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{"created":"2022-01-31T14:32:42.020946+00:00","id":"lit19868","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Golodetz, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 86: 315-321","fulltext":[{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Anwendung der Dialyse zu quantitativen Bestimmungen.\nVon\nA. Golodetz.\nMit drei Abbildungen im Text.\n(Aus dem chemischen Laboratorium der II. medizin. Klinik der Kgl. Charit\u00e9. Berlin.)\n(Der Redaktion zugegangen am 2. Mai 11)13.)\nDie Eigenschaft der tierischen Membran, Krystalloide von Kolloiden zu trennen, wurde bis jetzt in der analytischen Praxis sehr selten ausgenutzt. Die Schwierigkeiten waren haupts\u00e4chlich durch die Langsamkeit des Dialysierprozesses, die eine quantitative Durchf\u00fchrung desselben hinderte, bedingt. Die zur Dialyse gebrauchten Apparate waren so unvollkommen, da\u00df man ungeheuer gro\u00dfe Mengen Wasser ben\u00f6tigte, um das Kolloid in v\u00f6llig reinem Zustande zu erhalten; dabei resultierte das Krystalloid in einem derartig verd\u00fcnnten Zustande, da\u00df seine quantitative Bestimmung ganz unm\u00f6glich wurde. Und doch ist in sehr vielen F\u00e4llen das Interesse gerade auf das Krystalloid gerichtet. Es braucht nur auf das Gebiet der physiologischen und teilweise der gerichtlichen Chemie hingewiesen zu werden, wo die quantitative Isolierung von Kry-stalloiden aus Substanzen tierischen oder pflanzlichen Ursprungs zweifellos von gro\u00dfem Wert w\u00e4re. So z. B. erscheint es sehr wichtig, aus tierischen und pflanzlichen Sekreten, Ausscheidungen usw. die darin enthaltenen Salze f\u00fcr sich zu gewinnen. Zwar lassen sich die Kationen dieser Salze durch Veraschung auf nassem und trockenem Wege genau bestimmen, die Anionen jedoch entgehen uns hierbei v\u00f6llig. Auch erscheint die Metallbestimmung in vielen F\u00e4llen sehr schwierig und man kann keine einzige Veraschungsmethode nennen, bei der alle Metalle quantitativ bestimmt werden k\u00f6nnten.\nEs steht fest, da\u00df die Bestimmung der Salze in tierischen und pflanzlichen Substanzen, wie sie in Organen vorliegeu, die Erkennung der Art der gegenseitigen Bindung der Elemente unm\u00f6glich ist ohne Anwendung der Dialyse, des \u00e9inzigen Pro-","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"' ir)\tA. Golodetz,\nzesses, bei dem die Bedingungen, die irgend welche chemischen Umwandlungen innerhalb der Molek\u00fcle hervorrufen k\u00f6nnen, fehlen. Die Dialyse ist ferner in noch einer Hinsicht f\u00fcr die physiologische Chemie wertvoll und zwar bei der F rage, ob sich das Metall in organischer oder anorganischer Bindung befindet. Die Dialyse gibt dar\u00fcber Auskunft, da bekanntlich nur die anorganisch gebundenen Metalle diffusionsf\u00e4hig sind. Wenn beispielsweise in der Milch das Phosphor in 3 Formen vorhanden sein kann: in organischer Bindung (Casein, Lecithin) als l\u00f6sliches Salz und als unl\u00f6sliches emulgiertes phosphorsaures Calcium, so kann \u00fcber die Frage der Verteilung des Phosphors unter diesen 3 Formen allein die Dialyse einen gewissen Anhaltspunkt geben.