u00f6glichkeit gegeben ist, durch Einf\u00fchrung von Eiwei\u00dfabbauprodukten und besonders von Tryptophan experimentell eine Melanose zu erzeugen und so den Zusammenhang des beobachteten Pigmentes mit dem Tryptophan noch zwingender zu gestalten. Eine Frage f\u00fcr sich ist die, ob die bei der Melanose der Dickdarmschleimhaut auftretenden Pigmente immer gleicher Art sind.\nDie Verarbeitung der melanotischen Darmschleimhaut war die folgende. Sie wurde zun\u00e4chst fein zerhackt und dann mit Tetrachlorkohlenstoff im Soxhletapparat extrahiert, bis nichts mehr in das Extraktionsmittel mehr \u00fcberging. Dann wurde die extrahierte Schleimhaut durch Kochen mit rauchender Salzs\u00e4ure aufgel\u00f6st. Es verblieb ein k\u00f6rniges braunschwarz gef\u00e4rbtes Pigment. Dieses wurde solange mit Wasser gewaschen, bis das Waschwasser mit Silbernitrat keine F\u00e4llung mehr gab. .letzt wurde das Pigment mit Alkohol und \u00c4ther gewaschen und dann bei 100\u00b0 getrocknet. Nach erfolgtem Pulverisieren wurde das feine Pulver in der K\u00e4lte mit zirka der dreifachen Menge n-Natronlauge \u00fcbergossen. Es trat alsbald L\u00f6sung eines Teiles des Pigmentes ein. Die L\u00f6sung f\u00e4rbte sich braun. Es wurde rasch filtriert. Zum Filtrat gaben wir etwa das doppelte Volumen n-Schwefels\u00e4ure. Die L\u00f6sung blieb zun\u00e4chst klar, bis auf wenige kleine Fl\u00f6ckchen, die sich abschieden. Es wurde rasch abgesaugt. Das Filtrat zeigte dann nach wenigen","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Notizen.\n\u00ab5\nMinuten eine schwere, braune F\u00e4llung. Diese wurde abgesaugt und wieder in n-Natronlauge gel\u00f6st. Nach erfolgter Abscheidung mit n-Schwefels\u00e4ure wurde der ganze Proze\u00df so lange wiederholt, bis das jedesmal erhaltene Pulver sich sofort restlos in n-Natronlauge l\u00f6ste und beim Zusatz der n-Schwefels\u00e4ure das Gemisch momentan ganz klar blieb. Das so erhaltene Produkt diente zur Analyse. Wir haben im ganzen etwa 0,3 g des braunen Pulvers erhalten. Die Menge des rohen, nicht getrennten Pigmentes betrug etwa 1,3 g.\nII.\nEin Fall von Vort\u00e4uschung einer Glukosurie durch Ausscheidung\nvon Glukuron8\u00e4ure.\nEin 4j\u00e4hriges Kind erkrankte am 16. Januar 1913 unter Fieber, Exanthem, leichter Angina. Es entwickelte sich Scharlach. Der am 21. Januar untersuchte Harn enthielt kein Eiwei\u00df, er reduzierte jedoch sehr stark (Fehling, Nylander). Spezifisches Gewicht des Harnes 1017. Am 23. und am 24. Januar war ebenfalls ausgesprochene Reduktion vorhanden. Am 25. Januar reduzierte der Harn nicht. Erst am 2. Februar trat wieder deutliches Reduktionsverm\u00f6gen auf. Der am 23. Januar gelassene Harn wurde mir von Herrn Dr. Oppenheimer zur Untersuchung \u00fcbergeben. Ich danke ihm auch an dieser Stelle f\u00fcr die \u00dcbersendung dieses interessanten Harnes. Ich fand in Best\u00e4tigung der Beobachtungen des Herrn Kollegen ein sehr starkes Reduktionsverm\u00f6gen. Der Harn war hellgelb gef\u00e4rbt. Er drehte nach links. Die G\u00e4rprobe ergab ein vollst\u00e4ndig negatives Resultat. Nun wurde zun\u00e4chst auf Pentosen gefahndet. Diese konnten nach dem ganzen Verhalten der Farbreaktionen unter Ber\u00fccksichtigung der neuesten Angaben ausgeschlossen werden, dagegen lie\u00df sich die Anwesenheit von Glukurons\u00e4ure feststellen.!) Neben freier Glukurons\u00e4ure\n\u2019) Vgl. die gr\u00fcndliche Darstellung von Carl Neu borg in seinem Handbuch: \u00abDer Harn\u00bb, S. 336. 370, 129. \u2014 Vgl. ferner Cafl Neuberg und Omer Schewket: \u00dcbereinen einfachen Nachweis des Vorkommens von gepaarter Glukurons\u00e4ure im normalen Ham. Biochemische Zeit-schrift, Bd. 44. S. 502. 1912.","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nEmil Abderhalden, Notizen.\nfand sich auch gebundene. Der Harn enthielt auffallend viel Phenol und Indoxyl. Ich vermute, da\u00df im Harne leicht spaltbare, z. B. \u00e4therartig gebundene Glukurons\u00e4urepaarlinge vorhanden waren und diese das Reduktionsverm\u00f6gen bewirkten, indem beim Kochen mit Alkali Spaltung auftrat. Kochte man n\u00e4mlich mit Alkali kurze Zeit auf, dann trat beim Zusatz des Kupferoxydsalzes momentan eine Reduktion ein, w\u00e4hrend bei direktem Zusatz von Kupfersulfat und Alkali zu erhitztem Harn die Reduktion zwar sofort einsetzte, jedoch erst nach einiger Zeit und dann aber fast pl\u00f6tzlich in gro\u00dfem Umfange eintrat. Ferner stieg die Linksdrehung an, wenn der Harn stehen gelassen wurde. Ob prim\u00e4r freie Glukurons\u00e4ure vorhanden war. wagen wir nicht zu entscheiden. Das zur Untersuchung gestellte Material war zu gering, um dieser sehr wichtigen Frage nachzugehen.\nIch teile diese Beobachtung \u2014 analoge liegen bereits vor1) \u2014 nur deshalb mit, trotzdem sie aus \u00e4u\u00dferen Gr\u00fcnden nicht zur Reindarstellung der einzelnen Paarlinge und der Glukurons\u00e4ure selbst f\u00fchrte, weil jede neue Beobachtung dieser Art aufs neue zeigt, wie vorsichtig man bei der Diagnose einer Glukosurie sein mu\u00df. Die Pr\u00fcfung des Reduktionsverm\u00f6gens gen\u00fcgt allein nicht. Die G\u00e4rungsprobe und die Bestimmung des Drehungsverm\u00f6gens kl\u00e4ren angebliche Glukosurien rasch auf. Gewi\u00df ist manche in der Literatur beschriebene vor\u00fcbergehende Glukosurie nichs weiter als eine Ausscheiduug von leicht spaltbaren Glukurons\u00e4urepaarlingen gewesen. Auch in dem vorliegenden Falle verschwand das Reduktionsverm\u00f6gen des Harnes bald. Hervorgehoben sei noch, da\u00df selbstverst\u00e4ndlich ausgeschlossen wurde, da\u00df Arzneimittel f\u00fcr das Reduktionsverm\u00f6gen oder f\u00fcr die Bildung der Glukurons\u00e4ure in Betracht kamen. Interessant war der Umstand, da\u00df eine dem zuerst vermuteten Diabetes angepa\u00dfte strenge Di\u00e4t den Gehalt des Harns an Glukurons\u00e4ure stark beeinflu\u00dfte.\n*) Besonders Paul Mayer hat Beitr\u00e4ge zu dieser Frage geliefert (vgl. z. B. Berliner klin. Woch., 27, 28, 1899. 13, 1903. \u2014 Deutsche med. Woch, Bd. 1\u00ab, S. 17, 1901. - Z. f. klin. Medizin. Bd. 47, Heft 1/2, 1902.","page":96}],"identifier":"lit19743","issued":"1913","language":"de","pages":"92-96","startpages":"92","title":"Notizen","type":"Journal Article","volume":"85"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:12:16.477250+00:00"}