\nFs gelang mir, Apparate zu konstruieren, die allen Anforderungen an eine genaue quantitative Dialyse gen\u00fcgen. Mit Hilfe dieser Apparate konnte ich quantitativ den dialysablen\nAnteil eines Gemisches in einem derartig konzentrierten Zustand gewinnen, da\u00df die weitere Bestimmung keine Schwierigkeiten mehr bieten konnte. Die Konstruktion beruht einerseits auf der Vergr\u00f6\u00dferung der dialysierenden Oberfl\u00e4che und anderseits auf der Beschleunigung des Dialysierprozesses selbst. Zu dem ersteren Zweck bekommt der sogenannte Dialysierstrumpf die folgende Form : Fischblase oder Pergamentschlauch werden mit Wasser angefeuchtet und so umgekrempelt (siehe Fig. 1), da\u00df sich ein ringf\u00f6rmiger Raum bildet, welcher nun als Beh\u00e4lter f\u00fcr die zu dialysierende Fl\u00fcssigkeit dient. Hierbei ist das Verh\u00e4ltnis zwischen Volumen und Oberfl\u00e4che ein viel gr\u00f6\u00dferes, als bei gew\u00f6hnlichen zylindrischen Str\u00fcmpfen. Zur Beschleunigung des Dialysierprozesses selbst benutzte ich das den Soxhletschen Extraktionsapparaten zugrundeliegende Prinzip, d. h. ich umgebe die dialysierende Substanz mit stets frischem destilliertem Wasser, welches\nFig. 1","page":316},{"file":"p0317.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Anwendung der Dialyse zu quantitativen Bestimmungen. 317\nvon dem Dialysat selbst kontinuierlich durch Destillation geliefert wird. Zu diesem Zwecke ist das Gef\u00e4\u00df, in dem die Dialyse stattfindet, so mit dem Destillationskolben verbunden, da\u00df ein st\u00e4ndiger Abflu\u00df des zur Dialyse benutzten Wassers nach dem Kolben und ein st\u00e4ndiger Zuflu\u00df des durch Kochen des Dialysats erhaltenen Destillates nach dem Dialysier-zylinder vor sich geht. Wie aus den Fig. 1 und 2 hervorgeht, arbeitet der Apparat folgenderma\u00dfen : ln den oberen Dialysierzylinder wird die Dialysierh\u00fclse von der geschilderten Form eingef\u00fchrt und dann mit der betreffenden Fl\u00fcssigkeit beschickt.1) Bei Fischblase wird dieselbe oben zugeschn\u00fcrt, der Pergamentschlauch bleibt offen liegen. In den Zylinder wird sodann so viel Wasser eingegossen, da\u00df der Zylinder voll wird und da\u00df gleichzeitig durch das angebrachte Abflu\u00dfrohr der untere Kolben bis zur H\u00e4lfte des Inhalts sich f\u00fcllt. Gleich darauf wird die Wasserk\u00fchlung in T\u00e4tigkeit gesetzt und das Wasser im Kolben zum Sieden gebracht. Der Wasserdampf kondensiert sich im seitlichen K\u00fchler Und tritt von oben in den Zylinder ein. Das Kondensat flie\u00dft weiter nach unten, dann nach oben, umsp\u00fclt von beiden Seiten die Dialysierh\u00fclse, geht dann weiter durch das Abflu\u00dfrohr zur\u00fcck nach dem Kolben, wobei es allen dialvsablen Anteil mit fortnimmt. Der Proze\u00df geht ununterbrochen vor sich und der Apparat kann ohne jede Gefahr sich selbst \u00fcberlassen werden. Der Zeitpunkt der Beendigung der Dialyse l\u00e4\u00dft sich in der Weise ermitteln, da\u00df man von Zeit zu Zeit aus dem oberen Zylinder Proben entnimmt. Bei Substanzen mit gr\u00f6\u00dferer Diffusionskonstanz ist der\n') Die Apparate sind gew\u00f6hnlich auf den Inhalt von etwa 50 bis 75 ccm der zu dialysierenden Substanz berechnet.\nFiff. 2.","page":317},{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"81K\nA. Golodetz,\nProze\u00df in 5\u20146 Stunden beendet, andere wieder erfordern mehr Zeit. H\u00e4lt man die Dialyse f\u00fcr beendet, so montiert man den oberen Teil des Apparates ab und erh\u00e4lt das gew\u00fcnschte Dialysat gel\u00f6st in 100\u2014150 ccm.\nEs ist besonders hervorzuheben, da\u00df das oben im Dialv-sierzylinder befindliche Wasser fortw\u00e4hrend von unten her sozusagen geheizt wird und stets eine h\u00f6here Temperatur, gew\u00f6hnlich etwa 50\u00b0 besitzt. Die erh\u00f6hte Temperatur vermag\nim allgemeinen jede Dialyse zu beschleunigen, kann aber auch mitunter bei leicht ver\u00e4nderlichen organischen Sekreten Zersetzungen hervorrufen. Au\u00dferdem ist bei vielen Bestimmungen, wie z. B. im Falle von organischen krystal-lisierten Verbindungen (Harns\u00e4ure, Purinbasen) oder bei Bestimmung von Reststickstoff und dergleichen zu bef\u00fcrchten, da\u00df sich die dialysische Substanz w\u00e4hrend des mehrst\u00fcndigen Siedens im Kolben zersetzt. Auf Anraten des Herrn Prof. Brugsch habe ich f\u00fcr diese F\u00e4lle eine entsprechende \u00c4nderung der Konstruktion vorgesehen : die obere \u00d6ffnung (siehe Fig. 3) wird mit einem Stopfen geschlossen und der Dialysierraum mit der Wasserpumpe verbunden. Bei 30\u201440 mm Druck kann man das Wasser im Kolben, bei 40 bis 45\u00b0 im Sieden erhalten, ohne Zersetzungen zu bef\u00fcrchten. Zum Zwecke des gleichm\u00e4\u00dfigen Siedens werden in die Fl\u00fcssigkeit durch die an der Zeichnung sicht-Fig. 3.\tbare Kapillare Luftblasen eingef\u00fchrt.1)\nMit diesem Apparat sind nun von mir zahlreiche Versuche an Milch, Blut und k\u00fcnstlich zubereiteten Gemischen\nl) Die beschriebenen Apparate werden in vorz\u00fcglicher Ausf\u00fchrung von den \u00abVereinigten Fabriken f\u00fcr Laboratoriumsbedarf\u00bb in Berlin angefertigt.","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Anwendung der Dialyse zu quantitativen Bestimmungen. 319\nangestellt worden. Zur Beurteilung der erzielten Trennung von Krystalloid und Kolloid will ich im folgenden meine Resultate mittejlen.\nVersuch I. 25 ccm einer l\u00b0/oigen NaO.l-L\u00f6sung wurden im Per-gamentschlauch der Dialyse unterworfen. Nach V/i Stunden war im Dialysat 0,2325 g NaCl enthalten entsprechend 93\u00b0/o der Gesamtmenge NaCl. Sp\u00e4ter ging die Dialyse langsamer vor sich und erst nach 5 Stunden zeigte eine entnommene Probe des Dialysates auf Zusatz von AgNO, keine Tr\u00fcbung mehr.\nVersuch II. Dialyse von Milch. Zur Untersuchung gelangten 25 ccm Milch, welche 5 Stunden lang dialysicrt wurden. Im Dialysat wurden bestimmt Trockenr\u00fcckstand, Asche, Chlor, CaO und P2()5. Analoge Bestimmungen wurden durch direkte Veraschung der Milch vorgenommen. Ergebnis :\n\t100 ccm Milch enthalten\t\n\tNach Analyse der Asche g\tDurch Bestimmung im Dialysat g\nTrockenr\u00fcckstand . ,\t\u25a0 \u2014\t4,836\nAsche \t\t0,682\t0,600\nChlor\t\t0,0604\t0,0925\nCaO\t\t0,168\t0,0864\nP *\t\t0,224\t0,1016\nAus dieser Tabelle geht hervor, da\u00df NaCl und offenbar alle anderen dialysablen Salze der Milch in vollkommen gen\u00fcgender Weise durch Dialyse ausgeschieden worden sind. Bei der Veraschung hat sich ein Teil des Chlors verfl\u00fcchtet. Vom Gesamtphosphor ist etwa nur die H\u00e4lfte herausdialysiert, der Rest ist organisch als Casein, Nucleon, Lecithin, sowie m\u00f6glicherweise in Form von Galciumtriphosphat gebunden. Vom Calcium ist ebenfalls ein Teil organisch an Casein oder auch an Tri-phosphat gebunden.\nVersuch III. Dialyse von Blut. 25 ccm Hammelblut wurden in einem Pergamentschlauch 5 Stunden lang der Dialyse unterworfen. Zufolge langen Siedens verf\u00e4rbt das Wasser im Kolben etwas und es scheidet eine phosphor- und kalkhaltige Tr\u00fcbung (Tricaleiumphosphat?> aus. Im Dialysat sowie in einer Probe des Blutes wurde die Asche bestimmt.\n100 ccm Blut enthalten nach direkter Veraschung 0,894 g Asche 100 \u00bb\t\u00bb\t\u00bb als Dialysat\t0,848 *\t\u00bb","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":".320\nA. Golodetz,\nAu\u00dferdem wurde im Dialysat Chlor und P205 bestimmt und zwar enthielt dasselbe 0,2318 g CI und 0,0504 g P806.\nDiese Zahlen entsprechen ungef\u00e4hr den \u00fcber die Zusammensetzung des Blutes von verschiedenen Autoren gemachten Angaben.\nVersuch IV. Speziell zur Pr\u00fcfung der Vollst\u00e4ndigkeit der Ausscheidung von NaCl wurde noch folgender Versuch gemacht:\n50 ccm Hammelblut, welches durch lang andauernde Dialyse von s\u00e4mtlichen dialysablen Bestandteilen befreit worden ist, wurden mit 25 ccm 1 \u00b0/o iger NaCl-L\u00f6sung vermischt und das Gemisch der Dialyse in einem Pergamentschlauch unterworfen. Nach 7 Stunden enthielt das Dialysat 0.2452 g NaCl entsprechend 98,1 \u00b0/o des zugesetzten Salzes.\nIn vielen F\u00e4llen der gerichtlich-chemischen Praxis ist es wichtig, den Gehalt irgend eines Organes, eines Sekretes oder auch eines Genu\u00dfmittels an einem Giftstoff quantitativ zu bestimmen. H\u00e4utig bietet die Isolierung des Giftstoffes ungeheure Schwierigkeiten und auch die Veraschung erweist sich mitunter als unanwendbar. Da erscheint die Dialyse mit meinem Apparat als eine sehr wertvolle Methode. Zur Illustration sollen folgende Beispiele dienen.\nVersuch V. 50 ccm Milch wurden mit 10 ccm einer L\u00f6sung von 0,1854 g KCN in 200 ccm Wasser entsprechend 0,00927 g KCN vermischt. Es wurde gerade diese Verd\u00fcnnung genommen, da bei einem solchen Prozentgehalt die genaue Bestimmung des Giftes in gerichtlich-medizinischer Beziehung von entscheidender Bedeutung sein kann. Das erhaltene Gemisch wurde 7 Stunden lang der Dialyse unterworfen, als eine aus dem Dialysierzylinder entnommene Probe keine Reaktion mehr mit AgN03 gab. Sowohl in der urspr\u00fcnglichen Mischung, als auch im Dialysat wurde das Cyankali nach Liebig bestimmt:\nAngewandt\t0,00902 g KCN\nIm Dialysat wiedergefunden 0,00874 \u00bb\t\u00bb\nVersuch VI, In 50 ccm k\u00fcnstlichem Mageninhalt (eines Gemisches von gekautem Brot, Wasser, Salzs\u00e4ure und Pepsin) wurden 0,0185 Oxals\u00e4ure (H2Ca04 \u2022 2 HjO) aufgel\u00f6st, und die Mischung einer Ost\u00fcndigen Dialyse unterworfen. Im Dialysat wurde die Oxals\u00e4ure durch F\u00e4llen mit Chlorcalcium bestimmt. Gefunden 0,00675 g CaO entsprechend 0,0152 g Oxals\u00e4ure. In diesem Falle gab die Dialyse kein genaues quantitatives Resultat. Das liegt wohl daran, da\u00df f\u00fcr die Oxals\u00e4ure bei dieser geringen Konzentration eine sechsst\u00fcndige Dialyse eben nicht ausreicht.\nVersuch VII. 50 ccm Reissuppe vermischt mit 20 ccm einer L\u00f6sung von 0,1715 g As803 in 200 ccm Wasser entsprechend 0,01715 g As203 wurde 6 Stunden lang dialysiert. Die darauf erfolgte Arsenbestimmung im Dialysat nach Mohr gab 0,01719 g Ast03. Demnach ging die S\u00e4ure quantitativ ins Dialysat \u00fcber.","page":320},{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Anwendung der Dialyse zu quantitativen Bestimmungen. 321\nDiese genau ausgef\u00fchrten verschiedenartigen Untersuchungen bringen einen gen\u00fcgenden Beweis daf\u00fcr, da\u00df die von mir beschriebenen Apparate eine bequeme und schnelle quantitative Dialysatbestimmung erm\u00f6glichen. Mit der Modifikation der Apparate, welche f\u00fcr Dialyse leicht zersetzbarer und ver\u00e4nderlicher Stoffe angepa\u00dft ist, wurde keine besondere Versuchsreihe angestellt. Es ist f\u00fcr Herrn Dr. H. Rosenberg das Recht Vorbehalten, in unserem Laboratorium Versuche zur Bestimmung von Harns\u00e4ure im Blut mit Hilfe meiner Dialysatoren zu machen.","page":321}],"identifier":"lit19868","issued":"1913","language":"de","pages":"315-321","startpages":"315","title":"\u00dcber die Anwendung der Dialyse zu quantitativen Bestimmungen","type":"Journal Article","volume":"86"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:32:42.020951+00:00"}